Orthodontische Maßnahmen zur präimplantologischen Augmentation von Hart- und Weichgewebe



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208 AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS A. König 1, J.S. Hermann 2 Orthodontische Maßnahmen zur präimplantologischen Augmentation von Hart- und Weichgewebe Eine Falldarstellung Summary Pre implant orthodontic measures for augmentation of hard and soft tissue treatment rationale and case report Periodontal hard and soft tissues were augmented by magnetic forced eruption on a 65 year-old female patient who was ineligible for established augmentation/ridge preservation methods due to compromised general health (obstructive vascular disease) and chronic warfarin medication. Periodontally severely destroyed teeth (12 mm of maximum residual pocket probing depth and loss of clinical attachment in combination with a one-wall intrabony defect) were resected down to the gingival margin after root canal fillings. The rationale was to gradually supererupt the remaining roots and to augment both hard and soft tissue in a coronal direction at the same time. This was facilitated by placing magnets into the coronal aspect of the resected teeth. Corresponding magnets were polymerised into the base of a partial denture at a distance of 2 mm. It is crucial, that the removable partial denture is well retained on the dentition of adjacent teeth during magnetic force application, allowing for a constant and gradually increasing magnetic force application. Under such circumstances, a complete approximation of both magnets occurs within a few days. However, the stimulated augmentation of hard and soft tissues takes several weeks. An appropriate remodeling as well as maturation of such tissues (quantity and quality) needs an increased amount of retention time. In this case, reactivations of magnetic eruption were initiated after eight weeks at a time, by placing new magnets into the erupted and newly resected roots as well as the long term-provisional. After five approaches of forced magnetic eruption (ten months total), substantial amounts of newly formed and functionally oriented regenerated alveolar bone resulted, combined with a coronal migration of soft tissue according to the principle of the Biologic Width [4]. The remaining root residuals were then extracted and after eight weeks dental implants were inserted. The method described here needs a slightly longer amount of time in comparison to conventional augmentation procedures prior to inserting dental implants. An advantage of the forced eruption is a gingival esthetic mainly free of scars and little stress for patients by minor invasive surgical procedures. Especially for patients with compromised general health and anticoagulative medication, forced eruption for augmentation of bone and soft tissue prior to the placement of dental implants could be an alternative to the established augmentation procedures. Befund: Bei einer 65-jährigen, unter Antikoagulantientherapie stehenden Patientin, zeigten sich oberer linker Eckzahn und erster Prämolar (23, 24) aufgrund parodontalem Attachmentverlust als nicht erhaltungswürdig (12 mm maximale Resttaschen Sondierungstiefe und parodontaler Attachmentverlust in Verbindung mit einem einwandigen Knochendefekt). Der angrenzende Zahn 22 wies einen erhöhten Lockerungsgrad auf (II). Das Röntgenbild (Abb. 1) zeigt das Resultat einer zuvor therapierten aggressiven Parodontitis mit einem fast vollständigen Attachmentverlust an Zahn 23 und 24. Der Wunsch nach einer festsitzenden Implantatversorgung oben links wurde von Seiten der Patientin klar artikuliert, entsprechend zu einer schon zuvor kontralateral im Oberkiefer implantologisch versorgten Freiendsituation. Bei der Sondierung des Zahnes 23 imponierte dann auch ein von bukkal nach palatinal durchgehender ossärer Defekt. Eine sofortige Extraktion der nichterhaltungswürdigen Zähne mit späterer chirurgischer Augmentation von Knochen zur Vorbereitung eines zukünftigen Implantatlagers schien in diesem Fall zu invasiv, nicht nur aufgrund der gerinnungshemmenden Dauermedikation, sondern auch wegen der nicht vorhandenen Bereitschaft der Patientin zu mehrstufigen chirurgischen Interventionen. 1 Kurbrunnenstr. 9, 67089 Bad Dürkheim 2 University of Texas Health Science Center at San Antonio, Dental School Department of Periodontics, 7703 Floyd Curl Drive, San Antonio, TX 78284-7894, USA

209 Abbildung 1 Orthopantomogramm mit Ausgangsbefund. Figure 1 Orthopantomograph with initial findings. (Fotos: A. König) Abbildung 2 Kontrolle nach Kürzung der Zähne 23 und 24 bis auf Gingivaniveau, Wurzelfüllungen und Einarbeiten der Magnete in die Zahnstümpfe. Figure 2 Control after resecting the teeth 23 and 24 down to the gingival margin, root canal fillings and insertion of magnets into the remaining roots. Abbildung 3 Extrusionsmagnete in situ. Figure 3 Extrusion magnets inserted. Abbildung 4 Klinische Ansicht nach zehnmonatiger forcierter Extrusion mit Interimsersatz. Figure 4 Clinical aspects after ten months of forced extrusion with removable provisional. Forcierte Extrusion und Extraktion: Deshalb haben wir uns entschieden, die Zähne bis auf Gingivaniveau zu kürzen, mit Wurzelfüllungen zu versehen und in die verbliebenen Wurzelreste Magnete mit dem Ziel einzuarbeiten, durch eine allmähliche Extrusion einen vertikalen Gewinn an Knochen und Weichgewebe zu erhalten. Abbildung 2 zeigt den Kontroll-Zahnfilm nach Kürzung der Zähne 23 und 24, Wurzelfüllung und Einarbeiten der Extrusionsmagnete in die Zahnstümpfe. Wie in Abbildung 3 zu erkennen ist, wurden in ein herausnehmbares Provisorium/Interimsersatz die antagonistischen Magnete mit einem Abstand von 2 mm zu den wurzelseitigen Extrusionsmagneten eingefügt. Hierfür ist es hilfreich, einen Magneten als Platzhalter zwischen Zahn und Provisorium zu verwenden, der anschließend nach Einpolymerisieren des Magneten im Provisorium wieder entfernt wird. Der Spalt zwischen Zahn und Provisorium ist auf diese Weise genau definiert und es kann zu keiner Verwechslung der Polungen kommen. Die nun einwirkende Kraft bewirkt eine forcierte Extrusion der Zähne bis zu einer Berührung der Magneten bereits nach wenigen Tagen. Es ist darauf zu achten, dass das Provisorium so abgestützt ist, dass es sich nicht einlagert, um eine ungewollte Verringerung des Abstandes der Magneten zu vermeiden. Alternativ zu der Platzierung der Extrusionsmagnete in ein herausnehmbares Provisorium ist selbstverständlich auch ein mit temporärem Zement an den Nachbarzähnen befestigtes Brückenprovisorium denkbar. Hier werden in den basalen Kunststoffanteil des Brückenprovisoriums die Extrusionsmagnete in gleicher Weise eingearbeitet. Diese Variante bietet den Patienten sicherlich einen höheren Tragekomfort. Bei fehlender Indikation für eine Über- Deutscher Ärzte-Verlag Köln zzi Z Zahnärztl Impl 2007;23(3)

210 Abbildung 5 Ansicht nach zehnmonatiger forcierter Extrusion unmittelbar vor Extraktion der verbliebenen Wurzelreste. Figure 5 View of the remaining root residuals after ten months of forced extrusion immediately before extraction. Abbildung 6 Zahnfilm der Wurzelreste 23 und 24 nach zehnmonatiger forcierter Extrusion. Figure 6 Radiograph of the root residuals of teeth 23 und 24 after ten months of forced extrusion. Abbildung 7 Situation nach Extraktion der Wurzelreste und Einlage von Tabotamp in die Zahnfächer. Figure 7 Situation after extraction of the root residuals and insertion of Tabotamp into the remaining sockets. Abbildung 8 Aufsicht auf den Kieferkamm acht Wochen nach Extraktion. Figure 8 View of the alveolar ridge eight weeks after extraction. Abbildung 9 Aufsicht auf den Kieferkamm nach Aufklappung und Anlegen der Implantatstollen. Figure 9 View on the alveolar ridge after opening and establishing the implant sites. Abbildung 10 Situation nach Einbringen der Implantate. Figure 10 Situation after placing the implants. kronung der benachbarten natürlichen Zähne ginge dieser Komfort jedoch zu Lasten der Zahnhartsubstanz. Eine Adhäsivbrücke kann dann in Betracht gezogen werden. Die beabsichtigte Augmentation von Knochen und Weichgewebe kann bei derart parodontal geschädigten Zähnen nicht schnell erfolgen. Der alveoläre Knochen, der nur noch von den wenigen Sharpeyschen Fasern eines minimal vorhandenen Restparodonts inseriert wird, braucht viel Zeit, um auf den Reiz der forcierten Extrusion durch Apposition reagieren zu können: Nach jeweils acht Wochen Ruhezeit erfolgte erst eine Reaktivierung durch Kürzen der Wurzelreste und basale Reduktion des Interimsersatzes/ oder Einarbeiten neuer Magnete in die Wurzelreste und die Basis des Interimsersatzes.

212 Abbildung 11 Sofortbelastung mit Langzeitprovisorium. Figure 11 Immediate loading with long term provisional. Abbildung 12 Zahnfilm zur Kontrolle der definitiven Abutments. Figure 12 Control radiograph of the definite abutments. Abbildung 13 Palatinalansicht der definitiven Restauration (Zahntechnik: Figure 13 Oral view of the definitive restoration (Dental technique: Abbildung 14 Bukkalansicht der endgültigen Restauration. (Zahntechnik: Wehner Dental-Labor, Ludwigshafen a. Rh.) Figure 14 Facial view of the definitive restoration. (Dental technique: Abbildungen 4 und 5 zeigen das klinische Resultat nach zehnmonatiger forcierter Extrusion. Die peridentalen Weichgewebe deuten die Autoren als ein Ausstülpen des reichlich vorhandenen inneren Saumepithels. Der korrespondierende Zahnfilm (Abb. 6) imponiert mit einem im Vergleich zum Ausgangsröntgenbild deutlichen Gewinn an vertikalem Knochenangebot, entsprechend zu den Prinzipien der Biologischen Breite [4]. Extraktion und Implantation: Die Wurzelreste konnten ohne Absetzen der gerinnungshemmenden Medikation entfernt werden. Die Restalveolen wurden lediglich mit einer gerinnungsfördernden Einlage (Tabotamp) versorgt (Abb. 7). Acht Wochen nach Extraktion zeigt sich vor der Implantation ein regulärer Wundverschluss mit einem in orovestibulärer Richtung intaktem Kieferkamm (Abb. 8). Das peridentale Weichgewebe hat sich in den acht Wochen nach Extraktion in befestigte Gingiva umgewandelt. Nach der Aufklappung zeigt sich (Abb. 9) ein gemessen an dem Ausgangsbefund vor Beginn der Extrusion erstaunlich gut ausgebildeter Kieferkamm mit auch in oro-vestibulärer Richtung gutem Knochenangebot, das durch vorsichtige Kondensation mit Bone Spreadern zusätzlich geschont werden konnte. Es konnten zwei Implantate mit jeweils 13 mm Länge und 4,3 mm Durchmesser (Camlog Screwline) inseriert werden (Abb. 10 und Abb. 11). Die Implantate zeigten sich primär stabil und konnten offen einheilen mit einer provisorischen Langzeitversorgung. Freilich befand sich das Provisorium außerhalb der Okklusion/Artikulation. Vier Monate nach Implantation erfolgte die definitive prothetische Versorgung (Abb. 12 bis Abb. 15). Ergebnis: Gemessen an dem Ausgangsbefund wurde durch Wiederherstellung der Kaufunktion im Kauzentrum links mit einer festsitzenden, rein implantatgetragenen Brücke ein funktionell und ästhetisch gutes Ergebnis erreicht. Zudem profitierte der bei Behandlungsbeginn stark gelockerte (Grad II) Zahn 22 distal derart von dem Knochengewinn, dass keine Lockerung mehr festzustellen war.

214 Diskussion: Verfahren zur orthodontischen Distraktion/forcierten Extrusion und anschließender Extraktion parodontal geschädigter Zähne mit dem Ziel einer präimplantologischen Verbesserung der Hartund Weichgewebssituation, wurden bereits in der Literatur beschrieben [1-3, 5]. Hier werden als eine Mindestvoraussetzung eine zirkumscripte Restalveole von 50 % angegeben, um eine Literatur 1. Ackermann KL, Kirsch A, Beschnidt SM: Maßnahmen zur Verbesserung der periimplantären Weichgewebsästhetik. In Koeck B, Wagner W: Implantologie, Urban und Fischer, München 2004, 162 2. Buskin R, Castellon P, Hochstedler JL: Orthodontic extrusion and orthodontic extraction in perioprosthetic treatment using implant therapy. Pract Periodontics Aesthet Dent 2000; 12:213 Abbildung 15 Röntgenkontrolle sechs Monate nach dem definitiven Zementieren der Restauration. Figure 15 Control Radiograph six months after the definitive cementation of the restoration. effiziente Übertragung von Extrusionskräften über das Restparodontium auf den Knochen zu gewährleisten. Hingegen scheint es möglich, auch bei deutlich ausgeprägterem Attachmentverlust mit Abbau von 90 % und mehr, durch behutsame Extrusion nichterhaltungswürdiger Zähne bei Einhaltung längerer Ruhephasen, den zur Rückgewinnung verlorengegangenen Alveolarknochens erforderlichen Reiz auszuüben. 3. Danesh-Meyer MJ, Brice DM: Implant site development using orthodontic extrusion: a case report. N Z Dent J 2000;18:423 4. Gargiulo AW, Wentz FM, Orban B: Dimensions and relations of the dentogingival junction in humans. J Periodontol 1961;32:261-267 5. Mantzikos T, Shamus I: Forced eruption and implant site development: soft tissue response. Am J Orthod Dentofacial Orthop 1997;112:596 Im Vergleich zu chirurgischen augmentativen Verfahren hat die hier dargestellte Vorgehensweise den Nachteil eines insgesamt etwas höhereren Zeitaufwandes für die Gesamtbehandlung. Der Vorteil könnte in einer von Narben weitestgehend freien gingivalen Ästhetik und einer geringeren Belastung der Patienten durch wenig invasive chirurgische Maßnahmen gesehen werden. Gerade für Patienten, bei denen invasive Verfahren zur Augmentation von Knochen und Weichgewebe nicht in Frage kommen, könnte das hier gezeigte Vorgehen eine Alternative darstellen. Korrespondenzadresse: Dr. med. dent. Achim König -Zahnarzt- Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie Kurbrunnenstraße 9 D-67098 Bad Dürkheim Tel.: 0 63 22 / 981-177 E-Mail: dres_koenig@yahoo.de PD Dr. med. dent. Joachim S. Hermann, FICOI, FITI, FPFA SSO/SSP Periodontology Board Certified Associate Professor and Head Division of Periodontics and Implant Dentistry Stuttgart Continuing Education Center German Dental Association Herdweg 50 D-70174 Stuttgart, Germany Tel.: 07 11 / 227-16 32 E-Mail: joe.hermann@zfz-stuttgart.de and Clinical Assistant Professor University of Texas Health Science Center at San Antonio Dental School Department of Periodontics 7703 Floyd Curl Drive San Antonio, TX 78284-7894, USA