Enzyme Eigenschaften Katalysatoren biologischer Systeme Aktivität innerhalb (intrazellulär = eigentl. Stoffwechsel) und vielfach auch außerhalb biologischer Systeme (extrazellulär = Erschließung von polymeren Substraten) hohe Substratspezifität = Reaktion nur mit einem bestimmten Substrat oder Substratgruppe [z.b. Oxidoreduktase/Dehydrogenase: mit NAD(H) bzw. FAD(H2)als Cosubstrat] hohe Wirkungsspezifität = nur eine bestimmte Reaktion katalysiert [z.b. Oxidoreduktion oder Hydrolyse)
6 Hauptklassen von Enzymen entspr. der Wirkungsspezifität / des Reaktionstyps Elektronen/Proton-Transfer (Dehydrogenasen, Mono-/Dioxygenasen) Nucleotide (ATP), Acylreste (CoA), CO2 (Biotin), Amino- (Pyridoxalphosphat) Glycoside, Peptide, Ester, Phosphate Freisetzung/Addition von Wasser, CO2, AcCoA Racemisierung, cis/trans-isom., Verschiebung von Doppelbindungen, Phosphattransfer Aktivierung von Acetat + ATP -> Ac-P -> AcCoA
Klassifikation und Wirkungsweise
Bsp. aus dem Citratcyclus 1 1 Transferase: Citratsynthase 4 (Transfer eines AcetylRestes) 2 Dehydrogenase: IcDH, 2-KG-DH, SDH, MDH 3 (Extraktion von Wasserstoff) 3 Lyase: Fumarase (Addition von Wasser) 4 Isomerase: Aconitase (Citrat [3-Hydroxy...] zu Isocitrat [4-Hydroxy...] 2
Oxygenasen sind wichtige Enzym z.b. bei der initialen metabolischen Funktionalisierung von Schadstoffen (z.b. Xenobiotika, d.h. für eigentlichen Stoffwechsel fremden Verbindungen/Strukturen), -> sind häufig aliphatische oder cyclische Kohlenwasserstoffe Monoxygenasen: inkorporieren 1 Sauerstoffatom in das Zielmolekül S-R + O2 + NAD(P)H+H+ -> S-O-R + H2O + NAD(P)+ Dioxygenasen: inkorporieren beide Sauerstoffatome in das Zielmolekül R1-S-R2 + O2 -> R1-O-S-O-R2
Monooxygenasen: Beispiele aus dem MTBE-Stoffwechsel CH3 MTBE (R = H) / ETBE (R = CH3) H 3C [H2], O2 O C CH2 MTBE-Monooxygenase R CH3 monooxygenase EC 1.14.13.- H 2O tert-butoxy methanol / ethanol dismutation dehydrogenase EC 1.1.1.[H2] H2 O formaldehyde [H2] H 2O acetaldehyde [H2] dehydrogenase EC 1.2.1.46 tert-butyl formate / acetate H 2O hydrolysis or hydrolase EC 3.1.1.- formate / acetate dehydrogenase EC 1.2.1.2 [H2], O2 3 [H2], [H2]* acetate via TCC monooxygenase EC 1.14.13.- 2 CO2 TBA-Monooxygenase 2-hydroxy-2-methylpropanol (MHP) H3 C dehydrogenase EC 1.1.1.- [H2] H2, O2 C dehydrogenase EC 1.2.1.- CH 3 MTBE monooxygenase H2 O [H2] O CH 3 2-hydroxy-2-methylpropanal H 2O CH 3 CH 3 H 2O 3 [H2], [H2]* 2 CO2 ATP dehydrogenase EC 1.2.1.- via TCC CO2 CO2 dehydrogenase EC 1.2.1.2 tert-butyl alcohol (TBA) ATP [H2] [H2] formate H3 C H2, O2 C OH TBA CH3 monooxygenase H2 O CH3 OH CH 3 H3 C C OH H C OH CH3 2-hydroxyisobutyrate (2-HIBA) H 3C C HO C OH H3 C C O CH2 CH 3 O tert-butoxymethanol H 2-Hydroxy-2-methylpropanol
Dioxygenasen: Beispiele aus dem Herbizid-Stoffwechsel (Phenoxyalkanoate) H R2 C (CH2)nCOOH O OH R1 OH R1 HO R1 HOOC HOOC R1 TCA Cl RdpA Cl Cl Cl TfdB TfdC Monooxygenase Dioxygenase SdpA TfdA Dioxygenase (intermolekular) (intramolekular)
Dioxygenasen: Beispiele aus dem Herbizid-Stoffwechsel (Phenoxyalkanoate) (intermolekulare Dioxygenase) H R2 C (CH2)nCOOH O H COOR1 O CH2 + CH2 R1 + + O O CO Cl herbicide COO- α-ketoglutarate Cl R2 O nch2 + + CO2 COO- phenolic glyoxylate/ succinate intermediate pyruvate
An der Wirkung von Enzymen sind neben der Proteinkomponente (=Apoenzym) noch weitere Moleküle beteiligt (Coenzyme bzw. prosthetische Gruppen)
Enzyme als Katalysatoren - wie macht man sie verfügbar - wie nutzt man sie
Quelle von Enzymen ganz allgemein: Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere Lokalisierung: intrazellulär, extrazellulär i) man nutzt die (unveränderten) Enzyme aus Wildtyp-Stämmen (oft wenig effektiv) ii) man schafft Systeme, die eine erhöhte Produktion von Enzymen gewährleisten -> Überexpression in Wirtsorganismen (Quantität) iii) man verändert die Eigenschaft von Enzymen im Sinne der Eignung für (technische, medizinische) Anwendungen (Qualität) -> genetic engineering, Enzymdesign (über zufällige oder gerichtete Mutagenese) (Struktur/Funktionsbeziehungen, Proteinkristalle, Substratbindungs- und Wirkungsmechanimen ) Meine These: Die Welt der Mikroorganismen ist unendlich vielfältig, gezielt gesucht findet man jede enzymatische Reaktion (= die Umsetzung eines jeden Substrates)
Isolierung von Enzymen Extrazellulär: Abtrennung von Zellen und Aufarbeitung des Mediums Intrazellulär: Desintegration der Zellen und Aufarbeitung des Zellextraktes Desintegration: - mechanisch: durch Druck oder Ultraschall, Kugelmühlen - enzymatisch: durch Zerstörung der Zellwand (Lysozym-> Peptidoglycan) -> hydrolytischer Angriff auf glycosidische Bindung zw. Glucosamin und N-Actylmuraminsäure (Mureingerüst)
Enzymreinigung fraktionierte Aufarbeitung von Gemischen von (polymeren) Biomolekülen (Proteine, Nucleinsrn. Lipide,...) unter Einsatz von - Salzfällungen (Aussalzeffekt: die einzelnen Proteine haben unterschiedliche Löslichkeiten) - Ionenaustausch-Chromatographie = IEX (Ausnutzung unterschiedlicher Bindungsstärken der Nettoladung von Proteinen bei gegebenem ph-wert an geladene Träger) - Hydrophob-Interaction-Chr. = HIC ( Ausnutzung der Bindungskräfte hydrophober Regionen an hydrophobe Oberflächen) - Gelfiltration = GF (Wanderungsdifferenzen von unterschiedlichen Molekülgrößen in dreidimensionalen Matrizes) - Affinitätschromatographie = spezifische Bindung einer Komponente/Struktur des Proteins an hochaffinen Liganden einer Matrix, anschließende Ablösung mit komplementärer niedermolekularer Komponente (überexprimierte Enzyme mit Strep-tag, His-tag) -> tag = Sequenz mit spez. Bindungseigenschaften Strep-tag - Biotin His-tag - Ni 2+ - Ultrafiltrationen (Abtrennung von Proteinen über Membranen definierter Ausschlußgrenzen) -Konzentration: Fällung, Dialyse, Gefriertrocknung, Fixierung
Ionenaustausch-Chromatographie (IEX) Ionische Bindungen zw. Matrix und Protein werden durch Salze in konzentrationsabhängiger Weise ersetzt (Effekte durch ph, Ionenstärke, Art des Salzes, Temperatur,...)
Hydrophobic interaction chromatography (HIC) Ladungen werden durch Salzionen abgeschirmt, durch Erniedrigung der Salzkonzentration werden diese geschwächt
Gelfiltration (GF) größenabhängige Wanderungswege in dreidimensionaler Matrix, Matrixstruktur und Wanderungsstrecke bedingen Trennschärfe, Proteinseparation, Abtrennung von Salzen,...
Typisches Reinigungsprotokoll PS-P: Protaminsulfat-Fällung AS-P: Ammonsulfat-Fällung
Überexpression und Proteinreinigung mittels Affinitätschromatographie Expressionsvektor AmpR Pro Heterologe Expression im Wirtsstamm Affinitätschromatografie ORF Amp rekombinantes Protein pdo Strep-Tactin pet3b::pdo pbr322 ori 5598 bp T7 Pro WirtsProteine tet (w/gaps) ORF Strep-TagII Das betreffende Gen (GOI, gene of interest) wird in einen Expressionsvektor kloniert. Das Expressionsprodukt enthält eine Erweiterung um definierte Sequenzen, die spezifische Aminosäuren codieren (tag). Auf der Matrix befinden sich Bindungsdomänen, die mit dem tag interagieren, d.h. diese Struktur spezifisch binden. Sie können durch spezifische Substrate wieder eluiert werden. -> Einschritt-Reinigung
Nachweis und Darstellung von Proteinen durch elektrophoretische Methoden
Reinigungsverlauf Nachweis durch elektrophoretische Methoden
1D SDS Polyacrylamidgel-Elektrophorese (SDS-PAGE) kda 200 150 120 100 80 70 60 50 40 M L H T 200 150 120 100 80 1a 2a 3a 70 60 4a 40 50 M L H T 6a 7a 8a 9a 30 30 25 25 20 Hier gezeigt z.b. die Induktion von degradativen Enzymen im Vergleich zum Wachstum auf nichtselektiven Medium (jeweils linke Spur) bei 2 unterschiedlichen Stämmen 20 15 5a 10a 15 SDS Sodium dodecylphosphate, anionisches Detergenz Löst Proteine in Monomere auf, schirmt Ladungen der Proteine ab. Die Trennung erfolgt dann lediglich nach dem Molekulargewicht.
2D Polyacrylamid-Gelelektrophorese MW pi 3-10 kda 150 120 Man erreicht eine höhere Auflösung. 1c 2c 60 50 40 30 25 20 15 1. Dimension: Isoelektrische Fokussierung - Trennung nach Ladung in einer Matrix mit definiertem ph Gradienten, trennt nach isoleketrischem Punkt (pi) 2. Dimension: SDS PAGE Trennung nach Molekulargewicht
Typisches Massenspektrogramm eines Proteins Intens. [a.u.] Es werden Peptide nach Verdau von Proteinen mit Proteinasen, z.b. Trypsin analysiert. Die spezifischen Peptidmassen werden durch Datenbankanalyse abgeglichen und daraus eine Zuordnung getroffen. x104 è Yí MC 1 _Fru c_2\0_g9\1 \1 SR ef 2.5 êü[c 2.0 1.5 1.0 7 ž mþô w è Intens. [a.u.] 0.5 èåym 0.0 x105 ÔûEc ŠmüÔ MC 1 _20_2\0_A21 \1 \1 SR ef 1.0 \ÂÍ* 0.8 "Š {Šìñ 0.6 Ã 4ì Ç'/ gqøø 0.4 0.2 ê [ wéèq Ý3N Äg6Î 0.0 1000 1500 2000 2500 3000 3500 m /z
Immobilisierung von Enzymen (Langzeit)-Stabilisierung (aber: der Prozess ist oft verbunden mit einem Aktivitätsverlust) Prozessierung von Medien: Enzyme als feste Matrix, Abtrennung von Produkten Wiederverwendung des Katalysators
Gewinnung intrazellulärer Enzyme
Gewinnung extrazellulärer Enzyme
Stärke ist enzymatisch gut aufschließbar
Zellulose ist schwerer aufschließbar polymere Kohlenstoffquellen (Pflanzenmaterialien,... Holz) sind wegen der komplexen Zusammensetzung (Zellulosen, Lignin) generell sehr schwer handhabbar Aktuelle Problematik zur Bioenergie aus nachwachsenden Rohstoffen: der Engpass besteht in der Solubilisierung der polymeren Komponenten
Messung von Enzymaktivitäten erfolgt prinzipiell durch Analyse zeitabhängiger Änderungen von - Substratkonzentrationen (Abnahme) bzw. - Produktkonzentrationen (Zunahme) unter dem Einfluß des zu untersuchenden Enzyms Kinetische Parameter: - Varianz der Substratkonzentrationen (s. Teil 3. Stoffwechsel) - Proportionalität von Umsatzrate und Enzymkonzentration
Enzymmessung (Aktivitätsmessung) Die Aktivität wird durch Ermittlung des Anstiegs (Produkt) bzw. Abfalls (Substrat) der Konzentration zu initialen Zeiten ermittelt. Eine diskontinuierliche Methode wird angewandt, wenn Substrat/Produkt nicht direkt im Messansatz verfolgt werden kann (-> off-line Messung). Enzymmessung, diskontinuierliche Datenaufnahme Extinktion 2 1.5 y = 0.1545x 2 R = 0.9962 1 0.5 y = 0.1004x 2 R = 0.9973 0 0 5 10 Zeit 15 Substrat1 Substrat2 Linear (Substrat1) Linear (Substrat2) Die Enzyme werden in solche einer Konzentration eingesetzt, dass sich der lineare Teil gut darstellen lässt.
Enzymmessung durch kontinuierlichen Messverlauf Kommt dann zur Anwendung, wenn ein Substrat/Produkt wegen seiner spektralen Eigenschaften direkt verfolgt werden kann, z.b. NAD(P)HÄnderung (on-line Messung). Die Aktivität wird im linearen Bereich der Änderung entweder graphisch oder durch Geräteprogramme ermittelt. Messprinzip mit NADH Extinktion Zeit
Messung von Substratkonzentrationen mittels Enzymen Einsatz hoher Enzymkonzentrationen in der Absicht, einen möglichst vollständigen Substratumsatz im kurzer Zeit zu erreichen Extinktion Zeit
Indikator-gekoppelte Blutzucker-Bestimmung
Amperometrische Blutzucker-Bestimmung
8.1. Enzyme in der industriellen Biokatalyse
Viele empirische Verfahren basieren auf der Nutzung (Organismen-gebundener) enzymatischer Aktivitäten (meist als gesamtphysiologische Leistung) oft Jahrtausende alte Traditionen - alkoholische Gärung (Wein, Bier, Sake,...) - Tempe (vergorene Sojabohnen) - vergorener Kohl (Sauerkraut, Kimchi - Korea) - Brotherstellung -...
Neuerdings (20. Jahrhundert) -> immer zielgerichteter, wissensbasiert Fermentationsprozesse (Fermentative Herstellung) für - Aceton, Butanol (Bakterien, z.b. Clostridium acetobutylicum) - Zitronensäure (Pilze, Bakterien) - Antibiotika (Penicillin, z.b. Aspergillus niger) - Aminosäuren (Glutamat - Geschmacksverstärker; Lysin, Methionin,... Nahrungsergänzung/Funktionelle Lebensmittel (essentielle Aminosäuren) - extrazelluläre Enzyme (Proteasen, Lipasen, Amylasen) z.b. Waschmittel - Polysaccharide (Verdickungsmittel in Lebensmitteln, Kosmetika,...) Aktuell: Gentechnische Verfahren - Insulin - Interleukin -...
Vorteile enzymatischer Katalysatoren 1. Biokatalyse bei Raumtemp. (< 100 ) und normalen Drücken, chemische Synthesen meist bei hohen Temp. und Drücken 2. Mengenverhältnis Enzym zu Substrat: 0.0001-0.001 %, chem. Katalysator 0.1-1 %
Ein Beispiel aus der eigene Praxis Innovatives Verfahren zur Synthese von Methacrylat aus nachwachsenden Rohstoffen Ziel: Ablösung von fossilen Rohstoffen und Sicherung der Grundstoffbasis durch alternative Verfahren und Ausgangsverbindungen Methacrylat ist ein Grundstoff der chemischen Industrie - Monomer für Plexiglas - Ausgangssubstanz für wasserlösliche Autolacke - Zweikomponentenkleber - und vieles Weitere
Saccharose etc. Verfahrensschema Acetyl-CoA β -Ketothiolase. CoA-Transferase Acetoacetyl-CoA Acetoacetat. Acetoacetyl-CoAReduktase 3-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase (3-Hydroxybutyryl-CoADehydrogenase) PHB-Depolymerase 3-Hydroxybutyryl-CoA PHB 3-Hydroxybutyrat CoA-Transferase PHB-Synthase HCM 2-Hydroxyisobutyryl-CoA Methacrylat OH Schlüsselenzym ist eine neu entdeckte Mutase, die lineare C4 Körper in verzweigtkettige C4-Körper umwandelt OH mutase Mutase H3C H H2C H3C COSCoA CH3 COSCoA (R)-3-Hydroxybutyryl-CoA (R)-3-hydroxybutyryl-CoA 2-Hydroxyisobutyryl-CoA 2-hydroxyisobutyryl-CoA (1)
Biotransformationen meist ein definierter Schritt katalysiert, der durch enzymatische Mechanismen mit Vorteil im Vergleich zur chemischen Synthese durchgeführt werden kann und der dann in ein allgemeines Verfahrensregime eingebaut wird z.b. enantiospezifische Synthesen viele Wirkstoffe (Pharmazeutika, Agrochemikalien) wirken enantiospezifisch, d.h. das wirksame Enantiomer muss bereitgestellt und eingesetzt werden
Bsp. Monooxygenasen und 2-Arylpropionate Enantiospezifische Synthesen durch Oxidation eines prochiralen C-Atoms H3C O * H H3C Ibuprofen OH C * CH2OH O OH H3C * 1,2-Dihydroxypropan O OH H H3C C* COOH O Cl Dichlorprop H H3C C* CH2OH Cl 2-Chlor-hydroxypropan Cl H H3C C* COOH O Mecoprop CH3 Cl Ketoprofen
Entwicklung eines enzymatischen Katalysators - Screening nach gewünschter Leistung - Verbesserung der Leistung durch adaptive Vorgänge (Mutation und Selektion) - rationales Enzymdesign (Struktur/Funktions-Modelle) - metabolic engineering: Arrangement von Stoffwechselsequenzen und aktivitäten