Kreisprozesse und Wärmekraftmaschinen: Wie ein Gas Arbeit verrichtet Unterrichtsmaterial - schriftliche Informationen zu Gasen für Studierende - Folien Fach Schultyp: Vorkenntnisse: Bearbeitungsdauer Thermodynamik Fachhochschule Grundlagen der Thermodynamik, Zustandsgleichung des idealen Gases, Reversible Kreisprozesse (Grundlagen) offen Autor Erhard Jürg Gass, Institut für Energietechnik, ETH Zürich Publiziert auf EducETH August 2010
Vorspann: Arbeitsfluids Thermodynamische Arbeitsprozesse (Umwandlung von Wärme in Arbeit) sind an die Existenz eines sogenannten Arbeitsfluids gebunden. Gemäss unserer persönlichen Erfahrung erscheint uns ein Fluid (Gas oder Flüssigkeit) als etwas absolut Homogenes. In der Realität besteht aber alle Materie aus kleinsten Teilchen, d.h. Atomen oder Molekülen, die nicht mehr weiter unterteilt werden können. Nehmen wir als Beispiel Wasser, welches aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom besteht (siehe Fig. 1). Fig. 1: Stark vergrösserte Darstellung von Wasser Der Wärmeinhalt oder die innere Energie eines Stoffes wird durch den Energiezustand der Moleküle bestimmt, welcher aus den folgenden Komponenten besteht: - kinetische Bewegungsenergie der Moleküle (Translationsenergie) - potentielle Energie bedingt durch die gegenseitigen Anziehungs- resp. Abstossungskräfte - innere Energie der Moleküle wie Rotation um die eigene Achse oder Schwingungszustände der Moleküle selbst. Aus quantenmechanischen Gründen hängt die Anregung der Rotations- und Vibrationszustände von der Temperatur ab. Ist die kinetische Bewegungsenergie kleiner als die potentielle Energie der Anziehungskräfte, befinden sich alle Moleküle nahe beieinander und das Wasser liegt in kondensierter d.h. flüssiger Form vor wie in Fig. 1 dargestellt. Versucht man die Flüssigkeit weiter zusammen zu pressen, beginnen gegenseitige Abstossungskräfte zu wirken. Wird die Temperatur und damit auch die kinetische Bewegungsenergie verringert, beginnen die Moleküle aneinander zu haften, wobei sie gegenseitig eine vorgegebene Position einnehmen. Der Stoff kristallisiert, d.h. das Wasser wird zu Eis. Das Wasser hat die spezielle Eigenschaft, dass das Volumen beim Gefrieren zunimmt. (siehe Fig. 2)
Fig. 2: Wassermoleküle in gefrorener Form Bei höherer Temperatur steigt die kinetische Energie und überwiegt die potentielle Energie der Anziehung. Die Moleküle können sich aus dem Verbund der Flüssigkeit lösen, das Wasser verdampft. Dabei werden die Molekülabstände sehr viel grösser (siehe Fig. 3) und die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Molekülen nimmt ab. 1Å = 10-8 cm Fig. 3: Wasser dampfförmig Ein Gas übt in einem Behälter einen Druck auf die Wände aus. Mit dem hier vorgestellten Molekül-Modell der Gase können wir nun den Druck als die Summe aller Stösse, die zwischen den einzelnen Molekülen und der Gefässwand stattfinden, definieren. Wenn mehr Moleküle im Gefäss sind, werden die Stösse häufiger, der Druck nimmt zu. Haben die Moleküle eine grössere kinetische Energie (höhere Temperatur) werden die Stösse heftiger und der Druck nimmt ebenfalls zu. (siehe Fig. 4). Bewegt sich der Kolbenboden gegen das Gas (Kompression), ist die kinetische Energie nach dem Stoss grösser als vorher, d.h. ein Gas wird bei Kompression erwärmt. Bewegt sich der Kolben nach aussen (Druckverminderung) kühlt sich das Gas entsprechend ab. Der sich nach aussen bewegende Kolben gibt dabei Arbeit ab, auf dieser Modellvorstellung beruht die Umwandlung von Wärme in Arbeit.
Fig. 4: Entstehung des Druckes durch Stösse Das Modell des idealen Gases Ist der gegenseitige Abstand der Moleküle gross genug, ist die potentielle Energie der Anziehungskräfte vernachlässigbar. Das Modell des idealen Gases beschreibt also ein Gas, bei dem es keine Wechselwirkung (ausser Abstossung bei direkten Zusammenstössen) zwischen den Molekülen gibt. Da der Druck einerseits direkt proportional zur kinetischen Translationsenergie der Moleküle und damit proportional zur Temperatur des Gases ist und andererseits auch proportional zur Teilchendichte lässt sich die Zustandgleichung für 1 Mol ideale Gase schreiben als p T v p v = R T mit der universellen Gaskonstante R als Proportionalitätskonstante (R = 8.314 J/mol.K), welche experimentell bestimmt werden muss und natürlich durch die Wahl der Temperaturskala beeinflusst wird. Für eine beliebige Gasmenge von n Molen lautet die Zustandsgleichung Das ideale Verhalten von Gasen (keine zwischenmolekularen Kräfte) bringt auch Vereinfachungen für die innere Energie und die Enthalpie. Wie später hergeleitet wird, hängen beide nur noch von der Temperatur ab. (der Term p.v in der Enthalpie kann durch R.T ersetzt werden). Das ideale Gasmodell kann deshalb wie folgt zusammengefasst werden:
Wir können nun die Zusammenhänge zwischen innerer Energie, Enthalpie und den spezifischen Wärmen im Falle des idealen Gases näher spezifizieren. Da die innere Energie nur von T abhängt, ist deren Ableitung nach der Temperatur ein totales Differential und damit ist (analog zu der Betrachtung der inkompressiblen Fluids) auch c v nur eine Funktion der Temperatur: Die Integration der obigen Gleichung (durch Separation der Variablen) ergibt: Analoges gilt für die Enthalpie, welche ebenfalls nur eine Funktion der Temperatur ist: Nun gilt aber wegen dem idealen Gasgesetz: In Bezug auf die spezifischen Wärmekapazitäten haben wir also die folgende Beziehung gefunden (pro Gewichtseinheit resp. pro Mol): Wir können nun darauf basierend einige nützliche Beziehungen zum Verhältnis der spezifischen Wärmen herleiten: d.h. Diese Gleichungen können nun nach c v resp. c p aufgelöst werden: Wärmekapazitäten sind stoffabhängige Grössen und müssen experimentell bestimmt werden. Sie sind erhältlich in Form von Tabellen, Gleichungen (Polynomen) oder Diagrammen (siehe Fig. 5).
Die spezifischen Wärmen hängen ab von der Anzahl Freiheitsgrade f, die zur Gesamtenergie eines Moleküls beitragen. Die statistische Mechanik liefert uns: Edelgase wie Ar, Ne oder He sind einatomig, sie verhalten sich annähernd wie ideale Massenpunkte. Diese kennen nur die drei Freiheitsgrade der Translationsenergie in den drei Dimensionen. Die spezifische Wärme ist unabhängig von der Temperatur. Wir nennen dies ein perfektes Gas. Fig. 5: Spezifische Wärmen für verschiedene Gase in Funktion der Temperatur
Zweiatomige Gase (wie z.b. N 2 oder O 2 der Luft) können zusätzlich um zwei Achsen rotieren. (Rotation um die Längsachse ist aus quantenmechanischen Gründen nie angeregt). Diese zwei Freiheitsgrade sind üblicherweise bei Umgebungstemperatur angeregt. Wir finden also c p = 7/2 = 3,5. Bei höheren Temperaturen wird dann zusätzlich eine Schwingung des Moleküls angeregt (vibratorischer Freiheitsgrad). Für drei- und mehratomige Moleküle sind die möglichen Schwingungszustände vielfältig und die c p -Werte entsprechend höher. Da sich die c p -Werte mit der Temperatur nur langsam ändern, können 2-atomige Gase in einem eingeschränkten Temperaturbereich angenähert mit einem konstanten c p entsprechend 5 Freiheitsgraden beschrieben werden, also c v = 5/2.R und c p = 7/2.R. In Bezug auf diesen eingeschränkten Temperaturbereich kann man als Näherung von einem 2-atomigen perfekten Gas sprechen. Sobald die gegenseitigen Anziehungskräfte nicht mehr vernachlässigbar sind, ist das Modell idealer Gase nicht mehr anwendbar. Dies betrifft alle Fluids, die in Prozessen mit Phasenübergängen (Verdampfung, Kondensation) eingesetzt werden. Das Wasser ist von besonderer technischer Bedeutung, denn das Wassermolekül besitzt starke elektrische Dipolmomente und befindet sich bei Umgebungsbedingungen im Zweiphasengebiet (Gleichgewicht zwischen flüssigen und dampfförmigen Anteilen). Ebenfalls zu erwähnen sind alle in Kältemaschinen eingesetzten Fluids. Für reale Gase kann eine Zustandsgleichung auf der Basis der idealen Gase aufgebaut werden. Der Realgasfaktor Z beschreibt die Abweichungen vom idealen Gas und ist eine Funktion von Druck und Temperatur. In der Nähe des kritischen Punktes, wo Kondensation einsetzt, ist er wesentlich kleiner als 1, für sehr hohe Dichten, wo die gegenseitige Abstossung der Moleküle wirksam ist, ist er grösser als 1. Fig. 6 zeigt den Realgasfaktor für eine Anzahl von Stoffen, wobei für die Darstellung die kritische Temperatur und der kritische Druck auf 1 normiert wurden. Die spezifischen Wärmen c v und c p sind Funktionen von Druck und Temperatur. Zahlenwerte für die Zustandsfunktionen U, H und S müssen entsprechenden Tabellen entnommen werden. Man kann diese nicht über ein Modell berechnen. Es gibt auch viele andere Formen von Zustandsgleichungen für reale Gase wie z.b. die Van der Waals Gleichung.
Fig. 6: Realgasfaktor für verschiedene Substanzen
Kreisprozesse und 1. Hauptsatz Für ein geschlossenes System, (wo keine Massenflüsse über die Systemgrenzen stattfinden) lautet der 1. Hauptsatz der Thermodynamik vereinfacht: Wobei die zugeführte Wärme Q und die Abgeführte Arbeit A positiv gerechnet werden. Zur Vereinfachung werden sowohl die potentielle Energie im Gravitationsfeld als auch die kinetische Energie der Strömung vernachlässigt (letzteres z.b. bei Strahltriebwerken nicht gültig). In Worten ausgedrückt besagt der 1. Hauptsatz, dass die innere Energie eines Systems sowohl durch den Austausch von Wärme als auch Arbeit verändert werden kann. Betrachten wir nun einen Kreisprozess von einem Zustand 1 über einen Weg a zu einem Zustand 2 und wieder zurück zum Zustand 1 über einen Weg b (siehe Fig. 7). 1 2 Fig. 7: Grundprinzip eines Kreisprozesses Die innere Energie ist eine Zustandsfunktion, d.h. wenn z.b. p und T im Zustand 1 bestimmt sind, gilt dies auch für U, deshalb gilt: Für die beiden Teilprozesse schreibt sich der 1. Hauptsatz wie folgt: Damit erhalten wir für den Kreisprozess: Da Wärme Q und Arbeit A keine Zustandsfunktionen sind, sondern Grössen die vom Weg abhängen, sind die beiden Seiten der obigen Gleichung nicht 0 und somit kann Wärme in Arbeit umgewandelt werden (oder umgekehrt).