Die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft Proviande Genossenschaft Finkenhubelweg 11 Postfach CH-3001 Bern +41(0)31 309 41 11 +41(0)31 309 41 99 info@proviande.ch www.schweizerfleisch.ch Säuglingsernährung und Fleisch Muriel Jaquet Dipl. Ernährungsberaterin HF Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE, Bern
Säuglingsernährung und Fleisch Muriel Jaquet Dipl. Ernährungsberaterin HF Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE, Bern Von der Milchnahrung an den Familientisch In den ersten Lebensmonaten sind das Verdauungssystem und die Nieren des Neugeborenen noch nicht ausgereift. Deshalb braucht der Säugling eine auf ihn abgestimmte Ernährung. Bis zum Alter von 4 bis 6 Monaten sollte er ausschliesslich Muttermilch oder ein Muttermilchersatzpräparat erhalten. Besonders empfohlen wird das Stillen. Es ist erwiesen, dass Muttermilch kurz- und langfristig die Gesundheit des Kindes fördert. Die positive Wirkung ist besonders ausgeprägt, wenn während der ersten Lebensmonate ausschliesslich gestillt wird. Kann oder möchte die Mutter nicht voll stillen, muss ein Muttermilchersatzpräparat gefüttert werden. Diese Produkte werden als «Säuglingsanfangsnahrung» oder «Säuglingsmilchnahrung» bezeichnet. Gemäss den Empfehlungen für die Säuglingsernährung der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie 1 sollte die Einführung von Beikost, d.h. neuer Nahrungsmittel in die Ernährung des Babys, frühestens nach vier Monaten (zu Beginn des 5. Lebensmonats) erfolgen. Spätestens aber nach 6 Monaten (ab dem 7. Lebensmonat) muss jedoch Beikost eingeführt werden, da die Muttermilch und die Säuglingsanfangsnahrung ab diesem Zeitpunkt den Nährstoffbedarf des Säuglings nicht mehr decken können. Muttermilch oder Muttermilchersatzpräparate bilden weiterhin die Grundlage der Ernährung. Ergänzend werden neue Nahrungsmittel eingeführt, die nach und nach die Milchmahlzeiten durch verschiedene ausgewogene Breimahlzeiten ersetzen. Obst, Gemüse, Kartoffeln, Getreide und Fleisch, Fisch, Eier werden in unterschiedlicher, im Allgemeinen stark von den kulturellen Gewohnheiten bestimmter Reihenfolge eingeführt. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden sollte. Allerdings sollte die Einführung schrittweise erfolgen, um mögliche Unverträglichkeiten oder Allergien erkennen zu können. Aufgrund ihres hohen Proteingehalts wird lediglich empfohlen, Milchprodukte später einzuführen: Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie empfiehlt, frühestens ab dem 7. Monat kleine Mengen an Joghurt oder Kuhmilch (zur Zubereitung von Brei) zu füttern und Käse, Frischkäse (Quark, Petit Suisse usw.) sowie Kuhmilch und Joghurt in grösseren Mengen erst ab dem Alter von einem Jahr einzuführen (s.tabelle). -2-
4 Monate alt 6 Monate alt 1 Jahr alt 0 4. Monat 5. Monat 6. Monat 7. Monat 8. Monat 9. Monat 10. Monat 11. Monat 12. Monat ab dem 13. Monat Muttermilch oder Säuglings anfangsnahrung Muttermilch oder Säuglingsanfangsnahrung oder Folgenahrung Muttermilch oder Folgenahrung oder Kuhmilch Früchte und Gemüse Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte Fleisch, Fisch, Eier Öle und Fette Milchprodukte: in kleinen Mengen Joghurt und Vollmilch (zur Zubereitung von Brei) Joghurt, Vollmilch, Quark, Käse Schrittweise Einführung Täglicher Verzehr empfohlen Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE, Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie, 2011 Fleisch als ein Bestandteil der Beikost Mit der schrittweisen Einführung von Beikost wird das Baby an feste Nahrung gewöhnt, so dass es ab dem Alter von einem Jahr nach und nach an ausgewogenen Familienmahlzeiten teilnehmen kann. Fleisch ist ein Bestandteil dieser Ernährung und sollte deshalb wie die anderen Nahrungsmittel ebenfalls spätestens ab dem 7. Lebensmonat eingeführt werden. Allerdings wird es zunächst in nur sehr geringen Mengen zugefüttert, um den Proteingehalt der Ernährung nicht zu stark zu erhöhen. Die SGE empfiehlt eine Portion eines proteinhaltigen Nahrungsmittels pro Tag. Die Portion beträgt im Alter von 6 Monaten 10 g, um den 9. oder 10. Lebensmonat 20 g und ab dem 2. Lebensjahr 40 g. Dabei ist zwischen Fleisch, Fisch und Eiern abzuwechseln. Die ernährungsphysiologische Bedeutung von Fleisch für den Säugling Proteine Laut den DACH 2 -Referenzwerten für Proteine wird für das Alter von 6 bis 12 Monaten eine Proteinzufuhr von 1,1 g pro kg Körpergewicht und Tag bzw. eine durchschnittliche Zufuhr von 10 g täglich empfohlen. Diese empfohlenen Werte werden sogar bei Mahlzeiten ohne Fleisch, Fisch oder Eier allein durch die Muttermilch oder die Muttermilchersatzpräparate und die geringen Mengen an Getreide, Obst und Gemüse in der Beikost, sehr rasch überschritten. -3-
Eisen Bis zum Alter von 6 Monaten zehrt der Säugling von seinen während der Schwangerschaft gebildeten Eisenreserven. Danach muss ihm Eisen aus der Nahrung zugeführt werden. Die DACH 2 -Empfehlung für die Altersgruppe von 4 bis 12 Monaten lautet 8 mg Eisen täglich. Fleisch ist eine gute Eisenquelle. Damit allerdings eine zu hohe Zufuhr an Proteinen vermieden wird, können nur so geringe Mengen an Fleischprodukten zugefüttert werden, dass sie zur Deckung des Eisenbedarfs nicht ausreichen. Und dies, obgleich das im Fleisch enthaltene Hämeisen besser resorbiert wird als das Nicht-Hämeisen pflanzlichen Ursprungs. Allerdings verbessert Fleisch bei gleichzeitigem Verzehr die Resorption des Nicht-Hämeisens aus pflanzlichen Nahrungsmitteln. Dennoch kann der Eisenbedarf in diesem Alter kaum ohne die Muttermilchersatzpräparate oder andere mit Eisen angereicherte Säuglingsnahrung (z.b. Getreideprodukte) gedeckt werden. Im zweiten Lebensjahr, wenn die Muttermilchersatzprodukte und die Babynahrung allmählich ersetzt werden und gleichzeitig der Proteinbedarf steigt, ist Fleisch ein zunehmend wichtiger Eisenlieferant. Vitamin B 12 Die empfohlenen DACH 2 -Referenzwerte für Vitamin B 12 lauten 0,8 µg pro Tag. Fleisch sowie Fisch und Eier sind ein wichtiger Bestandteil zur Deckung des Bedarfs an Vitamin B 12, auch wenn sie in nur geringen Mengen verzehrt werden. Tipps für die Praxis Welches Fleisch in der Beikost? Kalb, Schwein, Rind, Pferd, Lamm, Geflügel alle Fleischsorten können für die Babynahrung verwendet werden. Wurstwaren sollten aufgrund ihres hohen Salzgehalts nur gelegentlich verzehrt werden. Wie viele Fleischmahlzeiten pro Woche? Die Empfehlung lautet: einmal täglich eine Portion Fleisch oder Fisch oder Eier. Idealerweise werden diese Nahrungsmittel abwechselnd gefüttert, da jedes der drei eine eigene Nährstoffzusammensetzung und geschmackliche Besonderheiten bietet. Weil nur geringe Mengen benötigt werden, kann es aus praktischen Gründen sinnvoll erscheinen, grössere Portionen an Fleisch zuzubereiten. Allerdings ist in diesem Fall darauf zu achten, dass es während einer Woche auch Tage ohne Fleisch-, Fisch- oder Eimahlzeiten geben sollte. -4-
Wie wird das Fleisch zubereitet? Anfangs kann das Fleisch gekocht und mit anderen Nahrungsmitteln (Kartoffeln, Gemüse) zu einem Brei gemischt werden. Sobald das Kind aber seine Kaufähigkeit entwickelt, ist eine gröbere Zubereitung zu empfehlen (Hackfleisch). Später kann es auch in kleinen Stückchen gegeben werden, sofern das Fleisch nicht zu sehnig ist. Das Fleisch für die Babynahrung ist mit der üblichen sorgfältigen Hygiene zu lagern und zuzubereiten und darf nur gekocht gefüttert werden. Wird eine Mahlzeit aufgewärmt, muss sie vollständig erhitzt werden. 1. Ernährungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie, Empfehlungen für die Säuglingsernährung 2009, Paediatrica Vol. 20 Nr. 5 2009 2. DACH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 1. Auflage, 4., korrigierter Nachdruck, DGE Bonn 2012 Proviande, «Schweizer Fleisch»: 10. Symposium «Fleisch in der Ernährung», Kongresszentrum BERNEXPO, Bern, 16.1.2013-5-