Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg Lehrstuhl für Allgemeine Erziehungswissenschaft II Fächerübergreifendes Projekt zum Thema Barock Zeitraum: Februar 2012 Universitäre Betreuung: Michael Stiller Idee & Durchführung: Ralf Schlichte Projektbericht
1. Projektrahmen Rahmenbedingungen: Fächerübergreifendes Projekt (Deutsch und Geschichte) zum Thema Barock 8. Klasse einer Nürnberger Realschule 26 Schüler Zeitlicher Rahmen: 1. Woche (Mo., 6.2. bis Do., 9.2.2012) Umfang: sechs Schulstunden à 45 Minuten Inhalt: Stationenlernen 2. Woche (Mo., 13.2. bis Do., 16.2.2012) Umfang: neun Schulstunden à 45 Minuten Inhalt: Erstellung eines Medienprodukts Einzelstunde (Di., 28.2.2012): Kurzpräsentation der Medienprodukte
2. Lehrplanbezug - fachspezifisch Geschichte (8. Klasse) Am Beispiel des Barock erwerben die Schüler das Gespür dafür, wie Kunst im Dienst von Kirche und Staat Verwendung findet. Barock als Ausdruck religiösen Empfindens und kirchlicher Macht Barock als Mittel fürstlicher Selbstdarstellung und Herrschaft Deutsch (7. Klasse)* Einblick in die Literaturgeschichte: Beispiele aus Mittelalter und Barock Welt- und Menschenbild in der Lyrik des Barock [* Aufgrund von Unterrichtsausfällen wurde das Thema Barock in dieser Klasse in der 7. Jahrgangsstufe nicht angesprochen. Deshalb war es möglich bzw. sinnvoll das Projekt fächerübergreifend zu konzipieren] LP-Ebene 3: Fachspezifischer Lehrplan (LP, S. 221 mit 224 und 335.)
2. Lehrplanbezug - medienspezifisch Medienerziehung [ME] [ ] erzieht die Realschule in allen Fächern und in zielgerichteten Projekten zur Medienkompetenz und damit zu einem verantwortlichen Umgang mit Medien in Schule und Freizeit. Medienkompetenz wird in Leitfächern wie Deutsch [ ] vermittelt. Die einzelnen Fächer und insbesondere der fächerübergreifende Unterricht [ ] sind Orte und Gelegenheiten Medienkompetenz zu schulen. Informationstechnische Grundbildung [IB] Die Schüler sollen lernen das das Lehr-Lern-Potenzial der neuen Medien zu nutzen Ziel ist der selbstverständliche, kompetente und verantwortliche Umgang mit den neuen Medien. [ ] LP-Ebene 2: Fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgaben (LP, S. 34f.)
3. Theoretische Grundlagen Medienkompetenz (nach Tulodziecki)
3. Theoretische Grundlagen Aufgabenbereiche für die Förderung von Medienkompetenz (nach Tulodziecki et al. 2010, S. 182ff.) 1. Auswählen und Nutzen von (vorhandenen) medialen Angeboten 2. Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge 3. Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen 4. Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen 5. Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und -verbreitung
3. Theoretische Grundlagen Leitlinien zur Gestaltung einer Lernumgebung i. S. d. Neuen Lernkultur (nach Reinmann/Mandl 2006.) 1. Situiert und anhand authentischer Probleme lernen: Leitprinzip der Problemorientierung 2. In multiplen Kontexten lernen 3. In multiplen Perspektiven lernen 4. In sozialem Kontext lernen (möglichst kooperatives Lernen) 5. Mit instruktionaler Unterstützung lernen
3. Theoretische Grundlagen Stationenlernen (nach Lange 2007 und 2008.) Kern: Stationenlernen ist ein Lernangebot zu einem übergeordneten Thema, das aus verschiedenen Stationen (= Arbeitsauftrag/Lernangebot) besteht Komponente: Die Schüler arbeiten selbstständig Die Schüler teilen innerhalb eines gewissen Zeitrahmens ihre Arbeitszeit selbst ein Die Schüler wählen die Reihenfolge der Bearbeitung selbst Die Schüler haben die Möglichkeit, ihre Arbeitsergebnisse selbst zu kontrollieren. Komponenten, die ich bewusst nicht berücksichtigt habe: Die Schüler wählen ihre Sozialform selbst Die Schüler müssen nicht alle Stationen bearbeiten (Wahl- und Pflichtstationen)
4. Umsetzung Stationenlernen Vorbereitung Sichten der Lehrplaninhalte Aufteilung des Stoffes auf verschiedene Stationen und Formulierung entsprechender Lernziele Konzeption der Stationen Erstellen der Arbeitsblättern und Lernmaterialien Organisation geeigneter Medien (Problemfelder: Laptops & Wlan sowie Film & Videowagen)
4. Umsetzung Stationenlernen Station 0 : Einführung in Thema und Methode Unterrichtsgespräch: Kurzüberblick zum Barock. Einführung in das Unterrichtsarrangement Stationenlernen. Sicherung beider Punkte mithilfe des Laufzettels.
4. Umsetzung Stationenlernen Station 1: Leben und Leiden im Dreißigjährigen Krieg Die Schüler lernen den von Krieg, Hunger & Krankheit geprägten Alltag der Menschen des 17. Jh. kennen Produktionsorientierung: Die Schüler verfassen einen Tagebucheintrag aus Sicht eines barocken Menschen. Mediale Unterstützung: Sehr anschauliches Bild des niederländischen Malers Sebastian Vrancx.
4. Umsetzung Stationenlernen Station 2: Gartenanlagen im Barock Die Schüler lernen barocke Gartenanlagen als Ausdrucksformen fürstlicher Selbstdarstellung und Herrschaft kennen. Produktionsorientierung: Schüler skizzieren einen eigenen Barockgarten. Mediale Unterstützung: Verschiedene Farbfotos von Barockgärten (mit regionalem Bezug).
4. Umsetzung Stationenlernen Station 3: Frömmigkeit der Menschen im Barock Die Schüler lernen für den Barock typische Ausdrucksformen von Gottesverehrung kennen. Medienerzieherische Komponente:. Internet als Lernmedium Auswählen & Nutzen medialer Angebote Kritischer Umgang mit Wikipedia Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und -verbreitung
4. Umsetzung Stationenlernen Station 4: Kirchen im Barock Die Schüler lernen barocke Sakralbauten als Demonstration kirchlicher Macht / als Kunst im Dienste der Kirche kennen Mediale Unterstützung und Teil der Aufgabenstellung: Farbfotos von Kirchen
4. Umsetzung Stationenlernen Station 5: Sprachwandel Die Schüler erkennen, dass sich die deutsche Sprache (auch) hinsichtlich der Semantik gängiger Wörter im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat. Medienerzieherische Komponente:. Wahlmöglichkeit zwischen medialen Darreichungsformen (Buch / Software) Lexikonanbietern Auswählen & Nutzen medialer Angebote
4. Umsetzung Stationenlernen Station 6: Emblem Die Schüler lernen Embleme als (medial) besondere Kunstform des Barock kennen und deuten. Mediale Unterstützung und Teil der Aufgabenstellung: Eine Reihe von Beispielemblemen
4. Umsetzung Stationenlernen Station 7: Andreas Gryphius Die Schüler lernen mit Andreas Gryphius einen der wichtigsten Dichter des Barock kennen und entdecken, dass auch er von den Lebensumständen der Zeit geprägt wurde. Medienerzieherische Komponente Ausgangstext liegt nicht gedruckt, sondern in Form einer (selbsterstellten) CD vor Schüler erleben ein auditives Medium als Lernmittel Auswählen & Nutzen medialer Angebote
4. Umsetzung Stationenlernen Station 8: Das Sonett Die Schüler lernen die Gedichtform des Sonett und deren Eigenschaften kennen und von anderen lyrischen Formen unterscheiden. Mediale Unterstützung: Reine Textstation
4. Umsetzung Stationenlernen Station 9: Memento mori! Die Schüler lernen das für die Barocklyrik typische Motiv Memento mori! kennen. Produktionsorientierung: Die Schüler sollen sich auf das hierbei ausgedrückte Lebensgefühl einlassen und auf sich beziehen: Wie würdest Du handeln?! Mediale Unterstützung und Teil der Aufgabenstellung: Gemälde von J. M. Eder
4. Umsetzung Stationenlernen Station 10: Der Krieg am Beispiel von Rothenburg ob der Tauber Kein Videofilm ohne Videogerät
4. Umsetzung Stationenlernen Abschluss des Stationenlernens Unterrichtsgespräch: Erstellung einer abschließenden Übersicht. Absicht: Großes Ganzes / Zusammenhang visualisieren Wissenslücken ausgleichen Kleinere Details ergänzen
5. Medienproduktion Vorbereitung Organisation: Einschränkung der Wahlmöglichkeit auf die drei Produkte: Internetseite, Fotogeschichte und Textproduktion. Erstellen der Arbeitsaufträge: Strikte Anweisungen Organisation von Material (Bastelkoffer, Playmobil, Digitalkamera) Vertrautmachen mit dem Programm Comic life und dem Anbieter jimdo.com Organisation von Raum und Zeitstunden Problem: Kooperationsbereitschaft des Stundenplanteams Raum- und Stundenzuteilung klappte zunächst gar nicht Intervention des Direktors sorgt für positiven Ausgang
5. Medienproduktion Einführung Klare Anweisungen hinsichtlich Raumeinteilung Arbeitsaufträgen und Zeitrahmen Speichern der Zwischenergebnisse (= Aufgabe des Teamkapitäns) Umgang mit Rechnern
5. Medienproduktion Textproduktion: Erstellung eines Plakats mit selbsterdachtem Sonett & Emblem Deutschdidaktischer Hintergrund: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht (nach Haas/Menzel/Spitzer 1994. S. 17ff.) nach dem Muster eines Textes selbst einen Text schreiben Medienerziehung: (Ästhetische) Annäherung an Gedicht und Emblem Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen Nutzung von Word und Internet (Reimlexika) Auswählen und Nutzen von Medienangeboten Gestalten und Präsentieren der Wandplakate Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge
5. Medienproduktion Textproduktion: Ausgewählte Ergebnisse
5. Medienproduktion Fotogeschichte: Umsetzung eines Barockgedichts als Fotogeschichte Deutschdidaktischer Hintergrund: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht (nach Haas/Menzel/Spitzer 1994. S. 17ff.) Überführung literarischer Werke in musikalische, visuelle [sowie] körperliche Ausdrucksformen. Medienerziehung: (Ästhetische) Annäherung an das Ausgangsgedicht Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen Nutzung von Kamera, Internet und Comiclife Auswählen und Nutzen von Medienangeboten Erstellen und Präsentieren der Fotogeschichte Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge
5. Medienproduktion Fotogeschichte: Beispielseiten
5. Medienproduktion Internetseite: Erstellung einer Internetseite zu den besprochenen Barockthemen Wahrhaft fächerübergreifender Charakter: Umsetzung des Gelernten in eine Homepage Eine Gruppe bespricht nicht nur die Literatur und die Geschichte, sondern auch Mode, Musik etc. der Zeit. Medienerziehung: Annäherung an Lyrik, Gemälde, Musik des Barock Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen Nutzung des Internets und des jimdo-baukastens Auswählen und Nutzen von Medienangeboten Erstellen und Präsentieren der Seite Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge Zusatzaufgabe: Informieren über rechtliche Aspekte der Verwendung fremder Grafiken für eigene HP. Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung
5. Medienproduktion Internetseite: Screenshots http://klasse8k.jimdo.com http://8k-barock.jimdo.com
6. Fazit Positives Die Schüler eigneten sich facettenreiches Wissen über den Barock an. Die Schüler bauten ihre Medienkompetenz aus. Die Schüler gingen zumeist motiviert zu werke. Einige Medienprodukte waren von außerordentlicher Qualität; keine Gruppe enttäuschte völlig. Negatives Hoher Aufwand für Lehrkraft Mäßige Ausstattung der Schule und mangelnde Kooperationsbereitschaft eines Teil des Stundenplanteams verstärken das Problem. Selbsterstellte Arbeitsblätter sind z. T. urheberrechtlich wohl problematisch. Meine Organisation war verbesserungswürdig. Offene Unterrichtsformen erfordern schülerseits hohe Eigenverantwortung (nicht bei allen vorhanden).
7. Erwähnte Literatur Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hg.): Lehrplan für die sechsstufige Realschule. 2. Auflage (= Fassung vom 01. August 2008). München 2008. Haas, Gerhard, Menzel, Wolfgang und Spinner, Kasper: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht. In: Praxis Deutsch. 21. Jahrgang. Heft 123 (Januar 1994). S. 17 25. Lange, Dirk: Lernen an Stationen. In: Praxis Geschichte. Ausgabe 4/2007. S. 33 36. Lange, Dirk: Lernen an Stationen. In: Kaiser, Astrid (Hg.): Unterrichtsplanung und Methoden. Baltmannsweiler 2008. S. 172 176. Reinmann, Gabi und Mandl, Heinz: Unterrichten und Lernumgebung gestalten. In: Krapp, Andreas und Weidenmann, Bernd (Hgg.)Pädagogische Psychologie. 5. Auflage. Weinheim 2006. S. 613 658. Tuldoziecki, Gerhard et al.: Medienbildung in Schule und Unterricht. Bad Heilbrunn 2010.