Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Umgang mit Normen und Normung



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Dr. Martin Fornefeld Dr. Gaby Boele-Keimer Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Umgang mit Normen und Normung Studie im Auftrag des

Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Umgang mit Normen und Normung Dr. Martin Fornefeld Dr. Gaby Boele-Keimer MICUS MANAGEMENT CONSULTING GMBH STADTTOR 1 40219 DÜSSELDORF ALBERTSTRAßE 12 10827 BERLIN 0211 30 03 420 INFO@MICUS.DE OKTOBER 2009

Inhaltsverzeichnis Executive Summary 9 1 Einleitung 12 2 Grundsätze der Normung 13 2.1 Ziele der Normung 13 2.2 Die Akteure und der Normungsprozess 14 2.3 Das Angebot der Normenverlage 17 2.4 Finanzierung der Normung 19 2.5 Weiterentwicklung der internationalen und der europäischen Normung 20 3 Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Ausbildungsinhalte 23 3.1 Berufsausbildung 23 3.2 Hochschulausbildung 23 4 Differenzierte Betrachtung der kleinen und mittelständischen Unternehmen 25 5 Die Normung aus der Perspektive kleiner und mittelständischer Unternehmen 28 5.1 Informationen zur Normung 30 5.1.1 Basisinformationen zur Normung 30 5.1.2 Bekanntheit von Normenauslegestellen 33 5.2 Normung in der Ausbildung 34 5.3 Recherche von Normen 36 5.4 Bezug von Normen 38 5.4.1 Bezug von Beuth-Produkten 38 5.4.2 Interesse am Kauf von Normenauszügen 39 5.4.3 Interesse an Normenpaketen 39 5.4.4 Vereinheitlichung von Lizenzbedingungen 41 5.4.5 Akzeptanz der Normenpreise 42 5.5 Anwendung von Normen 44 5.5.1 Verständlichkeit von Normen 44 5.5.2 Bedarf an Anwendungsberatung 44 5.6 Verwaltung von Normen 47 5.6.1 Anzahl relevanter Normen in einer Branche 47 5.6.2 Normenmanagement 48 5.6.3 Anzahl neuer Normen 49 5.6.4 Umgang mit weiteren technischen Regeln 49 3

5.7 Beteiligung am Normungsprozess 50 5.7.1 Gegenwärtige Beteiligung von KMU 50 5.7.2 Interesse an Beteiligung 51 5.7.3 Indirekte Beteiligung durch Verbände 52 5.7.4 Direkte Beteiligung von KMU in Normungsgremien 53 6 Ausgewählte Förderprogramme des BMWi und anderer Ressorts 56 6.1 Handwerksberater 56 6.2 BIS-Tech 57 6.3 Beauftragte für Innovation und Technologie (BIT) 57 6.4 Modellprojekte im Handwerk 58 6.5 Handwerksinstitute 58 6.6 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) 59 6.7 Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) 59 6.8 Ausgewählte Förderprogramme anderer Bundesressorts 61 6.8.1 BMBF 61 6.8.2 BMVBS 62 7 Fazit der Analyse 64 8 Empfehlungen 67 8.1 Erhöhung des Informations-, Beratungs- und Schulungsangebots 67 Empfehlung 1: Dichtes Netz an Normen-Erstberatern aufbauen 68 Empfehlung 2: Vermittlung von Normwissen über BAFA-Programme intensivieren 68 Empfehlung 3: Über BIS-Tech Informationen zur Normung anbieten 69 Empfehlung 4: Normung im DHI-Programm berücksichtigen 69 Empfehlung 5: Erfahrungsaustausch über ANP neu ausrichten 70 Empfehlung 6: Anzahl der Normenauslegestellen erhöhen 70 Empfehlung 7: Verstärkt Anwendungsberatungen anbieten 71 Empfehlung 8: Awarenesskampagne starten 72 8.2 Intensivierung der Vermittlung von Normwissen in der Ausbildung 73 Empfehlung 9: Vermittlung von Normwissen in der Berufsausbildung intensivieren 74 Empfehlung 10: Vermittlung von Normwissen in der Hochschulausbildung intensivieren 74 8.3 Stärkung von KOMMIT 75 Empfehlung 11: Operative Funktion der Kommission Mittelstand erhöhen 75 Empfehlung 12: Beauftragten für den Mittelstand einführen 76 4

8.4 Empfehlungen zur Intensivierung der Bemühungen um Verständlichkeit 76 Empfehlung 13: Normenausschüsse für KMU-Belange sensibilisieren 77 Empfehlung 14: Recherchemöglichkeiten verbessern 78 Empfehlung 15: Technische Regeln konsolidieren 78 8.5 Empfehlungen zur Förderung der direkten und indirekten Beteiligungsmöglichkeiten 79 Empfehlung 16: Zentrales Kommentierungsportal einführen 79 Empfehlung 17: Multiplikatoren zur Beteiligung an der Normung aktivieren 80 Empfehlung 18: Förderung von Normungsaktivitäten über ZIM nutzen 80 Empfehlung 19: KMU-Fonds bereitstellen 81 8.6 Empfehlungen zur Prüfung des Geschäftsmodells der Normung 82 Empfehlung 20: Potenziale im Geschäftsmodell der Normung heben 82 Empfehlung 21: Preis- und Vertriebsmodell überarbeiten 82 8.7 Empfehlungen zur Verbesserung der Abstimmung von Förderprogrammen 84 Empfehlung 22: Normungskoordinatoren bei Bundesministerien einrichten 84 9 Fazit 85 10 Literaturverzeichnis 86 5

Abkürzungsverzeichnis ANP BAFA BIBB BIS BIS-Tech BIT BMBF BMVBS BMWi CEN CENELEC CWA DHI DIN DIHK DKE ELKOnet EFTA ERP ESF Ausschuss Normenpraxis im DIN Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bundesinstitut für Berufsbildung Beratungs- und Informationssystem im Handwerk Beratungs- und Informationssystem für Technologietransfer im Handwerk Beauftragte für Innovation und Technologie Bundesministerium für Bildung und Forschung Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Comité Européen de Normalisation (Europäisches Komitee für Normung) Comité Européen de Normalisation Électrotechnique (Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) CEN/CENELEC-Workshop Agreement (Vereinbarung, die auf einem CEN/CENELEC-Workshop getroffen wurde) Deutsche Handwerksinstitut e.v. DIN - Deutsches Institut für Normung e.v. Deutscher Industrie und Handelskammertag Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE Elektro- und Informationstechnische Kompetenznetzwerk (ELKOnet) European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation) European Recovery Program (Europäisches Wiederaufbauprogramm) European Social Fund (Europäischen Sozialfonds) 6

ETSI EU EXPRESS FuE HWK IEC IHK IMW INS ISO KOMMIT KMU NAGLN NORMAPME PAS SBA TRBS ÜBS VBI VDE European Telecommunications Standards Institute (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen) Europäische Union Expert Panel for the Review of the European Standardisation System (Expertenausschuss zur Überprüfung des europäischen Normungs- und Standardisierungssystems) Forschung und Entwicklung Handwerkskammer International Electrotechnical Commission (Internationale Elektrontechnische Kommission) Industrie- und Handelskammer Institut für Maschinenwesen der Technischen Universität Clausthal Innovation mit Normen und Standards International Organization for Standardization (Internationale Normungsorganisation) Kommission Mittelstand im DIN Kleine und mittelständische Unternehmen Normenausschuss Grundlagen der Normenarbeit Bureau Européen de l Artisanat et des Petites et Moyennes Entreprises pour la Normalisation (Europäisches Büro des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe für Normung) Publicly Available Specification (Öffentlich verfügbare Spezifikation) Small Business Act Technische Regeln für Betriebssicherheit Überbetriebliche Bildungsstelle Verband Beratender Ingenieure Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik 7

VDMA VPI ZBB ZDH ZIM ZLS ZVEI Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik Zentralstelle für Berufsbildung im Einzelhandel Zentralverband des Deutschen Handwerks Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand Zentrale Leitstelle für Technologie-Transfer im Handwerk Zentralverband Elektronik- und Elektronindustrie 8

Executive Summary Normung ist ein wirtschaftliches Instrument, das insbesondere dem Handel, der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, der Sicherheit, der Schnittstellendefinition, der Markterschließung und der Marktzulassung dient. Da kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in vielerlei Hinsicht das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellen, ist ihre Einbindung in die Normung unabkömmlich. Um dies zu erreichen, werden in der Studie 22 Empfehlungen in 7 Handlungsfeldern entwickelt und beschrieben (siehe dazu im Einzelnen Abschnitt 8), die sich an die verschiedenen an der Normung beteiligten Akteure richten, im Schwerpunkt mit Bezug auf die Rolle und die Aufgaben des BMWi. Für mittelständische Unternehmen spielt das Thema Normung häufig nur eine untergeordnete Rolle. Bei den KMU werden Normen in erster Linie mit hohen Kosten und Verwaltungsaufwand assoziiert. Die wirtschaftlichen Vorteile und auch bestehende Beteiligungsmöglichkeiten an Normungsprozessen sind zu wenig bekannt. Dem könnte durch eine Awarenesskampagne begegnet werden, um in erster Linie das im Mittelstand vorherrschende Bild der Normung zu verbessern. Darüber hinaus sollten auch Informationen über neue Produkte, neue Bezugs- und Beteiligungsmöglichkeiten vermittelt werden. Wichtig ist, dass mit der Kampagne insbesondere die kleinen Unternehmen und die Kleinstunternehmen angesprochen werden, da hier der größte Informationsbedarf herrscht. Besondere Bedeutung hat zudem die Intensivierung des Informations-, Beratungsund Schulungsangebots. Hier konnte erheblicher Bedarf bei den KMU sowohl an Erstberatungsangeboten als auch an konkreten Anwendungsberatungen festgestellt werden. Hinsichtlich der Erstberatung wird empfohlen, das bestehende Netz von IHK-Technologieberatern und Handwerksberatern verstärkt zum Thema Normung zu schulen und so den KMU flächendeckend kompetente Beratungen anbieten zu können. Darüber hinaus sollten die bereits bestehenden Beratungs- und Schulungsförderprogramme für KMU stärker genutzt werden, um hierüber auch normenbezogene Veranstaltungen anzubieten. Für die konkrete Beratung zur Anwendung einzelner Normen sollten künftig verstärkt die hochqualifizierten Beauftragten für den Technologietransfer (BIT) eingesetzt werden und über entsprechende Netzwerke auch anderen Beratern ihre Expertise zur Verfügung stellen. Befragungen von KMU zeigen, dass die Unternehmen sich eine stärkere Vermittlung von Normwissen sowohl in der Berufsausbildung als auch im Hochschulstudium wünschen. Diese Einschätzung wird durch die Analyse von Ausbildungsordnungen und Informationen zur Hochschullehre unterstützt. Zur Verbesserung des Normwissens von Auszubildenden wird deshalb empfohlen, entsprechende Anforderungen in den Ausbildungsrahmen festzuhalten. Darüber hinaus sollten durch Modellprojekte Best Practices für die Vermittlung von Normwissen in der betrieblichen und der berufsschulischen Ausbildung entwickelt werden. Hinsichtlich der Förderung des Themas Normung in der Hochschullehre sollten insbesondere die Aktivitäten des DIN-Hochschulnetzwerks sowie der DIN-Preis Junge Wissenschaft gestärkt werden. Bisher fehlte es im deutschen Normungswesen an einer Instanz, die sich speziell für die Belange von KMU eingesetzt hat. Hier ist mit der Gründung der Kommission Mittelstand (KOMMIT) Anfang 2009 ein wichtiger Beitrag geleistet worden. Es wird 9

empfohlen, die operative Funktion des bisher rein strategisch ausgelegten Gremiums zu erhöhen und die Kommission durch einen Beauftragten für den Mittelstand zu unterstützen. Dieser sollte für KMU als zentraler Ansprechpartner im DIN zu Verfügung stehen, Informationen über neue Normenanträge, Normenentwürfe oder das Zurückziehen von Normen betroffenen Kreisen zukommen lassen und auch die Normausschüsse bei der Ansprache von KMU unterstützen. Darüber hinaus sollte KOMMIT die Beobachtung KMU-bezogener Kennzahlen veranlassen, um Effekte von Maßnahmen zur KMU-Förderung innerhalb der Normung zu evaluieren. Ein weiterer Kritikpunkt der KMU betrifft die Verständlichkeit der Normen. Daher sollte künftig bei der Normenerarbeitung auf die Verfassung einfacher und verständlicher Texte hingewirkt werden. In Branchen, in denen neben Normen noch weitere (technische) Regeln, Verordnungen oder Richtlinien existieren, sollten Mehrfachzuständigkeiten nach Möglichkeit abgebaut, Regelwerke konsolidiert und Redundanzen beseitigt werden. Dies beinhaltet auch die Einführung von Strukturen, die die Entstehung redundanter und widersprüchlicher Regelwerke verhindern. Hinsichtlich der Beteiligung an Normungsverfahren haben kleine und mittelständische Unternehmen unterschiedliche Interessen. Es wird davon ausgegangen, dass der Großteil der Kleinstunternehmen als reine Normenanwender sich am ehesten indirekt durch Stellungnahmen an einem Normungsverfahren beteiligen würde. Aus diesem Grund wird empfohlen, möglichst zeitnah das bereits geplante Online- Kommentierungsportal für Normentwürfe fertigzustellen. Darüber hinaus sollte das Normungsverfahren durch weitere Kommentierungsphasen transparenter gemacht werden. Beispielsweise sollten Unternehmen auch die Möglichkeiten haben, Normungsanträge oder das ersatzlose Zurückziehen von Normen zu kommentieren. Während sich einige Fachverbände sehr aktiv im Bereich der Normung engagieren, bieten viele Fachverbände ihren Mitgliedern noch keine Unterstützung an. Hier gilt es Anreize zu schaffen, auch die bisher passiven Verbände zu motivieren, sich an der Normung zu beteiligen und die Interessen der Mitglieder einzubringen. Als mögliche Maßnahme wird die Durchführung eines Ideenwettbewerbs für Multiplikatoren vorgeschlagen. Die dabei vergebenen Preisgelder sollten mit der Auflage vergeben werden, sie zur Umsetzung neuer normenbezogener-maßnahmen einzusetzen. Auch sollten bestehende Fördermöglichkeiten im Rahmen der Zentralen Innovationsförderung des Mittelstands (ZIM) für Netzwerkaktivitäten zur Normung von Innovationsprodukten genutzt werden. Mit Blick auf mittelständische Unternehmen, die zwar an einer direkten Mitarbeit in einem Arbeitsgremium interessiert sind, dies allerdings aus Kostengründen bisher ablehnen bzw. nicht darstellen können, sollten Möglichkeiten zur Einrichtung eines KMU-Fonds für die individuelle finanzielle Unterstützung geprüft werden. Aufgrund der Kritik an den Preisen von Normen, die teilweise seitens KMU und Verbänden vorgebracht wird, sowie der Forderung der Europäischen Kommission zur Reduzierung der Kosten für Normen wird empfohlen, die Preis- und Lizenzmodelle des DIN und der DKE kritisch zu prüfen und zu vereinheitlichen. Um die Abhängigkeit der Normungsfinanzierung von den Verkaufserlösen zu reduzieren, bedarf es der Prüfung des aktuellen Geschäftsmodells und der Hebung weiterer Finanzierungspotenziale, z.b. über neue Mitglieder. 10

Die Analyse der bestehenden Förderprogramme zum Thema Normung zeigt, dass auf Bundesebene eine Vielzahl von Ministerien aktiv ist. Dies bezieht sich z.b. auf die Förderung einzelner Normungsverfahren, auf die Finanzierung von Normenausschüssen, auf die (Ko-)Finanzierung von Antrags- und Auftragsforschung oder auch auf die finanzielle Unterstützung von Schulungs- und Beratungsveranstaltungen. Um hier ein abgestimmtes Vorgehen sicherzustellen, wird empfohlen, Normungskoordinatoren bei allen betroffenen Bundesministerien einzurichten und regelmäßige Ressortkoordinierungen durchzuführen. Die Umsetzung der in dieser Studie vorgeschlagenen Maßnahmen soll dazu beitragen, die Wahrnehmung der Normung in Deutschland zu verbessern, das Netzwerk unter den zentralen Normungsakteuren zu verbessern und insbesondere Kleinstunternehmen bei der Recherche, der Anwendung und dem Bezug von Normen sowie bei der Beteiligung an Normungsprozessen zu unterstützen. 11

1 Einleitung Durch schnellere Innovationszyklen und zunehmende Europäisierung bzw. Internationalisierung wächst die Bedeutung der Normung - allerdings auch ihre Komplexität. Insbesondere KMU haben dabei zunehmend Schwierigkeiten, die bestehende Informationsflut zu filtern, die für ihre Branche relevanten Normen zu recherchieren, die Bedeutung der Normen für das eigene Geschäftsfeld abzuschätzen und die teilweise komplexen Normen richtig anzuwenden. Parallel dazu ist zu beobachten, dass KMU sich im Vergleich zu großen Unternehmen in geringerem Maße an der Erarbeitung von Normen beteiligen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) möchte den Zugang von KMU zu Normen und Normung fördern. MICUS Management Consulting GmbH wurde deshalb beauftragt, die Thematik zu analysieren und politische Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die KMU den Umgang mit Normen erleichtern und ihre Einbindung in Normungsprozesse begünstigen. Im Rahmen dieser Studie wird die KMU-Definition der Europäischen Kommission verwendet, wonach Unternehmen bis zu 250 Mitarbeitern und einem Umsatzerlös von bis zu 50 Mio. Euro bzw. oder einer Bilanzsumme von bis zu 43 Mio. Euro als mittelständisch definiert werden. 1 Studien zeigen, dass insbesondere Kleinstunternehmen Schwierigkeiten mit dem Zugang zu Normen und Normung haben. 2 Aus diesem Grund liegt der Fokus der Studie auf den Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern und einem Umsatzerlös von max. 2 Mio. Euro. Die Ergebnisse dieser Studie basieren auf verschiedenen methodischen Ansätzen. Während der Analysephase wurde die bestehende Literatur zum Thema KMU und Normung gesichtet, bereits verfügbare Untersuchungsergebnisse analysiert und mit zahlreichen Akteuren gesprochen. Dazu wurden Literatur- und Internetrecherchen, Experteninterviews und ein Experten-Workshop durchgeführt. In der Konzeptionsphase wurden eine Umfrage unter Verbänden und Kammern und ein weiterer Workshop mit Vertretern dieser Organisationen durchgeführt. Am Ende der Konzeptionsphase wurde zusätzlich ein Konzeptionsworkshop mit den zentralen Akteuren in der Normung organisiert, um die erarbeiteten Handlungsempfehlungen zu diskutieren. Im vorliegenden Abschlussbericht werden die Ergebnisse der Studie präsentiert. Zusätzlich zu einem Überblick der Ergebnisse der Analyse und den daraus entstehenden Handlungsansätzen werden Empfehlungen unterbreitet. Diese richten sich an die verschiedenen am Normenwesen beteiligten Akteure, im Schwerpunkt mit Bezug auf die Rolle und die Aufgaben des BMWi. 12 1 Vgl. Europäische Kommission (2003): Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L 124/36 vom 20.05.2003. 2 Technische Universität Clausthal, Institut für Maschinenwesen (2007): Marktzugang und Marktzulassung mittels Normen und Standards, Abschlussbericht.

2 Grundsätze der Normung 2.1 Ziele der Normung Die Ziele und Grundsätze der Normung sind in der Satzung des DIN und in der Norm DIN 820 beschrieben: Normung ist die planmäßige, durch die interessierten Kreise gemeinschaftlich durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit. Sie darf nicht zu einem wirtschaftlichen Sondervorteil Einzelner führen. Sie fördert die Rationalisierung und Qualitätssicherung in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Verwaltung. Sie dient der Sicherheit von Menschen und Sachen sowie der Qualitätsverbesserung in allen Lebensbereichen. Sie dient außerdem einer sinnvollen Ordnung und der Information auf dem jeweiligen Normungsgebiet. Die Normung wird auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene durchgeführt. Im Herbst 2004 haben die an der Normung interessierten Kreise aus Wirtschaft, Politik, Forschung und Normung an einer gemeinsamen Vision für die deutsche Normung gearbeitet. Im Ergebnis wurde die Deutsche Normungsstrategie veröffentlicht, die fünf strategische Ziele formuliert. Als erstes Ziel gilt es, die Bedeutung der Normung und Standardisierung für die Positionierung Deutschlands als führende Wirtschaftsnation zu betonen. Es wird angeregt, Sektoren mit hohem Entwicklungspotenzial und Wachstumsraten für die deutsche Wirtschaft in der Normung zu priorisieren und die Verknüpfung von Normung mit Forschung und Entwicklung zu verbessern. Auf internationaler Ebene gilt es, sich insbesondere in Schwellenländern sowie in EU-Beitrittsländern und - kandidaten für die Übernahme der europäischen Normungsstrukturen und - verfahren einzusetzen. Als zweites Ziel der deutschen Normungsstrategie soll die strategische Bedeutung der Normung für Wirtschaft und Gesellschaft stärker verdeutlicht werden. Als Maßnahmen zur Zielerreichung werden hier verstärktes Marketing sowie Öffentlichkeit- und Aufklärungsarbeit in den Netzwerken genannt. Darüber hinaus soll das Angebot für Aus- und Weiterbildung vertieft werden. Im dritten Ziel wird die Entlastungsfunktion von Normung und Standardisierung für die staatliche Regelsetzung thematisiert. Hier gilt es, den Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern zu führen und eine klare Abgrenzung zwischen Normung und Standardisierung einerseits und der Gesetzgebung andererseits zu erreichen. Darüber hinaus wird angestrebt, die Umsetzung des New Approach zu verbessern und auf neue Bereiche auszuweiten. Das vierte Ziel spricht den Beitrag der Normung im Rahmen der weiter fortschreitenden Technikkonvergenz an. Hintergrund ist die zunehmende Überschneidung verschiedener Disziplinen, wie z.b. des Maschinenbaus, der Elektrotechnik und der Informationstechnik. Hierzu wird angeregt, über die Produktnormung hinaus in Zukunft verstärkt zur Normung von Gesamtsystemen und der Definition von Schnittstellen überzugehen. Weitere Maßnahmen bestehen darin, Handlungsfelder aus konvergierenden Technikdisziplinen zu identifizieren, die Normungsprozesse und -strukturen zu optimieren und die Einrichtung entsprechender Spiegelgremien auf europäischer Ebene zu forcieren. 13 Die fünf Ziele der Deutsche Normungsstrategie

Das fünfte Ziel bezieht sich auf die Optimierung der Normungs- und Standardisierungsprozesse und die Weiterentwicklung von Instrumenten, die die Normungsarbeit unterstützen. Hierzu gehört die Optimierung der Prozessabläufe bei gleichzeitiger Sicherung des Qualitätsniveaus. Darüber hinaus umfasst dieses Ziel das aktive Marketing von Standardisierungsverfahren sowie den verstärkten Einsatz von Spezifikationen. In der deutschen Normungsstrategie von 2004 spielen KMU-bezogene Maßnahmen nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich zum Ziel 2 wird ausgeführt, dass die Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit im Netzwerk insbesondere die KMU ansprechen soll und dass hierbei den Verbänden eine besondere Aufgabenstellung zukommt. 3 Das BMWi hat speziell zu diesem Thema im April 2008 die Mittelstandskonferenz Erfolgsfaktor Normung durchgeführt. Hier wurden in drei Workshops teils strategische, teils konkrete Empfehlungen zur Verbesserung des Zugangs zu Normungsinformationen, zu Erleichterung der Anwendung von Normen in KMU und zur Intensivierung der Mitarbeiter von KMU bei der Normungsarbeit erarbeitet. Die Ergebnisse der Workshops werden in dieser Studie berücksichtigt. Mittelstandskonferenz Erfolgsfaktor Normung im April 2008 14 2.2 Die Akteure und der Normungsprozess Das Deutsche Institut für Normung e.v. (DIN) ist Deutschlands Normungsorganisation und für die Erarbeitung nationaler Normen und Standards zuständig. Per Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland von 1975 ist das DIN als einzige nationale Normungsorganisation anerkannt. Zusätzlich vertritt das DIN deutsche Interessen in der Normungsarbeit auf europäischer und internationaler Ebene. Das DIN ist privatwirtschaftlich organisiert und hat den rechtlichen Status eines gemeinnützigen Vereins. 4 Die fachliche Arbeit der Normung wird in Arbeitsausschüssen bzw. Komitees durchgeführt. Für eine bestimmte Normungsaufgabe ist jeweils nur ein Arbeitsausschuss bzw. ein Komitee zuständig, die zugleich diese Aufgaben auch in den regionalen und internationalen Normungsorganisationen wahrnehmen. Im Regelfall sind mehrere Arbeitsausschüsse zu einem Normenausschuss im DIN zusammengefasst. In 2007 betreute das DIN 73 Normenausschüsse und über 3.100 Arbeitsausschüsse. 5 In den Normenausschüssen sind die von den interessierten Kreisen entsandten Experten vertreten. Zu den interessierten Kreisen gehören z. B. Anwender, Behörden, Berufsgenossenschaften, Berufs-, Fach- und Hochschulen, Handel, Handwerkswirtschaft, industrielle Hersteller, Prüfinstitute, Sachversicherer, selbständige Sachverständige, technische Überwacher, Verbraucher oder auch die Wissenschaft. In 2007 wurden fast 26.000 Experten durch interessierte Kreise in die Arbeitsgremien entsandt. Der Ausgangspunkte für die Erarbeitung einer Norm ist ein Normungsantrag, der von jedermann formlos schriftlich gestellt werden kann. Er muss begründet sein Zusammensetzung der Normenausschüsse 3 DIN (2004): Die Deutsche Normungsstrategie, S. 14. 4 DIN (ohne Jahr): Normen nutzen allen, S. 2. 5 DIN (2008): Geschäftsbericht 2007, S. 2.

und sollte möglichst bereits einen konkreten Vorschlag enthalten. Nach Eingang des Antrages klärt der zuständige Ausschuss des DIN, ob ein entsprechender Bedarf besteht, ob die Bearbeitung auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene erfolgen soll und ob ausreichende Finanzmittel zur Bearbeitung zur Verfügung stehen. Die Öffentlichkeit wird über die Aufnahme neuer Normungsarbeiten informiert. Gegen die Aufnahme eines neuen Normungsvorhabens in das Arbeitsprogramm eines Normenausschusses kann dessen Vorsitzender angerufen werden. Nachdem der zuständige Ausschuss sich für die Erarbeitung einer nationalen Norm entschieden hat, wird durch ihn ein erster Normentwurf erarbeitet. Dieser wird im Verlauf der Beratungen solange überarbeitet, bis ein Konsens unter den Ausschussmitgliedern erzielt wird und er öffentlich zur Diskussion gestellt werden kann. Die Normentwürfe werden gegenwärtig noch kostenpflichtig veröffentlicht. Während der Kommentierungsphase kann jedermann eine Stellungnahme zu diesem Normentwurf abgeben. Die Abgabe einer Stellungnahme zu einem Normenentwurf kann beim DIN kostenfrei anhand einer Einspruchstabelle per E-Mail erfolgen. Es ist geplant, dass Normentwürfe in Zukunft kostenlos über das Internet eingesehen und kommentiert werden können. Nach Ablauf der Kommentierungsphase berät der zuständige Ausschuss unter Hinzuziehung der Stellungnehmenden. Anschließend wird der Normentwurf unter Berücksichtigung der Stellungnahmen überarbeitet. Wenn Konsens über den Inhalt besteht, kann die Norm durch den Ausschuss verabschiedet werden. Das Manuskript der Norm durchläuft dann noch eine Prüfung durch die Normenprüfstelle. Diese prüft, ob die Regeln und Grundsätze für die Normungsarbeit eingehalten sind, und nimmt, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, die Norm im Auftrag des Präsidiums in das Deutsche Normenwerk auf. Die Regeln und Grundsätze der Normung sowie der Geschäftsgang in der Normungsarbeit ist in der DIN 820 festgelegt. Veröffentlichung der Annahme eines Normungsantrags Kommentierungsphase von Norm- Entwürfen 15 Normungsantrag Unterrichtung der Öffentlichkeit Norm-Vorlage Manuskript für Norm-Entwurf Stellungnahme der Öffentlichkeit Schlichtung Schiedsverfahren Norm-Entwurf Manuskript für Norm Deutsche Norm DIN-Norm Stellungnahme der Normenprüfstelle Prüfung durch Normenprüfstelle Abbildung 1: Schematische Darstellung des Normungsprozesses (in Anlehnung an www.din.de)

Neben Normen werden in den Arbeitsgremien auch Vornormen, Beiblätter, DIN- Fachberichte und Technische Berichte erarbeitet, die zur Erläuterung von verabschiedeten Normen dienen oder den Normungsprozess noch nicht abschließend durchlaufen haben. Alle nicht vollständig konsensbasierten Dokumente (Publicly Available Specification (PAS), CEN-Workshop Agreement (CWA), Vornorm und Fachbericht) werden ab 1. April 2009 einheitlich unter dem Namen DIN SPEC veröffentlicht. Die Mitarbeiter in den Geschäftsstellen der Normenausschüsse organisieren dabei die Prozessabläufe, achten auf die Einhaltung der in DIN 820 niedergelegten Festlegungen für die Normungsarbeit und haben die Aufgabe, die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit des Deutschen Normenwerkes sicherzustellen. Insgesamt 14 der Normenausschüsse sind externe Normenausschüsse. Sie sind finanziell, organisatorisch und personell Verbänden angegliedert und nehmen die nationale, europäische und internationale Normungsarbeit in ihrem Segment wahr. Sie haben die Verpflichtung zur Einhaltung der in DIN 820 festgelegten Normungsgrundsätze. Die Arbeitsergebnisse der externen Normenausschüsse werden zentral über den Beuth Verlag veröffentlicht. 6 Besondere Rahmenbedingungen bestehen bei der elektrotechnischen Normung. Die Normen in diesem Bereich werden durch den externen Normenausschuss Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) erarbeitet. Ein Teil, der bei der DKE erarbeiteten Normen, nämlich die elektrotechnische Sicherheitsnormen, erhalten neben der DIN-Nummer auch eine VDE-Klassifikation und werden über den VDE-Verlag vertrieben. Auf internationaler und europäischer Ebene werden Normen in der Internationalen Organisation für Normung (ISO) und im Europäischen Komitee für Normung (CEN) erarbeitet. In diesen internationalen Normungsorganisationen vertritt das DIN deutsche Interessen. Für die internationale und europäische Normungsarbeit im Bereich der Elektrotechnik sind jeweils die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) und das Europäische Komitee für Elektrotechnische Normung (CENELEC) zuständig. In diesen Normungsorganisationen sowie im Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) repräsentiert die DKE deutsche Interessen. Bei der Erarbeitung europäischer und internationaler Normen gilt das nationale Delegationsprinzip, d. h., die zuständigen Gremien der nationalen Normungsinstitutionen (Spiegelgremien) stimmen ihre nationale Position ab und entsenden Delegierte, die diese Positionen vertreten, in die entsprechenden internationalen und europäischen Gremien. Die aktive Mitwirkung im nationalen Spiegelgremium ist Voraussetzung für die Delegierung und Mitarbeit im entsprechenden internationalen oder europäischen Gremium. Zwar wird in den Gremien der supranationalen Organisationen ein Konsens über den Normeninhalt angestrebt, allerdings reicht bei einer Abstimmung eine qualifizierte Mehrheit aus, um eine Norm zu verabschieden. Die Stimme einer jeden Mitgliedsnation wird dabei gleich gewichtet. Der Ausschuss Normenpraxis (ANP) im DIN stellt eine Plattform für Normenanwender dar, die es ihnen ermöglicht, Anfragen im Umfeld der Normung zu erörtern und Elektrotechnische Normung - DKE Nationales Delegationsprinzip Ausschuss Normenpraxis (ANP) 16 6 Weitere Informationen zum Beuth Verlag im Kapitel 2.3.

Problemstellungen gemeinsam zu besprechen und zu lösen. Derzeit verfügt der ANP über ca. 400 Mitglieder. Das Netzwerk ist deutschlandweit in Regionalgruppen und drei Sektor- bzw. Themengruppen strukturiert. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 300 Euro jährlich. Informationen zu aktuellen Normungsverfahren stehen auf der Internetseite des DIN zur Verfügung, wo auch Kontaktmöglichkeiten zu den Geschäftsstellen der jeweiligen Normenausschüsse aufgeführt werden. Das DIN verleiht jährlich drei DIN-Preise. Mit dem DIN-Preis Nutzen der Normung werden Beiträge ausgezeichnet, in denen die positiven Effekte von Normen anhand praktischer Beispiele dargestellt werden. Er ist mit einer Trophäe und einem Preisgeld von 15.000 Euro ausgestattet. Zusätzlich werden ein zweiter und ein dritter Preis mit 7.500 Euro bzw. 2.500 Euro vergeben. Mit dem DIN-Preis Best Practice werden seit 2004 überzeugende Beispiele für die Einbindung von Normen in den betrieblichen Ablauf ausgezeichnet. Er ist mit 5.000 Euro dotiert. Zur Förderung des Normwissens beim wissenschaftlichen Nachwuchs wird der DIN-Preis Junge Wissenschaft für studentische Arbeiten vergeben. Normenabonnement a&i (aktuell und individuell) DIN-Preis- Wettbewerbe 17 2.3 Das Angebot der Normenverlage Sämtliche DIN-Normen werden durch den Beuth Verlag, eine 100% Tochter des DIN, vertrieben. Beim Beuth Verlag können Normen sowohl als PDF-Datei per Download als auch in Papierform bestellt werden. Über die Homepage des Verlages sind derzeit ca. 250.000 Dokumente recherchierbar, wovon ca. die Hälfte als Online-Download im PDF-Format sofort verfügbar ist. 7 Voraussetzung für Online- Bestellungen ist eine kostenlose Registrierung als mybeuth-nutzer. Vorteile einer mybeuth-registrierung sind unter anderem erweiterte Recherchefunktionen und das Bestellen von historischen Dokumenten. Darüber hinaus kann der Nutzer Inhaltsverzeichnisse der Normen kostenlos einsehen und wird über die Lieferbarkeit eines Dokumentes sowie ggf. über zurückgezogene Normen (bzw. ihre Ersatzdokumente) informiert. Zusätzlich zu fachspezifischen Normen, bietet der Beuth-Verlag allgemein ausgerichtete Print- und Multimediaprodukte an, wie z.b. den DIN-Ratgeber oder auch Hörbücher. Darüber hinaus werden Fachbuchreihen (Beuth Kommentar, Beuth Praxis, Beuth Recht, usw.), DIN-Taschenbücher und Loseblattsammlungen von Normen angeboten. Diese Publikationen können über die Homepage des Beuth Verlags bestellt werden; einige von ihnen stehen auch als E-Book-Download zur Verfügung. In Kooperation mit dem DIN bietet der Beuth Verlag auch DIN-Tagungen und DIN-Seminare zu normungsrelevanten Themen mit Praxisbezug an. Seit Anfang 2009 wird erstmals das Seminar Basiswissen Normung angeboten. Durch den Normenabonnementservice a&i (aktuell & individuell) des Beuth Verlags können Normen von Kunden individuell zusammengestellt und ihre Aktualität regelmäßig überprüft werden. Die Lieferung der Normen durch a&i erfolgt entweder online, auf Papierbasis oder auf CD-ROM. Der Inhalt des Abonnements selbst kann entweder individuell oder durch Bestellung eines Normenpaketes (a&i-startpaket) gestaltet werden. Wird es individuell gestaltet, benennt der Kunde die von ihm Recherche und Downloadmöglichkeiten beim Beuth Verlag 7 Siehe www.beuth.de.

benötigten Normen selbst. Wird ein a&i-startpaket erworben, sind in dem Abonnement die meistverkauften Normen einer Branche enthalten. Derzeit existieren 22 solcher Startpakete. Weitere a&i Leistungen für registrierte Nutzer sind unter anderem ein Online-Normenverwaltungsdienst für KMU (a&i-kompakt), Aktualitätsmeldungen und eine regelmäßige Umfeldrecherche. Als weitere Online-Angebote bietet der Beuth Verlag kostenpflichtige Normeninformationsportale zu ausgewählten Themen an, wie z.b. Maschinensicherheit, Brandschutz, Spielzeuge etc. 8 Diese Onlinedienste bündeln die wichtigsten Normen zu einem Thema als Volltextpool, enthalten u.a. redaktionelle Leitfäden mit Kommentierung der Normen und beinhalten teilweise auch weitere Dokumente, die die Normenanwendung durch praxisnahe Fallbeispiele erleichtern. Derzeit strebt der Beuth Verlag an, weitere Onlinedienste mit branchen- oder themenspezifischen Inhalten in Kooperation mit Fachverbänden bereitzustellen. Hierfür wählen die jeweiligen Fachverbände die wichtigsten Normen ihrer Mitgliedsunternehmen aus, die dann vom Beuth Verlag als Portallösung zusammengestellt und den Verbandsmitgliedern zu vergünstigten Konditionen angeboten werden. Bisher wurde nur eine individuelle Portallösung zusammen mit einem Verband realisiert. 9 Über den Beuth Verlag wird auch die bibliographische Datenbank Perinorm vertrieben. Perinorm umfasst die Datenbanken aus 23 Ländern, sowie die Daten der europäischen und internationalen Normeninstitute - insgesamt mehr als 1.100.000 Datensätze. Die Datenbank ist dreisprachig (Deutsch, Englisch, Französisch), auf DVD (im Abonnement) und Online (mit Jahres-Nutzungslizenz) erhältlich. Mit Perinorm können Anwender bei der (Volltext-)Recherche, Bestellung, Verwaltung und Archivierung von Normen unterstützt werden. Die durch die DKE erarbeiteten Normen mit VDE-Klassifikation (d.h. mit sicherheitsrelevanten Festlegungen im Bereich der Elektrotechnik) werden vom VDE-Verlag vertrieben. 10 Das VDE-Vorschriftenwerk umfasst über 3.000 Dokumente. Der VDE Verlag bietet seine Normen entweder in Papierform oder elektronischer Form als Download oder auf DVD an. Zusätzlich zu Normen sind beim VDE-Verlag auch Bücher und Kommentare, die in der VDE-Schriftenreihe-Normen verständlich enthalten sind, sowie mehrere Zeitschriften rund um Themen wie bspw. Elektrotechnik und Automation, Innovations- und Kommunikationstechnik erhältlich. Der VDE-Verlag bietet branchenspezifische Normenpakete an. Eine Variante ist die Unterteilung des VDE-Vorschriftenwerks in zehn thematische Auswahlreihen. Zu diesen VDE-Auswahlen gehören beispielsweise Elektrotechnik im Bauwesen, Elektromaschinenbau, Explosionsschutz usw. Die Zusammenstellung der in den VDE-Auswahlreihen angeboten Normen erfolgt in Zusammenarbeit mit Fachverbänden (oder ähnlichen Organisationen). Darüber hinaus können Normenpakete nach Sachgebieten (Gruppen 0-8) bezogen werden. Zu diesen Sachgebieten gehören unter anderem Energieanlagen, Energieleiter, Gebrauchsgeräte und Arbeitsgeräte usw. Die Normen der VDE-Auswahlreihen enthalten meist eine Kombination der Normen, die in den Sachgebieten enthalten sind. Normeninformationsportale Perinorm Vertrieb der DIN- VDE-Normen durch den VDE Verlag 18 8 Siehe z.b. www.maschinensicherheit-online.de oder www.brandschutznormen.de 9 Siehe http://www.din-vdma-aufzuege-fahrtreppen.de/ 10 Siehe www.vde-verlag.de

Sowohl die VDE-Auswahlreihen als auch die Normenpakete eines Sachgebietes stehen im Rahmen eines Online-Abonnementservice zur Verfügung. Diese Abonnements können jederzeit um Einzelnormen ergänzt werden und beinhalten Preisrabatte im Vergleich zum Einzelbezug (zurückgezogene Normen sind gratis). Im Rahmen eines Abonnements stehen dem Nutzer darüber hinaus auch Kurzreferate und Inhaltsverzeichnisse zur Verfügung. Ähnlich dem a&i Service des Beuth Verlags besteht beim VDE-Verlag durch das Flex-Abonnementangebot zusätzlich die Möglichkeit den Normenbezug maßgeschneidert zu gestalten. Die Normenpreise werden vom DIN bzw. dem VDE-Verlag bestimmt und sind an den Umfang und die Branchenrelevanz der Norm gekoppelt. Nach diesen beiden Kriterien werden für die DIN-Normen 52 Preisgruppen unterschieden. Beispielsweise kostet eine Norm in der kostengünstigsten Gruppe 12,80 Euro (Brutto), in der teuersten Gruppe 379,60 Euro. Die Spanne der Preise von VDE-Normen liegt beim Bezug einer Einzelnorm zwischen ca. 12 250 Euro. Für die Abonnementangebote des VDE-Verlages gilt grundsätzlich ein degressives Preismodell. Lizenzgebühren für die Nutzung von DIN-Normen in innerbetrieblichen Netzwerken richten sich bei Nicht-DIN-Mitgliedern nach Unternehmensgröße und Anzahl der genutzten Normen. Bei DIN-Mitgliedern ergibt sich das Recht zur Vervielfältigung aus einer zusätzlich zu dem Mitgliedsbeitrag zu entrichtenden Gebühr, die sich nach der Mitarbeiterzahl richtet. Die VDE-Normen sind über den Beuth Verlag nur in Papierform zu beziehen. Die Angebote der beiden Verlage variieren hinsichtlich der Lizenzbedingungen. Preise für Normen abhängig von Seiten und Branchenrelevanz 19 2.4 Finanzierung der Normung Die Normung wird in Deutschland in Selbstverwaltung der Wirtschaft durchgeführt, was sich in der Finanzierung der Normung wiederspiegelt. Das DIN verfügte 2007 über ein Budget von 68 Mio. Euro. Dieses bestand zu ca. 63% aus eigenen Erträgen, zu ca. 20% aus Beiträgen der Wirtschaft, während die restlichen 17% durch Beiträge der öffentlichen Hand für besondere Projekte finanziert wurden. Finanzierung des DIN heute Beiträge der öffentlichen Hand 17% Mitgliedsbeiträge 7% Beiträge der Wirtschaft 20% Verlagserlöse und eigene wirtschaftliche Tätigkeiten 56% Abbildung 2: Haushalt des DIN in 2007 (Quelle: DIN: Geschäftsbericht 2007) DIN finanziert sich zu 56% aus Verlagserlösen und wirtschaftlichen Tätigkeiten

Zu den eigenen Erträgen gehören insbesondere die Vertragserlöse des Beuth Verlags, die sich aus dem Verkauf von Normen und Normentwürfen ergeben sowie weitere Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Bereiche finanzieren ca. 56% des DIN Budgets. Darüber hinaus gehören zu den eigenen Erträgen auch Mitgliedsbeiträge, die ca. 7% des Budgets ausmachen. Diese Mitgliedsbeiträge werden von Firmen und Institutionen gezahlt, die dem DIN als Vereinsmitglied angehören. Die Höhe des Beitrages ist abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter einer Organisation bzw. eines Unternehmens. Die unterste Kategorie von Mitgliedsbeiträgen gilt für alle Unternehmen mit 1-100 Mitarbeitern. In 2007 hatte das DIN 1.711 Mitglieder. Der Staat fördert das DIN durch Beiträge der öffentlichen Hand, um die Normarbeit in Bereichen mit öffentlichem Interesse zu fördern. Hierzu gehöre beispielsweise Normvorhaben im Rahmen des Umwelt-, Arbeits-, und Verbraucherschutzes oder auch im Bau- und Wasserwesen. Die restlichen Beiträge werden durch die Wirtschaft geleistet. Beiträge werden in Form von Förder- oder Kostenbeiträgen gezahlt. Förderbeiträge werden für die Finanzierung der Geschäftsstellentätigkeiten der Normenausschüsse genutzt. Sie werden durch die jeweiligen interessierten Kreise geleistet. Kostenbeiträge, die ca. 3% des DIN Gesamtbudgets ausmachen, werden dann erhoben, wenn ein Teilnehmer an einem Normungsvorhaben keine oder unzureichende Förderbeiträge an das DIN leistet. Für 2009 wurde festgelegt, dass ein Kostenbeitrag in Höhe von 980 Euro pro Teilnahme an einem Arbeitsgremium zu entrichten ist. Sollte die Finanzierung eines Normvorhabens anderweitig gesichert sein, kann der jeweilige Normenausschuss auch mit Zustimmung der DIN Geschäftsleitung Ausnahmen bei Kostenbeiträgen bewilligen. 20 2.5 Weiterentwicklung der internationalen und der europäischen Normung Ziel der europäischen Normung ist die Harmonisierung der nationalen Normen in den Mitgliedsländern. Dies geschieht durch eine einheitliche Einführung internationaler Normen oder eine Erarbeitung europäischer Normen, wenn dies durch europäische Erfordernisse gerechtfertigt ist. Mit dem New Approach hat die Europäische Kommission 1985 folgende Festlegungen getroffen: - Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen an bestimmte Produkte werden auf hohem Schutzniveau in Europäischen Richtlinien nach Art. 94 bzw. 95 (früher 100 bzw. 100a) des EG-Vertrages festgelegt. Diese Richtlinien sind an die EU-Mitgliedstaaten gerichtet und müssen in nationales Recht umgesetzt werden. - Die technischen Details zur Konkretisierung dieser grundlegenden Anforderungen werden je nach Zuständigkeit von den europäischen Normungsinstituten CEN, CENELEC bzw. ETSI in Form Europäischer Normen erarbeitet, und zwar aufgrund eines Mandates bzw. Normungsauftrages der EU bzw. Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (mandatierte Normen). New Approach

- Diese europäischen Normen werden in jedem EU- und EFTA-Land als nationale Normen umgesetzt. Der New Approach hat großen Einfluss auf die Normung: Während Mitte der 1980er Jahre noch 80% aller DIN-Vorschriften nationalen Ursprungs waren, sind es heute nur noch 10 bis 15%. Um die Effizienz der Normung auf internationaler und europäischer Ebene zu erhöhen, wird die Zusammenarbeit zwischen ISO und CEN seit 1991 durch die Wiener Vereinbarung geregelt. Ziel dieser Vereinbarung ist es, die Facharbeit möglichst nur auf einer Normungsebene durchzuführen und durch parallele Abstimmungsverfahren die gleichzeitige Anerkennung als ISO- und EN-Norm herbeizuführen. Eine ähnliche Vereinbarung zwischen IEC und CENELEC aus dem gleichen Jahr wurde 1996 unter dem Namen Dresdener Abkommen erweitert. Im Rahmen der EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung haben die Kommission und der Rat der Europäischen Union die Normung zu einem Schlüsselinstrument für eine stärkere Förderung der Innovation erklärt. Im Oktober 2006 wurde die europaweite Studie KMU und europäische Normung veröffentlicht, in der 22 Methoden zur Förderung der Teilnahme von KMU am Normungsprozess und der Anwendung von Normen vorgestellt werden. 11 Am 04.12.2006 tagte der Europäische Rat Wettbewerbsfähigkeit und diskutierte strategische Prioritäten für innovationsfördernde Maßnahmen auf EU-Ebene. In den Schlussfolgerungen werden die Weiterentwicklung und Verbesserung des europäischen Normungssystems als wichtige Maßnahme genannt. Die Kommission wurde aufgefordert, Vorschläge für Maßnahmen der relevanten Interessenträger zur Reformierung und Rationalisierung des Systems vorzulegen. 12 Im März 2008 ist die Mitteilung der Kommission Für einen stärkeren Beitrag der Normung zur Innovation in Europa veröffentlicht worden, die an den Rat, das europäische Parlament und den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss adressiert ist. 13 In dieser Mitteilung werden u.a. die Normungsorganisationen aufgerufen, die Transparenz der Normungsprozesse zu prüfen und ihr Geschäftsmodell zu überdenken, um die Kosten des Zugangs zu Normen zu senken. Der EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat hat die Mitteilung der Kommission im September 2008 diskutiert und hierzu insgesamt 29 Schlussfolgerungen angenommen. 14 Dabei werden u.a. die Normungseinrichtungen ersucht, die Beteiligung von KMU zu fördern und ermutigt, ihre Geschäftsmodelle zu überprüfen, die Kosten zu senken Wiener Vereinbarung und Dresdner Abkommen Aktivitäten der Europäischen Kommission 21 11 Europäische Kommission / EIM Business & Policy Research (2006): KMU und europäische Normung: 23 bewährte Methoden zur Förderung der Teilnahme des Handwerks und der KMU am europäischen Normungsprozess und der Anwendung von Normen. 12 Rat der Europäischen Union: Mitteilung an die Presse, 2769. Tagung des Rates Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung), Brüssel, den 4. Dezember 2006. 13 Europäische Kommission: Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament und den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Für einen stärkeren Beitrag der Normung zur Innovation in Europa, Brüssel, den 11.03.2008. 14 Rat der Europäischen Union: Mitteilung an die Presse, 2891. Tagung des Rates Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung), Brüssel, den 25. und 26 September 2008, S. 10-14.

aber gleichzeitig, ihre finanzielle Rentabilität nicht zu gefährden. Darüber hinaus appelliert der Rat an die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Berufsverbände, die KMU stärker zu unterstützen und dazu anzuhalten, zusammenzuarbeiten und ihre Interessen in Bezug auf die Normungstätigkeiten zu verteidigen. Bereits in der Mitteilung der Kommission wurde die Gründung einer hochrangigen Sachverständigengruppe angekündigt, die die Rolle des europäischen Normungswesens für die Zukunft prüfen soll. Dieses Expert Panel for the Review of the European Standardisation System (EXPRESS) ist Anfang 2009 gegründet worden. Auch das BMWi ist in EXPRESS vertreten. Im Rahmen der Bemühungen zur Förderung der innovativen und wissensbasierten Wirtschaft in Europa legt die Europäische Union einen Schwerpunkt auf die KMU. Im Jahr 2007 hat die Europäische Kommission erstmals einen Small Business Act (SBA) vorgeschlagen, der zuletzt in der Mitteilung der Kommission vom 25.06.2008 näher beschrieben wurde. 15 Ziel ist es, das Prinzip Vorfahrt für KMU fest in der Politik zu verankern und es für eine Reihe von Aktivitäten von der Rechtsetzung bis hin zu öffentlichen Diensten anzuwenden. Ferner sollen KMU bei der Lösung von Problemen unterstützt werden, die ihre Entwicklung nach wie vor behindern. In der Mitteilung der Kommission Für einen stärkeren Beitrag der Normung zur Innovation in Europa vom 11.03.2008 wird auf den Small Business Act verwiesen und z.b. die Überprüfung des Normungsprozesses und die bessere Vernetzung von Interessenvertretungen hingewiesen. In 1996 wurde das "Europäische Büro des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe für Normung" (NORMAPME) mit der Unterstützung der Europäischen Kommission gegründet. Ziel von NORMAPME ist es, die Einbindung der KMU im Bereich der Normung auf der europäischen Ebene zu koordinieren. Dabei ist ein Widerspruch zu den Schlussfolgerungen des Wettbewerbsfähigkeitsrats vom September 2008 zu erkennen. Hier wurde nämlich die Bedeutung des Prinzips der nationalen Delegation und die maßgebliche Rolle der nationalen Normungseinrichtungen bei der Vertretung KMU-spezifischer Interessen der europäischen Normung unterstrichen. NORMAPME 22 15 Europäische Kommission: Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der Small Business Act, Brüssel, den 25.06.2008.

3 Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Ausbildungsinhalte 3.1 Berufsausbildung In Deutschland absolviert gut die Hälfte der Jugendlichen eines Altersjahrgangs eine Berufsausbildung im dualen System. Für die betriebliche Ausbildung sind die zu erwerbenden beruflichen Kompetenzen in einer Ausbildungsordnung vorgegeben. Die Ausbildungsordnungen beschreiben das Berufsbild sowie die Prüfungsvorgaben. Der Anhang umfasst einen Ausbildungsrahmenplan, in dem detaillierte Vorgaben zu den Teilen des Berufsbildes gemacht werden. Die Initiative zur Erarbeitung oder zur Modernisierung einer Ausbildungsordnung kommt in der Regel aus den Betrieben, die diesen Wunsch über ihre Verbände an das zuständige Fachministerium stellen. Gemeinsam mit dem Fachministerium (in den meisten Fällen das BMWi) werden in einem Antragsgespräch die Eckwerte der Ausbildungsordnung festgelegt. Zusätzlich zu den Eckwerten können im Eckwertepapier auch inhaltliche Vorgaben zur Ausgestaltung des Ausbildungsrahmenplans gemacht werden. Anschließend bittet das Bundesinstitut für Berufsbildung die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Gewerkschaften, Sachverständige zu benennen. Diese erarbeiten dann als Sachverständige des Bundes zusammen mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) die Details der Ausbildungsordnung Es werden jährlich ca. 15 bis 20 Ausbildungsordnungen überarbeitet. Parallel wird für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule von Sachverständigen der Länder der Entwurf eines Rahmenlehrplans erstellt. In einer gemeinsamen Sitzung am Ende der Erarbeitungsphase werden die Entwürfe der Ausbildungsordnung und der Rahmenlehrpläne abgestimmt. Der Bund-Länder- Koordinierungsausschuss Ausbildungsordnung/ Rahmenlehrpläne verabschiedet die Dokumente. Danach erlässt das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung die Ausbildungsordnung und veröffentlicht sie im Bundesgesetzblatt. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) unterstützt Betriebe und Berufsschulen bei der Umsetzung der Ausbildungsordnungen und der Rahmenlehrpläne durch Erläuterungen und Umsetzungshilfen zu Ausbildungsordnungen, Medien, Lehr- und Lernmittel sowie die Durchführung von Modellversuchen und die Verbreitung ihrer Ergebnisse. 3.2 Hochschulausbildung Mit dem Bologna-Prozess zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens sind die Rahmenprüfungsordnungen für Hochschulstudiengänge in Deutschland abgeschafft worden. Die Hochschulen sind selbst für die Studieninhalte verantwortlich. Sie stimmen sich untereinander in Fachbereichstagen bzw. in Fakultätstagen über die Lehrinhalte ab. In diesen Gremien werden ebenfalls sektorielle Qualifikationsrahmen erarbeitet. Gegenwärtig wird Normung als eigenständiges Thema an ca. acht Hochschul- und Fachhochschuleinrichtungen gelehrt. An sechs weiteren Hochschulen ist Interesse Festlegung eines Berufsbildes in der Ausbildungsordnung Rahmenlehrpläne für den Unterricht in Berufsschulen 23 Unterstützung durch das BIBB Autonomie der Hochschulen bei der Gestaltung der Studieninhalte

an einer zukünftigen Aufnahme des Themas Normung in die Lehrpläne gemeldet worden oder die Vergabe eines Lehrauftrags beabsichtigt. 16 Einzelne Normenausschüsse oder Verbände unterstützen den Ausbildungsbereich in ihrer Branche intensiv. Hierzu gehört z.b. die DKE, die Lehrern und Dozenten Zugriff auf ihre Datenbank bietet, wo Präsentationen und Unterrichtsmaterialien zum Normungsverfahren, ihre Bedeutung und ihrem Nutzen bereitstehen. Zusätzlich stellt die DKE Sonderdrucke für Auszubildende und Studenten bereit, die einzelne DIN-VDE-Normen und die Handhabung von Normen detailliert erläutern. Zur Förderung der Forschung über normenrelevante Themen wurde vom DIN 2005 der Preiswettbewerb Junge Wissenschaft eingeführt, bei dem studentische Arbeiten mit Normungsbezug ausgezeichnet werden. Darüber hinaus unterhält das DIN das Forschungsnetzwerk Normung mit Hochschullehrern. Der Beuth Verlag reduziert seine Normenpreise um 50% für Lehranstalten und immatrikulierte Studenten. Darüber hinaus gibt es bundesweit ca. 70 DIN-Normen-Auslegestellen, die sich meist in Fachhochschul- oder Hochschulbibliotheken befinden. Hier kann man DIN- Normen und andere technische Regeln recherchieren und das vollständige Deutsche Normenwerk kostenfrei einsehen. Die Normen sind in der Regel in elektronischer Form am Bildschirm zugänglich. Aktivitäten des DIN Aktivitäten von Verbänden Normenauslegestellen 24 16 DIN (2008): Geschäftsbericht, S. 31.

4 Differenzierte Betrachtung der kleinen und mittelständischen Unternehmen Die Studie setzt sich mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen auseinander. Im Folgenden wird deshalb ein Überblick über die Anzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie ihrer Bedeutung für Beschäftigung und Umsatz in der deutschen Wirtschaft gegeben. Im Rahmen der Studie Marktzugang und Marktzulassung mittels Normen und Standards, die vom Institut für Maschinenwesen (IMW) der Technischen Universität Clausthal im Auftrag des DIN durchgeführt wurde, wurde aufgezeigt, dass der Informationsbedarf und das Interesse für Normungsarbeit bei den KMU nach Unternehmensgröße variiert. Aus diesem Grund erfolgt die Darstellung der KMU differenziert nach Kleinstunternehmen, kleinen Unternehmen und mittelständischen Unternehmen. 25 Abbildung 3: Informationsbedarf und Interesse an Normungsarbeit von KMU (Quelle: INS-Studie Marktzugang, 2007) Im Folgenden werden Ergebnisse einer Studie des Statistischen Bundesamtes (destatis) zur Analyse von kleinen und mittelständischen Unternehmen vorgestellt. 17 Die Studie nutzt dazu die Daten aus insgesamt acht Bereichsstatistiken, die rund 80% aller Unternehmen abdecken. 18 Die der Studie zugrundeliegenden Daten stammen aus dem Jahr 2005. Die KMU-Definition der destatis-studie ist an die Empfehlung der Europäischen Kommission angelehnt und wurde wie folgt vereinfacht: 17 Statistisches Bundesamt (2008): Ausgewählte Ergebnisse für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland 2005, in: Wirtschaft und Statistik 3/2008, S. 225 241. 18 Die in der Studie berücksichtigten Abschnitte der NACE Rev. 1.1: Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Verarbeitendes Gewerbe, Energie- und Wasserversorgung, Baugewerbe, Handel, Gastgewerbe, Verkehr- und Nachrichtenübermittlung, Grundstücks- und Wohnungswesen.

Größenklasse Beschäftigte Jahresumsatz Kleinstunternehmen bis 9 und bis 2 Mill. EUR Kleine Unternehmen bis 49 und bis 10 Mill. EUR und kein Kleinstunternehmen Mittlere Unternehmen bis 249 und bis 50 Mill. EUR und kein kleines Unternehmen Großunternehmen über 249 und über 50 Mill. EUR Rund 99% der Unternehmen in den untersuchten Wirtschaftsbereichen gehörten demnach den KMU an. Dies galt für rund 1,66 Mio. von insgesamt 1,67 Mio. Unternehmen. Hier hatten die Kleinstunternehmen mit 81% den größten Anteil, 15% sind den kleinen Unternehmen zuzuordnen, nur 3% den mittleren Unternehmen. Nur ein Prozent der Unternehmen im Untersuchungsbereich waren Großunternehmen. 26 3% 1% 15% Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen 81% Mittlere Unternehmen Großunternehmen Summe: 1,67 Mio. Unternehmen Abbildung 4: Anteil der Unternehmen verschiedener Größenklassen in den untersuchten Wirtschaftsbereichen 2005 (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2008) KMU spielen auch eine wichtige Rolle im Bezug auf die Beschäftigung. Von den rund 20,7 Mio. Beschäftigten in den untersuchten Wirtschaftsabschnitten waren gut über die Hälfte (59 %) in KMU tätig. Innerhalb der KMU hatten kleine Unternehmen den größten Anteil mit 22%. 18% Kleinstunternehmen 41% Kleine Unternehmen 19% 22% Mittlere Unternehmen Großunternehmen Summe: 20,7 Mio. Beschäftigte Abbildung 5: Anteil der Beschäftigten in den Unternehmen verschiedener Größenklassen in den untersuchten Wirtschaftsbereichen 2005 (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2008)

In Bezug auf Umsatz dominieren hingegen die Großunternehmen. Trotz des niedrigen Anteils von Großunternehmen an der Gesamtmenge aller betrachteten Unternehmen (1%), sind diese für 65% des Umsatzes verantwortlich. 7% 12% Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen 65% 16% Mittlere Unternehmen Großunternehmen 27 Summe: 3,97 Mio. Umsatz Abbildung 6: Anteil des Umsatzes in den Unternehmen verschiedener Größenklassen in den untersuchten Wirtschaftsbereichen 2005 (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2008)

5 Die Normung aus der Perspektive kleiner und mittelständischer Unternehmen Vor dem Hintergrund der dargestellten Grundsätze der Normung sollen im Folgenden die Ergebnisse von Unternehmens- und Verbandsbefragungen vorgestellt werden, um die Sichtweise und insbesondere die Kritik von kleinen und mittelständischen Unternehmen hinsichtlich ihres Zugangs zu Normen und Normung darzustellen. Gleichzeitig werden die Erkenntnisse aus den Experteninterviews, den Workshops und ca. 50 Telefoninterviews mit KMU erläutert. Dabei wird zwischen sieben Themenfeldern unterschieden: 1. Die Vermittlung von Grundinformationen 2. Die Vermittlung von Normwissen in der Ausbildung 28 3. Die Recherche von Normen 4. Der Bezug von Normen 5. Die Anwendung von Normen 6. Die Verwaltung von Normen 7. Die Beteiligung am Normungsprozess Abbildung 7: Themenfelder KMU-Normung Im Rahmen des Programms Innovation mit Normen und Standards (INS) wurden vom DIN verschiedene Studien beauftragt. Für diese Studie spielen vor allem die folgenden drei INS-Basisuntersuchungen eine Rolle: - Die INS-Studie Marktzugang und Marktzulassung mittels Normen und Standards basiert auf einer Befragung, an der 78 Unternehmen teilgenommen haben. Sie wurde vom Institut für Maschinenwesen (IMW) der Technischen Universität Clausthal durchgeführt. Der Abschlussbericht wurde 2007 vorgelegt. 19 Sie wird im Folgenden als INS-Studie Marktzugang (2007) zitiert. - Die INS-Studie Einbindung von KMU in Normungsprozesse wird gegenwärtig vom Institut für Maschinenwesen (IMW) erarbeitet. Hierzu wurde eine Befragung durchgeführt, an der 383 Unternehmen teilgenommen haben, hauptsächlich aus dem Handwerk. Diese Studie ist noch nicht abgeschlossen, im Folgenden werden Zwischenergebnisse vom Dezember 2008 vorgestellt und als Zwischenergebnis INS-Studie KMU-Einbindung (2008) zitiert. Das IMW hat seine Ergebnisse nach Handwerk und Industrie differenziert. Bei den Antworten aus dem Handwerk beträgt der KMU-Anteil 97%, wobei der Anteil von Kleinstunternehmen, auf denen auch in dieser INS- Basisuntersuchungen 19 Technische Universität Clausthal, Institut für Maschinenwesen (2007): Marktzugang und Marktzulassung mittels Normen und Standards, Abschlussbericht.

Studie der Fokus liegen soll, 47% beträgt. Aus diesem Grund werden im Folgenden häufig nur die Handwerksergebnisse aus dieser INS-Studie vorgestellt. 4 2% 1 0% 100 38% 35 13% 124 47% Bis 10 MA 10-50 MA 50-250 MA 250-2000 MA Über 2000 MA Summe: 264 Antworten (nur Handwerk) 29 Abbildung 8: Wie viele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen? (Quelle: Zwischenergebnis INS-Studie KMU-Einbindung, 2008) - Die Studie Bedarf von KMU für anwendergerechte Aufbereitung von Norminhalten wurde vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Electronic Government der Universität Potsdam betreut. Im Rahmen der Studie wurde eine Befragung unter Kunden des Beuth-Verlags durchgeführt, an der sich 1.727 Unternehmen, davon ca. 950 KMU, beteiligt haben. Die Ergebnisse der Studie wurden im März 2009 vorgelegt. Die hier vorgestellten Ergebnisse der Befragung beziehen sich nur auf die Antworten der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie werden als INS-Studie Aufbereitung von Norminhalten (2009) zitiert. 4 1% 298 31% 399 42% Bis 10 MA 11-50 MA 51-250 MA K. A. 248 26% Summe: 949 Antworten Abbildung 9: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Ihr Unternehmen? (Quelle: INS-Studie Aufbereitung von Norminhalten, 2009) Da Verbände und Kammern wichtige Funktionen hinsichtlich der Informationsvermittlung, der Beratung und Schulung oder auch der Vertretung von KMU- Interessen in Normungsprozessen haben, wurde im Rahmen dieser Untersuchung im Herbst 2008 eine Online-Befragung unter Verbänden und Kammern durchgeführt, wobei sie zu ihren normungsbezogenen Aktivitäten befragt wurden. Insge- Online-Befragung von Verbänden und Kammern

samt haben sich 145 Verbände und Kammern beteiligt. Die Ergebnisse werden im Folgenden als Befragung Verbände und Kammern (2009) zitiert. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat 2008 eine Umfrage unter seinen Fachverbänden zu ihren Aktivitäten zum Thema Normung durchgeführt. Auf die Ergebnisse dieser Befragung wird unter ZDH-Befragung (2008) verwiesen. 5.1 Informationen zur Normung 5.1.1 Basisinformationen zur Normung Aus dem Abschlussbericht der INS-Studie Marktzugang (2007) geht hervor, dass KMU Informationsdefizite bei Normen und Normungsprozessen haben. Vielen KMU ist die Bedeutung von Normen für ihr Geschäftsmodell bzw. für die strategische und innovative Ausrichtung ihres Unternehmens nicht bewusst. Auch fehlen ihrer Meinung nach Informationen zu den Haftungsrisiken, die mit der Nicht-Einhaltung von Normen verbunden sind. Außerdem wurde im Rahmen der Telefoninterviews mit KMU bestätigt, dass der Umgang mit Normen häufig als lästige Bürokratie empfunden und nicht als effizienz- und vermarktungsfördernde Maßnahmen wahrgenommen wird. Durch alle Unternehmensgrößen durchweg ist der Bekanntheitsgrad von Prüf- und Gütezeichen häufig nur gering. Die INS-Studie Marktzugang (2007) beschreibt beispielsweise, dass in einem Querschnitt bestehend aus Mitarbeitern aus allen Unternehmensgrößen nur 67% das DIN oder das TÜV Prüf- und Gütezeichen kennen. Auf die Frage, ob Interesse an allgemeinen Informationen zur Normung (Normbeschaffung, Abläufe der Normenerstellung, Möglichkeiten der Einflussnahme, etc.) besteht, antworten in der INS-Studie KMU-Einbindung (2008) mehr als die Hälfte der Handwerksunternehmen mit ja. 30 3 1% 51 19% 66 25% 144 55% Ja Nein Weiß nicht Keine Antwort Summe: 264 Antworten (nur Handwerk) Abbildung 10: Würden Sie Informationsmaterial über Normenbeschaffung und die Abläufe der Normerstellung, Möglichkeiten der Einflussnahme etc. haben wollen und lesen? (Quelle: Zwischenergebnis INS-Studie KMU-Einbindung, 2008) Dieser Wunsch nach Basisinformationen zur Normung wird auch bei einer weiteren Frage deutlich. Befragt, ob sie sich Unterstützung bzw. Informationen bezüglich Normen und Normung wünschen, geben die Handwerksunternehmen folgende Antworten:

Sonstiges 17 Erstellung von Normen 32 Beschaffung von Normen 132 Informationen zu Normen 160 0 100 200 Summe: 341 Antworten (nur Handwerk) 31 Abbildung 11: Würden Sie sich Unterstützung bzw. Information bezüglich Normen und Normung wünschen? Welcher Art sollte diese sein? (Quelle: Zwischenergebnis INS-Studie KMU-Einbindung, 2008) Während der Bedarf nach Informationen zu Normen (ca. 46% aller Nennungen) als ein Wunsch nach konkreter Anwendungsberatung interpretiert werden kann, zeigen die anderen Antwortmöglichkeiten (Beschaffung von Normen, Erstellung von Normen, Sonstiges, zusammen 54% aller Nennungen) einen Bedarf an Normen- Erstberatung, in der Basiswissen zur Normung vermittelt werden soll. Obgleich von den KMU der Wunsch nach grundlegenden Informationen formuliert wird, ist festzustellen, dass das DIN, Verbände, Kammern, Behörden, Normungsverlage, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen und private Normendienstleister bereits eine Fülle von Informationen anbieten, die sowohl online als auch offline verfügbar sind. So werden im Internetauftritt des DIN unter dem Stichwort Erfolg durch Normung sowohl die volkswirtschaftlichen Vorteile der Normung als auch der Nutzen für das einzelne Unternehmen dargestellt. Die Imagebroschüre Normen nutzen allen beschreibt anschaulich die Entstehung und den Mehrwert von Normen. 20 Einzelne Produkte der Normenverlage dienen zur Vermittlung von Grundwissen. Darüber hinaus bieten DIN und die Normenverlage verschiedenen Schulungen und Seminare zum Thema Normung an. Industrie- und Handelskammern (IHK), die Fachverbände im Handwerk und Handwerkskammern (HWK) bieten ein dichtes Netz an Beratern. So stehen den Unternehmen bei den Fachverbänden im Handwerk und den HWK bundesweit über 840 Handwerksberater und bei den IHK ca. 80 Technologie-und Innovationsberater zur Verfügung. Die Befragung unter Verbänden und Kammern hat gezeigt, dass die deutliche Mehrheit (86%) aller teilnehmenden Organisationen ihren Mitgliedern allgemeine Informationen zum Thema Normung zur Verfügung stellen. Die Kommunikationskanäle sind dabei vielfältig. Insbesondere werden Veranstaltungen, Verbands- und Kammerpublikationen sowie die Website genutzt. 20 DIN (ohne Jahr): Normen nutzen allen, S. 2.

Nachfrage Internet Print Veranstaltungen Angebot MICUS Management Consulting GmbH 0 20 40 60 80 100 Veranstaltung 83 Verbands-, Kammerpubl. 81 Website 78 E-Mail/Newsletter 66 Sonstiges Fachzeitschrift 21 34 32 Abbildung 12: In welcher Form stellen Sie Ihren Mitgliedern allgemeine Informationen zur Normung zur Verfügung? (Quelle: Befragung Verbände und Kammern, 2009) Auf Behördenebene kann beispielsweise auf der Homepage des BMWi Grundwissen zum Normwesen erworben werden. Auch auf europäischer Ebene stellen die Europäische Kommission sowie die Mittelstandsorganisation NORMAPME allgemeine Informationen zur Verfügung. Verbände Kammern Behörden Sozialpartner Forschung... Portale, Mailing, Datenbanken, Presse, Broschüren, Veröffentlichungen, Vorträge, Verbandstreffen, Informationsflut KMU Abbildung 13: Informationsangebote und -nachfrage im Bereich Normen und Normung Insofern sollte das Thema Informationsdefizite differenziert betrachtet werden. Das bestehende Informationsangebot ist sehr umfangreich. Es ist zu vermuten, dass die vielen Informationsmöglichkeiten noch nicht ausreichend bekannt sind und deshalb von den Unternehmen nicht wahrgenommen werden. Die Bekanntheit von Informationen kann nur durch Kooperation der wichtigen Akteure im Normungswesen, also dem BMWi, dem DIN, den Normenverlagen sowie den Spitzenverbänden erhöht werden. Ggf. sind die bestehenden Informationsangebote noch einmal dahingehend zu prüfen, inwieweit sie insbesondere die Belange und Fragestellungen von KMU ansprechen. Bestehendes Informationsangebot bekannter machen