DIE REGIERUNG VON UNTERFRANKEN TEILT MIT - Es gilt das gesprochene Wort - Rede von Herrn Regierungspräsidenten Dr. Paul Beinhofer anlässlich der 9. Dienstbesprechung Städtebauförderung am 15. Juni 2010 in Bad Neustadt a.d.saale Anrede Ich freue mich sehr, dass Sie der Einladung zu unserer diesjährigen Städtebauförderungstagung wieder so zahlreich gefolgt sind und begrüße Sie hierzu recht herzlich. Wie in jedem Jahr soll die Information über aktuelle Themen und Tendenzen der Städtebauförderung und der Meinungsaustausch mit Ihnen, die Sie mit der städtebaulichen Erneuerung befasst sind, im Mittelpunkt stehen. Hierzu gehören auch in diesem Jahr aktuelle Informationen aus der Obersten Baubehörde, die wir wieder von Herrn Ministerialrat Keller aus erster Hand erhalten werden; Herr Keller wird später noch aus München zu uns stoßen. Tradition ist zudem, unsere Tagung an wechselnden Orten stattfinden zu lassen. Dies ist nicht immer ganz einfach, zumal für einen möglichst umfassenden Personenkreis von bis zu 200 Personen aus Bürgermeistern, Verwaltung, Planern und auch Vertretern der überörtlichen Politik entsprechende Tagungsräumlichkeiten zur Verfügung stehen müssen.
- 2 - Es freut mich, dass wir in diesem Jahr die Stadt Bad Neustadt a.d.saale als Partner gewinnen konnten und unsere diesjährige Städtebauförderungstagung hier in der Stadthalle durchführen können. Für die Stadt Bad Neustadt als Tagungsort spricht nicht nur, dass sie als alter Kunde der Städtebauförderung bereits zahlreiche Projekte und - ich darf sagen - auch Erfolge, nachweisen kann. Seit Beginn der Stadtsanierung in den 70er Jahren konnten der Stadt Bad Neustadt hierfür immerhin Städtebauförderungszuschüsse in Höhe von rd. 9,6 Mio. zur Verfügung gestellt werden. Im Laufe des Tages werden Sie sich selbst noch ausführlich von den Erfolgen der Städtebauförderung in Bad Neustadt überzeugen können. Frau Stadtbaumeisterin Stüdlein wird von der Vielfalt der Maßnahmen berichten, und am Nachmittag besteht die Möglichkeit, sich den Stadtführungen anzuschließen. Hierfür gilt Ihnen, Herr Bürgermeister Altrichter, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, allen voran Ihnen, Frau Stüdlein, bereits jetzt mein besonderer Dank. Zudem ist der Tagungsort Bad Neustadt für unsere diesjährige Städtebauförderungstagung auch deshalb prädestiniert, weil sich die Stadt in Fortsetzung der nachhaltigen Erfolge in der Vergangenheit schon früh den aktuellen Herausforderungen gestellt hat, um den allgemein drohenden Funktionsverlusten und Abschmelzungsprozessen unserer Innenstädte und Ortszentren entgegenzuwirken. Dieses Engagement zeigt sich auch in der Tatsache, dass sich die Stadt Bad Neustadt im Dezember 2005 für das Modellvorhaben Leben findet Innenstadt - öffentlich-private Kooperationen zur Standortentwicklung beworben hatte und als eine von zehn Modellkommunen in Bayern auch aufgenommen wurde. In Fortsetzung dieses Modellvorhabens konnte Bad Neustadt zudem in das im Jahr 2008 neu aufgelegte Bund-Länder- Städtebauförderungsprogramm Aktive Stadt- und Ortsteilzentren übernommen werden.
- 3 - Aus diesem Modellvorhaben Leben findet Innenstadt leitet sich auch das Motto InnenLeben unserer diesjährigen Städtebauförderungstagung ab. Dass zudem die Innenstadt, also das Herz einer jeden Stadt als Impulsgeber und Pumpe für den restlichen Organismus, in Bad Neustadt auch noch eine Herzform besitzt, ist schon symbolträchtig; wir haben deshalb auch das Logo unserer Tagung hieraus entwickelt. Anrede Seit es Städte gibt, sind diese dem Wandel unterworfen. Jeder Zeitabschnitt ist durch Vernichtung oder Verfall alter Bausubstanz, durch Neubauten, Veränderungen und Erweiterungen gekennzeichnet. Dabei hat man sich in aller Regel bemüht, besonders wertvolle Bauten zu bewahren und der Nachwelt zu erhalten, auch wenn sich die Zweckbestimmung wandelte. Diese Sätze aus einer Broschüre der deutschen UNESCO-Kommission erinnern uns daran, dass eine Stadt - auf längere Zeit gesehen - nie ein festgefügter Zustand sein kann, sondern ein bewegter Vorgang der Entwicklung sein muss. Unsere Innenstädte und Ortszentren stehen dabei vor immer neuen Herausforderungen. Um diese erfolgreich zu bewältigen, ist es notwendig, sich aktiv mit den tiefgreifenden Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandels sowie den demographischen Veränderungen auseinanderzusetzen. Diese Entwicklungen treffen ebenso wie die regionalen Wachstums- bzw. Schrumpfungsprozesse in unterschiedlicher Ausprägung die bayerischen und gerade auch die unterfränkischen Innenstädte und Ortszentren. Wie die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung zeigt, sind in Unterfranken die Veränderungen innerhalb der verschiedenen Regionen, Landkreise oder Kommunen sehr unterschiedlich.
- 4 - Während die Bevölkerungszahl der Stadt Würzburg bis zum Jahr 2028 in etwa gleich bleiben wird, wurden für die Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen, Haßberge und Schweinfurt deutliche Bevölkerungsrückgänge von ca. 10 % errechnet. Für die Stadt Bad Neustadt selbst wurde vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung ein Rückgang der Bevölkerung bis 2028 von insgesamt ca. 5 % errechnet. Neben dem zahlenmäßigen Rückgang ist zudem, wie in vielen anderen Kommunen auch, der Prozess der Überalterung der Bewohner stetig fortschreitend. So wird in Bad Neustadt der Anteil der unter 18-jährigen um ca. 19 % und der zwischen 18- und 40-jährigen um ca. 17 % abnehmen. Der Anteil der Bewohner über 65 Jahre hingegen wird nach Berechungen des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung um ca. 22 % ansteigen! Hiobsbotschaften, wie die Schließung von Großbetrieben oder der Abbau von mehreren Hundert Arbeitsplätzen, wie hier in Bad Neustadt durch die Fa. Siemens angekündigt, würden diesen negativen Prozess - bedingt durch die Abwanderung junger Familien aufgrund drohenden Arbeitsplatzverlustes - in unabsehbarer Weise noch beschleunigen. Herr 1. Bürgermeister Altrichter wird bei seinem Grußwort sicherlich auf diese Thematik nochmals zu sprechen kommen. Nach derzeitiger Kenntnis werden ländliche Räume in Zukunft insgesamt überproportional von dem demografischen Wandel betroffen sein. Zudem leiden schon heute viele ländliche Gebiete unter den stark negativen Wanderungssalden insbesondere bei den jüngeren Altersgruppen. Erste Indizien für eine solche Entwicklung sind Veräußerungsprobleme bei Bauplätzen und Bestandsimmobilien bei gleichzeitig zunehmender Leerstandsentwicklung in den historischen, oft landwirtschaftlich geprägten Altortbereichen. Eine solche Entwicklung ist nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten problematisch, sie gefährdet auch die baukulturelle Identität vieler Gemeinden als einen wichtigen, weichen Standortfaktor.
- 5 - Unter demografischen Stagnations- oder gar Schrumpfungsbedingungen wird es immer schwieriger, auch in ländlichen Räumen mit geringerer Bevölkerungsdichte elementare Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge mit vertretbarem Kostenaufwand bereitzustellen. Im Wettbewerb um neue Einwohnerinnen und Einwohner und vor allem um junge Familien stellt das im kommunalpolitischen Raum leider noch durchaus verbreitete Kirchturmdenken mit der Neuausweisung von Baugebieten und der Zahlung von Prämien aber keine nachhaltige Lösung dar. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass bei fortschreitendem demographischen Wandel weitere Baulandausweisungen unausweichlich in eine Überangebotssituation an Bauland und eine Unterauslastung der Infrastruktur, verbunden mit hohen infrastrukturellen Folgekosten münden. Bei stagnierenden oder gar rückläufigen Einwohner- und Haushaltszahlen, zieht jedes neue Baugebiet Haushalte aus dem Bestand der eigenen Gemeinde oder Nachbargemeinde ab. In unseren Informationsveranstaltungen am 19. März 2010 in der Regierung von Unterfranken zum Thema "Flächenmanagement zur gezielten Innenentwicklung" bzw. am 7. Mai 2010 in Veitshöchheim zu der Thematik Auswirkungen des demographischen Wandels in Unterfranken, wurden bereits verschiedene Instrumente, Strategien und Projekte zur aktiven Gestaltung dieses Prozesses aufgezeigt. Hierbei zeigte sich, dass es für eine Kommune in jedem Fall wichtig ist, den demographischen Wandel nicht zu tabuisieren, sondern eine maßgeschneiderte gesamtörtliche Anpassungsstrategie zu erarbeiten und hieraus vorausschauend und konsequent Maßnahmen zur Innenentwicklung abzuleiten. Um die Kommunen hierbei zu unterstützen, steht zwischenzeitlich ein bunter Strauß an Städtebauförderungsprogrammen mit verschiedenen Handlungsschwerpunkten zur Verfügung. Ob integrierte Handlungskonzepte oder städtebauliche Entwicklungskonzepte mit gesamtörtlichen Bezügen - wichtig bei all diesen Handlungsschwerpunkten
- 6 - ist, dass die zu fördernden Maßnahmen im Kontext einer abgestimmten, ganzheitlichen kommunalen Gesamtentwicklungsstrategie stehen und so ihr Erfolg gesichert wird. Zudem ist die interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen ebenso von Bedeutung wie die Einbindung und Mitwirkungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger sowie anderer lokaler Akteure. Dieses gemeinsame Engagement zu fördern, aber auch zu fordern, schafft nicht nur Identifikation mit den Projekten, sondern kann auch helfen, Haushaltsmittel zu sparen. Der Aufbau öffentlich-privater Partnerschaften hat deshalb auch in der Städtebauförderung eine zunehmend größere Bedeutung. Der Erfahrungsaustausch auf regionaler und überregionaler Ebene sowie eine regelmäßige Evaluation sind dabei unverzichtbare Voraussetzungen für einen kontinuierlichen Lernprozess innerhalb der partnerschaftlichen Standortaufwertung. Welche Möglichkeiten es hierzu gibt, wird uns Herr Dr. Volker Salm in seinem Referat anhand von Beispielen deutlicher vor Augen führen. Herr Dr. Salm, ich freue mich schon jetzt auf Ihre Ausführungen. Dass diese Thematik nicht nur in Städten von Bedeutung ist, zeigt das Beispiel des Marktes Höchberg. Herr 1. Bürgermeister Peter Stichler sowie Herr Prof. Martin Schirmer werden uns über die gesamtheitliche Strategie ihres Handelns aus gemeindlicher und fachlicher Sicht informieren. Auch bei Ihnen, meine Herren, möchte ich mich für Ihr Kommen und Ihren Beitrag herzlich bedanken. Anrede Bitte nutzen Sie neben den Informationen und Anregungen durch die anschließenden Vorträge auch die Gelegenheit, am Rande der Tagung das eine oder andere vertiefende Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Regierung von Unterfranken zu führen; diese beantworten Ihnen gerne weitere Fragen, die im Rahmen des offiziellen Programms möglicherweise nicht abgehandelt werden können.
- 7 - Ich sage Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Altrichter, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen herzlichen Dank für die Mithilfe bei der Vorbereitung der Tagung und auch für die finanzielle Unterstützung. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten, insbesondere nochmals bei der Referentin und den Referenten des heutigen Tages und wünsche uns gemeinsam viele interessante Gespräche und Informationen und der Tagung insgesamt einen guten Verlauf.