Klein gerechnet Wie der Ausbildungspakt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt schönt



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Transkript:

Deutscher Gewerk rkschaftsbund Ingrid Sehrbrock Stellvertretende Vorsitzende Vorstandsbereich 02 07.02.2013 Klein gerechnet Wie der Ausbildungspakt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt schönt DGB-Analyse zur Aussagekraft der offiziellen Ausbildungsstatistik anhand der Pakt-Bilanz 2012 Herausgeber: DGB-Bundesvorstand Vorstandsbereich 02 Verantwortlich: Ingrid Sehrbrock Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin Postanschrift: Postfach 11 03 72 10833 Berlin Telefon 030/24060-249 Telefax 030/24060-794 E-Mail: Ingrid.Sehrbrock@dgb.de

Klein gerechnet Wie der Ausbildungspakt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt schönt DGB-Analyse zur Aussagekraft der Ausbildungsstatistik anhand der Pakt-Bilanz 2012 1. Einleitung Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt erscheint paradox: Die Partner des Ausbildungspaktes die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Kultusministerkonferenz, die Bundesagentur für Arbeit und die Bundesregierung sprechen in ihrer Bilanz des Ausbildungsjahres 2012 von einer insgesamt guten Situation für die Jugendlichen, die es dank einer stabilen konjunkturellen Lage gebe. Es gebe auch in diesem Jahr mehr unbesetzte Stellen als unvermittelte Bewerber 1. Trotz des vermeintlich entspannten Ausbildungsmarkts liegt der Anteil der Menschen ohne Berufsabschluss weiterhin konstant hoch. Allein das Statistische Bundesamt zählt 1,56 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne Berufsabschluss 2. Damit liegt der Anteil der ausbildungslosen Jugendlichen nach Auswertungen des Mikrozensus bereits seit mehr als zehn Jahren bei rund 15 Prozent und damit auf hohem Niveau 3. Die hohe Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss passt nicht zu den Erfolgsmeldungen des Ausbildungspaktes. Wenn es tatsächlich einen Bewerbermangel in der Berufsbildung gebe, müsste, auch die Zahl der Ausbildungslosen sinken. Mehr noch: Ein tieferer Blick in die aktuelle, offizielle Ausbildungsstatistik zeigt höchst problematische Entwicklungen. Im Jahr 2012 wurden lediglich 551.271 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Dieses bedeutet ein Minus von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen ähnlich niedrigen Wert gab es seit der Wiedervereinigung nur im Jahr 2005. Am Ende standen nach den Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) rein rechnerisch 100 Bewerberinnen und Bewerbern nur 89 betriebliche Ausbildungsplätze offen 4. Die Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung und des Statistischen Bundesamtes deuten darauf hin, dass es in der Bilanz der Partner des Ausbildungspaktes methodische Mängel gibt. Solche Mängel sind besonders gravierend, da die Ausbildungsmarktstatistik darauf abzielen muss, die Lage auf dem Ausbildungsmarkt und die Situation junger Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz realistisch und ungeschönt darzustellen. Sie muss den politisch Verantwortlichen klar aufzeigen, an welchen Stellen nachgesteuert werden muss. Wie es zu diesem Auseinanderklaffen zwischen amtlichen Statistiken und den Presseerklärungen des Paktes kommt, will diese Kurzexpertise auf Grundlage der Zahlen des Ausbildungsmarktes 2012 untersuchen. 1 Vgl. Partner des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftesicherung: Insgesamt gute Situation auf dem Ausbildungsmarkt, Pressemitteilung vom 5. November 2012, Berlin 2 Vgl. Klemm, Klaus: Bildungsgipfel-Bilanz 2012. Die Umsetzung der Ziele des Dresdner Bildungsgipfels vom 22. Oktober 2008. Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Berlin, Dezember 2012, S. 12 3 Vgl. Braun, Schandock: Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss, BIBB-Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012, Bonn, 2012 4 Vgl. Ulrich, Krekel, Flemming, Granath: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012, BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn 2012 2

Hierzu werden folgende Fragen näher beleuchtet: Welche Jugendlichen werden als Bewerber gezählt? Welche Jugendlichen gelten als versorgt bzw. als unversorgt? Wie unterscheidet sich die Gruppe der unversorgten Jugendlichen? Anhand dieser Zahlen sollen Vorschläge für eine bessere, reformierte Ausbildungsbilanz erarbeitet werden. Eine solche Reform soll die tatsächliche Situation auf dem Ausbildungsmarkt besser abbilden und den Entscheidungsträgern eine gute Grundlage für Entscheidungen bieten. 2. Die traditionelle Bilanz des Ausbildungspaktes: Welche Jugendliche sind Bewerber? Wer bleibt unversorgt? (traditionelle Angebots-Nachfrage-Relation) Der Ausbildungspakt zieht eine einfache Bilanz: Zum 30. September 2012 sind erneut mehr unbesetzte Ausbildungsplätze (33.300) als unversorgte Bewerber vorhanden (15.700). Dabei fällt sowohl die Zahl der unversorgten Bewerber als auch die Zahl der unbesetzten Stellen höher aus als im Vorjahr. Der Überhang an Stellen (17.600) hat sich gegenüber dem Vorjahr etwas verringert (Stellenüberhang 2011: 18.400) 5. Diese Bilanz suggeriert: Der Ausbildungsmarkt hat sich gedreht. Erneut gibt es mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber. Abbildung 1: Unbesetzte Ausbildungsplätze und unversorgte Bewerber im Jahr 2012 nach der Bilanz des Ausbildungspaktes 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 33.275 15.650 Offene Ausbildungsplätze Unversorgte Bewerber/-innen Hierzu muss aber beachtet werden, wie sich die Zahl der Bewerber errechnet und wie die Zahl der unversorgten Bewerber ausgewiesen wird. Nicht jeder junge Mensch, der sich bei der Bundesagentur für Arbeit meldet und einen Ausbildungsplatz sucht, wird in der offiziellen Statistik als Bewerber geführt. Die Jugendlichen durchlaufen zunächst ein Profiling bei der Bundesagentur für Arbeit. Erst danach wird entschieden, ob Jugendliche als ausbildungsreif oder nicht-ausbildungsreif eingestuft werden 6. Jugendliche, die nicht als ausbildungsreif deklariert werden, werden von der offiziellen Statistik gar nicht erst als Bewerber erfasst. Damit entsteht eine 5 Vgl. Partner des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftesicherung: Insgesamt gute Situation auf dem Ausbildungsmarkt, Pressemitteilung vom 5. November 2012, Berlin 6 Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Ausbildungsreife auch wissenschaftlich äußerst umstritten ist. 3

Grauzone unversorgter Jugendlicher, die aus jeder Ausbildungsmarktbilanz herausfallen. Gleichzeitig reduziert sich rein statistisch die Zahl der unversorgten Bewerber, die Ausbildungsbilanz fällt freundlicher aus. Es lohnt sich zudem ein Blick auf die Frage, welche Jugendlichen nach dieser Statistik als versorgt oder unversorgt gezählt werden. In der Tat gelten 15.650 Jugendliche als unversorgt, die den Bewerberstatus bekommen haben, aber noch komplett ohne Angebot sind. Dies ist unstrittig. Zusätzlich gelten aber allein im Jahr 2012 exakt 273.355 junge Menschen als versorgt, die von der BA als ausbildungsreif eingestuft wurden, aber nicht in Ausbildung vermittelt wurden. Von dieser Gruppe wurden 167.772 junge Menschen in Alternativen geparkt wie zum Beispiel einem Praktikum, einer Einstiegsqualifizierung oder einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Von 89.933 jungen Menschen weiß die Bundesagentur für Arbeit nicht, wo sie verblieben sind 7, sie hat diese Menschen aber nicht in Ausbildung vermittelt. Abbildung 2: Unbesetzte Ausbildungsplätze und Bewerber in Warteschleifen im Jahr 2012 nach Bundesagentur für Arbeit 200.000 150.000 100.000 50.000 Offiziell unversorgte Bewerber "Ausbildungsreife" ohne Ausbildungsplatz in Maßnahmen Unbekannt verblieben 0 15.650 167.772 89.933 Von Seiten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wurden deshalb bereits Mängel in der Ausbildungsbilanzierung kritisiert. Vor allem wird bemängelt, dass die Bilanz Jahr für Jahr zum 30. September gezogen wird: Bis dahin sind aber bereits viele erfolglose Ausbildungsstellenbewerber in teilqualifizierende Bildungsgänge des Übergangssystems eingemündet. Diese Jugendlichen zählen zum Bilanzierungsstichtag zu den versorgten Ausbildungsstellenbewerbern, auch dann, wenn sie noch auf Ausbildungsplatzsuche sind. Da sie nicht zu den erfolglosen Ausbildungsplatznachfragern gerechnet werden, erschienen die Bilanzen selbst in den Jahren des größten Ausbildungsplatzmangels weitgehend ausgeglichen 8. Der Nationale Bildungsbericht, der vom Bundesbildungsministerium und der Kultusministerkonferenz herausgegeben wird, und auch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) berechnet mittlerweile die Ausbildungsbilanz anders. 7 Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Ausbildungsstellenmarkt Bewerber und Berufsausbildungsstellen Deutschland September 2012, Nürnberg, Oktober 2012 8 Vgl. Krekel, Ulrich: Jugendliche ohne Berufsabschluss Handlungsempfehlungen für die berufliche Bildung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2009, S. 7 4

3. Die erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation: Wer bleibt versorgt, wer ist unversorgt? Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat deshalb die so genannte erweiterte Angebots- Nachfrage-Relation entwickelt 9. Die Autoren des Nationalen Bildungsberichts 2012 kommen zu dem Ergebnis, dass so die Lage auf dem Ausbildungsmarkt realistischer erfasst wird 10. Hierbei betrachtet das BIBB die 167.772 als ausbildungsreif eingestuften Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, sondern in einer Ersatzmaßnahme untergebracht wurden. Von dieser Gruppe haben 60.379 junge Menschen 11 aktiv gegenüber der BA angezeigt, dass sie für das laufende Jahr weiterhin einen Ausbildungsplatz suchen. Auch diese Gruppe ist nach Auffassung des BIBB und der Autoren des Nationalen Bildungsberichts den unversorgten Jugendlichen zuzurechnen. Addiert man die laut Ausbildungspakt offiziell 15.650 Unversorgten hinzu, sind im Ausbildungsjahr 2012 insgesamt 76.029 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz geblieben. Abbildung 3: Unbesetzte Ausbildungsplätze und unversorgte Bewerber im Jahr 2012 nach der erweiterten Definition des BIBB und des Nationalen Bildungsberichts 80.000 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 33.275 76.029 Offene Ausbildungsplätze Unversorgte Bewerber/- innen Schon diese Bilanz zeigt, dass die These, es gebe mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, nicht haltbar ist. In der Tat übersteigt die Zahl der unversorgten Jugendlichen die der unbesetzten Plätze um mehr als das Doppelte. Die Zahl der unversorgten Bewerber stieg 2012 um 3.900 bzw. 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 12. Auch der Nationale Bildungsbericht 2012 hält fest, dass der Ausbildungsplatzmangel noch nicht behoben 13 ist. 9 Vgl. Ulrich, Krekel, Flemming, Granath: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012, BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn 2012, Seite 1 10 Vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland 2012, KMK und BMBF, Frankfurt am Main/Berlin, Mai 2012 (S. 107) 11 In der BA-Statistik werden diese Jugendlichen als Bewerber mit Alternative zum 30. September geführt.. 12 Vgl. Ulrich, Krekel, Flemming, Granath: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012, BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn 2012, Seite 3 13 Vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland 2012, KMK und BMBF, Frankfurt am Main/Berlin, Mai 2012, Seite 121 5

Es lohnt zudem ein Blick auf die 107.393 erfolglosen Bewerber, die zwar in einer Alternative geparkt wurden, ihren Ausbildungswunsch für dieses Jahr der BA gegenüber nicht mehr explizit aufrecht erhalten. Bei dieser Gruppe fällt auf, dass der Anteil der 24-Jährigen (47 Prozent) und über 24-Jährigen (58 Prozent) sowie der ausländischen Bewerber (45 Prozent) besonders hoch ist. Diese Beispiele deuten laut Bundesinstitut für Berufsbildung darauf hin, dass hier der Verzicht auf weitere Vermittlungsunterstützungen durch die Arbeitsverwaltung nur zum Teil freiwillig erfolgte 14. 4. Die ausbildungsinteressierten Jugendlichen zwei Drittel schaffen es in Ausbildung Ein realistischer Blick auf die tatsächliche Lage auf dem Ausbildungsmarkt lässt sich deshalb mit der Kategorie der ausbildungsinteressierten Jugendlichen erfassen, die ebenfalls vom Bundesinstitut für Berufsbildung entwickelt wurde. Sie setzt sich zusammen aus der Zahl der neuen Ausbildungsverträge sowie der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die zwar den Bewerberstatus erhalten haben, aber keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Abbildung 4: Zusammensetzung der ausbildungsinteressierten Jugendlichen im Jahr 2012 nach der Definition des BIBB Junge Menschen mit Ausbildungsvertrag 551.271 Bewerber in Warteschleifen mit 60.379 Vermittlungsauftrag Bewerber in Warteschleifen ohne 107.393 Vermittlungsauftrag Bewerber, deren Verbleib nicht bekannt ist 89.933 Offiziell unversorgte Bewerber 15.650 INSGESAMT 824.626 AUSBILUNGSINTERESSIERTE Diese Statistik zeigt, dass von den 824.626 jungen Menschen, die im Laufe des Berichtsjahrs 2012 ein ernsthaftes Interesse an einer Ausbildung haben und als ausbildungsreif deklariert wurden lediglich 551.271 einen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Damit haben nur 66,9 Prozent dieser jungen Menschen einen Ausbildungsplatz gefunden. Nimmt man den Bundesländervergleich zeigt sich deutlich, dass es die niedrigste Einmündungsquoten in Berlin (59,1 %) in Niedersachsen (60,9 %) sowie in Nordrhein- Westfalen (62,0%) gibt. Im Vergleich gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben die jungen Menschen in Bayern (76,3%), Hamburg (75,4%) und im Saarland (71,4%). 14 Vgl. Ulrich, Krekel, Flemming, Granath: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012, BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn 2012, Seite 17 6

Abbildung 5: Ausbildungsinteressierte Jugendliche und Einmündungsquote (Angaben in %) nach Bundesländern Bundesland Ausbildungsinteressierte Einmündungsquote in Berufsausbildung Baden-Württemberg 107.439 71,0 Bayern 124.842 76,3 Berlin 30.393 59,1 Brandenburg 18.282 62,2 Bremen 8.811 69,7 Hamburg 18.774 75,4 Hessen 63.744 63,1 Mecklenburg- 11.913 69,9 Vorpommern Niedersachsen 95.637 60,9 Nordrhein-Westfalen 200.331 62,0 Rheinland-Pfalz 42.444 66,9 Saarland 11.727 71,4 Sachsen 27.594 66,3 Sachsen-Anhalt 17.157 68,9 Schleswig-Holstein 29.838 70,9 Thüringen 15.582 71,3 Ost 120.921 65,3 West 703.587 67,1 Deutschland 824.626 66,9 Quelle: Ulrich, Joachim Gerd; Krekel, Elisabeth M.; Flemming, Simone, Granath, Ralf-Olaf: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012: Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt gerät ins Stocken BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn, 2012 / Kleine Abweichungen in Summen West und Ost können sich durch regional nicht zuordenbare Daten ergeben. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat zudem die Einmündungsquote für junge Menschen differenziert nach Staatsangehörigkeit berechnet. Hier zeigen sich bemerkenswerte Unterschiede. So fällt die Einmündungsquote der Ausbildungsinteressierten deutscher Staatsangehörigkeit um rund 30 Prozentpunkte höher aus als die der Ausbildungsinteressierten mit türkischer Staatsangehörigkeit 15. Abbildung 6: Schätzung der Einmündungsquote in duale Berufsausbildung 2012 nach Staatsangehörigkeit (Angaben in %) Staatsangehörigkeit Einmündungsquote deutsche Staatsangehörigkeit 69,0 ausländische Staatsangehörigkeit 44,9 (insgesamt) italienische Staatsangehörigkeit 53,1 türkische Staatsangehörigkeit 40,2 Quelle: Ulrich, Joachim Gerd; Krekel, Elisabeth M.; Flemming, Simone, Granath, Ralf-Olaf: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012: Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt gerät ins Stocken BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn, 2012, S. 21 15 Ulrich, Krekel, Flemming, Granath: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012: Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt gerät ins Stocken BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn, 2012, S. 21/22 7

5. Fazit Junge Bewerber: Nicht alle Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, werden als Bewerber in der offiziellen Statistik gezählt. Jugendliche, die nach dem Profiling der Bundesagentur für Arbeit (BA) nicht als ausbildungsreif deklariert werden, erhalten keinen Bewerberstatus und fallen aus der offiziellen Ausbildungsbilanz somit gänzlich heraus. Auf diese Weise wird die Ausbildungsbilanz freundlicher gestaltet. Offiziell unversorgte Bewerber: Auch im Jahr 2012 gab es 15.650 junge Bewerber, die weder einen Ausbildungsplatz noch eine Ersatzmaßnahme bekommen haben. Es ist unstrittig, dass diese Jugendlichen als unversorgt gezählt werden müssen. Bewerber in Warteschleifen mit Vermittlungsauftrag (alternativer Verbleib): Der Ausbildungspakt rechnet aber auch Jugendliche als versorgt, die von der BA als ausbildungsreif eingestuft wurden und trotzdem in Ersatzmaßnahmen (Praktika, Einstiegsqualifizierungen berufsvorbereitende Maßnahmen etc.) geparkt wurden. Von diesen Jugendlichen haben aber allein 2012 60.379 junge Menschen der BA angezeigt, dass sie aktuell noch einen Ausbildungsplatz suchen. Um ein realistischeres Bild der Lage auf dem Ausbildungsmarkt zu bekommen, müssten nach Auffassung der Autoren des Nationalen Bildungsberichts zumindest diese Jugendlichen als unversorgt eingestuft werden. Damit sind allein 2012 insgesamt 76.029 Bewerber ohne Ausbildungsplatz geblieben und das bei 33.275 offenen Plätzen. Schon nach dieser Statistik übersteigt die Nachfrage das Angebot an Ausbildungsplätzen um mehr als das Doppelte. Bewerber in Warteschleifen ohne Vermittlungsauftrag: 107.393 Jugendliche, die den Bewerberstatus erhalten haben, konnten trotzdem keinen Ausbildungsvertrag unterzeichnen. Sie wurden ebenfalls in Warteschleifen geparkt, haben der BA aber nicht angezeigt, dass sie einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) geht davon aus, dass diese Jugendlichen ihren Ausbildungswunsch für das laufende Jahr nur aufgeschoben haben. Das heißt: Auch diese Jugendlichen sind noch nicht adäquat versorgt. Bewerber, deren Verbleib nicht bekannt ist: Im Ausbildungsjahr 2012 gab es 89.933 junge Bewerber, deren Verbleib aus Sicht der BA unbekannt ist. Ausbildungsinteressierte: Um ein realistisches Bild der Lage auf dem Ausbildungsmarkt zu bekommen, hat das Bundesinstitut für Berufsbildung die Kategorie der Ausbildungsinteressierten entwickelt. Hier werden Jugendliche erfasst, die einen Ausbildungsvertrag bekommen haben, sowie all jene Bewerber, die laut Statistik der BA nicht in eine berufliche Ausbildung eingemündet waren. Insgesamt gab es 2012 exakt 824.626 Bewerber, von denen aber nur 551.271 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Damit mündeten lediglich 66,9 Prozent der Bewerber tatsächlich in eine duale Berufsausbildung ein. Die Gesamtschau der Daten zeigt: Die These, dass es in Deutschland mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber gibt, ist schlicht falsch. Von einem Bewerbermangel kann nicht die Rede sein. Während der Ausbildungspakt offiziell nur von 15.650 unversorgten Bewerbern spricht, zählt er allein 2012 exakt 273.355 junge Menschen als versorgt, die von der BA als ausbildungsreif eingestuft wurden, aber nicht in eine vollqualifizierende Ausbildung vermittelt wurden. So wird die tatsächliche Lage bewusst verschleiert. Mit Hilfe solcher statistischen Tricks erscheinen die Bilanzen selbst in den Jahren des größten Ausbildungsplatzmangels 16 als 16 Vgl. Krekel, Ulrich: Jugendliche ohne Berufsabschluss Handlungsempfehlungen für die berufliche Bildung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2009, S. 7 8

ausgeglichen. Auf diese Weise lässt sich auch erklären, dass einerseits der Pakt einen entspannten Ausbildungsmarkt beschreibt, zeitgleich aber mehr als 1,5 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne Berufsabschluss bleiben. Die geschönte Bilanz des Ausbildungspaktes hat fatale Auswirkungen, da sie Jugendlichen suggeriert, sie würden sich auf einem entspannten Markt bewegen und den politischen Entscheidungsträgern einen unmittelbaren Handlungsbedarf nicht mehr erkennbar macht. Die Ausbildungsbilanz der Pakt-Partner ist somit Teil des Problems auf dem Ausbildungsmarkt. Wir brauchen deshalb eine ehrliche Ausbildungsmarktstatistik, die Jugendlichen und politischen Entscheidungsträgern die tatsächliche Lage aufzeigt. Hierfür sind folgende Maßnahmen notwendig: Für eine ungeschönte Ausbildungsmarktbilanz - Jugendliche in Warteschleifen sind nicht versorgt : Die Bilanz auf dem Ausbildungsmarkt wird immer erst dann gezogen, wenn die meisten erfolglosen Bewerberinnen und Bewerber bereits in Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Länder eingemündet sind und auf diese Weise versorgt wurden. Das verfälscht die Situation der Jugendlichen. Die Bilanz scheint ausgeglichen zu sein, obwohl noch viele auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. Wir brauchen daher einen Paradigmenwechsel: Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, dürfen in der Statistik nicht als versorgt gezählt werden. Junge Menschen, die in Warteschleifen geparkt werden, müssen auch als unversorgte Bewerber geführt werden. Nur so lässt sich ein realistisches Bild vom Ausbildungsmarkt zeichnen. Für eine genaue Ausbildungsmarktbilanz mit regionalen und monatlichen Angaben: Die Partner des Ausbildungspakts orientieren sich bei ihrer Bilanz an den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit mit Stichtag 30. September eines Jahres. Zu diesem Zeitpunkt sind längst viele Jugendliche in den Warteschleifen der Bundesagentur und der Länder verschwunden. Hinzu kommt, dass die Angaben zur Entwicklung der Zahlen in den Warteschleifen und der Schulberufe erst mit einer einjährigen Verspätung vorliegen. Ein unmittelbarer Handlungsbedarf ist nicht erkennbar, weil die Situation auf dem Ausbildungsmarkt relativ ausgeglichen erscheint. Um Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können, brauchen wir mehr als ein jährliches Schlaglicht zum 30. September. Regionalen und monatlichen Daten muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, um einen genauen Überblick über den Vermittlungsstatus Bewerbern zu bekommen. So kann sowohl regional als auch auf Bundesebene rechtzeitig bei der Versorgung Jugendlicher mit Ausbildungsplätzen nachgesteuert werden. Die Verantwortung für eine bessere regionale und monatliche Ausbildungsmarktstatistik liegt bei den Ländern. Die Landesausschüsse für Berufsbildung werden aufgefordert, hier aktiv zu werden. Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, müssen auch als Bewerber in der Statistik gezählt werden: Nicht alle Jugendlichen, die sich auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz an die Bundesagentur für Arbeit wenden, werden als Ausbildungsstellenbewerber gezählt. Die BA sorgt frühzeitig für eine Auslese der jungen Menschen. Jugendliche werden als nicht ausbildungsreif deklariert und verschwinden als Bewerber aus der Statistik. Es darf nicht länger Teilnehmer erster und zweiter Klasse geben. Jeder Wunsch nach Ausbildung ist gleich viel Wert. Möglichen individuellen Defiziten muss durch Beratung, Hilfe oder Förderung begegnet werden. Jugendliche, die bis kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres keinen voll qualifizierenden Ausbildungsplatz gefunden haben, müssen spätestens zu diesem Zeitpunkt 9

nach ihren Prioritäten gefragt werden. Sind sie weiterhin an einer voll qualifizierenden Berufsausbildung interessiert, müssen sie als Ausbildungsinteressierte erfasst werden. Für den Aufbau einer integrierten Ausbildungsmarktstatistik: Die Ausbildungsmarktstatistik ist unübersichtlich. Zahlreiche Einrichtungen erheben Daten, verschiedene Institutionen sind bei deren Aufbereitung involviert und veröffentlichen ihre jeweiligen Ergebnisse zu unterschiedlichen Stichtagen. Es wird vornehmlich auf die Bewerberstatistik der Bundesagentur für Arbeit sowie auf die Prozesse am Ausbildungsstellenmarkt fokussiert. Ergebnisse der Schulstatistik hingegen werden öffentlich kaum wahrgenommen. Dies liegt auch daran, dass sie nicht zeitnah vorliegen. Wir brauchen eine differenzierte Gesamtschau aller Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote im Ausbildungssystem. Eine bessere Ausbildungsstatistik, die alle relevanten Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote in den Blick nimmt, ist somit dringend erforderlich, um die Ausbildungssituation der Jugendlichen fundierter einschätzen zu können. Das beinhaltet die Zusammenlegung mehrerer Teilstatistiken, die auf Bundes- und auf Landesebene erhoben werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Schulstatistik für allgemeinbildende und berufliche Schulen und die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Bund und Länder werden aufgefordert, auf der Grundlage des Vorschlags einer integrierten Ausbildungsstatistik (mit Individualdaten) für das Land Hessen entsprechende Initiativen zu starten. 10

Literatur Autorengruppe Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland 2012, gefördert von der Kultusministerkonferenz (KMK) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Frankfurt am Main/Berlin, Mai 2012 (Nationaler Bildungsbericht) Braun, Uta; Schandock, Manuel: Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss. In: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), (S. 278 ff) Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen. Ausbildungsstellenmarkt Bewerber und Berufsausbildungsstellen Deutschland September 2012, Nürnberg, Oktober 2012 Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen. Ausbildungsstellenmarkt Bewerber und Berufsausbildungsstellen Westdeutschland September 2012, Nürnberg, Oktober 2012 Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen. Ausbildungsstellenmarkt Bewerber und Berufsausbildungsstellen Ostdeutschland September 2012, Nürnberg, Oktober 2012 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Berufsbildungsbericht 2012, Bonn, 2012 Klemm, Klaus: Bildungsgipfel-Bilanz 2012. Die Umsetzung der Ziele des Dresdner Bildungsgipfels vom 22. Oktober 2008. Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Berlin, Dezember 2012 Krekel, Elisabeth M.; Ulrich, Joachim Gerd: Jugendliche ohne Berufsabschluss Handlungsempfehlungen für die berufliche Bildung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2009, Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland: Insgesamt gute Situation auf dem Ausbildungsmarkt gemeinsame Pressemitteilung der Pakt-Partner vom 5. November 2012, Berlin, Ulrich, Joachim Gerd; Krekel, Elisabeth M.; Flemming, Simone, Granath, Ralf-Olaf: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2012: Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt gerät ins Stocken BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September 2012, Bonn, 2012 11