Schwäbische Post 21. Februar Ein Kunstmärchen modern erzählt

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Transkript:

Schwäbische Post 21. Februar 2019 Ein Kunstmärchen modern erzählt Bühne Wie das Theater der Stadt Aalen E.T.A. Hoffmanns Der goldene Topf Sternchenthema beim Abitur auf die Bühne bringt und welche Fragen Schülerinnen und Schüler danach stellen. Das digitale Zeitalter. Facebook, Instagram, WhatsApp und Snapchat bestimmen maßgeblich den Alltag Jugendlicher und junger Erwachsene. Ihre Lebens- und Erfahrungswelten. Was wohl hat diesen ein Schriftsteller wie E.T.A. Hoffmann heute noch zu sagen? Hoffmann, ein Romantiker, 1776 geboren, der in seinen Erzählungen Phantatisches, Düsteres, Abgründiges beschreibt. Der 1814 sein Märchen Der goldene Topf veröffentlichte. Das Kunstmärchen ist 2019 Thema des Deutsch-Abis. Entsprechend groß war der Andrang in der Stadthalle Aalen bei der Schulvorstellung am Mittwoch. 630 Schülerinnen und Schüler aus Schwäbisch Gmünd, Ellwangen, Aalen und Neresheim folgten der Inszenierung von Marco Kreuzer und Tonio Kleinknecht nach Hoffmanns Textvorlage aufmerksam. Komische und multimediale Elemente gepaart mit Geradlinigkeit machten es ihnen leicht und die Vorstellung zum Vergnügen. Fragen gab es im Anschluss an diese trotzdem. Die Geschichte: Der Student Anselmus ist wohl das, was man einen Schussel nennt. In Situationen, die für sein Fortkommen wichtig wären, geht immer irgendwas schief. Unglücklich auch die Begegnung mit einem Apfelweib, deren Korb er umstößt und die ihn daraufhin verflucht. Anselmus flieht, findet Zuflucht unter einem Holunderbaum und gerät dort unversehens in eine Welt des Phantastischen. Hat eine Begegnung mit einer Schlange, in deren Augen er sich verliebt. Anselmus ist fasziniert von dieser fremden Welt, doch die verkopften Bürgerlichen Konrektor Paulmann, seine Tochter Veronika und Registrator Heerbrand verschaffen ihm eine Arbeit beim Archivar Lindhorst. Dieser aber erzählt, der Nachkomme einer Feuerlilie, Bruder eines Drachen und selbst Feuersalamander zu sein. Orientalischer Schwulst, befindet Heerbrand. Anselmus dagegen ist beeindruckt vor allem, als ihm der Archivar erzählt, Vater der Schlange Serpentina zu sein, in deren Augen er sich verliebt hat. Der Archivar stellt eine Liebesbeziehung mit ihr in Aussicht, samt dem goldenen Topf als Mitgift. Allerdings hat auch Veronika sich in den vielleicht zukünftigen Hofrat verguckt. Mithilfe einer Hexe wendet sie das Blatt zunächst zu ihren Gunsten. Die Umsetzung: Rascheln, blinken, wispern, Zweige, Granitfelsen, goldgrüne Schlangen, Drachen, Flammen Der goldene Topf ist voller Sinneseindrücke. Marco Kreuzer projiziert solche, aber auch die jeweiligen Szenenorte auf drei Leinwandsäulen auf der Bühne als visuelle Leckerbissen. Auch der Erzähler des Märchens steht bis kurz vor Ende nicht auf der Bühne, sondern wendet sich wie ein Instagram-Influencer mit Strickmütze an die Zuschauer mal von dieser mal von jener Leinwandsäule. Das ist spannend nicht nur für junge Zuschauer.

Die Darsteller: Manuel Flach ist Anselmus einer, der sich dem Träumen, der Phantasie und seiner Liebe glaubhaft hingibt ein junger Erwachsener, der seinen Weg sucht und sich dann entscheidet zwischen Vernunft und Herz eines der zeitlosen Elemente von Hoffmanns Geschichte. Ihm zur Seite steht in der phantastischen Welt fesselnd Bernd Tauber als Archivar Lindhorst und Diana Wolf, die sowohl als Hexe als auch als Schlange in den Bann schlägt allerdings jeweils nur als Videoprojektion. Arwid Klaws als Konrektor Paulmann und Philipp Dürschmied verkörpern als Gegenpol im roten bzw. lilafarbenen Samtanzug (Kostüme: Birgit Barth) die Verführungen der bürgerlichen Welt, ohne Höhen und Tiefen, aber eben auch ohne Phantasie. Mirjam Birkl tippelt nervig im Schlepptau der beiden Männer als Veronika aufgeregt über die Bühne und sorgt zwischendurch mit dem Rihanna- Song Shine like a diamond, der ihr Streben nach Glück vollends karikiert, für Unterhaltung. Ebenso die Szene, in der sich das Trio gemeinsam hüstelnd einen rauchenden Punsch einverleibt mit der Folge, dass die drei Herren am Morgen jeweils in der Jacke des anderen sichtbar verkatert aufwachen. Drei vorwiegend eindimensionale Figuren was durchaus stimmig ist, schwarz-weiße Charakterzuweisungen sind eines der Privilegien der Jugend. Die applaudierte am Ende auch ausgiebig. Was noch zu klären war: Rund 200 Schülerinnen und Schüler nahmen danach die Gelegenheit zum Nachgespräch mit dem Regieteam und den Darstellern wahr. Und dabei ging es um die Mütze des Erzählers genauso wie um den Wahnsinn von Veronika, die Überzeichnung ihrer Figur, die Form der Inszenierung, die Frage nach der Besetzung und Funktion des Erzählers und darum, ob man Anselmus Phantasie auch als Drogenrausch deuten kann. Kann man und wird auch an anderen Theatern gemacht, so Tonio Kleinknecht, der ankündigte, dass das Stück im April auch noch einige Male im WiZ zu sehen sein wird.

Aalener Nachrichten 21. Februar 2019 Durch die Brille des YouTubers Als bildgewaltiges Märchen quasi in Cinemascope haben die Aalener Theatermacher E. T. A. Hoffmanns Der goldene Topf angelegt. Bei der Premiere in der fast voll besetzten Stadthalle im Rahmen des Theaterrings blieb manchem Zuschauer die Spucke weg. Man wolle die Geschichte durch die Brille des Romantikers sehen, heißt es im Begleitheft. Es ist wohl eher die Brille des YouTubers, wobei das eine das andere ja nicht ausschließt. Alles in allem ist die Inszenierung des Regie-Duos Tonio Kleinknecht/Marco Kreuzer mit einigen kleinen Abstrichen durchaus sehens- und erlebenswert. Den Inhalt wollen wir an dieser Stelle nur ganz kurz umreißen. Student Anselmus (Manuel Flach) steht am Scheideweg zwischen Karriere und Kunst, zwischen Realität und Fantasie, und nicht zuletzt zwischen der bürgerlichen Veronika (Mirjam Birkl) und der mystischen Serpentina (per Videoeinspieler: Diana Wolf). Auf der Suche nach seiner Bestimmung, nach der wahren Liebe und nach dem eigentlichen Sinn des Lebens erlebt er eine wilde Geschichte, bis er sich schließlich für die Poesie, die Romantik, entscheidet. So weit Hoffmanns Rahmen. Beeindruckende Bilder auf drei Projektionsflächen Die beiden Regisseure Tonio Kleinknecht (Bühne) und Marco Kreuzer (Video) machen daraus ein wahres Fantasyerlebnis. Hexenstimmen aus dem Off, ein Erzähler als hippeliger Influencer auf Video, übergroße Gesichter, Drachen, Fantasiewälder, Formen, Farben, von feuerrot bis quietschgrün, alles fließt. Die knallig-bunten Kostüme von Birgit Barth, angelehnt an die Zeit der Romantik, tun ihr Übriges. Auf drei Projektionsflächen lassen die Regisseure Bilder auf die Zuschauer los, die gewaltiger, farbenfroher, beeindruckender nicht sein könnten. Eine Traumwelt voller Donner und Blitze, voller Vogelgezwitscher, verzerrter und verfremdeter Stimmen. So manches Mal wähnt der Zuschauer den verträumten Typen Anselmus, so Intendant Kleinknecht in der Stückeinführung, der sich nach etwas anderem sehnt, fast im Drogenrausch so kräftig sind die Bilder. Nicht umsonst meinte eine Zuschauerin schmunzelnd in der Pause: Keine Ahnung, was der genommen hat. Auch wenn der fast zweistündige Abend (mit Pause) an der einen oder anderen Stelle etwas zu videolastig war, die Schauspieler haben durchaus ihre Bühnenzeiten. Besonders beeindruckend ist einmal mehr Bernd Tauber als Archivarius Lindhorst, Vater der holden und lieblichen Serpentina und praktisch der Türöffner zur Traumwelt. Mit stoischer Ruhe redet er auf den Studenten ein, marschiert getrieben, aber ruhig von der einen Bühnenecke

zur anderen. Sein Gesicht kommt bei den Videoeinspielern am besten zur Geltung. Und auch Arwid Klaws als Konrektor Paulmann, Veronikas Vater, weiß zu überzeugen mit Bewegungen und Gesten, die einer so großen Bühne wie die in der Stadthalle gerecht werden. Mirjam Birkl als Veronika stöckelt ein ums andere Mal lautstark über die Bühne und lässt ihren Gesichtszügen freien Lauf, als sie den Kampf um Anselmus als verloren erkennt und sich dem Registrator Heerbrand (Philipp Dürschmied) zuwendet. Manuel Flach als verpeilter Student Anselmus Und da wäre natürlich noch Manuel Flach als Anselmus, ein verpeilter, orientierungsloser junger Mann mit, so der Text, kindlichem Gemüt. Er ist im Saal nicht immer leicht zu verstehen. Das mag aber auch an der Sprache des Stücks mit teils vergessenen Vokabeln des 19. Jahrhunderts liegen, von Gehrock über das garstig Äpfelweib bis zum Hofrat, von Gehab dich wohl, Lass ab. Kleinknecht und Kreuzer haben Der goldene Topf in eine zeitgemäße Form gegossen. Hoffmanns Der goldene Topf ist in diesem Jahr Abiturthema. So war der Saal nicht nur mit den üblichen Theaterring-Abonnenten, sondern auch mit zahlreichen Schülern und Lehrern besetzt. Ob die Aalener Inszenierung des von Hoffmann als Kunstmärchen angelegten Werks den Schüler tatsächlich als Interpretationshilfe nützt, das muss jeder selbst entscheiden. Auf jeden Fall hat das Aalener Stadttheater den angehenden Abiturienten Bilder mit auf den Weg gegeben, die so leicht nicht aus den Köpfen verschwinden werden und den Schülern bei der Betrachtung der Romantik durchaus eine Stütze sein können.

Nachtkritik.de 21. Februar 2019 Steffen Becker Der goldene Topf In Aalen entdecken Tonio Kleinknecht und Marco Kreuzer mit E.T.A. Hoffmanns versponnenem Märchen die Instagram-Fantastik Unter Influencern und Spießern Aalen, 19. Februar 2019. Straight to the point: Die Internetseite des Theater Aalen weist in der Ankündigung von E.T.A. Hoffmanns "Der goldene Topf" explizit darauf hin, dass dieses Werk 2019 Abiturthema in Baden-Württemberg wird. Intendant Tonio Kleinknecht zielt offensiv auf jene Kandidat*innen einer Oberstufe, die sich sonst vor einer Romaninterpretation schnell noch mal die Verfilmung des Buchs anschauen weil Lesen ist ja echt anstrengend und so. Kein orientalischer Schwulst Daher ist die Textbearbeitung von Marco Kreuzer (der sich mit Kleinknecht die Regie teilt) auch als multimediale Inszenierung angelegt. Das heißt, sie wird präsentiert von einem Erzähler, der sie im Stil einer Instagram-Story abfeiert. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein simpler Kniff, damit das Werk der Romantik den Twenty-First-Century-Schüler*innen auf der Bühne nicht so "schwul" vorkommt oder als "orientalischer Schwulst", wie einer der Protagonisten des Stücks eine fantastische Geschichte in der Geschichte kommentiert. Doch schon bald erweist sich die Bühne mit ihren drehbaren Projektionsflächen als größte Stärke der Inszenierung. E.T.A. Hoffmanns Kunstmärchen ist durch seine relative Dialogarmut und seine erratische Erzählstruktur schwer ins Theater zu zwängen. Wer im Publikum so wie im Unterricht öfter das Handy checkt, fliegt schnell raus aus der Geschichte. Ein Archivarius, der eigentlich ein Salamander ist, eine Hexe zur Gegnerin und eine Schlange zur Tochter hat; eine Lilie, um die ein Jüngling mit einem Drachen kämpfen muss mit Animationsfilmen visualisiert die Regie diese Märchenelemente. Das sorgt für Kurzweiligkeit und ein besseres Verständnis dessen, was E.T.A. Hoffmann im nächtlichen Schreibrausch kreuz und quer montiert hat. Und vor allem: Die Animationen lassen die Fantasiewelt wie einen abgefahrenen Trip voller morphender Formen wirken. Cool. Auf jeden Fall nicht so seltsam wie sich Romantik für Instagram-gewöhnte Augen heute liest. Damit ist für den Abend viel gewonnen. Zwischen Alltag und digitaler Welt Komplexität reduzieren ist auch das Regiemotto bei der Figurenzeichnung. Die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, zwischen Fantasie- und bürgerlicher Welt gerät in

der Stadthalle Aalen wesentlich strikter als in der Reclam-Interpretationshilfe für die Deutsch- Arbeit. Bernd Tauber darf den Archivarius als geheimnisvollen, gütigen Melancholiker geben, der eine tiefe Erkenntnis unserer Welt in der Fantasie verspricht. Manuel Flach überzeugt als schwärmerischer Student Anselmus, der sich enthusiastisch in den Strudel der Fantasien wirft. Die bürgerlichen Figuren sind dagegen ziemlich beschränkt. Was Philipp Dürschmied und Arwid Klaws als rechtschaffene Beamte immerhin noch mit trockenem Witz auf die Bühne bringen dürfen etwa wenn sie Anselmus in einem aus ihrer Sicht Zustand nutzloser Träumerei so verräumen wie ihre immer mitgeführten Klappstühle. Die irdische Liebe des Anselmus, Veronika, muss von Mirjam Birkl hingegen als umherstöckelndes Dummchen geboten werden, das seine Träume vom guten Leben mit Pop-Covern ins Lächerliche zieht (Shine bright like a diamond). Wohl der Preis, damit der Gegensatz zur ebenfalls von ihr gespielten sinnlichen Märchen-Nebenbuhlerin Serpentina umso größer wirkt. Die unmissverständliche Polarität dieser Inszenierung positive Fantasie versus profane Spießbürgerrealität wirft allerdings auch Interpretationsfragen auf. Nicht nur durch den Erzähler, dessen Videoprojektion sich an Influencern orientiert, zieht die Inszenierung klare Parallelen zum Gegensatzpaar Alltag und digitale Welten. Ob allerdings das Streben nach einem anderen Ich in sozialen Medien so mit Freiheit, tieferem Welt-Verständnis und Lebensglück verbunden ist wie die Fantasie bei E.T.A. Hoffmann, darf man zumindest bezweifeln. Aber vielleicht sehen das die digitalen Eingeborenen aus der zwölften Klasse ja anders. Bald dürfen sie in Baden-Württemberg ihre Meinung aufschreiben wenn auch gezwungenermaßen auf Papier und mit Kuli.

Deutsche Bühne 21. Februar 2019 Dr. Manfred Jahnke Vom Kampf zwischen Phantasie und Bürgerlichkeit Lassen sich bürgerliche Wirklichkeit und phantasmagorische Welt miteinander versöhnen? E. T. A. Hoffmann hat 1814 in seinem goldenen Topf diese Widersprüche zu fassen versucht und ein Gremium des Baden-Württembergischen Kulturministeriums hat das nun, nachdem es die Probleme alter Männer mit jungen Mädchen durchkonjugiert hat, zum Schrecken aller Abiturienten und Literaturwissenschaftler zum Schwerpunkt- und damit möglichem Prüfungsthema für die gymnasiale Oberstufe gemacht. Kein Wunder daher, dass nun die Geschichte von Anselmus, der zwischen Veronika, die von einer bürgerlichen Karriere als Amtsratsehefrau träumt und Serpentina, der Schlange mit den blauen Augen, die für die blaue Blume der Romantik einsteht, auf den Bühnen in Baden-Württemberg Konjunktur hat. Nach dem Figurenkombinat Stuttgart, dass die eigentliche Geschichte des Anselmus in 10 Minuten referiert und dann 90 Minuten lang freie Assoziationen zum Märchen aus neuer Zeit entwickelt, wobei jeder Spieler gleiche demokratische Rechte in seinen Assoziationen hat, was schnell durchschaubar ist und damit zur Langeweile führt, führt nun das Theater Aalen eine andere Möglichkeit vor. Hier erzählt man die Geschichte in ihren markanten Drehpunkten aus. Der Widerspruch von bürgerlicher Wirklichkeit und phantastischer Gegenwelt wird hier als Gegensatz verschiedener Medien gesetzt. Auf drei Leinwänden zeigt sich die wunderbare Welt des Archivarius Lindhorst, bunte Farbexplosionen, vermischt mit verzerrten Gesichtern und Formen, aber immer den armseligen Bürgern, die mit Klappstühlen auftreten, überlegen. Unterbrochen wird der Farbenrausch durch einen Erzähler, der immer wieder aufscheint. Allerdings ist jeder Spieler auf der Bühne zugleich ein Erzähler, so dass jener im Video als ein Doppelgänger des Autors erscheint. Nachdenklich macht, warum diese wunderbare Welt der Poesie, in die Anselmus am Ende im Zauberland Atlantis eintaucht, durch das Medium des Films dargestellt wird. Ist der Vorgang, dass sich immer mehr Menschen in digitalen Welten verlieren, tatsächlich mit dem romantischen Symbol der blauen Blume zu fassen? Die Inszenierung von Intendant Tonio Kleinknecht und Marco Kreuzer entwickelt die Erzählung als Auseinandersetzung zwischen bösen und guten Kräften. Veronika wird von Mirjam Birkl anrührend gespielt. Sie steigert sich zu kämpferischen Tönen, bis sie resigniert und sich, plötzlich ganz verhuscht, für ihre kleine bürgerliche Welt entscheidet. Veronika tut sich mit der bösen Hexe (Diana Wolf im Video) zusammen, um Anselm auf ihre Seite zu ziehen. Ihr Vater, den Arwid Klaws als Inbegriff der Bürgerlichkeit spielt, merkt nichts von den Konflikten seiner Tochter. Und auch der Registrator, bei Philipp Dürschmied vor allem jovialer Beobachter, bleibt seiner Bequemlichkeit verbunden, obschon er Veronika schließlich heiratet. Auf der guten Seite, der der Poesie, steht der Archivarius, einst aus dem Lande Atlantis verbannt und voller Sehnsucht nach der Rückkehr. Aber zuvor muss er, der in ursprünglicher Gestalt Salamander war, seine Töchter, die goldenen Schlangen, verheiraten.

Bernd Tauber spielt einen charmanten Weisen, der stets den Überblick behält. An Anselmus aber reißen beide Kräfte. Er wird zum Spielball, ohne seine Situation zwischen den zwei Frauen wirklich zu durchschauen. Manuel Flach spielt diese Zerrissenheit groß aus, bleibt dabei aber auch stets ein wenig der naive Student, der erst am Schluss zu seiner Identität findet. Leicht nervös legt er die Rolle an, um dann zur Ruhe zu kommen. Ist die bürgerliche Welt Handlungsort ist, so zeigen die Videos von Marco Kreuzer schlossähnliche Fenster. Auch die Kostüme von Birgit Barth verweisen auf das Milieu eines kleinen Residenzstädtchens, in dem die Bürger die Mode des Adels nachzuahmen versuchen. Dunkle samtige Farben herrschen vor, die vom sinnlichen Farbenrausch der Anderswelt fast aufgesogen werden. Und der Clou der spannenden Inszenierung von Tonio Kleinknecht und Marco Kreuzer: die eigentliche Gegenkraft zu Veronika, die Schlange, tritt gar nicht auf. Es sind nur die silbernen Glöcklein zu hören, die ihr Schlängeln begleiten.

Aalener Kulturjournal 22. Februar 2019 Kullmann Aalener Theater zeigt E.T.A. Hoffmanns "Der goldne Topf" Gelungener Mix aus klassischem und multimedialem Theater (AN) In einer gemeinsamen Regiearbeit brachten Aalens Theaterintendant Tonio Kleinknecht und Marco Kreuzer E.T.A. Hoffmanns Märchennovelle Der goldene Topf in einer gelungenen multimedialen Inszenierung auf die Bühne. "Am Himmelfahrtstage nachmittags rannte ein junger Mensch in Dresden durchs Schwarze Tor und geradezu in einen Korb mit Äpfeln und Kuchen hinein, die ein altes Weib feilbot." Obgleich der junge Student Anselmus dem Apfelweib seinen kompletten Geldbeutel als Entschädigung überlässt, verflucht sie ihn mit krächzender Stimme:.Ja, renne, renne nur zu, Satanskind, ins Kristall bald dein Fall, ins Kristall." Mit diesem verhängnisvollen Missgeschick beginnt am Himmelfahrtstag das in Dresden im 19.Jahrhundert spielende Kunstmärchen "Der goldene Topf", das am 4.Februar des darauffolgenden Jahres endet. E. T. A. Hoffmanns Erzählung trägt den Untertitel "Mährchen aus der neuen Zeit", macht auf diese Weise gleich zu Beginn deutlich, dass er einen Zusammenhang herstellen möchte zu seiner Gegenwart. Für den Autor ist sein Märchen die Basis der Himmelsleiter, auf der man hinaufsteigen will in höhere Regionen, im Leben zu befestigen, so dass jeder nachzusteigen vermag. Anselmus (Manuel Flach), ein junger Mensch "mit kindlichem poetischem Gemüt", dadurch offen für das Wunderbare, stolpert in die Welt der Imagination. Der eifrige Student, der zu den "schönsten Hoffnungen" berechtigt, dem eine Karriere als "Hofrat" vorausgesagt ist, steht sich jedoch fortwährend durch seine Tollpatschigkeit und Tagträumereien im Weg. Als er unter einem Holunderbusch seine Pfeife raucht, vernimmt er ein "sonderbares Rieseln und Rascheln", hört den Tanz dreier goldgrüner Schlänglein als "Dreiklang heller Kristallglocken", von denen eine mit dunkelblauen, sehnsüchtigen Blick "glühendes Verlangen" in ihm weckt. Ob er betrunken, wahnsinnig, oder krank sei?, fragt er sich, misstraut den eigenen Wahrnehmungen. Die Welt der Philister und die Welt der Künstler Auf der ausgeräumten Bühne entfaltet sich das Spiel. Die prosaische Veronika (Mirjam Birkl), Tochter des Konrektors Paulmann (Arwid Klaws), auf der Suche nach einer lukrativen Partie, begleitet von Registrator Heerbrand (Philipp Dürschmied) stehen für die bürgerliche Welt. Der geheimnisvolle Archivarius Lindhorst (Bernd Tauber) und dessen Tochter, die zauberische Schlange Serpentina, repräsentieren die Welt der Poesie. Sie und die Hexe (Diana Wolf) bleiben während der Aufführung in der Sphäre der Phantasie, sichtbar nur als Videoprojektion. Zwischen beiden Welten steht Anselmus.

Beide Welten, die des Philisters und die des Künstlers, sind bei Hoffmann, wie sonst in der Romantik üblich, nicht voneinander geschieden, sondern berühren sich. Alles hat einen doppelten Boden. Neben der profanen sichtbaren existiert eine das ganze Leben beeinflussende Welt, die unsichtbare. Das Gespenstische bricht in die Wirklichkeit ein. "Nicht zu leugnen ist, dass es geheime Kräfte gibt." Die profane Wirklichkeit verneint deren Existenz, so tun der gravitätische Registrator Heerbrand und Konrektor Paulmann Anselmus Erzählungen als Wahn oder Schwulst ab. Die Inszenierung bindet geschickt das Märchen an unsere Gegenwart an, indem ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen der romantischen Vorstellung von Phantasie und Realität mit der heutigen digitalen Welt. Ist doch in der Gegenwart die Gefahr, sich in dieser zu verlieren, für viele nicht gering. Hoffmanns Erzähler (Manuel Flach) führt folglich als "Influencer on video" durch das Geschehen. Die märchenhafte Welt mit ihren akustischen und optischen Erscheinungen findet auf drei Kuben als Projektionsflächen statt: Die blauen Augen der Schlange locken und verführen, im "strahlend poliertem Gold" des goldenen Topfes "irrlichtern "schimmernde Reflexen allerlei Gestalten, "azurblaue Wände und goldbronzene Stämme dicker Palmbäume", eine wundersame üppige Vegetation wogt und webt. Rätselhafte Töne schaffen eine geheimnisvolle wie bedrohliche Atmosphäre. Ein Jüngling mit poetischem Gemüt Durch sein "kindliches poetisches Gemüt" ist der aus der Zeit gefallene Märchenheld Anselmus auserwählt für das poetische Atlantis an der Seite Serpentinas. Deren Vater ist in Wirklichkeit ein Salamander, Nachfahre einer Feuerlilie, sie eine Schlange, beide mythische Wesen, verbannt aus dem sagenumwobenen Atlantis. Der Archivarius sucht für seine Tochter Serpentina einen "Jüngling" mit "poetischem Gemüt", denn der Zauber löst sich nur, wenn es ihm gelingt, diese mit einem ebensolchen Menschensohn zu verheiraten. Ihre Mitgift ist der Glück bringende goldene Topf. Anselmus soll als Prüfung in der Bibliothek des Archivarius Lindhorst geheimnisvolle orientalische Schriftrollen, in welchen nach Vorstellung der Romantiker der Ursprung der Poesie ist, kopieren, ohne einen Fehler zu machen. Eine Aufgabe, welche ihn beglückt und vom Alltag entrückt. Veronika, die bereits als "Frau Hofrätin" umher trippelt, fesselt Anselmus mithilfe "feindlicher Mächte" an sich, da sie fürchtet, ihn an Serpentina zu verlieren. Anselmus vergisst Serpentina, der er zuvor ewige Liebe geschworen hat, verspielt sein "poetisches Gemüt". Öde und leer erscheinen ihm nun Lindhorsts Palastgarten und Bibliothek, die ihn so verzaubert haben. Die Prophezeiung des bösen Apfelweibes wird wahr: Anselmus von Archivarius Lindhorst "ins Kristall" gesperrt, in das unsichtbare Gefängnis langweiliger bürgerlicher Zufriedenheit. Doch Glaube, Liebe und Hoffnung siegen über das Böse. Nachdem Anselmus von Herzen bereut, erhält er Serpentina zur Frau. Zuerst muss aber noch das Böse - der Kampf des Jünglings mit dem Drachen wird als Videoanimation eingeblendet - besiegt werden. Schließlich lebt das junge Paar glücklich auf Lindhorsts Rittergut im poetischen Reich Atlantis. Während Veronika sich in der Philisterwelt rasch dem hölzernen Registrator Heerbrand zuwendet. Gibt er doch - nun zum "Hofrat" aufgestiegen - den passablen Ehemann ab. So geht Veronikas Traum von der "Hofrätin doch noch in Erfüllung. Am Ende verlässt der Erzähler die digitale Welt, erscheint auf der Bühne, um zu gestehen, wie sehr er den glückseligen Anselmus beneide, da dieser die Bürde des alltäglichen Lebens abgeworfen habe, in Wonne und Freude auf seinem Rittergut lebe. Er hingegen müsse weiterhin verharren im armseligen Alltag. Das Wunderbare und das Leben müsse kein Widerspruch sein, klärt ihn Archivarius Lindhorst auf. An ihm liege es, ob er Zugang fände zum "Leben in der Poesie".

Die multimediale Inszenierung von E.T.A. Hoffmanns Goldenem Topf ist unumwunden gesagt ein großer Wurf. Handlungsintensiv wie dramaturgisch dicht gestaltet. Ein schwieriger Stoff der Romantik wird mit fabelhaften Regie-Einfällen aktualisiert. E.T.A. Hoffmanns abgehoben wirkende, zugleich ausdrucksstarke Sprache des 19. Jahrhunderts bleibt zurecht erhalten. Mit überwältigender Spielfreude brillieren zudem alle Akteure und Akteurinnen in ihren Rollen, stimmig wie phantasievoll gekleidet (Birgit Barth). Ein kleiner Wermutstropfen: Zuschauern, welche die Märchennovelle nicht kennen, dürfte es schwer gefallen sein, sämtliche Zusammenhänge zu entschlüsseln.