Der Wert des Bayerischen Bieres Was macht die Wertschöpfungskette nachhaltig? 17.03.2016 11. Marktforum der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft München LfL, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung 1989-96: Studium der Agrarwissenschaften an der TU München Weihenstephan mit Abschluss Diplom Agrar-Ingenieur 1996-2000: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Pflanznebau und Pflanzenzüchtung der TUM Weihenstephan 2000: Promotion zum Dr. agr. 2000-07: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LfL, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Arbeitsgruppe Genomananalyse seit 2007: Leiter der Arbeitsgruppe Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste an der LfL www.lfl.bayern.de/ipz Das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung ist das Informations-, Dokumentationsund Kompetenzzentrum für alle pflanzenbaulichen Fragestellungen in Bayern. Es liefert fachliche Entscheidungsgrundlagen für die bayerische Staatsregierung, erarbeitet aktuelle Fachinformationen für die staatliche Beratung, für Handel, Industrie, Züchter sowie Verarbeiter und vollzieht einschlägige pflanzenbauliche Hoheitsaufgaben. Die Arbeitsgruppe Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste nimmt folgende Aufgaben wahr: Resistenzzüchtung gegen Blattkrankheiten (Mehltau, Zwergrost, Netzflecken, Rhynchosporium secalis etc.) und abiotische Stresseinflüsse (Strahlung, Trockenheit, Säure) Malzqualität bei Sommer- und Wintergerste Untersuchung auf Kornanomalien und Bewertung von Sorten und Zuchtmaterial Betreuung von Fachorganisationen Züchterberatung - 1 -
Einleitung Bayern ist mit 104.000 ha Anbaufläche für Sommergerste und einer Erntemenge von ca. 570.000 t (2015) das Bundesland mit der größten Braugerstenerzeugung in Deutschland. Durch die große Anzahl von Mälzereien und Brauereien in Bayern könnte allerdings mehr Braugerste abgesetzt werden, als in Bayern erzeugt wird. Bei rückläufigen Anbauflächen ist der Flächenertrag langjährig angestiegen, jedoch liegt der bayerische Durchschnittsertrag seit einigen Jahren unter den Erträgen der norddeutschen Bundesländer. Anbaufläche 1000 ha 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 1950 1952 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 70 60 50 40 30 20 10 0 Ertrag dt/ha Quelle: LfL IPZ 2b, statistisches Landesamt Anbaufläche Abbildung 1: Entwicklung von Anbaufläche und Ertrag der Sommergerste in Bayern. Die Hauptanbaugebiete in Bayern sind Oberfranken und die Oberpfalz. Auf Platz drei liegt Oberbayern, wo in den letzten 5 Jahren die Anbaufläche stetig gewachsen ist, was den steigenden Erträgen dieser Region zuzuschreiben ist. Unterfranken nimmt mit 16% der Sommergerstenfläche die vierte Stelle in der bayerischen Braugerstenerzeugung ein (Abb. 2). Ertrag - 2 -
Ufr. 16% Schw. 5% Mfr. 4% Ndb. 3% Ofr. 3 Obb. 20% Opf. 2 Abbildung 2: Anteile der Anbaufläche von Sommergerste in Bayern nach Regierungsbezirk; Quelle: LfL, IPZ 2, nach INVEKOS. Abbildung 3 zeigt den Zuchtfortschritt der Sommergerste als Zunahme des Kornertrages je Tag. Allerdings lässt sich daraus auch ableiten, dass bei ungünstigen Anbaubedingungen jeder fehlende Vegetationstag annähernd 50 kg Ertrag kostet. 65 60 55 Kornertrag kg/tag 50 45 40 35 30 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: LfL IPZ 2, LSV Sortiment 182 1995-2015 Abbildung 3: Zunahme des Kornertrages von Sommergerste in kg/tag über die letzten 20 Jahre. Klimatisch und geografisch wird Bayern in drei s.g. Anbaugebiete für Sommergerste eingeteilt (Abb 4). Die Sortenberatung erfolgt aufgrund dieser regionalen Einteilung und der Ergebnisse der Sortenversuche, die auf diese Anbaugebiete verteilt sind. - 3 -
Abbildung 4: Anbaugebiete für Sommergerste in Bayern. Malzqualität der Braugerste In den letzten drei Jahren wurde von den Verarbeitern in Deutschland häufig der zu geringe Eiweißgehalt der Braugerste beklagt. Bayern liegt hierbei jedoch noch knapp über dem Bundesdurchschnitt, so dass 2014 und 2015 nicht nur sehr hohe Erträge sondern auch eine sehr gute Brauqualität erzielt worden ist. Wesentlich für die Anbauempfehlung von Braugerste ist die Verarbeitungsempfehlung des Berliner Programmes. Die Sorten, die für die Verarbeitung empfohlen sind, haben auch in Bayern den größten Anteil an der Anbaufläche. Die neu zugelassenen Sorten werden in den Landessortenversuchen auf ihre agronomische Eignung für die Anbaugebiete in Bayern genau geprüft. Eine offizielle Anbauempfehlung wird entsprechend der besten Versuchsergebnisse herausgegeben. In Absprache mit dem Bayerischen Verein zur Förderung des Qualitätsgerstenanbaues könnten aber auch Sorten mit überragenden agronomischen Eigenschaften eine amtliche Anbauempfehlung bekommen. - 4 -
100,0 g g y RP bis 11,5%, Vollgerste, Anteil Braugerste % 90,0 80,0 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 Vollgerste in % Rohprotein bis 11,5 % Anteil Braugerste % Quelle: LfL IPZ 2, Repräsentative Praxisstichproben Bayern, 2015 Abbildung 5: Verarbeitungsqualität von Sommergerste in Bayern 1980 bis 2015. Regionale Besonderheiten in Bayern Bayern lässt sich in mehrere klimatisch und geografisch abgegrenzte Regionen aufteilen. Insbesondere die Globalstrahlung ist in Süddeutschland wesentlich höher als im Norden. Dies bedingt einen höheren Stress für die Pflanzen während der Kornfüllung. Dies wirkt sich besonders für die Sommergerste mit ihrer kurzen Wachstumszeit nachteilig aus. Auch der Krankheitsdruck ist von den klimatischen Bedingungen der Anbauregionen abhängig. So ist z. B. das Auftreten der späten Blattflecken im Süden Bayerns häufig stärker ausgeprägt als in den Höhenlagen. Zwergrost tritt stärker in den trockenen warmen Lagen im Mittel- und Unterfranken auf. Eine regional angepasste Sorte muss diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden. Die Zeit vom Anbau bis zur Ernte der Sommergerste zeigt trotz des Klimawandels in den letzten 30 Jahren keine Tendenz zu einer Verlängerung (Abb. 5). Interessant ist, dass in dem Hochertragsjahr 2014 bei einer überdurchschnittlichen Vegetationsdauer die Kornfüllungsphase eher unter dem langjährigen Mittel lag. - 5 -
180,00 160,00 140,00 120,00 Vegetationstage 100,00 80,00 60,00 40,00 20,00 0,00 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Vegetation Kornfüllung Quelle: LfL IPZ 2b, Abbildung 6: Langjährige Anzahl der Vegetationstage (Saat bis Ernte) und der Kornfüllungsphase (Ährenschieben bis Reife) der Sommergerste am Standort Freising. Pflanzenbauliche Besonderheiten in Bayern Die Sommergerste ist eine der Nutzpflanzen mit der kürzesten Vegetationszeit. In ca. 125 Tagen kann sie einen Ertrag von bis zu 80 dt/ha schaffen. Das bedeutet aber, dass sie an jedem Tag, der sich negativ auf das Wachstum auswirkt bis zu 48 dt/ha an Ertrag verlieren kann. Daher ist es bei Sommergerste extrem wichtig, die Bestandesführung zu optimieren. Üblich ist eine Stickstoffdüngung direkt nach der Saat. Die neueren Sorten zeigen aber ein sehr hohes Ertragspotenzial bei gleichzeitig geringem Eiweißgehalt. Daher gilt es zu untersuchen, ob eine aufgeteilte Stickstoffdüngung den Eiweißgehalt erhöhen kann ohne andere Eigenschaften zu beeinflussen. Eine Versuchsreihe, welche die LfL in Zusammenarbeit mit den Fachzentren Pflanzenbau durchführt soll Erkenntnisse zu dieser Fragestellung liefern. Fruchtfolgestellung Auswertungen der Praxisstichproben und der INVEKOS-Daten (Abb. 7) zeigen, dass über 60 % der Sommergerste in Bayern nach Getreidevorfrucht angebaut wird. Mais steht nur zu etwa 20% als Vorfrucht vor Sommergerste. Da der kleinste Teil von Sommergerste nach Mais als Braugerste verkauft wird, erscheint das Risiko für Befall mit Fusarium bei Braugerste aufgrund der Fruchtfolge in Bayern gering. Sommergerste in der Fruchtfolge bringt darüber hinaus den Zusatznutzen für die Möglichkeit einer gezielten Ungräserbekämpfung. - 6 -
Roggen 3% Hafer Wintertriticale Kartoffeln Kleegras 3% Ackergras Winterraps Mais Luzerne Sojabohnen Senf Dinkel Hirse Speisekartoffeln Stillegung Zuckerrüben Winterweizen 3 Triticale 4% Körnermais 5% Wintergerste 8% Silomais 14% Quelle: LfL IPZ 2, repräsentative Praxisstichproben Bayern, 2015 Sommergerste 16% Abbildung 7 : Anteile der Vorfrüchte von Sommergerste in Bayern. Fazit: Braugerste aus Bayern hat zu Recht einen guten Ruf. Da Bayern noch ein Braugersten- Importland ist wird hochwertige Braugerste aus Bayern auch ihre Abnehmer finden. Etliche Vorzüge sprechen für die Aufnahme von Braugerste in die Fruchtfolge. Als relativ extensive Fruchtart hat sie auch ökologische Vorteile, so dass durch die neue Düngeverordnung und das Greening das Interesse am Sommergerstenanbau in Bayern zunehmen dürfte. Das System der Sortenprüfung und regionalen Anbauempfehlung für Bayern ermöglicht für jede Region die passende Sorte zu finden, die auch von den Verarbeitern abgenommen wird. - 7 -