Titration einer Säure mit einer Base



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Titration einer Säure mit einer Base Peter Bützer Inhalt 1 Einleitung... 1 2 Modellannahmen (Systemdynamik)... 2 3 Simulationsdiagramm (Typ 1)... 2 4 Dokumentation (Gleichungen, Parameter)... 3 5 Simulation... 4 6 Vergleich mit einer Messung... 5 7 Interpretation... 5 1 Einleitung NaOH + HCl NaCl + H 2 O Abbildung 1Reaktion dargestellt mit den Formeln und Molekülmodellen Wer Simulationen durchführt und sich mit Chemie beschäftigt, wird rasch auf die Fragestellung stossen, wie eine Titrationskurve mit einem geeigneten Modell simuliert werden könnte. Diese Aufgabenstellung ist keine Frage nach einer dynamischen Grösse, die Systemdynamik beschreibt jedoch zeitabhängige Prozesse. Somit muss ein Weg gefunden werden, die Zeitachse praxisnah einzusetzen eine Titration erfahren wir als zeitabhängigen Vorgang. Stellen wir uns eine Titration einer starken Säure mit einer starken Base vor. Zu einem bestimmten Volumen einer Säure mit einer unbekannten Konzentration wird gleichmässig eine starke Base mit einer bekannten Konzentration zugegeben. Diese gleichmässige Zugabe kann als Zeitachse verwendet werden, welche dem Basenvolumen und damit auch der Basenmenge direkt proportional ist (n = c*v; n: Anzahl Mole, c: Konzentration in mol/l, V: Volumen in l). Abbildung 2: Moderner Titrationsautomat Dieser Prozess, die Massanalyse oder Titrimetrie ist ein Teilgebiet der quantitativen, chemischen Analyse. Dabei wird die zu bestimmende Menge eines gelösten Stoffes, hier einer Säure, mit dem Verbrauch eines bestimmten Volumens einer Reagenslösung, hier einer Base, Prof. Dr. Peter Bützer, Pädagogische Hochschule St.Gallen

2 berechnet. Die Zugabe der Masslösung wird Titration genannt. Moderne Apparaturen (Bild: Dosimat 776 von Metrohm AG) führen diese Titration automatisch durch. Die hier angesprochene Titrationskurve ist ein Graph, bei welchem das Volumen Reagenzlösung, Base, gegen den ph-wert der Vorlage aufgetragen wird. 2 Modellannahmen (Systemdynamik) Eine starke Säure wird mit einer starken Base neutralisiert. Das Gesamtvolumen berechnet sich als das vorgelegte Volumen + das mit der Base zugeführte Volumen. Da der ph-wert im Programm nur von einer dimensionslosen Grösse berechnet werden kann, muss diese Konzentration in der Einheit korrigiert werden. Volumen Säure (HCl): 10 ml, Konzentration: 0.01 mol/l Konzentration Base (NaOH): 0.01 mol/l 3 Simulationsdiagramm 1 (Typ 1) 2 mol/l nicht neutralisiert ph-wert mol/l Säure L Volumen-Säure mol Säure mol nicht neutralisiert Einheiten Korrektur L Gesamtvolumen zugeben mol Base mol/l Konzentration L/s Zugabe-Geschwindigkeit <Time> ml Base Abbildung 3: Simulationsdiagramm der Titration 1 Software: Programm Vensim PLE, Ventana Systems, Inc. 2 Bützer Peter, Roth Markus, Die Zeit im Griff, Systemdynamik in Chemie und Biochemie, verlag pestalozzianum, Zürich 2006, 37ff

3 4 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) Einheiten Korrektur= 1*1 Units: L/mol [1,1] Im Logarithmus dürfen keine Einheiten auftreten (02) FINAL TIME = 20 Units: Second The final time for the simulation. (03) INITIAL TIME = 0 Units: Second The initial time for the simulation. (04) L Gesamtvolumen= "L/s Zugabe-Geschwindigkeit"*Time+"L Volumen-Säure" Units: L [0,?] Gesamtvolumen= Volumen der vorgelegten Säure + Volumen der zugegebenen Base (05) "L Volumen-Säure"= 0.01 Units: L [0,1] (06) "L/s Zugabe-Geschwindigkeit"= 0.001 Units: L/Second [0.001,1] Zugabe von Base zur vorgelegten Säure (07) ml Base= mol Base/"mol/L Konzentration"*1000 Units: L (08) mol Base= INTEG (zugeben, 0) Units: mol [0,?] (09) mol nicht neutralisiert= mol Säure-mol Base Units: mol [-1,1] Säure, die nicht neutralisiert ist, ein negativer Wert gibt einen Basenüberschuss an (10) mol Säure= "L Volumen-Säure"*"mol/L Säure" Units: mol [0,?] (11) "mol/l Konzentration"= 0.01 Units: mol/l [0,1] Zugabe von Base zur vorgelegten Säure (12) "mol/l nicht neutralisiert"= ABS(mol nicht neutralisiert/l Gesamtvolumen)+1e-007 Units: mol/l [0,?] Säure, die nicht neutralisiert ist, ein negativer Wert gibt einen Basenüberschuss an + die Inen des Wassers (ist notwendig, weil sonst ein Logarithmus von 0 berechnet werden müsste! (13) "mol/l Säure"= 0.01 Units: mol/l [0,1] (14) "ph-wert"=if THEN ELSE(mol nicht neutralisiert>=0, -LN("mol/L nicht neutralisiert"* Einheiten Korrektur)/LN(10), 14+LN("mol/L nicht neutralisiert"*einheiten Korrektur)/LN(10) ) Units: Dmnl [0,?] Unterscheidung zwischen saurer und basischer Lösung. Berechnung nur für starke Säuren und Basen.

4 (15) SAVEPER = TIME STEP Units: Second [0,?] The frequency with which output is stored. (16) TIME STEP = 0.01 Units: Second [0,?] The time step for the simulation. (17) zugeben= "mol/l Konzentration"*"L/s Zugabe-Geschwindigkeit" Units: mol/second [0,?] 5 Simulation Titrationskurve: mol_base gegen ph aufgetragen Der ph-wert ist dimensionslos (Dmnl: dimensionless) 14 Titrationskurve 10.5 7 3.5 0 ph 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 ml Base Dmnl Abbildung 4: Zeitdiagramm der Titration (die Zeit ist heir durch das Volumen der Base ersetzt)

ph Peter Bützer 5 6 Vergleich mit einer Messung 3 14 12 10 8 6 4 2 Simulation Messung 0 0 5 10 15 20 NaOH (ml) Abbildung 5: Vergleich von Messungen und Simulation Die Abweichungen bei hohen ph-werten sind eine Folge von Messfehlern der Sensoren (Alkalifehler des ph-sensors von Vernier). 7 Interpretation Die Diskussion von Säure-Basen-Titrationen mit Titrationskurven in der Chemie wird zu den Grundlagen bei der Ausbildung gezählt. Die Simulation der einfachen Titration einer starken Säure mit einer starken Base zeigt, dass dieses Thema viel anspruchsvoller ist, als allgemein angenommen wird. 3 Wilken Sebastian, Titration, http://de.wikipedia.org/wiki/titration, 2. April 2005