Der Umgang mit sterbenden Menschen aus der Sicht von Auszubildenden in Pflegeberufen Claudia Ohlrogge Gesundheits- und Krankenpflegerin Praxisanleiterin Fachweiterbildung Palliative Care M. A. Pflegewissenschaft
Gliederung Ausgangslage Fragestellung Theoretischer Rahmen Methodisches Vorgehen Ergebnisse Zeit für Fragen 2
Ausgangslage Umgang mit Sterbenden führt zu Belastung Wissenslücke in Bezug auf Auszubildende Erfahrungen von Studierenden der Pflege außerhalb Deutschlands: Ängste, Unsicherheit, Hilflosigkeit, Schock Unterstützung von unterschiedlicher Qualität Risiko negativer Coping-Strategien (Kiger 1994; Schleich 1998; Hjörleifsdottir / Carter 2000; Cooper / Barnett 2005; Müller u. a. 2010, Mutto u. a. 2010) 3
Forschungsfragen 1. Welche Erfahrungen machen Auszubildende beim Umgang mit Sterbenden? 2. Welche Elemente wirken belastend, welche erleichtern die Situation? 3. Welche Bewältigungsstrategien werden als hilfreich erachtet? 4. Wie sollte die Unterstützung durch Pflegende und Lehrkräfte gestaltet werden? 4
Theoretischer Rahmen Stufenmodell der Pflegekompetenz (Benner 2000) Entwicklung durch Berufserfahrung Dimensionen des pflegerischen Handelns (Olbrich 2010) Entwicklung durch (Selbst-) Reflexion Konzept der Emotionalen Arbeit (Büssing/Glaser 2003) Erwartete versus empfundene Gefühle Emotionale Dissonanz 5
Methodisches Vorgehen Qualitatives Design Datenquelle: episodische Interviews Studiengruppe: Auszubildende der Gesundheits- und Krankenpflege 9 Interviews, 4 Schulen, Hessen/ Baden- Württemberg Auswertung: qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring 6
Situationen Große Bandbreite Pflege von Schwerstkranken Anwesenheit beim Versterben Auffinden und Versorgen von Verstorbenen Belastung abhängig von der Situation Das war das Schlimmste gewesen. Da bin ich dann selbst an meine Grenzen gekommen. ( ) Also jemanden zugucken beim Sterben ist halt nicht so schön. (GKPS 8, Z. 130-132) 7
Beeinflussende Elemente Rahmenbedingungen Vorerfahrung der Auszubildenden Alter und Allgemeinzustand der Patienten Beziehung zu Patienten und Angehörigen Verhalten der Pflegekräfte 8
Einfluss durch Pflegekräfte Die hat mich auch einfach nur in den Arm genommen und stand nur neben mir und hat gewartet, bis ich angefangen habe zu erzählen. ( ) Das ist gut gewesen. (GKPS 9, Z. 207-210) Damit musst du halt klar kommen. Das ist Tagesgeschäft. ( ) So wird s halt hier betrachtet. (GKPS 1, Z. 168-172) 9
Verarbeiten und Verhalten (1) Umgang mit Emotionen: Gefühle gar nicht aufkommen lassen Gefühle verbergen Sich in Patienten hineinversetzen Gefühle zulassen 10
Verarbeiten & Verhalten (2) Ausgleich und Unterstützung Mit anderen darüber reden! Sport treiben Auszeit nehmen Entspannungsübungen machen Trost im Gebet suchen 11
Verarbeiten und Verhalten (3) Mit einer Schwester drüber reden, also mit einer älteren, erfahrenen, kann auch sehr gut tun, aber auch mit Gleichaltrigen, wie die das jetzt sehen. Oder ( ) die den gleichen Ausbildungsstand haben. ( ) Diese Brüderschaft, diese gedankliche, die hilft ungemein. (GKPS 7, Z. 365-372) 12
Unterstützungsbedarf Theoretische Ausbildung: Umgang mit Sterbenden frühzeitig behandeln Wunsch nach konkreten Handlungsanweisungen Praktische Ausbildung: Bessere Anleitung und Betreuung Reflexionsgespräche Akzeptanz von Bedürfnissen 13
Resümée Auszubildende erleben belastende Situationen beim Umgang mit Sterbenden Verhalten der Pflegekräfte beeinflusst Belastungsgrad und Verarbeitung Unterstützung nicht immer ausreichend Wunsch nach Verbesserung 14
Ich glaube, das ist auch das Wichtigste, dass man auch mal Schwäche zeigen darf. Dass man nicht die ganze Zeit die harte Superkrankenschwester sein muss, die da durchpowert, sondern dass man auch Mensch sein darf ( ). Das würde ich mir in mehr Bereichen wünschen. (GKPS 7, Z. 183-186) 15
Literaturverzeichnis Benner, Patricia (2000): Stufen zur Pflegekompetenz. From Novice to Expert. Bern Göttingen Toronto Seattle: Huber, 3.Nachdr. Büssing, André; Glaser, Jürgen (2003): Interaktionsarbeit in der personenbezogenen Dienstleistung. In: Büssing, André; Glaser, Jürgen (Hrsg.): Dienstleistungsqualität und Qualität des Arbeitslebens im Krankenhaus. Göttingen Bern Toronto Seattle: Hogrefe, S.131-148 Cooper, Jan / Barnett, Mandy (2005): Aspects of caring for dying patients which cause anxiety to first year students. In: International Journal of Palliative Nursing, Jg. 11, Heft 8, S. 423-430. Hjörleifsdottir, Elisabet / Carter, Diana (2000): Communicating with terminally ill cancer patients and their families. In: Nurse Education Today, Jg. 20, S. 646-653. Kiger, Alice (1994): Student nurses involvement with death: the image and the experience. In: Journal of Advanced Nursing, 20, S. 679-686. Müller, Monika et al (2010): Wie viel Tod verträgt das Team? Eine bundesweite Befragung der Palliativstationen in Deutschland. In: Zeitschrift für Palliativmedizin, Heft 11, S. 227-233. Mutto, Eduardo Mario et al (2010): Nursing Education: The Experience, Attitudes and Impact of Caring for Dying Patients by Undergraduate Argentinian Nursing Students. Journal of Palliative Medicine, Vol. 13, Nr. 12, S.1445-1450. Olbrich, Christa (2010): Pflegekompetenz. Bern Göttingen Toronto Seattle: Huber, 2. vollst. überarb. u. erw. Aufl. Schleich, Ulrike (1998): Sterben und Tod. In: Lieser, Anja / Schleich, Ulrike: Am Ende menschlichen Lebens. Stuttgart New York: Thieme 16