Ethisch entscheiden früh erlernen Das BWL-Studium an der Universität: Eine Kontroverse zu den Erwartungen der Praxis? Die Inhalte des Betriebswirtschaft-Studiums stehen in der Kritik von Medien und Arbeitgebern: 25 Prozent der Unternehmen, die sich während der Probezeit wieder von ihren Mitarbeitern getrennt haben, taten dies, weil die Hochschulabsolventen nicht in der Lage waren, ihren Baukasten betriebswirtschaftlicher Entscheidungsinstrumente zielführend zu benutzen. Persönlichkeiten wie Prof. Dr. Ann-Kristin Achleitner von der TU München kritisieren den Mangel an Sozialkompetenz und ethischem Entscheidungsbewusstsein von Jungakademikern: Die Finanzkrise als Vorbote einer Kapitalismuskrise wurde vorbereitet durch die Business Schools, die ein opportunistisches Menschenbild einer ganzen Managergeneration vermittelten. Es stellt sich also die Frage, ob das Modell-zentrierte, auf kognitives Wissen angelegte Ausbildungskonzept der Universitäten den Anforderungen von Arbeitsmarkt und Gesellschaft gerecht wird. Betriebswirtschaftliches Fachwissen ist wichtig, aber ohne ein Mindestmaß an Sozialkompetenz, der Fähigkeit zum teamorientierten Arbeiten, Verantwortungsbewusstsein gegenüber Mitarbeitern und Ressourcen sowie der Fähigkeit zur zielführenden Kommunikation mit anderen, erfüllen die Bewerber die Ansprüche der Unternehmen nicht mehr. Dass bei 41 Prozent der Unternehmen Probleme bei der Stellenbesetzung bestehen, wird der teilweise praxisfernen Ausbildung deutscher Hochschulen zugeschrieben. Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff vom Institut für allgemeine BWL, insb. Krankenhausmanagement ermittelte mit seinem Forschungsteam die Qualifikationsbedürfnisse insbesondere mittelständischer Unternehmen und setzte diese Anforderungen in ein innovatives Veranstaltungskonzept um. Der Schwerpunkt der Vertiefung Management des BWL-Bachelorstudiengangs liegt nicht auf dem Erlernen neuer abstrakter Modelle und Instrumente für den theoretischen Baukasten, sondern der Fokus liegt auf dem Transfer des bisher Erlernten Fachwissens zur Lösung von konkreten Entscheidungsproblemen der Praxis. Zusammen mit sechs mittelständischen Unternehmen lernen die Studierenden nicht nur unterschiedliche Produkt-, Branchen- und Unternehmensstrukturen kennen. Vermittelt werden insbesondere auch Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit und Kommunikation, deren Wert die Studierenden bei der Bearbeitung von Fallstudien sowie in den Konfrontationssitzungen erfahren.
Abbildung 1: In intensiven Gruppenarbeiten stärken die Studierenden die in der Praxis wichtigen Schlüsselqualifikationen Kommunikation und Teamarbeit. Durch ihre Arbeit wird den Studierenden die Bedeutung mittelständischer Unternehmen für die Entwicklung von Branchen, Regionen und der Volkswirtschaft deutlich, denn häufig liegt der Fokus im BWL-Studium auf Kapitalmarkt und DAX-Unternehmen. Die kooperierenden Unternehmen sind alle in der Gesundheitsbranche tätig; dadurch erhalten die Studierenden Einblick in die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen der Medizinindustrie und Krankenhäusern zwecks Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen zum Nutzen des Patienten.
Abbildung 2: Die Studierenden erhalten die Möglichkeit ein direktes Feedback zu ihrer Arbeit zu bekommen. Hier durch Udo Maas (Geschäftsführer Roeser Medical). Durch den Bezug zum Gesundheitswesen wird den Studierenden darüber hinaus das Spannungsfeld von Ethik und Ökonomie in der Medizin verdeutlicht. Dadurch erhalten die Studierenden einen moralischen Kompass, um Management-Entscheidungen nachhaltig, wirtschaftlich, sozial und ökologisch zu treffen. Das Gesundheitswesen in Deutschland ist mit einer Zahl von 4,8 Millionen Beschäftigten und einem Ausgabenanteil von 11,6 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt ein Wachstumsmarkt mit attraktiven Arbeitsplätzen für die Entscheider von Morgen. Uns kommt es darauf an, den Studierenden eine Handlungsorientierung, einen ethischen Kompass an die Hand zu geben, der ihnen hilft, in kritischen ökonomischen Entscheidungssituationen das Richtige zu tun. (Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff) Den Studierenden wird es außerdem ermöglicht einen Leadership Check durchzuführen, der der persönlichen Reflektion dient, aber auch bei der Berufswahl und zur Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen hilfreich ist.
Teilnehmende Unternehmen: Aesculap (vertreten durch Jörg Sturm und Thomas Kieninger) Hill-Rom (Barbara Senger) Roeser (Udo Maas) Procuratio (Hans Geisser und Nils Effertz) Visus (Martin Klingelberg) Leo System (Sven Schöppe) Weitere Fotos: