Gemeinderatssitzung am 14.02.2011 Rede des Oberbürgermeisters anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes 2011 Es gilt das gesprochene Wort Meine sehr geehrten Damen und Herren des Gemeinderats, verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verehrte Gäste der heutigen Gemeinderatssitzung, erinnern Sie sich noch an das Wort des Jahres 2008? Es hieß Finanzkrise. Deren Auswirkungen sind uns allseits bekannt. Die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand brachen dramatisch ein. Den Einnahmeausfällen standen jedoch gleichzeitig höhere Ausgaben für Soziales, Bildung und Betreuung gegenüber. Diese finanzielle Schieflage bescherte uns in 2009 ein Rekorddefizit von über 7 Mio., sowie einen Fehlbetrag, dessen Ausgleich noch das Haushaltsjahr 2011 belastet. Auch die Planzahlen für das vergangene Haushaltsjahr 2010 ließen ein weiteres Millionendefizit befürchten. - 1 -
Die Erkenntnis, dass jeder Krise ein Aufschwung folgt, konnte da nur wenig Trost spenden. Zu heftig war der Absturz, zu pessimistisch die Prognosen für eine schnelle Erholung. Entgegen aller Erwartungen erholte sich die deutsche Wirtschaft jedoch erstaunlich schnell. Die Vorhersagen für das Wirtschaftswachstum mussten im vergangenen Jahr mehrfach nach oben korrigiert werden. Von diesem Aufschwung profitieren auch wir in Rastatt. Ich kann Ihnen heute einen Haushalt zur Verabschiedung vorschlagen, dessen Einnahmeerwartungen rd. 6 Mio. über den Planzahlen liegen, von denen wir noch bei der Einbringung im Oktober des vergangenen Jahres ausgehen mussten. Mit 3,3 Mio. Mehreinnahmen entfällt der größte Anteil auf die Gewerbesteuer. Insbesondere aufgrund einer größeren Zahlung zum Jahresende hin, konnten wir im vergangenen Jahr rd. 8 Mio. mehr Gewerbesteuern einnehmen, als in 2010 erwartet. Dies hat sich auch positiv auf die Vorauszahlungen für das Jahr 2011 niedergeschlagen. Wir haben daher die Prognose für das laufende Jahr von 13,7 Mio. auf 17 Mio. angehoben. Das ist erfreulich. - 2 -
Allerdings wissen wir nur zu gut, welche Ausschläge - nach oben, aber auch nach unten - bei der Gewerbesteuer innerhalb eines Jahres möglich sind. Welchen Betrag wir am Jahresende tatsächlich vereinnahmen können, bleibt abzuwarten. Die Mehreinnahmen im vierten Quartal 2010 sowie der höhere Ansatz des Jahres 2011 waren bei der Neuberechnung der Umlage zu berücksichtigen, führen also zu höheren Ausgaben. Der Ansatz für die Gewerbesteuerumlage musste daher um rd. 1,5 Mio. erhöht werden. Der Arbeitskreis Steuerschätzungen hat in der November- Steuerschätzung seine Einnahmeerwartungen für die Jahre 2010 bis 2012 deutlich angehoben. Gegenüber der Mai-Steuerschätzung werden für die Kommunen aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt Steuermehreinnahmen von voraussichtlich 14,2 Mrd. Euro erwartet. Im Nachgang zur Steuerschätzung hat das Land die Orientierungsdaten des Haushaltserlasses ebenfalls aktualisiert. Den Ansatz für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer haben wir daher um knapp 1 Mio. erhöht. - 3 -
Auch die Ansätze für die Schlüsselzuweisungen sowie die Investitionspauschale konnten insgesamt um rd. 860 T angehoben werden. Zwischenzeitlich hat das Finanzministerium auch die vorläufigen Daten für den Kindergartenlastenausgleich 2011 und die Förderung der Kleinkindbetreuung zur Verfügung gestellt. Hiernach ergeben sich rd. 440 T höhere Zuweisungen, als bisher im Entwurf eingeplant. Aufgrund der Rechnungsergebnisse 2010 haben wir ferner die Ansätze für die Vergnügungssteuer, die Holzerlöse sowie die Verwarnungs- und Bußgelder erhöht. Die Mehreinnahmen wirken sich positiv auf die Zuführungsrate aus. Bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs im Oktober musste noch davon ausgegangen werden, dass dem Vermögenshaushalt nur ein Betrag von rd. 0,54 Mio. zugeführt werden kann und damit die Mindestzuführung (Summe der Kreditbeschaffungskosten und der ordentlichen Tilgung von Krediten) von rd. 1,87 Mio. deutlich verfehlt wird. Zwischenzeitlich erwarten wir eine Zuführung von rd. 5 Mio.. Seit 1990 konnten wir bei Aufstellung eines Haushaltsplanes keine solch hohe Zuführungsrate mehr ausweisen. - 4 -
Wer nun jedoch die Auffassung vertritt, Rastatt hätte seine finanziellen Probleme bereits hinter sich gelassen und könnte auf weitere Konsolidierungsbeschlüsse verzichten oder meint gar, es sei jetzt etwas in der Kasse zum Verteilen, der irrt gewaltig. Die erfreulichen Planzahlen sind neben den bereits gefassten Konsolidierungsbeschlüssen zu einem nicht unerheblichen Teil auch auf die Besonderheiten des kommunalen Finanzausgleichs zurückzuführen. Aufgrund des dramatischen Steuereinbruchs im Jahr 2009 erhalten wir im Jahr 2011 höhere Zuweisungen und müssen auch geringere Umlagen bezahlen. Ferner muss aus der Zuführungsrate neben der Kredittilgung auch noch ein Teil des Fehlbetrags aus dem Jahr 2009 finanziert werden. Für die Eigenfinanzierung von Investitionen verbleibt letztlich weniger als ein Drittel der Zuführungsrate. Wir werden daher auch in 2011 unsere Investitionen überwiegend über Kredite finanzieren müssen. Das ist schade! Nach wie vor bleibt fest zustellen: - 5 -
Das was wir uns leisten, können wir uns eigentlich noch nicht leisten. Ich bin gespannt auf den Prüfungsbericht der GPA, der für die nächsten Wochen angekündigt ist. Der Bund, die Länder und auch die Kommunen, so auch unsere Stadt leben auf Pump und belasten die künftigen Generationen. Immer noch sind wir nicht so weit, dass wir bereits aufgenommene Schulden zurückzahlen. Dafür müssten wir im VerwHH wesentlich mehr Geld übrig machen. Das gelingt uns nach wie vor nicht. Natürlich ist die vorliegende Situation ein Lichtblick und lässt hoffen. Hoffen, dass die Einnahmen erheblich steigen und wir die Mehreinnahmen zur Schuldentilgung verwenden können. Aber schauen wir in die Mittelfristige Finanzplanung. Was tut sich da auf? Wie sieht es nach derzeitigen Schätzungen aus? Das ist weniger verheißungsvoll! Für die kommenden Jahre haben wir bereits Mehreinnahmen bei Steuern und Zuweisungen eingeplant. - 6 -
Trotz dieser eingeplanten Mehreinnahmen fehlen uns aber im Jahr 2012 knapp 6 Mio. zur Finanzierung unseres laufenden Geschäfts und dann hätten wir immer noch keine Mittel für die Kredittilgung oder zur Finanzierung der Investitionen zur Verfügung. Auch hier schlägt die Finanzsystematik zu. Nicht erwähnt habe ich, dass wir derzeit in weiten Teilen unseres Haushalts den Ressourcenverbrauch, die Abschreibungen und Verzinsungen, nicht erwirtschaften. Sie werden bisher ja auch nicht überall dargestellt. Das wird künftig anders sein. Was bedeutet dies? Das bedeutet, das wir aufzeigen können, dass wir eigentlich von der Substanz leben. Wenn wir also ab dem Haushaltsjahr 2013 auf die kommunale Doppik umstellen und den genannten Ressourcenverbrauch ausweisen werden, fehlen uns 2013 sogar rd. 10 Mio. zur Finanzierung der laufenden Ausgaben. In den folgenden Jahren wird die neue Darstellung ebenfalls höhere Defizite ausweisen. Welches Fazit müssen wir daraus ziehen? Richtig! - 7 -
Wir dürfen bei unseren Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung nicht nachlassen. Im Gegenteil, wir müssen unsere Konsolidierungsliste konsequent abarbeiten. Nur so wird es gelingen, eine nachhaltige Verbesserung der finanziell angespannten Situation zu erreichen. Zwar werden wir hierbei auch prüfen, inwieweit z.b. höhere Steuersätze bei der Vergnügungssteuer möglich sind und auch, ob die Einführung der derzeit diskutierten Zweitwohnungssteuer in Rastatt sinnvoll ist. Den Schwerpunkt müssen wir jedoch darauf legen, die Ausgaben bei unseren Freiwilligkeitsleistungen weiter einer Prüfung zu unterziehen und, wo machbar, zu reduzieren. Im Vermögenshaushalt haben sich im Nachgang zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs nur wenige Änderungen ergeben. Der Schwerpunkt unserer Investitionen liegt weiterhin in der Verbesserung der Infrastruktur unserer Schulen und Kindergärten. Hier haben wir nicht gekürzt und wollen auch weiter daran arbeiten. Hier gestalten wir die Zukunft unserer Stadt. - 8 -
Für die Neueinrichtung der Krippengruppe in Wintersdorf wurde der Ansatz um 220 T erhöht. Ob diese Mehrausgaben tatsächlich in diesem Umfang benötigt werden, muss sich noch zeigen, da wir gegenwärtig noch mögliche Einsparpotenziale prüfen. Erhöht wurde auch der Ansatz für den Grunderwerb, da wir die anfallenden Erschließungs- und Anliegerbeiträge im künftigen Gewerbegebiet Rotacker intern verrechnen werden und die Bauplätze voll erschlossen veräußern wollen. Auch hier gilt es dafür zu sorgen, dass sich bestehende Betriebe oder auch neue in Rastatt ansiedeln können. Aufgrund der höheren Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt benötigen wir weniger Ersatzdeckungsmittel zur Finanzierung unserer Investitionen. Das ist gut so! Wir haben daher die Grundstückserlöse vorsichtiger, in realistischere Größenordnungen kalkuliert und den Ansatz entsprechend reduziert. Dennoch bleibt eine Kreditaufnahme mit rd. 4,7 Mio. bestehen. Mit 4,7 Mio. bleiben wir zwar unter der vom Gemeinderat beschlossenen maximalen Kreditermächtigung von 5 Mio.. Aber wir machen, wie bereits erwähnt, weiter Schulden. Für die Folgejahre schaffen wir die 5 Mio Grenze jedoch noch nicht ganz, da zusätzliche Ausgaben für den Hochwasserschutz - 9 -
erforderlich werden, die keinen zeitlichen Aufschub dulden. Ich erinnere an die letzte Gemeinderatssitzung. Gerne will ich heute ein Loblied anstimmen auf die gute Arbeit, die wir gemeinsam geleistet haben. Wobei ich feststellen möchte, dass wir im Gemeinderat, unterstützt von unseren MitarbeiterInnen, einen schwierigen und konsequenten Weg der Konsolidierung eingeschlagen haben Die ersten Früchte daraus sind im Haushalt bereits zu erkennen. An dieser Stelle danke ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Gemeinderat für die gute und konstruktive Zusammenarbeit in zahlreichen Sitzungen und Klausurtagungen. Ich danke für die viele Zeit, die Sie in Ihre Stadt und deren Zukunft investiert haben, im Bemühen, das Beste für unsere Stadt zu erreichen. Herzlichen Dank dafür! Ich danke Ihnen für Ihre Bereitschaft, mit mir als Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung gemeinsam an einer nachhaltigen Verbesserung der Haushaltssituation und damit an einer guten Zukunft unserer Stadt Rastatt zu arbeiten. - 10 -
Trotz vieler Einschränkungen ist es uns gelungen, in den entscheidenden Feldern der Bildung, der Wohn-, Gewerbe- und Einzelhandelsentwicklung ein gutes Stück voran zu kommen. Ich denke, es ist uns gelungen, wieder ein stärkeres Wir-Gefühl in unserer Stadt zu vermitteln. Daran möchte ich gerne weiter arbeiten. Danken darf ich auch den MitarbeiterInnen für die gute Zuarbeit in diesem recht schwierigen Prozess der Konsolidierung und für das Verständnis für manch einen Einschnitt, der unvermeidbar war. Und schließlich wie immer noch ein herzliches Dankeschön an Kämmerer Wolfgang Nachbauer und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fachbereich 3. Ich darf nun den Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Größe das Wort erteilen. - 11 -