DISS. ETH NO. 18788. Analysis of Protein Interactions, Biological Functions and Immunogenicity of Carbohydrates Using Synthetic Oligosaccharides



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Transkript:

DISS. ETH NO. 18788 Analysis of Protein Interactions, Biological Functions and Immunogenicity of Carbohydrates Using Synthetic Oligosaccharides A dissertation submitted to ETH Zurich for the degree of Doctor of Sciences presented by TIM HORLACHER Dipl. Biochem., Universität Regensburg Date of birth 07.09.1978 citizen of Germany accepted on the recommendation of Professor Dr. Peter H. Seeberger Professor Dr. Markus Aebi 2009

Abstract Virtually all cells are coated with oligo- and polysaccharides. These glycans regulate interactions of cells with their environment. In organisms, carbohydrates are involved in all physiological and many pathological processes. Glycans are essential for the correct development of every organ. Carbohydrate-protein interactions mediate most glycan functions, including cell adhesion, organization of protein interactions on the cell surface and cell signaling. However, due to the enormous complexity of glycans and the lack of appropriate research tools still little is known about carbohydrate functions in organisms. Synthetic sugars open up new ways to investigate glycan function. In this thesis, synthetic oligosaccharides were employed to analyze protein interactions, biological functions, and the immunogenicity of carbohydrates. Carbohydrate microarrays, arrays of oligosaccharides that are spotted in microscale, allowed for analyzing dozens of glycan interactions in parallel. Carbohydrate binding was further investigated in detail using surface plasmon resonance measurements. In vitro assays using synthetic oligosaccharides elucidated the biological function of glycan interactions. Immunization with oligosaccharideconjugates was used to investigate the role of glycans in the immune response, to analyze vaccine candidates and to generate monoclonal antibodies. These tools enabled me to address a great number of questions, including identification of glycan interactions, ligand screening, determination of structure-activity relationships and analysis of immunogenicity. A wide range of glycan classes, ranging from most eukaryotic glycan classes to bacterial cell wall glycopolymers, was analyzed. The knowledge gained not only increases our understanding of glycan interactions and functions, but may also guide the development of vaccines, diagnostic tests and better anti-coagulants. v

Binding preferences of human galectins were determined using carbohydrate microarrays (Chapter 2) to comprehend how galectin specificity for glycans is achieved by sugars adjacent to the common galectin binding disaccharide. Distinct sugars at the reducing end of this common motif directed preferential binding of some galectins to distinct glycan classes. Glycosylations on the basic binding motif drastically altered galectin affinities. Cells are therefore able to control the responsiveness to galectins by the expression of the respective glycosyltransferases. Blood group antigens were identified as high affinity ligands for most galectins and presumably mediate important galectin functions. A synthetic heparin oligosaccharide library was used as basis for heparin microarray, surface plasmon resonance and activity assay experiments to elucidate the structure-activity relationship (SAR) of heparin and heparan sulfate for coagulation proteins or growth factors (Chapter 3). Highly sulfated heparin/hs sequences revealed preferred binding motifs and mediated the biological action of heparin/hs interactions. Modifications that are particularly important for some protein interactions were identified and may therewith guide the development of highly specific heparin/hs-based binders, including better anti-coagulants. Annexin 1 was revealed to bind calcium-dependently heparin/hs. This binding event presumably modulates annexin 1 action in organisms. Immunogenicity of a hexasaccharide, representing a repeating unit of the glycopolymer found on vegetative Bacillus anthracis cells, was analyzed. Monoclonal antibodies against the vegetative Bacillus anthracis glycopolymer were produced by immunization with a hexasaccharide carrier protein conjugate (Chapter 4). The use of these antibodies for B. anthracis detection is currently being investigated. Carbohydrate microarray experiments established that anti-(vegetative B. anthracis glycopolymer) hexasaccharide antibodies are present in the sera of people having received the AVA vaccine that contains proteins of vi

B. anthracis culture supernatants. This finding suggests a role of the glycopolymer in the immune response against B. anthracis. Finally, a pentasaccharide, representing a substructure of the Plasmodium falciparum glycosylphosphatidylinositol (GPI), was investigated as a putative anti-toxin vaccine against severe malaria (Chapter 5). Mice were immunized with a GPI-pentasaccharide-KLH conjugate, infected with the mouse malaria agent Plasmodium berghei and the cerebral malaria incidence was monitored. The results suggest that the GPI-pentasaccharide partially protects mice from cerebral malaria with respect to sham-immunized mice. vii

Zusammenfassung Alle Zellen sind von Oligo- und Polysacchariden umgeben. Diese Glykane regulieren Wechselwirkungen von Zellen mit ihrer Umgebung. In Organismen sind Kohlenhydrate an allen physiologischen und vielen pathologischen Prozessen beteiligt. Glykane sind essentiell für die korrekte Entwicklung jedes Organs. Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen vermitteln die meisten Funktionen der Glykane, einschliesslich Zelladhäsion, Organisation von Proteininteraktionen auf der Zelloberfläche und Signaltransduktion. Aufgrund der enormen Komplexität von Glykanen und fehlender Forschungsmethoden ist immer noch wenig über die Funktionen von Kohlenhydraten in Organismen bekannt. Synthetische Zucker eröffnen neue Möglichkeiten Glykanfunktionen zu untersuchen. In dieser Doktorarbeit wurden mit synthetischen Oligosacchariden Proteininteraktionen, biologische Funktionen und die Immunogenität von Kohlenhydraten analysiert. Kohlenhydrat- Mikroarrays, modifizierte Objektträger mit kovalent, im Mikromaßstab gebundenen Zuckern, ermöglichten es, dutzende Glykaninterkationen gleichzeitig zu analysieren. Kohlenhydratbindungen wurden dann mittels Oberflächenplasmonenresonanz (SPR) im Detail untersucht. In vitro Experimente basierend auf synthetischen Oligosacchariden klärten die biologische Funktion von Glykaninteraktionen auf. Immunisierung mit Oligosaccharidkonjugaten wurde eingesetzt, um die Funktion von Glykanen in der Immunantwort zu untersuchen, Impfstoffkandiaten zu analysieren und monoklonale Antikörper zu produzieren. Die verwendeten Methoden ermöglichten zahlreiche Forschungsaspekte zu untersuchen, darunter die Identifikation von Glykaninteraktionen, Ligandenscreening, die Bestimmung von Struktur-Aktivitätsbeziehungen und die Analyse der Immunogenität. Ein breites Spektrum an viii

Glykanen, das von den meisten eukaryotischen Glykanklassen bis zu Bakterienzellwand- Glykopolymeren reichte, wurde untersucht. Das erhaltene Wissen trägt nicht nur zum besseren Verständnis von Glykaninteraktionen- und Funktionen bei, sondern hilft auch bei der Entwicklung von Impfstoffen, Diagnostika und besseren Gerinnungshemmern. Mit Kohlenhydrat-Mikroarrays wurden die Bindungspräferenzen von menschlichen Galektinen bestimmt (Kapitel 2), die erklären, wie die Spezifität der Galektine für interagierende Glykane durch die benachbarten Zucker des allgemeinen Bindungsmotivs entsteht. Bestimmte Zucker am nicht-reduzierenden Ende des allgemeinen Bindungsmotivs bewirkten, dass einige Galektine bestimmte Glykanklassen bevorzugt binden. Glykosylierungen am allgemeinen Bindungsmotiv veränderten die Affinität von Galektinen drastisch. Über die Expression von Glykosyltransferasen können Zellen somit die Empfindlichkeit gegenüber Galektinen kontrollieren. Blutgruppenantigene wurden als hochaffine Liganden für die meisten Galektine ausgemacht und vermitteln wahrscheinlich wichtige Funktionen von Galektinen. Eine synthetische Heparinoligosaccharidbibliothek wurde in Heparin-Mikroarray-, Oberflächenplasmonenresonanz- und Aktivitätsexperimenten verwendet, um die Struktur- Aktivitätsbeziehung von Heparin und Heparansulfat mit Koagulationsproteinen oder Wachstumsfaktoren aufzuklären (Kapitel 3). Hoch sulfatierte Heparin/HS-Sequnzen stellten sich als bevorzugte Bindungsmotive heraus und vermitteln die biologische Wirkung von Heparin/HS-Interaktionen. Es wurden Modifikationen gefunden, die besondere Bedeutung für einige Proteininteraktionen haben und somit die Entwicklung spezifischer Heparin-basierter Binder, einschliesslich besserer Gerinnungshemmer, ermöglichen. Es konnte gezeigt werden, dass Annexin 1 Calcium-abhängig Heparin/HS bindet, wodurch wahrscheinlich die Annexin 1- Wirkung im Organismus moduliert wird. ix

Die Immunogenität eines Hexasaccharids, die einer Wiederholungseinheit des Glykopolymers auf vegetativen B. anthracis Zellen entspricht, wurde analysiert (Kapitel 4). Monoklonale Antikörper gegen das vegetative B. anthracis Glykopolymer wurden durch Immunisierung mit dem Hexasaccharid-Trägerproteinkonjugat hergestellt. Der Einsatz dieser Antikörper für die Detektion von B. anthracis wird zurzeit untersucht. Kohlenhydrat-Mikroarray-Experimente zeigten, dass sich Antikörper gegen das vegetative B. anthracis Glycopolymerhexasaccharid in Seren von Menschen befinden, die mit dem AVA- Impfstoff geimpft wurden. Der AVA-Impfstoff enthält Proteine, die aus Überständen von B. anthracis Kulturen gewonnen werden. Diese Erkenntnis weisst darauf hin, dass das Glykopolmer eine Bedeutung für die Immunantwort besitzt. Schliesslich wurde ein Pentasaccharid, das einer Substruktur des Plasmodium falciparum Glycosylphosphatidylinositols (GPI) entspricht, als anti-toxin-impfstoff gegen schwere Malaria untersucht (Kapitel 5). Mäuse wurden mit GPI-Pentasaccharid-KLH-Konjugat immunisiert, mit dem Maus-Malaria-Erreger Plasmodium berghei infiziert und auf das Eintreten von zerebraler Malaria überprüft. Die Resultate weisen darauf hin, dass das GPI- Pentasaccharid Mäuse im Vergleich zu scheinimmunisierten Mäusen teilweise vor zerebraler Malaria schützt. x