Armut und Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen in Österreich



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Transkript:

Armut und Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen in Österreich 25% der Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, in absoluten Zahlen betrifft dies 408.000 Kinder und Jugendliche. Die negativen Auswirkungen dieser benachteiligenden Situation auf das Leben der Kinder, sind durch zahlreiche Studien bestätigt. Kinder, die in Armut aufwachsen, sind öfter krank, ihre emotionale und kognitive Entwicklung ist oft verzögert, sie erbringen schlechtere schulische Leistungen und besuchen seltener höhere Schulformen. Als Erwachsene sind sie häufiger arbeitslos und armutsgefährdet. 310.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre sind armutsgefährdet auf Grund des geringen Haushaltseinkommens (Armutsgefährungsschwelle für eine Person mit Kind liegt bei 1.509 Euro), das entspricht einer Quote von 18%. Kinder sind damit überdurchschnittlich von Armutsgefährdung betroffen (diese liegt im in der Gesamtbevölkerung bei 14,1%). Als Einkommensarmutsgrenze (Armutsgefährdungsschwelle) werden in Österreich, jeweils 60% des mittleren Pro-Kopf-Haushaltseinkommens definiert, diese liegt in Österreich aktuell bei 1.161 Euro für einen Einpersonenhaushalt. Diese Summe ist als Zwölftel des Jahreseinkommens zu verstehen, wobei Einkommen wiederum Netto-Einkommen meint: es geht um das tatsächlich verfügbare Einkommen, inkl. aller Sozialleistungen etc., nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen variiert nach Bundesland. Armutsgefährdung Kinder bis 19 Jahren nach Bundesländer: Wien: 112.000 (31%) Burgenland: 8.000 (20%) Kärnten: 11.000 (11%) Niederösterreich: 48.000 (14%) Oberösterreich: 34.000 (11%) Salzburg: 17.000 (17%) Steiermark: 37.000 (15%) Tirol: 24.000 (14%) Vorarlberg: 20.000 (20%)

Armuts- und Ausgrenzungsgefahr für bestimmte Haushalte überdurchschnittlich hoch Armut von Kindern und Jugendlichen steht in direktem Verhältnis zum Haushaltseinkommen der Familie. Wird im Elternhaushalt volle Erwerbstätigkeit erzielt, sind 6% armutsgefährdet. Sind die Eltern nur teilweise erwerbstätig erhöht sich das Risiko auf 17%. Wenn beide Eltern arbeitslos sind, leben rund zwei Drittel (66%) unter der Armutsgefährdungsschwelle. In Haushalten, in denen Sozialleistungen die Haupteinnahmequelle ausmachen, sind es 61%. Besonders häufig von geringem Einkommen und Entbehrungen in bestimmten Lebensbereichen betroffen sind Kinder und Jugendliche in Ein-Eltern-Haushalten (32%) oder in Haushalten mit Migrationshintergrund mit 36%. 450.000 Personen, das sind 5% der Wohnbevölkerung, gelten als mehrfachausgrenzungsgefährdet. 120.000 Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahre sind davon betroffen. Mehrfachausgrenzung beschreibt die Situation, wenn eine Person mind. 2 der folgenden Benachteiligungen aufweist: Armutsgefährdung, erhebliche materielle Deprivation (in mind. 4 von 9 definierten Bereichen wie unerwartete Ausgaben tätigen, Waschmaschine, PC oder Handy besitzen, etc. kann der Haushalt aus finanziellen Gründe nicht teilhaben) oder keine bzw. geringe Erwerbseinbindung. 30.000 Kinder und Jugendlichen in Österreich sind sehr starker Benachteiligung im Vergleich zur restlichen Bevölkerung ausgesetzt: in dem Haushalt, in dem sie wohnen, treffen alle drei benachteiligenden Lebenssituationen zu - geringes Einkommen, geringe Erwerbsintensität und Einschränkung in zentralen Lebensbereichen.

Armutsgefährdete Kinder haben Einschränkungen in wesentlichen Lebensbereichen 195.000 Kinder leben in Haushalten, die sich unterwartete Ausgaben nicht leisten können. 59.000 Kinder leben in Haushalten, die sich beim Essen einschränken müssen. 56.000 Kinder leben in Haushalten, die sich neue Kleidung nicht leisten können. Im aktuellen EU-SILC-Modul 1 wurden zusätzliche kinderrelevante Lebensbereichen für Kinder und Jugendlichen (zw. 15-20 Jahren) abgefragt. Fast die Hälfte der Kinder aus der niedrigen Einkommensgruppe (unter Armutsgefährungsschwelle) üben aus finanziellen Gründen nur sporadisch Freizeitaktivitäten aus, die Geld kosten. Die Hälfte der Kinder aus der niedrigen Einkommensgruppe fährt aus finanziellen Gründen nicht auf Urlaub. 22% der armutsgefährdeten Kindern können keine Freunde zu sich einladen 10% der armutsgefährdeten Kinder können an kostenpflichtigen Schulveranstaltungen nicht teilnehmen. (alle Zahlen aus: Statistik Austria 2015) Wohnen Wohnen ist Raum und Rahmen für Leben und Lernen. Wohnen ist daher ein wichtiger Teil kindlicher Perspektivenbildung, Lebensaneignung und Identität. (IN ARMUT AUFWACHSEN, S. 53) Kinder aus armutsgefährdeten Familien leben eher in Mietverhältnissen als in Eigentumswohnungen oder -häusern. Sie leben öfter in überbelegten Wohnungen, in mangelhaften Wohnungen (Schimmel, Feuchte, kein ausreichendes Licht, Fehlen von Heizung, Bad etc.), in schlecht ausgestatteten Wohnungen (kein Telefon, TV, Computer, Internet, Geschirrspüler etc.), in schlechteren Wohngegenden und ihre Eltern müssen überdurchschnittlich viel Geld fürs Wohnen ausgeben. So müssen etwa 31% der armutsgefährdeten Kinder unter 19 Jahre in überbelegten Wohnungen leben (im Vergleich zu 7% der nicht armutsgefährdeten), 15% leben in feuchten, schimmeligen Räumen, 10% in zu dunklen Wohnungen (im Vergleich zu 13% und 5% der nicht armutsgefährdeten Kinder). (alle Zahlen aus: Statistik Austria 2015) 1 EU-SILC bezeichnet die gemeinsame, jährliche Europäische Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen, an der sich neben den EU-Mitgliedsstaaten auch Norwegen, Island, die Türkei und die Schweiz beteiligen.

Bildung Eine gute Bildung vermindert das Risiko in Armut zu geraten. Auf der anderen Seite beschränkt Armut die Möglichkeit, eine gute Bildung zu erreichen. Zahlreiche Studien belegen einen Zusammenhang von sozialem Status und Bildung der Eltern mit den Bildungschancen derer Kinder. Eindrücklich zeigt sich die Schwierigkeit der sozialen Mobilität in der EU-SILC Befragung: die geplante Bildungskarriere für die Kinder korreliert mit dem Einkommen der Eltern: Nur 1/5 der Eltern mit Kindern mit mittlerem und niedrigem Einkommen planen einen Studienabschluss für ihre Kinder, bei Haushalten mit hohem Einkommen planen dies 54% der Eltern (Statistik Austria 2015). Aktuell gehen 54% der Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten in die Hauptschule, nur 22% der Kinder aus Haushalten mit hohem Einkommen (Statistik Austria 2015). Je weniger die Eltern verdienen, desto seltener wechseln Kinder nach der Volksschule auf ein Gymnasium. In den 1. Klassen der AHS stammen 40% der SchülerInnen aus Haushalten mit über 2.400 EUR Nettoeinkommen und nur 27% aus Haushalten mit unter 1.500 EUR (Bacher 2003). Ein starker Zusammenhang zeigt sich auch zwischen der Bildung der Eltern und der Schulwahl: 75,8% der 15- bis 16-Jährigen mit mindestens einem Elternteil, der Matura oder einen höheren Bildungsabschluss hat, besuchen eine weiterführende Schule mit Matura. Haben beide Elternteile nur Pflichtschulabschluss, so sind es nur 22,9% (Bacher 2006). Für den Schulabschluss der Kinder zeigt sich in den neuen EU-SILC Zahlen, dass die Bildung der Mutter für Mädchen ausschlaggebend ist, für Buben, die Bildung des Vaters. Kinder mit Migrationshintergrund besuchen seltener eine weiterführende Schule als Kinder aus Familien mit österreichischer Staatsbürgerschaft (36,6% zu 54,25) (Bacher 2006.) Besonders deutlich zeigt sich die Auswirkung der Armutsgefährdung in der Frage der Zugängen zu kinderrelevanten und altersgerechten Büchern sowie in der Möglichkeit bezahlte Nachhilfe im Bedarfsfall zu bekommen. Nachhilfeuntericht, Förderkurse und Unterstützung bei Legasthenie können sich fast die Hälfte aller armutsgefährdeten Haushalte für ihre Kinder aus finanziellen Gründen nicht leisten.

Gesundheit Zahlreiche Studien zeigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen sozialem Status, also Einkommen, Bildung, Arbeit/Arbeitslosigkeit und Gesundheitsstatus gibt, sowohl was die körperliche Gesundheit als auch das seelische Wohlbefinden betrifft. In allen untersuchten Ländern, in reichen wie armen Gesellschaften, sind Kinder aus ärmeren Familien schlechter ernährt, verletzen sich häufiger, haben mehr Infektionskrankheiten und mehr Karies als ihre AltersgenossInnen aus wohlhabenden Familien. Eine groß angelegte Studie aus Deutschland kam zu dem Ergebnis, dass sich psychische Probleme mit 23% überdurchschnittlich oft bei Kindern aus Familien mit niedrigem sozialökonomischem Status finden, bei Kindern aus Familien mit hohen Einkommen sind es nur 8%. Deutlich sind die Unterschiede auch bei der Ernährung. Nur zwei Drittel der Kinder mit dem niedrigsten Sozialstatus werden gestillt, aber 90% der Kinder mit hohem sozialem Status. Und auch wenn sie älter werden, essen arme Kinder ungesünder. So leiden in der Altersgruppe der 11- bis 13-Jährigen weniger als vier von hundert Kindern mit hohem Sozialstatus unter krankhaftem Übergewicht, bei Gleichaltrigen mit dem niedrigsten Status sind es hingegen mehr als dreimal so viele. Essstörungen treten bei Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien fast doppelt so oft auf wie bei Jugendlichen aus wohlhabenden Familien. Die verfügbaren Daten für Österreich zeigen ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem sozialen Hintergrund und der Gesundheit. Der Gesundheitsstatus armutsgefährdeter Kinder ist gekennzeichnet durch eine deutlich erhöhte Unfallgefahr (Kinder aus einem sozial benachteiligten Elternhaus verunfallen bis zu 70% häufiger). Außerdem häufen sich Komplikationen und die Krankheitsdauer bei akuten und chronischen Erkrankungen ist länger. Die Kinder verletzen sich öfter, ernähren sich ungesünder und bewegen sich weniger, woraus Zahnerkrankungen und Übergewicht folgen. (Damm 2009) Kinder, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, können privat zu bezahlende, nötige Leistungen oft nicht in Anspruch nehmen. 33% aller Buben und 25% der Mädchen in diesen Haushalten, können z.b. privat zu bezahlende Leistungen des Zahnarztes oder Brillen und Kontaktlinsen in der Höhe von 200 Euro nicht aufbringen (Statistik Austria 2015).

Literatur Bacher, Johann (2006): Forschungslage zu Bildungsungleichheiten in Österreich. Arbeitspapier für die ÖAW. Wien. Bacher, Johann (2003): Soziale Ungleichheit und Bildungspartizipation im weiterführenden Schulsystem Österreichs. Österreichische Zeitschrift für Soziologie, Wien. Damm, Lilly (2009): Kinder, die stillen Verlierer? Soziale Benachteiligung und Gesundheitsleistungen bei Kindern und Jugendlichen, Kurzfassung des Beitrags auf der Fair Health Tagung 2.März 2009. EU-SILC 2014. Tabellenband. Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Wien, 2015 IN ARMUT AUFWACHSEN. Empirische Befunde zu Armutslagen von Kindern und Jugendlichen in Österreich. Erarbeitet von Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltung: Angewandte Armuts- und Sozialberichterstattung, WS2007/SS2008. Hg. von Ursula Till-Tenschert und Irina Vana, Institut für Soziologie, Universität Wien, Wien 2009. Statistik Austria (2013): EU-SILC. Tabellenband 2013 Statistik Austria (2015): Lebensbedingungen in Österreich ein Blick auf Erwachsene, Kinder und Jugendliche sowie (Mehrfach-)Ausgrenzungsgefährdete. Wien Statistik Austria (2015): Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Österreich. Tabellenband EU- SILC 2014 Datenmaterial zusammengestellt von Mag. a Marina Einböck und Katrin Aichinger, Stand: Juni 2015