Grußwort Festakt 70 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen Mittwoch, 5. Oktober 2016, 10 Uhr Plenarsaal - Es gilt das gesprochene Wort! - Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Hannelore Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin Stamm! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, liebe Frau Dr. Brandts, Lieber Stadtdirektor Hintzsche, Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Landes- und Kommunalpolitik, Verehrte Gäste von nah und fern! und nicht zuletzt: Liebe Bürgerinnen und Bürger! I. Vor wenigen Wochen, am 23. August, haben wir den 70. Geburtstag Nordrhein-Westfalens mit einem Festakt in der Tonhalle und kurz darauf mit einem fröhlichen und bunten NRW-Tag in der Landeshauptstadt Düsseldorf gefeiert. Heute wollen wir mit diesem Festakt im Plenarsaal an die erste Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen erinnern, die vor sieben
2 Jahrzehnten am 2. Oktober 1946 im Düsseldorfer Opernhaus stattgefunden hat. 200 - damals noch ernannte, nicht gewählte Abgeordnete, je 100 aus Westfalen und dem Rheinland, kamen zur ersten Sitzung des Landesparlaments im neuen Land NRW zusammen. Ernst Gnoß, der erste Präsident unseres Landtags sagte damals unter dem Beifall aller Abgeordneten Wir geloben, dass wir bereit sind, alles einzusetzen für den Neuaufbau eines besseren demokratischen Deutschlands der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens und des Willens zur Völkerverständigung für alle Zeiten. Wir feiern also heute nicht uns selbst, sondern 70 Jahre Parlamentarische Demokratie in NRW. Und wir würdigen damit das politische Engagement aller Menschen, die sich seit 1946 in unserem Parlament - und auch außerhalb - für Land und Leute, für eben das bessere, das demokratische Deutschland eingesetzt und stark gemacht haben, und dies auch heute und morgen tun werden. II. Es freut mich sehr, zu diesem besonderen Anlass einen repräsentativen Querschnitt des politischen, gesellschaftlichen und 2
3 kulturellen Lebens in Nordrhein-Westfalen hier im Plenarsaal begrüßen zu können. Gemeinsam mit den Vizepräsidenten Eckhard Uhlenberg, Oliver Keymis und Dr. Gerhard Papke heiße ich an erster Stelle unseren heutigen Hauptredner willkommen. Herzlich Willkommen, sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, lieber Professor Dr. Lammert! Ihre Anwesenheit ehrt uns sehr, und sie unterstreicht die vielfältigen und engen Kontakte zwischen unseren Parlamenten, aber auch, dass Sie, wie wir, überzeugter Nordrhein-Westfale sind. Schön, dass Sie heute bei uns sein können und den Festakt mitgestalten. Herzlich begrüße ich auch die aktuellen und die vielen ehemaligen Mitglieder des Landtags. Sie alle haben oft sogar über lange Zeiträume - dazu beigetragen, dass wir heute 70 Jahre Landtag NRW feiern können. Dafür gilt Ihnen ein sehr herzlicher Dank! Stellvertretend für alle Parlamentarier begrüße ich unsere frühere Landtagspräsidentin Ingeborg Friebe. Herzlich willkommen liebe Ingeborg! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft! Es freut uns natürlich ebenso, dass auch die Landesregierung mit Ihnen, sowie zahlreichen Ministerinnen und Ministern im Amt und außer Dienst, vertreten ist, 3
4 und dass Sie gleich ebenfalls einen Glückwunsch an den Landtag überbringen werden. Herzlich willkommen! Ich freue mich außerordentlich, heute auch Gäste aus anderen Bundesländern und europäischen Nachbarländern willkommen zu heißen. Herzliche Willkommensgrüße gelten dem Präsidium des Bayerischen Landtags mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm an der Spitze. Und zugleich ist es mir eine Ehre, den Präsidenten des Parlaments der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unter uns zu begrüßen. Lieber Alexander Miesen, ich freue mich sehr über Ihre Anwesenheit! Zumal es zugleich ihr erster offizieller Besuch in unserem Landtag ist. Ein ebenso herzlicher Gruß gilt den zahlreichen Repräsentanten der Kirchen und Religionsgemeinschaften, den Angehörigen des Konsularischen Korps, den Gästen aus der kommunalen Familie, sowie vielen Freunden aus Verbänden, Vereinen, Institutionen, Stiftungen und Gewerkschaften. III. Wenn wir gemeinsam auf sieben Jahrzehnte Parlamentsgeschichte blicken, dann ließen sich ohne Frage viele beeindruckende Bilanzen ziehen. 4
5 So könnte ich jetzt einiges sagen zu über 1.800 Plenarsitzungen, die oft mit historisch wichtigen Debatten, aber auch mit unvergesslichen Kontroversen, unzähligen Geschichten und Anekdoten verknüpft sind. Ich könnte berichten zu den insgesamt über 77.500 Drucksachen, die sich in unseren Parlamentsarchiven über die Jahrzehnte angesammelt haben und die durchaus auch ein Zeugnis sind für das so wichtige Kräfteverhältnis zwischen regierungstragenden und oppositionellen Fraktionen. Oder wir könnten gemeinsam auf die über 2.000 Gesetze blicken, die seit der Landesgründung durch dieses Parlament beraten und verabschiedet worden sind viele davon Meilensteine, die das Land in seiner gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung nach vorne gebracht haben, und durch die sich NRW immer wieder neu erfinden konnte. Manche wurden sogar einstimmig verabschiedet Doch Zahlen, Daten und Fakten allein, verehrte Gäste, machen unser Parlament und seine Bedeutung für Nordrhein-Westfalen natürlich nicht aus. Werden sie doch in keiner Weise dem gerecht, was den Landtag Nordrhein-Westfalen und damit die Parlamentarische Demokratie in unserem Land so wertvoll und schützenswert macht. 5
6 Denn seit sieben Jahrzehnten kommt es auf etwas sehr Besonderes an: Es geht um Menschen! Zum einen um Menschen, die bereit waren und die bereit sind, sich um ein Mandat zu bewerben, hier im Parlament und in den Wahlkreisen persönlich Verantwortung zu übernehmen und die politischen Weichen für ein gutes Leben und Zusammenleben in Nordrhein-Westfalen zu stellen. Und zum anderen geht es um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, die ihren Abgeordneten Vertrauen für die politische Arbeit schenken, und die ihnen in Wahlen regelmäßig den Auftrag zum parlamentarischen Handeln erteilen. 70 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen heißt 70 Jahre repräsentative Demokratie in unserem Land. Unser Jubiläum ist damit vor allem Ausdruck unserer lebendigen und lebhaften Demokratie. Demokratie, die ihre historischen Ursprünge nach den Jahren der Nazi-Diktatur mit Krieg, Zerstörung und Menschenhass nie vergisst. Demokratie, die sich beständig weiterentwickelt, und sich gerade deshalb den Herausforderungen und auch den Gefahren jeder Zeit, aber ganz besonders unserer heutigen Zeit, selbstbewusst stellt. 6
7 Demokratie, die auf dem Fundament von Verantwortung und Vertrauen fußt, die ihre Stärke aus der Vielfalt der Menschen und Meinungen in Nordrhein-Westfalen und aus gelebtem Respekt und Toleranz gewinnt. 70 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen: Dieses Jubiläum ist für uns ganz gewiss mehr als nur ein Blick in die Vergangenheit. 70 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen sind für uns alle auch eine Verpflichtung für die Zukunft. Nämlich die Verpflichtung, uns weiterhin stark zu machen für die Vielfalt der Meinungen, die Freiheit von Rede und Gegenrede, und das so wichtige Zusammenspiel von Vertrauen und Verantwortung, das die Arbeit unseres Parlaments zum Wohle Nordrhein-Westfalens seit so vielen Jahren ermöglicht. IV. In den vergangenen Wochen wurde ich immer wieder gefragt, ob sich denn nun 70 Jahre nach der Landesgründung durch die Britische Militärregierung im Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen eine eigene Identität entwickelt habe. Wenn ich ganz ehrlich bin: man kann diese Frage nicht ganz schnell und ganz einfach beantworten. 7
8 Denn unser Land ist vielfältig und zwar genauso vielfältig wie die Menschen, die hier zuhause sind, so vielfältig wie ihre Meinungen, ihre Kulturen und Brauchtümer, ihre Lebensentwürfe und Fähigkeiten, ihre Hoffnungen und Ängste, ihre Träume und Wünsche für die Zukunft. Und genau diese Vielfalt macht unser Land aus. Diese Vielfalt ist es, die hier, an dieser Stelle, im Landtag Nordrhein-Westfalen seit 70 Jahren auf demokratischen Wegen zum Ausdruck gelangt. Sie zeigt sich in der Vielfalt der persönlichen Meinungen, in der Vielfalt der hier vertretenen politischen Positionen, im parlamentarischen Wettbewerb von Rede und Gegenrede und damit nicht zuletzt in der Vielfalt der Abgeordneten aus allen Regionen unseres Landes. Eine Zahl möchte ich aber doch noch nennen. Und das ist für mich eine der wirklich wichtigen Zahlen aus nunmehr sieben Jahrzehnten Parlamentsgeschichte: Bis zum heutigen Tage haben sich insgesamt 1.705 Abgeordnete im Parlament zum Wohle unseres Landes und seiner Menschen engagiert. Einzelne Personen aus diesen Jahren zu nennen, und mögen sie politisch noch so herausragend gewesen sein, wäre nicht gerecht. Denn sie alle, Frauen und Männer aus allen Landesteilen und aus allen Jahrzehnten, haben hier im Landtag ihren ganz persönlichen 8
9 Beitrag geleistet, um nach bestem Wissen und Können den Willen der Wählerinnen und Wähler zu vertreten. Sie alle haben der Demokratie in Nordrhein-Westfalen ein Gesicht gegeben. So ist es auch heute, in der mittlerweile 16. Wahlperiode. Und so, verehrte Gäste, wird es auch zukünftig sein wenn wir nur weiterhin wachsam bleiben und die Demokratie gegenüber denjenigen verteidigen, die sie an ihrer empfindlichen Stelle treffen wollen. V. Ja, unsere Demokratie beruht auf Verantwortung und Vertrauen. Das macht sie aber leider auch verletzlich. Und genau deshalb will ich unterstreichen, dass selbst die Hetze und Pöbeleien, der erschreckende unverhohlene Hass am Tag der deutschen Einheit uns stark machen in unserem Eintreten für Demokratie, Toleranz und Freiheit. Wir tun das, indem wir ganz einfach und voller Überzeugung das bleiben, was wir seit 70 Jahren sind: ein selbstbewusstes und engagiertes Parlament. Ein Parlament das verantwortungsbewusst wie vertrauenswürdig bleibt, ein Parlament der aufrechten Demokraten, ein Parlament im Dienste aller Bürgerinnen und Bürger. Ein Parlament, in dem Freiheit, Toleranz und Respekt zählen, und in dem jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, 9
10 Antisemitismus, Gewalt und Intoleranz eine deutliche Abfuhr erfahren. Ein Parlament des erhobenen Hauptes, weil wir Bürgerinnen und Bürger repräsentieren, die die Demokratie wertschätzen. VI. In seiner Geschichte ist der Landtag Nordrhein-Westfalen bislang an vier Orten in der Landeshauptstadt Düsseldorf beheimatet gewesen. Diese Orte stehen für die Geschichte Nordrhein-Westfalens, und sie symbolisieren ebenso eindrucksvoll das Selbstverständnis unseres Parlaments, wie es sich über 70 Jahre entwickeln konnte: Als die Abgeordneten 1946 zur ersten Sitzung in der Oper zusammen kamen, lagen die Städte nach Kriegsende in Schutt und Asche, und die Angst vor Hungersnöten und Versorgungsengpässen im herannahenden Winter bestimmte die Politik. Bis 1949 tagte der Landtag anschließend als Gast im Gesolei-Saal der Henkelwerke. Fast 40 Jahre lang war dann das ehemalige Ständehaus der preußischen Rheinprovinz die Heimat des Landtags, bis dort der Platz für ein Arbeitsparlament einfach nicht mehr ausreichte. Und nun, seit 28 Jahren, ist unser Parlament in diesem einzigartigen Haus der fast 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger direkt am Düsseldorfer Rheinufer zuhause. Die Architekten dieses zeitlos 10
11 faszinierenden Gebäudes, die Herrn Eller und Walter, darf ich an dieser Stelle ebenfalls herzlich unter uns begrüßen. Schön, dass Sie als architektonische Väter des Gebäudes und gute Freund des Parlaments heute bei uns sind! Anrede, der Landtag ist seit langem ein Ort der Begegnung, und er steht unterstützt durch seine wunderbare Architektur - für eine zeitgemäße, eine transparente und bürgernahe Parlamentarische Demokratie, über die wir heute sehr glücklich sein können. 70 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen sind deshalb ein Grund zur dankbaren Freude. Und ich sage stellvertretend für das ganze Parlament: herzlichen Glückwunsch uns allen zu 70 Jahren Landtag Nordrhein-Westfalen! Herzlichen Glückwunsch zu 70 Jahren Demokratie in unserem Land. 11