Ansprache Verabschiedung des Leiters des evangelischen Büros Rolf Krebs und Einführung des Nachfolgers Thomas Weckelmann 19. Februar 2013, 17 Uhr, Friedenskirche Düsseldorf Frau Ministerpräsidentin, Frau Präses Kurschus Herr Präses Schneider, Herr Landessuperintendent Dutzmann, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Lieber Rolf Krebs, es gab in den letzten Monaten sehr viele unterschiedliche Anlässe und Gelegenheiten, bei denen ich stellvertretend für den Landtag von Nordrhein-Westfalen reden durfte. Dabei hat es die eine oder andere Herausforderung gegeben, manchmal war die Aufgabe, die richtigen Worte zu finden, nicht ganz einfach, aber alles ist nichts gegen den heutigen Anlass.
2 Wir alle verabschieden dich heute als Beauftragten der Evangelischen Kirche beim Landtag und der Landesregierung und als Leiter des Evangelischen Büros. Das heißt, egal wie wir es auch drehen und wenden, heute ist der Tag gekommen, an dem es heißt, Abschied zu nehmen. Und lieber Rolf, darin bin ich ausgesprochen schlecht. Ich mag keine Abschiede und die damit verbundenen Veränderungen, und schon mal gar nicht, wenn ich mich von einem wirklich lieben Freund verabschieden soll. I. Ihr könnt predigen, über was ihr wollt, aber predigt niemals über vierzig Minuten. So hat es Martin Luther seinen Weggefährten mit auf den Weg gegeben. Nun will ich nicht predigen. Das kann Rolf Krebs viel besser. Und ich will auch nicht vierzig Minuten reden. Obwohl, das könnte ich wahrscheinlich mindestens genauso gut wie Rolf Krebs. Vielmehr versuche ich Theodor Fontane's Rat zu folgen, wonach Abschiedsworte kurz sein müssen wie eine Liebeserklärung, auch 2
3 wenn das wiederum deshalb schwer fällt, weil es so viel zu sagen gibt: Dankes- und Willkommensworte an zwei Menschen im wichtigen Amt des Beauftragten der evangelischen Kirchen, der die Landespolitik beraten, unterstützen - und manchmal auch zügeln soll. II. Nach dem erbauenden Gottesdienst mit wunderbarer Musik fällt es nicht leicht, Abschied zu nehmen. Willkommen heißen, ist da wesentlich leichter. Dennoch will ich mit dem Schwierigeren beginnen: Verehrter Herr Kirchenrat Krebs, lieber Rolf, Du nimmst heute nach fast neun Jahren Abschied von Deinem Amt als Leiter des Evangelischen Büros und Beauftragter der evangelischen Kirchen. Damit ist auch der Abschied vom Landtag verbunden, der für Dich eine wesentliche Wirkungsstätte war. III. Abschied zu nehmen, heißt immer ein wenig nach Hinten und ein wenig nach Vorne zu blicken. Lassen Sie mich daher erst einmal vom bemerkenswerten Auftakt von Rolf Krebs im neuen Amt im Jahr 2004 berichten. Kaum einer weiß nämlich davon. 3
4 Sein Vorgänger, Karl-Wolfgang Brandt, war gerade verabschiedet, da hatte Rolf Krebs im November 2004 seinen Antrittsbesuch im Landtag beim damaligen Präsidenten Ulrich Schmidt. Rolf Krebs war beeindruckt vom wunderbaren Ambiente im Empfangsraum mit Rheinblick. Auch ins gediegene Gästebuch sollte er sich eintragen. Und voller Tatendrang, wissensdurstig, wollte er doch mal schauen, welcher Persönlichkeit denn zuvor die Ehre des Empfangs zu Teil geworden war. So blätterte er eine Seite zurück. Und beim Anblick bekam selbst der gestandene Kirchenmann Krebs weiche Knie. In Blattgold stand da: Ihre Majestät die Königin, Elizabeth II. Oh Gott, wo bin ich denn hier gelandet? Das soll sein Stoßgebet gewesen sein. Er war dann auch nicht mehr in der Lage, eine Losung oder einen Bibelvers zu schreiben. Er beließ es - wie die Queen - lediglich beim Namenszug. Das war der Einstieg von Rolf Krebs. Doch er hat dann schnell verstanden: 4
5 Auch im Landtag endet das Vater unser - wie überall - mit einem schlichten Amen. IV. Lieber Rolf, der Landtag hat allen Grund, Dank zu sagen, denn mit dem Evangelischen Büro steht uns seit einem halben Jahrhundert ein verlässlicher Partner und guter Freund zur Seite - in den vergangenen neun Jahren geprägt durch Rolf Krebs. Ich denke an die Gesetzesinitiativen, die Rolf Krebs im Rahmen der öffentlichen Anhörungen kritisch, aber immer konstruktiv und mit großer Sachkenntnis begleitet hat. Kaum jemand kann Kritik so freundlich und diplomatisch verpacken, wie Rolf Krebs. Kaum jemand war und ist so sehr auf ein persönlich gutes Miteinander gerade bei inhaltlich kontroversen Themen bedacht, wie Rolf Krebs. Das sind menschliche Eigenschaften, die uns allen über die vielen Jahre gut getan haben. Du lieber Rolf hast der evangelischen Kirche in unserem Land damit ein unverwechselbares Gesicht gegeben. Und Themen, um die sich die Kirchen gekümmert haben, bei denen die Kirchen sich zu Wort gemeldet haben, gab es viele. Ob es um Kindertagesstätten, um Schulfragen, die Schwangerschaftskonfliktberatung, das Feiertagsgesetz oder das 5
6 Kopftuchverbot für Lehrerinnen ging, um nur einigen Themen zu nennen: Immer war sein Rat gefragt. Natürlich war es dabei seine Aufgabe, die Interessen der evangelischen Kirchen zu vertreten und auch zu schützen. Aber er war es auch, der innerhalb der Kirche um Verständnis für staatliches Handeln warb. Berater und Kritiker der Politik auf der einen und Werber für die Politik auf der anderen Seite beides hat Rolf Krebs immer mit großem Erfolg gemeistert. Und auch das will ich am heutigen Tag noch einmal hervorheben besonders laut vernehmbar wurde die Stimme der evangelischen Kirche immer dann, wenn die Stimme von Rolf Krebs ganz leise wurde. Dafür und für einfach alles danke ich Dir, lieber Rolf, im Namen des Landtags sehr herzlich. V. Danken möchte ich aber auch für eine weitere Rolle, die Rolf Krebs innehatte, die mindestens genauso wichtig war. Diese Rolle hat er mit Bravour, persönlich sage ich: mit einem gütigen und strahlenden Herzen ausgefüllt: 6
7 Ich meine die schlichte, aber wichtige Rolle des Seelsorgers, ob im persönlichen Gespräch oder in der Landtagsandacht vor der Plenarsitzung, und nicht selten auch als Ratgeber. Und auch als Reiseleiter. Wer einmal an einer von Rolf Krebs organisierten Reise ob in die Türkei oder nach Israel teilgenommen hat, wird insbesondere diese persönliche Rolle kennengelernt haben. Vielleicht hat diese Seite von Rolf Krebs ja auch etwas mit seiner Leidenschaft in der Jugend zu tun? Verraten hat er mir irgendwann nämlich einmal, dass er im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit Onkel Rolfs Kinderfeste mit großer Begeisterung, Freude und Erfolg organisiert hat. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer mit Kindern kann, der kann sicherlich auch mit Politikern umgehen! Ich selbst kann gar nicht mehr genau sagen, wann ich mit Rolf Krebs den allerersten Gesprächskontakt hatte. Ich weiß nur und so etwas kommt nur selten vor: Mit dieser ersten Begegnung war gleich der Bann der Zurückhaltung gebrochen und eine tiefe Vertrauensbasis geschaffen. Rolf Krebs versteht es in wunderbarer Weise, theologischen Tiefgang mit menschlicher Wärme zu verbinden. Bei ihm passt das wirklich zusammen. Daher gibt Rolf Krebs viel, auch von sich. 7
8 Aber, liebe Gäste, Rolf Krebs fordert auch viel von seinem Gegenüber. Er selbst hört intensiv zu, sieht genau hin und erwartet das dann aber auch von seinen Gesprächspartnern. Mit Rolf Krebs zu diskutieren ist anstrengend, aber zugleich sehr schön. Ob als Abgeordnete, als Parlamentarische Geschäftsführerin, als Vizepräsidentin oder jetzt als Präsidentin: Für mich waren die Treffen mit Rolf Krebs immer Begegnungen und Gespräche, die von großer Offenheit und wirklicher Herzlichkeit geprägt waren. Dafür danke ich Dir aufrichtig, lieber Rolf. VI. Meine Damen und Herren, der französische Politiker Michel Debré hat einmal den klugen Satz geprägt: In der Politik geht es zu wie beim Kunstturnen: Es kommt auf den guten Abgang an. Das hat sich Rolf Krebs auch gedacht. Und das zeigt einmal mehr, dass er immer auch für Überraschungen gut ist. Ich erinnere an die letzte Landtagsandacht seiner Amtszeit am 24. Januar natürlich im Raum der Stille, zu dessen Wegbereiter er maßgeblich gehört: 8
9 Rolf Krebs hätte es sich einfach machen können: Schöne Lieder, eine - wie immer - erfüllende Ansprache. Alles wäre völlig entspannt verlaufen. Doch Rolf Krebs hatte - nach der Überreichung der Gebetsteppiche und der Menora für den Raum der Stille Ende 2012 - eben die Idee mitformuliert und sich dafür begeistert, seine letzte Andacht im interreligiösen Dialog zu gestalten: Christen mit Juden und Muslimen an einem Tisch unter dem Motto: Gemeinsam im Glauben zum Heil der Menschen. Manchem war bei diesem Experiment vorab nicht ganz wohl. Und auch Rolf Krebs gestand gleich zu Beginn der Andacht: Ich bin heute etwas nervös. Und, lieber Rolf ich darf das heute sicherlich für alle anwesenden Gäste sagen du warst auch etwas gerührt und tief berührt. Und diejenigen, die dabei waren, werden mir zustimmen: 9
10 Es war ein beeindruckendes Erlebnis, den jüdischen Kantor und den Imam beim Gebet zu erleben, um dann anschließend gemeinsam zu singen: Großer Gott wir loben Dich! Lieber Rolf, das war wie beim Kunstturnen: ein richtig starker Abgang. Gestanden, ohne zu wackeln! VII. In seiner Ansprache hat Rolf Krebs dann noch einmal betont, was für ihn wesentlich ist. Und er hat dazu den 2. Brief des Paulus an Timotheus herangezogen: 1. Den Einsatz für den Frieden in der Welt, sowohl im unmittelbaren persönlichen Umfeld, als auch in der Ferne. Frieden und Gerechtigkeit sind möglich - in versöhnter Verschiedenheit, so Rolf Krebs. 2. Das Gebet zu Gott, das nie verstummen soll. Rolf Krebs hat hierzu aus dem Mittagslied des Theologen und Dichters geistlicher Lieder, Jochen Klepper, zitiert. Klepper war mit seiner Familie 1942 von Nazi-Deutschland in den Tod getrieben worden: 10
Die Hände, die zum Beten ruhn, die macht er stark zur Tat. Und was der Beter Hände tun, geschieht nach seinem Rat. 11 Du siehst, lieber Rolf: Die wunderbaren Worte Deiner letzten Andacht klingen nach. Aufrichtigen Dank dafür! VIII. Lieber Rolf, ich wünsche Dir, im Namen aller Landtagsabgeordneten, die du begleitet und denen du begegnet bist, für den neuen Lebensabschnitt alles erdenklich Gute. Dazu gehört auch die Erfüllung so manches Wunsches, für den bislang die Zeit nicht reichte. Ich bin gespannt, ob dazu auch die Eröffnung der immer noch leerstehenden Kneipe auf der Insel Borkum gehört, die Dich schon in jungen Jahren in ihren Bann gezogen hat. Auf jeden Fall freue ich mich auf jedes Wiedersehen. IX. Liebe Gäste, heute ist nicht nur die Zeit des Abschieds, sondern auch der Ankunft. 11
12 Verehrter, lieber Herr Kirchenrat Thomas Weckelmann, wir nehmen Sie im Landtag ohne Vorbehalte und mit offenen Armen auf. Seien Sie uns herzlich willkommen! Und lassen Sie sich bitte von den großen Schuhen, die Rolf Krebs hinterlässt, nicht abschrecken. Denn auch wenn wir den Abschied von Rolf Krebs bedauern, freuen wir uns gleichzeitig auf Sie als neuen Leiter des evangelischen Büros und wenn ich das sagen darf: als neuen hauseigenen Diener Gottes im Parlament. Und außerdem: Was von Präses Nikolaus Schneider kommt, das kann doch nur gut sein! Auf unsere Zusammenarbeit freue ich mich sehr. X. Meine Damen und Herren, der Schriftsteller Ludwig Börne hat einmal die Frage gestellt: Was ist selbst der glücklichste Mensch ohne Glauben? Seine eigene Antwort lautete: Eine schöne Blume in einem Glase Wasser - aber ohne Wurzel und ohne Dauer. Ich denke: Dieses Bild macht deutlich, worum es geht: Das, was uns Menschen, unsere Gesellschaft im Inneren zusammenhält, sind gemeinsame Überzeugungen, gemeinsame 12
13 Wurzeln. Und die mit Abstand wichtigste Quelle für die Vermittlung von Orientierung und Überzeugung ist der Glaube. Ohne Leitlinien und Grundsätze würde es uns kaum gelingen, die richtigen Entscheidungen für die Menschen unseres Landes zu treffen. Deshalb sind wir froh, dass wir mit dem Leiter des Evangelischen Büros, wie auch mit dem Direktor des Katholischen Büros, ein solch enge und gute Verbindung haben. Deshalb zuallerletzt: Alles Gute, lieber Rolf Krebs! Herzlich willkommen, Thomas Weckelmann! Und Gottes Segen für Sie beide. 13