Gentransfer und regulation mit adeno-assoziierten Virusvektoren



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Aus der Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg Leiter: Prof. Dr. Claus Vogelmeier Gentransfer und regulation mit adeno-assoziierten Virusvektoren Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Humanbiologie (Dr. rer. physiol.) dem Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg vorgelegt von Olaf Pinkenburg aus Göttingen Marburg 2007

Angenommen von Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg am: 02. Oktober 2007 (Tag der Disputation). Gedruckt mit der Genehmigung des Fachbereichs. Dekan: Prof. Dr. Maisch Referent: Prof. Dr. Vogelmeier Koreferent: Prof. Dr. Garten 2. Koreferent: Prof. Dr. Czubayko

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 1 1.1 Adeno-assoziierte Viren... 1 1.2 Lebenszyklus von AAV... 2 1.3 Genomstruktur von AAV... 4 1.4 Replikation der Virus-DNA... 6 1.5 Das Vektorsystem... 8 1.6 RNA-Interferenz... 12 1.7 Das Tetracyclin regulierbare System... 15 1.7.1 Das TET-OFF-System... 15 1.7.2 Das TET-ON-System... 15 1.8 Das human kationische antimikrobielle Peptid 18 (hcap18)... 16 1.9 Zielsetzung dieser Arbeit... 18 2 Ergebnisse... 19 2.1 Herstellung von raav2-egfp und Gentransfer in HEK-293 Zellen. 19 2.2 Untersuchung zur Stabilität des Gentransfers nach raav2-egfp- Transduktion... 20 2.3 Untersuchungen zur Zeit- und Dosis-abhängigen Expression... 23 2.3.1 Klonierung des paav-luc-ires-egfp Vektors... 23 2.3.2 Bestimmung der Luziferaseaktivität nach der Transduktion... 24 2.3.3 Untersuchung zur Zeit-abhängigen Expression nach raav2- Transduktion... 27 2.4 Das Tetracyclin-regulierbare-System (TET-System)... 31 2.4.1 Herstellung der viralen Vektoren für das TET-System... 31 2.4.2 Klonierung des Vektors paav2 TET RED... 32 2.4.3 Klonierung der Vektoren mit Transaktivator paav2 tta IRES EGFP (TET-OFF) und reversem Transaktivator paav2 tta IRES EGFP (TET-ON)... 32 2.4.4 Herstellung und Untersuchung der raavs für das TET-SYSTEM... 33 2.4.4.1 AAV-TET-ON... 33 2.4.4.2 AAV-TET-OFF... 34 2.5 AAV-Vektoren für die Expression von shrna (Pinkenburg et. al., 2004)... 36 2.5.1 Klonierung der viralen Vektoren mit U6- und H1-Promotor... 36 i

Inhaltsverzeichnis 2.5.2 Untersuchung zur Zeit- und Dosis-abhängigen Inhibition von Luziferase mittels sirna... 38 2.5.2.1 Untersuchung zur Dosis-abhängigen Inhibition... 38 2.5.2.2 Untersuchung zur Zeit-abhängigen Inhibition... 39 2.5.3 Untersuchung zur Inhibition von p65 und IL-8-Sekretion... 40 2.6 Expressions- und Funktionsanalysen zum hcap18/ll37... 44 2.6.1 Klonierung eines AAV-Vektors zur Expression des hcap 18/LL37 im TET-OFF-System... 44 2.6.2 Herstellung des AAV-Vektors zur Expression des hcap-gens und Klonierung in den Vektor pzac3.1... 45 2.6.3 Untersuchung zum viralen Gentransfer des hcap18-gens... 48 2.6.3.1 Herstellung des IRES-Vektors... 50 2.6.3.2 Herstellung des EGFP hcap18/ll37-vektors... 52 2.6.4 rscaav-hcap18/ll37 für in vivo Versuche... 55 2.6.4.1 Klonierung eines sich selbst komplementierenden AAV-Vektor zur Expression des hcap18/ll37... 55 2.6.4.2 Transduktion von primären humanen Bronchialepithelzellen mit rscaav-hcap18/ll37... 58 2.6.5 Untersuchung zur angiogenen und arteriogenen Eigenschaft des hcap18/ll37 im Modell der regionalen Ischämie in den Kaninchenhintergliedmaßen... 59 2.6.5.1 Bestimmung der Kollateralenbildung... 60 2.6.5.2 Bestimmung des Verhältnisses von Kapillaren zu Muskelfasern... 61 2.6.5.3 Bestimmung der Durchflussgeschwindigkeit... 62 3 Diskussion... 64 3.1 Vergleiche mit anderen Vektorsystemen... 64 3.1.1 DNA-Viren... 64 3.1.1.1 Vacciniaviren... 65 3.1.1.2 Herpesviren... 66 3.1.1.3 Adenoviren... 68 3.1.2 RNA-Viren... 69 3.1.2.1 Retroviren... 69 3.2 Vergleiche zum TET-ON-OFF-System... 73 3.2.1 Das RU 486-induzierbare System... 73 ii

Inhaltsverzeichnis 3.2.2 Das Rapamycin-induzierbare System... 73 3.2.3 Das Ekdyson-induzierbare System... 74 3.2.4 TET-ON-OFF-Expression von Luziferase und hcap18/ll37... 75 3.3 RNAi... 77 3.4 Eigenschaften von hcap18/ll37... 77 4 Zusammenfassung... 79 5 Material und Methoden... 82 5.1 Material... 82 5.1.1 Bakterienstämme... 82 5.1.2 Zelllinien, Kulturmedien und Zusätze... 82 5.1.3 Plasmide... 83 5.1.4 Reagenzien, Lösungen und Puffer... 83 5.1.5 Puffer für DNA-Minipräparation... 84 5.1.6 Puffer für DNA-Maxipräparation... 84 5.1.7 Oligonukleotide... 86 5.1.8 Transfektionsreagenzien... 86 5.1.9 Nährmedien für Escherichia coli... 87 5.1.10 Zellkulturmaterialien... 87 5.1.11 Enzyme... 87 5.1.12 Größenstandards... 88 5.1.13 Antikörper... 89 5.1.14 Fertigansätze (Kits)... 89 5.1.15 Geräte... 89 5.2 Methoden... 90 5.2.1 Mikrobiologische Arbeitsmethoden... 90 5.2.1.1 Anzucht von Bakterienstämmen... 90 5.2.1.2 Herstellung von chemisch kompetenten Bakterien... 90 5.2.1.3 Transformation von chemisch kompetenten Bakterien... 90 5.2.2 Arbeiten mit Nukleinsäuren... 90 5.2.2.1 Reinigung von Plasmid-DNA im analytischen Maßstab... 90 5.2.2.2 Reinigung von Plasmid-DNA im präparativen Maßstab... 91 5.2.2.3 Schneiden von DNA mit Restriktionsendonukleasen... 91 5.2.2.4 Agarosegelelektrophorese... 91 5.2.2.5 Reinigen von DNA Fragmenten... 91 iii

Inhaltsverzeichnis 5.2.2.6 Ethanol-Präzipitation... 92 5.2.2.7 Dephosphorylieren freier 5 -Phosphatgruppen... 92 5.2.2.8 Auffüllen von 5 -Überhängen... 92 5.2.2.9 Klonierung und Ligation... 92 5.2.2.10 Quantifizieren von Nukleinsäuren... 92 5.2.2.11 Polymerasekettenreaktion (PCR)... 93 5.2.3 Proteinchemisches Arbeiten... 93 5.2.3.1 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE)... 93 5.2.3.2 Coomassie-Färbung:... 94 5.2.3.3 Westernblot... 94 5.2.4 Zellkuturmethoden... 95 5.2.4.1 Transfektion... 95 5.2.5 Virusherstellung, Reinigung und Quantifizierung... 95 5.2.5.1 Virusherstellung... 95 5.2.5.2 Virusaufreinigung... 96 5.2.5.3 Titerbestimmung... 96 5.2.6 Statistische Analyse... 99 Anhang A: Klonierung paav-luc-ires-egfp... 99 Anhang B: Klonierung paav TET RED...101 Anhang C: Klonierung des Vektors mit Transaktivator paav2 tta IRES EGFP (TET-OFF) und mit reversem Transaktivator paav2 rtta IRES EGFP (TET-ON)...106 Anhang D: Klonierung AAV H1 und U6...108 Anhang E: Klonierung TET OFF LL37...111 Anhang F: Klonierung pzac LL37...112 Anhang G: Klonierung IRES LL37...113 Anhang H: Klonierung AAV RED EGFP...114 Anhang I: Klonierung EGFP LL37...116 Literatur...119 iv

Abkürzungsverzeichnis µ Mikro 10-6 Å Ångström, 10-10 m AAV adeno-assoziierte Viren AB Antikörper abs. absolut (100%) AMP antimikrobielle Peptide bp Basenpaare CMV Cytomegalievirus Da Dalton DMSO Dimethylsulfoxid DNA Desoxyribonukleinsäure DNase Desoxyribonuklease dntps Desoxyribonukleotid-5 - triphosphat dsdna doppelsträngige DNA dsred rot fluoreszierender Farbstoff dsrna doppelsträngige RNA EDTA Ethylendiamintetraacetat EGFP Enhanced Green Fluorescent Protein ELISA enzym linked immunosorbat assay FCS fötales Kälberserum g Gramm GFP Green Fluorescent Protein h Stunde HRP Meerrettich-Peroxidase IRES internal ribosom entry site ITR invertet terminal repeat k Kilo 10 3 m Milli 10-3 M molar min. Minute ml Milliliter mrna messenger RNA n Nano 10-9 OD Optische Dichte p Piko 10-12 PAGE Polyacrylamidgelelektrophorese PBS Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung ph Negativer dekadischer Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration RLU relative Lichteinheiten RNA Ribonukleinsäure RNAi RNA-Interferenz RNase Ribonuklease rpm Umdrehungen pro Minute rtta reverser Tetracyclin-abhängiger Transaktivator SAP Shrimp-alkalische Phosphatase SDS Natrium-Dodecylsulfat sek. Sekunde shrna short hairpin RNA sirna short interfering RNA ssdna einzelsträngige DNA TEMED N N N N -Tetraethylendiamin TFE Transformierende Einheit TFE/Z Transformierende Einheit pro Zelle tris Trishydroxymethylaminomethan trs terminal resolution site tta Tetracyclin-abhängiger Transaktivator V Volt vg virale Genome vg/z virale Genome pro Zelle w/v weight per volume v

Einleitung 1 Einleitung Das Einbringen von Fremd-DNA in Zellen ist in den letzten Jahrzehnten ein essentieller Bestandteil bei der Untersuchung und Modulation zellulärer Funktionen geworden. Die Transfektion von Plasmiden mittels chemischer Substanzen als nonvirale Einbringung von DNA steht hierbei in Konkurrenz zum viralen Gentransfer. Plasmide haben keine Begrenzung in ihrer Größe und damit auch nicht in ihrer Kapazität zur Aufnahme von Information, Viren und aus ihnen resultierende Vektorsysteme haben demgegenüber nur eine begrenzte Informationskapazität. Plasmide eignen sich gut für in vitro Versuche, wohingegen virale Vektoren sich auch für in vivo Versuche einsetzen lassen. Der Nachteil vieler viraler Vektoren liegt in ihren Risiken und hohen Sicherheitseinstufungen. Im Gegensatz dazu gilt bei den adeno-assoziierten Viren (AAV) die Sicherheitsstufe S1, da mit diesen Viren keine bekannten Pathogenitätsfaktoren verbunden sind. Die folgenden Untersuchungen beschäftigen sich näher mit der Modulation von antimikrobiellen Peptiden (AMP) sowie der Anwendung von regulatorischen Elementen mit dem AAV-System. Letzteres eignet sich nicht nur für in vitro sondern auch für in vivo Versuche. 1.1 Adeno-assoziierte Viren Adeno-assoziierte Viren (AAV) gehören als Dependoviren zur Familie der Parvoviren und verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie als Kontamination in Adenovirusisolaten entdeckt wurden. Sie zeigen, wie viele hüllenlose Viren wie z.b. Picornaviren oder Papillomviren eine sehr starke Resistenz gegen äußere Einflüsse. So sind sie auch noch bei einem ph von 3 stabil und verlieren selbst nach längerer Inkubation bei 56 C lediglich unwesentlich an Infektiösität. Das Viruskapsid hat einen Durchmesser von 18 bis 26 nm und einen ikosaedrischen Aufbau, das zugehörige Genom besteht aus einer einzelsträngigen DNA (ssdna) mit einer Länge von ca. 4,9 kb. AAV gehören zu den kleinsten bisher bekannten Viren. 1

Einleitung Abb. 1: Rekonstruktion einer kryo-elektronenmikroskopischen Aufnahme von AAV2 bei einer Auflösung von 21Å (aus Walters et al., 2004). Neben den humanen AAV der Sero-Typen 2, 3 und 5 existieren noch AAV aus Primaten (AAV1, 4, 7 und 8), welche in der Lage sind, auch menschliche Zellen zu infizieren. AAV gibt es aber auch bei anderen Tieren, wie z.b. Hunden (CAAV) und Rindern (BAAV). Antikörper gegen AAV der humanen Typen 2, 3 und 5 lassen sich bei über 80 % der erwachsenen Bevölkerung nachweisen. Bisher konnte der Infektion mit AAV jedoch keine Krankheit zugeordnet werden. Mehr als 90 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind mit diesen Viren infiziert. Bei infizierten Personen lassen sich Antikörper gegen die Kapsidproteine feststellen; eine Primärinfektion wurde hingegen noch nicht beobachtet, da sie asymptomatisch verläuft. 1.2 Lebenszyklus von AAV Der Lebenszyklus der AAV ist allerdings von einer Koinfektion mit einem Helfervirus abhängig. Diese Helfervirusfunktion kann durch Adenoviren, aber auch durch Herpesviren (Buller et al., 1981) (McPherson et al., 1985) (Thomson et al., 1994), Papillomviren (Walz et al., 1997), oder Vacciniaviren (Schlehofer et al., 1986) erfolgen. Liegt keine Koinfektion (latenter Zustand) vor, so integrieren die AAV in das Genom der Zelle, wobei die Integration sehr spezifisch auf dem menschlichen 2

Einleitung Chromosom 19 (Locus 19q13.3-qter) (Kotin et al., 1990) (Kotin et al., 1991) (Samulski et al., 1991) erfolgt. 1 2 Zellmembran 3 Zytoplasma 4 Kernmembran 5 Zellkern 6 Abb. 2: Grafische Darstellung der Infektion einer Zelle mit AAV und dessen Integration in der Latenzphase. 1: Bindung an Rezeptor auf der Zelloberfläche. 2: Endozytose. 3: Transport zum Zellkern. 4: Aufnahme der viralen DNA in den Zellkern. 5: Auffüllen der ssdna zur dsdna. 6: Integration in das Genom. Die Aufnahme der Viren in die Zelle erfolgt nach Bindung an einen zellulären Rezeptor durch Endozytose (Bartlett et al., 2000). Als zellulärer Bindungspartner für AAV wurde zunächst der Rezeptor für Heparan-Sulfat-Proteoglycan identifiziert (Summerford und Samulski, 1998), weitere Rezeptoren sind Integrin α v β 5 (Summerford et al., 1999), welcher als Corezeptor identifiziert werden konnte, sowie der Rezeptor für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF). Für AAV 5, nicht aber für AAV1 und AAV2 konnte Sialinsäure als spezifischer Rezeptor erkannt werden (Walters et al., 2001). Die Phase der produktiven Infektion von AAV beginnt mit der Coinfektion eines Helfervirus, vor allem die immediate early-genprodukte der Helferviren sind für die produktive Virusvermehrung notwendig. Bei den Adenoviren ist es in erster Linie das 3

Einleitung E1A-Protein, welches die Eigenschaft besitzt, die Promotoren der AAV zu transaktivieren. Die Freisetzung der AAV erfolgt durch Zelllyse. Adenovirus Zytoplasma 1 5 Kernmembran 2 4 E1A-Protein 3 AAV-Genom Zellkern Zellmembran Abb. 3: Grafische Darstellung des produktiven Lebenszyklus von AAV nach Infektion mit Adenoviren. 1: Infektion mit Helfervirus (Adenovirus) und Transport der viralen Information in den Zellkern. 2: Transkription und Translation der immediate early-genprodukte der Adenoviren (E1A-Protein). 3: Transaktivierung der AAV-Gene und AAV-DNA-Replikation. 4: Bildung neuer Virionen von AAV und Adenoviren. 5: Freisetzung der Viren durch Zelllyse. AAV stören bei einer Koinfektion mit Adenoviren deren Replikation und inhibieren sogar die transformierenden Eigenschaften der adenoviralen E1A- und E1B- Proteine. 1.3 Genomstruktur von AAV Das Genom von AAV2 hat eine Länge von 4860 Basen, an deren jeweiligen Enden sich palindromische Sequenzen mit einer Länge von 145 Basen befinden, welche als invertet terminal repeats (ITR) bezeichnet werden. 4

Einleitung 4860 4675 Basen AAV2 Genom, lineare einzelsträngige DNA ITR 145 Basen ITR 145 Basen Abb. 4: Genom von AAV2 mit den ITR an den beiden Enden. (nach Modrow, Falke und Truyen 2. Auflage 2003). Diese ITR-Regionen können zu einer T-förmigen Haarnadelschleife oder einer Pfannenstielstruktur hybridisieren (Abb. 5). B B A A A B C A D C A D D A C A B C A D A: Haarnadelschleife B: Pfannenstielstruktur Abb. 5: Durch Ausbildung einer Sekundärstruktur können sich aufgrund der Homologien in den ITR verschiedene Formen ausbilden. A: Haarnadelstruktur (ist für den Replikationsvorgang wichtig), B: Pfannenstielstruktur (quasi-zirkuläre Struktur). Buchstaben und solche mit Strich repräsentieren komplementäre Sequenzen. (nach Modrow, Falke und Truyen 2. Auflage 2003). Auf dem Genom der AAV konnten 3 Promotoren identifiziert werden, wobei p5 mrna-transkripte für Rep78 und -68 und p19 solche für Rep52 und -40 bildet. Der Promotor p40 reguliert die Bildung der Transkripte für die Kapsidproteine. Dabei existieren drei unterschiedliche Spleißvarianten einer mrna, welche terminal zu einer Verteilung der Kapsidproteine VP-1, -2 und -3 in einem Mengenverhältniss von 1:1:10 in den Viruspartikeln führen. Die Polyadenylierungsstelle der AAV liegt am 5 - Ende des Genoms und wird von allen mrna verwendet. 5

Einleitung ITR ITR 3 5 p5 p19 p40 pa Rep 78 Rep 68 Rep 52 Rep 40 VP-1 VP-2 VP-3 Abb. 6: Genomorganisation, Transkription und Translation bei AAV2. Oben: Genom mit ITR, Promotoren und Polyadenylierungsstelle. Unten: Genprodukte von AAV2 (Balken). (nach Modrow, Falke und Truyen 2. Auflage 2003). Die Rep-Proteine spielen im Lebenszyklus der AAV eine wesentliche Rolle. In der latenten Phase regeln sie die Genexpression und DNA-Replikation herunter und initiieren die Integration, während sie in der produktiven Phase die Reaktivierung des AAV-Genoms und dessen Vermehrung sowie die Genexpression einleiten. 1.4 Replikation der Virus-DNA Nach Ausbildung der Haarnadelschleifen der ITR kann eine zelluläre DNA- Polymerase vom 3 -OH-Ende des einen ITR, welches als Primer dient, das Genom unter Auflösung der Haarnadelschleife am anderen Ende komplementieren. Das Rep78 bzw. 68 spaltet dann die terminal resolution site (trs) an der verbleibenden Haarnadelstruktur. Dieses führt zur Bildung eines freien 3 -OH-Endes, welches letztlich nach der Auflösung der Sekundärstruktur zur vollständigen Auffüllung der DNA führt. Der so erhaltene Doppelstrang kann danach erneut dissoziieren, und die ITR können wieder die Haarnadelstrukturen ausbilden. Das Genom liegt nun einmal in der ursprünglichen Form und einmal in der invertierten Form vor. Das Genom kann aus beiden Formen verdoppelt werden, wobei die Auffüllung wiederum am 3 -OH- Ende beginnt. 6

Einleitung 3 A B C A D D A C B A 5 Ausbildung von B Haarnadelschleifen B A A C B A D A D A C Initiation der DNA-Synthese am 3 OH-Ende B A C A D D A C B C B A A D A Auffaltung der Haarnadelschleife und Elongation D A C B A Endonuklease schneidet an trs A D C A B C A D A B C A D D A C B A Auffaltung der Haarnadelschleife, Initiation der DNA-Synthese an der Schnittstelle und Elongation D A C B A D A C B A B C Strangtrennung und Ausbildung von Haarnadelschleifen B B A A A A 5 3 3 5 A D D A A D D A C C B C Abb. 7: Modell zur Genomreplikation von AAV (Nach Modrow, Falke und Truyen 2., Auflage 2003). Die DNA-Synthese beginnt am 3 -OH-Ende der gefalteten ITR, sie wird von zellulären Enzymen katalysiert. Die DNA-Synthese wird unter Auflösung der Sekundärstruktur des 5 -ITR bis zum Ende des Genoms fortgesetzt. Anschließend schneidet das Rep78 bzw. 68 die einzelsträngige DNA in der trs bei A und D; diese führt zur Bildung eines neuen 5 und 3 -OH-Endes, wobei von letzterem die DNA-Synthese das Genom dann komplett zur dsdna vervollständigt. Später erfolgt die weitere Replikation des Genoms wie anfänglich beschrieben. 7

Einleitung 1.5 Das Vektorsystem Grundlage dieses Systems ist die Entdeckung, dass die in bakterielle Plasmide klonierte AAV-DNA nach Transfektion in Säugerzellen und Überinfektion mit Adenoviren replikationsfähige AAV entstehen ließ (Samulski et al., 1982). Viren, die sich durch Transfektion von Plasmid-DNA herstellen lassen, können aufgrund der bestehenden DNA-Rekombinationstechniken sehr schnell verändert werden. Diese Tatsache macht sie manipulierbar und bietet die Möglichkeit zur Integration von Fremd-DNA. Vor allem der Umstand, dass sich die trans-aktiven Elemente wie die Gene für die Rep- und Cap-Proteine von den cis-aktiven Regionen den ITR vollständig trennen lassen, machen dieses Vektorsystem zu einem sehr sicheren Werkzeug, da eine Rekombination nahezu ausgeschlossen werden kann. Abb. 8: Grafische Darstellung des Plasmids psub201 mit dem vollständigen Genom von AAV2. Eines der wichtigsten und verbreitetsten Plasmide zur Erzeugung von Wild-Typ- AAV2 (wtaav2) oder rekombinanten AAV2 (raav2) ist das psub201, das von Richard Jude Samulski aus der Arbeitsgruppe von Muzyczka 1982 erstmals beschrieben wurde. Jede Art der Expressionskassette kann zwischen die ITR kloniert werden. Bei der Klonierung in die SnaB I bzw. Xba I Schnittstellen werden 4,3 kbp entfernt, welche dann für jede Art von Expressionskassetten zur Verfügung stehen. Diese Größe kann um einige Prozent überschritten werden. Bei mehr als 10%, 8

Einleitung allerdings also ab 4,7 kbp, nimmt die Verpackung und somit die Bildung von raav drastisch ab. Plasmide mit Verpackungssignalen, den ITR, werden in dieser Arbeit als cis-plasmide bezeichnet. Die trans-aktiven Elemente wie die Rep- und Cap-Gene sowie deren Promotoren wurden über die Xba I Schnittstelle in ein Plasmid ohne ITR kloniert. Dieses Plasmid wird, da es die für die Verpackung notwendigen Elemente besitzt, als trans-plasmid bezeichnet. Das Gen für die Kapside kann auch gegen das der anderen Serotypen ausgetauscht werden. So besteht die Möglichkeit, die Verpackung den Umständen anzupassen und den für die Zielzelle günstigsten Serotyp auszuwählen. Abb. 9: Grafische Darstellung des trans-plasmids zur Erzeugung von rekombinanten AAV des Serotyps 2 (raav2). (Aus http://genetherapy.unc.edu/plasmid%20maps/xx2%20map.pdf) Weitergehende Arbeiten konnten zeigen, dass die Infektion mit Adenoviren durch Transfektion eines Plasmids, welches die notwendigen adenoviralen Gene trägt, ersetzt werden konnte (Xiao et al., 1998). Hierdurch war es möglich eine Kontamination der rekombinanten AAV bei der Herstellung auszuschließen. 9

Einleitung Abb. 10: Grafische Darstellung des adenoviralen Helfer-Plasmids XX6-80. (Aus http://genetherapy.unc.edu/plasmid%20maps/xx6-80%20map.pdf) Die für die Herstellung der AAV benötigten adenoviralen Gene konnten durch Reduktion des plasmidkodierten adenioviralen Genoms charakterisiert werden. Als essentielle Gene für die Helferfunktion konnten E1A, E1B, E2A, E4orf6 und VA identifiziert werden. Da HEK-293 Zellen, die zur Erzeugung der Viren verwendet werden, das E1A und E1B ohnehin konstitutiv exprimieren, konnte das Helfer- Plasmid auf die verbleibenden Gene beschränkt werden. Dieses ist in Abb. 10 dargestellt und enthält neben dem Plasmid-Backbone mit Ampicillinresistenz das VA, E2a und das E4 Gen der Adenoviren. Es ist mit ca. 19 kbp im Vergleich zum Vorläuferplasmid mit über 30 kbp relativ klein. Für die Herstellung der Viren wird einmal das cis-plamid benötigt, welches die zu verpackende DNA trägt, weiterhin das trans-plasmid, welches die ssdna-herstellung initiiert und die Kapsidproteine für die Verpackung liefert. Hierbei kann die Verpackung frei von AAV1 bis AAV8 gewählt werden. Als drittes benötigt man dann noch das Helfer-Plasmid, wobei das cis-plasmid jede Art von DNA enthalten kann. So ist es möglich, Expressionskassetten für Farbstoffe oder Enzyme einzusetzen, aber es ist auch möglich, Kassetten zur Erzeugung von short-hairpin-rna (shrna) zur Untersuchung von Genen mittels RNA-Interferenz (RNAi) oder regulierbare Systeme wie das Tetracyclin-induzierbare System zu integrieren. Im Übrigen ist es möglich, jede Art von Gen unter der Kontrolle eines beliebigen Promotors einzusetzen, solange dabei nicht die Kapazität der Verpackung überschritten wird; 10

Einleitung diese liegt bei ca. 5 kbp. Alle drei Plasmide werden dann mittels Calciumphosphatpräzipitation in HEK-293 Zellen transfiziert. zu verpackende ssdna ITR cis-plasmid ITR trans-plasmid Verpackung AAV1, AAV2, AAV3, AAV4, AAV5, AAV6, AAV7, AAV8 Helfer-Plasmid Transfektion HEK-293 Zellen Reinigung raav 1-8 Abb. 11: Schematische Darstellung der Herstellung von rekombinanten AAV. Die transfizierten HEK-293 Zellen werden nach 2 Tagen durch mehrmaliges Einfrieren und Auftauen sowie durch eine Ultraschallbehandlung aufgeschlossen. Die so freigesetzten Viruspartikel werden dann mittels Dichtezentrifugation in einem CsCl-Gradienten aufgereinigt. 11

Einleitung 1.6 RNA-Interferenz RNA-Interferenz (RNAi) ist ein genereller Mechanismus in Eukaryonten zur Inaktivierung der Transkription von aktiven Genen. Dieser Prozess der posttranslationalen Genregulation kann durch kurze Fragmente doppelsträngiger RNA initiiert werden. Diese kurzen, doppelsträngigen RNA sind ca. 21 bp lang und haben eine spezifische Sequenz für ihr Zielmolekül. Der Mechanismus wurde zum ersten Mal im Nematoden Caenorhabditis elegans beschrieben (Fire et al. 1998), ist aber auch in vielen anderen Organismen vorhanden (Sharp, 2001)(Tuschl, 2001). Die natürliche Funktion in der Zelle von short interfering RNA (sirna) ist der Schutz vor Transposons, mobilen DNA-Abschnitten, welche die Möglichkeit besitzen, ihren Ort im Genom zu verändern, und vor Viren, die bei ihrer Vermehrung dsrna erzeugen (Waterhouse, et al. 2001)(Cullen, 2002)(Kitabwalla and Ruprecht, 2002). Die Entdeckung, dass neben Tieren auch Pflanzen in der Lage sind, sich selbst faltende dsrnas zu bilden, ließ vermuten, dass es sich um eine generelle evolutionär alte Methode der Expressionskontrolle handelt (Elbashir, Harborth et al. 2001) (Bartel 2004). Viele Techniken sind entwickelt worden, um sirna in eukaryonte Zellen einzubringen. Auch Plasmide, welche intrazellulär sirna bilden, wurden erfolgreich in Zellkultur wie auch in Tierversuchen eingesetzt (Brummelkamp et al., 2002) (Paddison et al., 2002) (Sui et al., 2002). Die Entstehung der plasmidkodierten sirna erfolgt über einen entsprechenden Promotor für kurze RNA wie z. B. den H1- oder U6-RNA-Promotoren. Hierbei wird eine einzelsträngige RNA erzeugt, welche komplementäre Sequenzen enthält und nach der Transkription selbst zu einem Doppelstrang mit Haarnadeschleife assembliert. Diese wird danach von den zellulären Proteinkomplexen wie eine natürliche sirna prozessiert und führt zur Degradation der Ziel-mRNA. Da eine Vielzahl von natürlichen Funktionen durch RNAi-abhängige Prozesse gesteuert wird, hat sich diese Technologie zu einem wichtigen Werkzeug der Molekularbiologie entwickelt, um zelluläre Prozesse genauer untersuchen zu können. Es ist eine sehr effiziente Methode zur Erzeugung von Zellen mit einer speziellen Proteindefizienz. Sie ist dabei anderen Methoden wie der Antisense -Technologie oder der Verwendung von Ribozymen überlegen (Martinez, et al. 2003). 12

Einleitung Um eine effiziente sirna herstellen zu können, musste zuerst die mrna des zu inhibierenden Gens auf Zielsequenzen hin untersucht werden. Da der genaue Mechanismus der RNAi noch nicht vollständig geklärt ist, wurden Regeln verwendet, welche auf empirischen Daten beruhen (Reynolds et al. 2004) (Elbashir et al. 2002). Die Abb. 12 soll den zellulären Prozess der sirna und der beteiligten Proteinkomplexe bis zur Degradation der Ziel-mRNA veranschaulichen. Die von einem Plasmid oder Virusgenom abgelesene kurze RNA faltet sich aufgrund ihrer Sequenzhomologie zu einer kurzen dsrna mit Haarnadelstruktur (short hairpin RNA, shrna). Diese shrna wird dann auf einem noch nicht ganz genau verstandenem Weg durch den nukleären Export-Rezeptor Exportin-5 in das Cytosol der Zelle transportiert (Lund, Guttinger et al. 2004). Die im Cytosol der Zelle nun vorliegende shrna wird vom DICER, einem endogenen exprimierten zellulären Protein, unter ATP-Verbrauch in die sirna überführt. Dieses Enzym schneidet doppelsträngige RNA-Fragmente mit Nucleotidüberhängen von 2-3 Basen aus (Elbashir, et al. 2002). Die so erzeugten sirna-fragmente werden nun in den RNA-induced silencing complex (RISC), einem Ribonucleoprotein-Komplex, eingelagert (Hammond et al. 2000). Nach Aufnahme in den RISC wird wieder unter ATP-Verbrauch jeweils ein Strang der sirna entfernt, so dass nun sense- und antisense-rna Matrizen vorliegen (Mourelatos, Dostie et al. 2002). Der so entstandene Komplex, mit dem in den RISC eingebauten RNA-Fragment katalysiert nun ATP-unabhängig die Spaltung von mrna mit homologen Sequenzen, was wiederum zur Verarmung des daraus resultierenden Proteins in der Zelle führt. 13

Einleitung kurze ssrna Faltung/Export aus dem Zellkern shrna DICER ATP ADP + P i sirna RISC RISC-siRNA -Komplex ATP ADP + P i RISC RISC-Komplex aktiviert Start mrna (A) n mrna RISC Schneiden der mrna Start (A) n Abb. 12: Grafische Darstellung der Genregulation mittels sirna sowie die in der Zelle zugrunde liegenden Mechanismen und Komplexe. 14

Einleitung 1.7 Das Tetracyclin regulierbare System 1.7.1 Das TET-OFF-System Das von Gossen und Bujard beschriebene TET-OFF-System (Gossen und Bujard, 1992) basiert auf zwei regulatorischen Elementen, welche aus dem Tetracyclin- Resistenz-Operon des Bakteriums E. coli Tn10 stammen. Das eine Element ist der TET-Repressor, ein Protein, das an das zweite Element, die Operator-DNA-Sequenz, binden kann. Der TET-Repressor wurde mit der C-terminalen Domäne des VP16 des Herpes simplex Virus, einem viralen Transaktivator, fusioniert, was den Repressor in einen Aktivator verwandelt, der tetracyclinabhängig an seinen Operator binden kann. Durch die Fusion der Operator-Sequenz mit dem Minimalpromotor des Cytomegalie- Virus (CMV) entsteht ein System, in welchem der tetracyclinabängige Transaktivator (tta) in Abwesenheit von Tetracyclin an seine Operatorsequenz bindet und der Fusionsteil des VP16 die Transkription einleiten kann. Der Minimalpromotor ist ohne Transaktivierung nicht in der Lage, eine RNA-Polymerase zu binden und die Transkription einzuleiten. Als Tetracyclin-Derivat wurde das Doxycyclin deshalb eingesetzt, weil es genauso effektiv, aber kostengünstiger und gut wasserlöslich ist. TET-OFF-System pcmv tta VP16 Doxycyclin Transkription x Transkription x x Transkription TetO-pCMVmin Zielgen TetO-pCMVmin Zielgen Abb. 13: Schematische Darstellung des TET-OFF-Systems und der resultierenden Genregulation. 1.7.2 Das TET-ON-System Für das TET-ON-System (Gossen et al., 1995) wurde der DNA-bindende Teil des tta durch Random-Mutagenese so verändert, dass er einen reversen Phänotyp 15

Einleitung zeigt. Dieser kann erst in Anwesenheit von Doxycyclin an den Operator binden und die Transkription einleiten, wodurch sich die Expression durch Zugabe von Doxycyclin induzieren lässt. TET-ON-System pcmv rtta VP16 Doxycyclin Transkription x Transkription x x Transkription TetO-pCMVmin Zielgen TetO-pCMVmin Zielgen Abb. 14: Schematische Darstellung des TET-ON-Systems und der resultierenden Genregulation. Welches der Systeme besser ist, hängt immer von der Fragestellung und vom Experiment ab. Daher sollten beide Systeme verwendet werden. 1.8 Das human kationische antimikrobielle Peptid 18 (hcap18) Antimikrobielle Peptide (AMP) sind Bestandteil der angeborenen Immunität. Sie besitzen ein breites Wirkungsspektrum gegen Bakterien, Pilze (Fehlbaum et al., 1996) und Protozoen (Arrighi et al., 2002), aber auch gegen Viren wie HIV (Robinson, Jr et al., 1998) und Tumorzellen (Steinstraesser et al., 2005). Die antimikrobielle Wirkung liegt bei vielen AMP im mikromolaren Bereich. Alle bisher bekannten AMP haben die Gemeinsamkeit, dass sie als Präproprotein synthetisiert werden, aus welchem das aktive Peptid durch proteolytische Spaltung freigesetzt wird. AMP können in zwei Klassen unterteilt werden, zum einen in die Defensine, für welche intramolekulare Disulfidbrücken und eine ausgeprägte β Faltblattstruktur 16

Einleitung charakteristisch sind, zum anderen in die Cathelicidine, welche eine hohe Homologie in der Präprosequenz aufweisen und als α Helix vorliegen. Beim Mensch hat man bisher nur einen Vertreter, das humane Cationic Antimicrobial Peptid mit einem Molekulargewicht von 18 kda (hcap18) der Cathelicidine identifizieren können (Larrick et al., 1995a) (Cowland et al., 1995) (Agerberth et al., 1995) (Gudmundsson et al., 1996). Aufbau des hcap18 30AS 103 AS 37AS Signal- cysteinreiche antimikrobielle peptid Prodomäne Domäne Abb. 15: Schematische Struktur des humanen CAP18. Das Signalpeptid führt zur Sekretion des gesamten Proteins, welches dann extrazellulär von verschiedenen Proteasen (Sorensen et al., 2001) in das aktive LL37 gespalten werden kann. Die Funktion der Prodomäne für eine mögliche Speicherung des Gesamtproteins ist noch nicht bekannt. Das LL37 sowie das hcap18 sind in den Granula der neutrophilen Granulozyten in epithelialen Zellen der Atemwege (Bals et al., 1998), des Gastrointestinaltraktes (Stroinigg und Srivastava 2005) sowie des Hodens und der Samenflüssigkeit nachzuweisen (Sorensen et. al., 2003). Sie konnten aber auch in einer Reihe von Körperflüssigkeiten wie Serum, Atemwegsflüssigkeit und Wundsekret bis zu Konzentrationen von 5µg/ml nachgewiesen werden (Frohm et al., 1996) (Frohm et al., 1997). Über die zelluläre Regulation der hcap18 Expression ist noch wenig bekannt, und einige Promoterstudien waren wenig erfolgreich (Larrick et al., 1996) (Gudmundsson et al., 1996), allerdings konnten durch Sequenzanalyse mehrere mögliche Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren ermittelt werden (Frohm et al., 1997). Neuere Studien zum LL37 zeigen, dass das Peptid neben seiner antimikrobiellen Aktivität auch noch wundheilende (Heilborn et al., 2003) (Shaykhiev et al, 2005) und angiogene (Koczulla et al., 2003) (Steinstraesser et al., 2006) Eigenschaften besitzt. Aufgrund seiner proliferativen Eigenschaften ist LL37 ein potentieller Wachstumsfaktor in Tumoren, was kürzlich in Brustkrekszellen nachgewiesen wurde (Heilborn et al., 2005). 17

Einleitung 1.9 Zielsetzung dieser Arbeit Das Ziel dieser Arbeit war die Etablierung des AAV-Systems und seine Anwendung als molekularbiologisches Werkzeug. Hierfür sollten zunächst generelle Fragen wie Transduktionsgeschwindigkeit und Stabilität geklärt werden. Dazu sollten Markergene wie das EGFP als optischer Marker und die Luziferase als empfindliches enzymatisches Nachweissystem verwendet werden. Des Weiteren sollten regulatorische Systeme wie das TET-ON- und das TET-OFF-System sowie die RNAi-Technologie mit dem AAV-System verknüpft werden. Hierbei galt es das Luziferase-System zu verwenden, da sich die auftretenden Veränderungen bezüglich der Quantität wie auch der zeitabhängigen Expressionsstärke sehr präzise bestimmen lassen. Die Ergebnisse der RNAi-Technologie sollten dann genutzt werden, um in einem Entzündungsmodell die NFκB-abhängige Regulation von Cytokinen zu untersuchen. Neben den Markergenen war es Ziel, das hcap18/ll37, vor allem aufgrund seiner vielfältigen Eigenschaften, im TET-OFF- sowie im Überexpressionssystem zu untersuchen, um seine biologische Funktion näher zu charakterisieren. 18

Ergebnisse 2 Ergebnisse Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Herstellung und Verwendung von rekombinanten adeno-assoziierten Viren (raav). Die Herstellung erfolgt durch die Verwendung eines Helferplasmids (XX6-80), welches die nötigen adenoviralen Gene trägt. Das Helfervirus-freie System hat zum einen den Vorteil, dass bei der Herstellung keine Kontamination mit anderen Viren entsteht, zum anderen, dass alle Arbeiten unter S1-Bedingungen durchgeführt werden können. Die geringe Sicherheitsstufe zeichnet dieses System im Vergleich zu allen anderen viralen Gentransfersystemen für humane und andere Säugerzelllinien vor allem aus. Das Einbringen von nicht viraler Erbinformation, also Fremd-DNA, mittels rekombinanter replikationsdefizienten Viren in eine Zelle oder einen Organismus bezeichnet man als Transduktion, die Verwendung von replikationsfähigen Viren hingegen als Infektion. 2.1 Herstellung von raav2-egfp und Gentransfer in HEK-293 Zellen Für die Herstellung der rekombinanten Viren wurden HEK-293 Zellen mittels Calciumphosphatpräzipitation mit den Plasmiden XX2 (enthält die Rep- und Cap- Gene von AAV2, trans-plasmind), paav2-egfp (enthält das linke und rechte ITR von AAV2 sowie eine Expressionskassette aus CMV-Promotor, EGFP-Gen und einem Polyadenylierungssignal) und p80xx6 (adenovirales Helferplasmid) transfiziert. Die Aufreinigung der Viruspartikel erfolgte in einem CsGl-Gradienten. Nach der Dialyse und Quantifizierung wurden HEK-293 Zellen mit 100 transformierenden Einheiten pro Zelle (TFE/Z) transduziert. Die Abbildung 16 zeigt HEK-293 Zellen 48 Stunden nach der Transduktion. Beim Vergleich des Fluoreszenz- und des Durchlichtbildes wird deutlich, dass nahezu 100 % der Zellen das EGFP exprimieren. Die unterschiedlich starke Fluoreszenz ist bedingt durch die verschieden starke Transduktion und durch die zellzyklusabhängige unterschiedliche Expression. 19

Ergebnisse UV DIC Abb. 16: Die Abbildung zeigt mit raav2-egfp transduzierte HEK-293 Zellen als Fluoreszenz- und Durchlichtbild. 2.2 Untersuchung zur Stabilität des Gentransfers nach raav2-egfp- Transduktion Zu diesem Versuch wurden 2*10 5 HEK-293 Zellen in einem 24-Well mit 100 transformierenden Einheiten pro Zelle (TFE/Z) raav2-egfp transduziert. Alle zwei Tage wurden die Zellen mit Trypsin vereinzelt und im Verhältnis 1:3 auf 2 neue Wells ausgesät. Eine Probe davon diente zur weiteren Vermehrung, die zweite Probe für Westernblotanalysen. Wie aus der Abb. 17 zu erkennen ist, nimmt die Zahl der EGFP-positiven Zellen bis zum Tag 6 deutlich ab, nach 12 Tagen bleibt die Anzahl der positiven Zellen bis zum Ende des Versuchs allerdings konstant. Das raav2-genom kann sich, solange es in den Zellen episomal vorliegt und keine Ko-Infektion mit Adenoviren besteht, nicht vermehren. Daher wird bei jeder Zellteilung die Anzahl der viralen Genome halbiert, was an den Bildern der Tage 2-6 sehr deutlich wird. Da sich schnell teilende Zellen einen relativ hohen Stoffwechsel haben, bauen sie raav2-genome auch schnell ab, wodurch die tranduzierte Kultur noch schneller an positiven Zellen verarmt. Ab dem Tag 14 sind ausschließlich positive Klone zu erkennen, welche das raav2-egfp-genom integriert haben. Im Bild von Tag 16 sieht man sehr deutlich die Weitergabe an die Nachkommenzellen, da hier positive Klone immer nebeneinander zu erkennen sind. Einige dieser Kolonien (Doppelpunkte) sind durch Pfeile gekennzeichnet. 20

Ergebnisse Abb. 17: Die Abbildung zeigt Fluoreszenzbilder von raav2-egfp transduzierten HEK-293 Zellen. Die Zahl im Bild gibt die Tage nach der Transduktion an. Um diese Ergebnisse auch immunchemisch bestätigen zu können, wurden die gesammelten Proben im Westernblot untersucht. Hierfür wurden die Proteine in einer SDS-PAGE aufgetrennt, auf eine Nitrozellulosemembran übertragen und anschließend immunchemisch nachgewiesen. 21

Ergebnisse 12%iges SDS-Gel GFP Antikörper β-aktin Antikörper 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 Tage nach Infektion Abb. 18: Dargestellt sind zwei Westernblots. Im oberen ist das EGFP an den Tagen 4 bis 26 nachgewiesen worden, der untere ist die Ladekontrolle mit β-aktin. Die Ergebnisse der Fluoreszenzbilder (Abb. 17) konnten im Westernblot (Abb. 18) bestätigt werden. Hier wird wieder die abnehmende Expression des EGFP durch die Verringerung der Intensität der Banden bis zum Tag 14 deutlich, die Intensität der folgenden Banden bleibt gleich. Rekombinante AAV können sich in transduzierten Zellen nicht vermehren, da die replikationsabhängigen Elemente, das Rep-Protein und die nötigen adenoviralen Proteine nicht exprimiert werden, weshalb die Weitergabe nur nach Integration in das Wirtsgenom erfolgen kann. Um dieses zu zeigen, wurden die Zellen nach Tag 26 vereinzelt und mit einer Dichte von 0,25 Zellen pro Well auf 96-Wellplatten für eine monoklonale Selektion verdünnt. So konnten monoklonale Zelllinien, welche die entsprechende Expressionskassette trugen, hergestellt werden. Die Integrationsrate und die Anzahl der stabilen Zellen betrug bei dem gegebenen Versuchsansatz 2 %. A B Abb. 19: Monoklonaler Zellhaufen von HEK-293 Zellen, welche nach raav2-egfp Transduktion das virale Genom integriert haben. A: Fluoreszenz, B: Durchlicht. 22

Ergebnisse 2.3 Untersuchungen zur Zeit- und Dosis-abhängigen Expression 2.3.1 Klonierung des paav-luc-ires-egfp Vektors Die folgenden Versuche sollten Aufschluss darüber geben, welche Menge an Viren notwendig sind, um einen Gentransfer nachzuweisen, was zum einen ein Maß für die Transduzierbarkeit von Zelllinien darstellt, zum anderen zeigt, mit welcher Dynamik die Viren aufgenommen werden. Letzteres war vor allem deshalb interessant, um eine hohe Effizienz bei der Ausnutzung der hergestellten Viren zu erreichen. Der Kontrollvektor und die daraus resultierenden raav sollten sowohl EGFP als optischen Marker als auch einen weiteren möglichst enzymatischen Marker für genauere Quantifizierungen enthalten. Daher wurde hier die Luziferase als ein enzymatischer Marker verwendet, weil für die Untersuchung dieses Enzyms etablierte Assays genutzt werden konnten. Der Vorteil eines IRES-Vektors (internal ribosom entry site) besteht darin, dass eine bicistronische mrna gebildet wird. Sowohl die Luziferase als auch das EGFP werden von einer mrna abgelesen, und das Verhältnis der gebildeten Produkte ist daher immer identisch. EXPRESSIONSKASSETTE Abb. 20: Schematische Darstellung der Expressionskassette: Die Kassette beginnt mit dem CMV- Promotor, gefolgt von Luziferasegen, IRES-site, EGFP-Gen und einem Polyadenylierungssignal. Die so erhaltene Expressionskassette (Abb. 20) bestehend aus CMV-Promotor, Luziferasegen, IRES-site, EGFP-Gen und dem SV40 late Polyadenylierungssignal (polya), musste nun zwischen die ITRs von AAV2 kloniert werden. Für die genaue Herstellung des Vektors sowie der Klonierungsstrategie und der verwendeten Restriktionsendunukleasen siehe Methoden Anhang A. Der entstandene Vektor paav2-luc-ires2-egfp (Abb. 4) enthält die nötigen cisaktiven Elemente, die ITR, und konnte nun zur Herstellung der entsprechenden rekombinanten Viren (raav2-luc-ires2-egfp) verwendet werden. 23

1000 Ergebnisse Abb. 21: Grafische Darstellung des Vektors (paav-luc-ires2-egfp). 2.3.2 Bestimmung der Luziferaseaktivität nach der Transduktion Die raav2-luc-ires2-egfp wurden wie beschrieben hergestellt und quantifiziert. Nachdem der Titer der raav2-luc-ires-egfp bestimmt worden war, sollte nun die Dosis-abhängige wie auch die Zeit-abhängige Luziferaseaktivität ermittelt werden, wodurch Erkenntnisse über die Transduktionsgeschwindigkeit und die Effizienz dieses Gentransfersystems erhalten werden konnten. Hierzu wurden HEK-293 Zellen in einer 96-Well-Platte ausgesät, und zwar pro Well 10 4 Zellen, und mit verschiedenen Mengen Virus transduziert. Die Verdünnungsreihe wurde dabei so angesetzt, dass maximal 10 3 bis 2*10-4 transformierende Einheiten pro Zelle (TFE/Z) verwendet wurden, mithin im ersten Well 10 7 und in der 23. Verdünnung 2,4 transformierende Einheiten (TFE). Die Expressionsdauer betrug 72 Stunden. Dosis-abhängige Expression RLU 10 10 6 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0,064 0,032 0,016 0,008 0,004 0,002 0,001 0,0005 0,00025 0,25 0,125 0,5 1 2 4 8 16 32 64 500 250 125 TFE/Z Abb. 22: Grafische Darstellung der Dosis-abhängigen Luziferase-Expression. Dargestellt ist die Expression einer 1:1 Verdünnungsreihe mit 22 Verdünnungsschritten, beginnend mit 1000 TFE/Z. 24

Ergebnisse Ein Maximum der Expression wird ab 125 TFE/Z erreicht, eine weitere signifikante Steigerung ist allerdings nicht zu erkennen. An diesem Punkt ist wahrscheinlich die maximale Kapazität der einzelnen Zelle erreicht. Die genauere Betrachtung der Dosis-abhängigen Expression zeigt, dass sich selbst minimale Viruskonzentrationen nachweisen lassen. So wird in der letzten Verdünnung mit 2,4 transformierenden Einheiten (TFE) auf 10 4 Zellen ein Wert von 16500 RLU erreicht. Proben aus nicht oder raav-egfp transduzierte Zellen erreichen Werte um 150 RLU, was verdeutlicht, dass sich auf diese Weise und mit diesem sehr sensitiven System selbst ein extrem geringer Gentransfer nachweisen lässt. Da zwischen einzelnen Zellen und Viren nicht differenziert wird, kann für die Verteilung der Viren eine Poisson-Verteilung angenommen werden. Diese Hypothese wurde mittels Monte-Carlo-Simulation 1 bestätigt. Die Verteilung folgt dabei der Gleichung: P (X=0) =e -λ λ = Viren / Zelle (TFE/Z) Mit dieser Gleichung werden alle negativen Ereignisse ermittelt, d.h. die Anzahl der Zellen, die bei der eingesetzten Menge an Viren pro Zelle nicht transduziert werden. Die Summe aller transduzierter Zellen (Q), auch solcher mit mehr als einer TFE, ergibt sich daraus wie folgt: Q = 1 P. TFE/Z % an transduzierten Zellen (Q) 1 63,212 2 86,467 3 95,021 4 98,168 5 99,326 6 99,752 7 99,909 8 99,966 9 99,988 10 99,996 1 Die Simulation wurde freundlicher Weise von Alexander Schnurr (Fachbereich Mathematik und Informatik der Philipps-Universität Marburg, Stochastik und Versicherungsmathematik) durchgeführt. 25

Ergebnisse In einer grafischen Darstellung wird dieses besonders deutlich (Abb. 23). Für diese Grafiken wurden alle Verteilungen von 0 nicht transduziert bis 15-fach transduziert berechnet (K). Für die Berechung der Einzelwerte, wurde folgende Formel verwendet: Q = 1 P P (X=K) = λ K /K! * e -λ K = n-fach transduzierte Zellen K von 0 bis 15 40 35 1 TFE/Z 40 35 2 TFE/Z 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 40 35 3 TFE/Z 40 35 4 TFE/Z 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 40 35 5 TFE/Z 40 35 6 TFE/Z 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Abb. 23: Grafische Darstellung von Verteilungen für verschiedene Mengen an Virus pro Zelle. Die verwendete Virusmenge ist in der jeweiligen Grafik oben rechts angegeben. Der Balken für nichttransduzierte Zellen ist schwarz dargestellt. Die Y-Achse gibt die Menge an transduzierten Zellen in % an, die X-Achse die Zahl der transduzierten Einheiten pro Zelle. Jeder Balken stellt dabei eine Gruppe von Zellen dar, die nicht (0), einfach (1), zweifach (2), etc. transduziert sind. 26

Ergebnisse In der Abbildung sind 6 Verteilungen für die Werte 1-6 TFE/Z dargestellt, der schwarze Balken gibt dabei die nicht transduzierten Zellen an. Ab 5 TFE/Z wird der Balken verschwindend klein, bei 6 TFE/Z ist der Anteil an nicht-transduzierten Zellen schon kleiner als 0,25%. Bei der Verwendung von 10 TFE/Z kann von einer nahezu 100%igen Transduktion ausgegangen werden, da hier im Durchschnitt bei 10.000 Zellen nur noch 0,4 Zellen nicht transduziert sind (Wert ist kleiner als 1). 2.3.3 Untersuchung zur Zeit-abhängigen Expression nach raav2-transduktion Um die Zeit-abhängige Expression zu untersuchen, wurden10 4 HEK-293 Zellen mit raav2-luc-egfp (1,0 und 0,1 TFU/Z) transduziert. Zu den jeweiligen Zeitpunkten 3h, 6h, 9h, usw. nach der Transduktion wurden die Mediumüberstände abgenommen, tiefgefroren, die Zellen mit Lysepuffer versetzt und bis zur Versuchsauswertung ebenfalls bei -20 C gelagert. Wichtig bei dieser Untersuchung waren vor allem die Fragen, nach welcher Zeit sich der Gentransfer nachweisen lässt und mit welcher Geschwindigkeit die Viren aus dem Medium von den Zellen aufgenommen werden und das Transgen zur Expression bringen. Bereits sechs Stunden nach der Transduktion konnte der Gentranfer gut nachgewiesen werden, wobei man nach drei Stunden nur Werte wie bei nicht transduzierten Zellen erhielt. 27

Ergebnisse 25 Luziferaseaktivität nach Transduktion 20 RLU / 10 6 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 t/h Abb 24: Grafische Darstellung der Luziferaseexpression 3 bis 126 Stunden nach der Transduktion (- 1,0 TFE/Z, 0,1 TFE/Z). Daraus lässt sich schließen, dass der Ablauf des Gentransfers, der aus Endozytose, Transport in den Zellkern sowie Freisetzen und Auffüllen der einzelsträngigen DNA besteht, weniger als sechs Stunden benötigt, da das Transgen nach sechs Stunden bereits transkribiert und translatiert war. Bei weiterer Betrachtung wird ein nahezu exponentieller Anstieg der Luziferasewerte bis zu ca. 30 Stunden nach der Transduktion und wieder nach ca. 100 Stunden erkennbar. Der erste Anstieg lässt sich natürlich über die zunehmende Transduktion erklären, die nach einiger Zeit ein Maximum erreichen sollte. Der starke Anstieg nach ca. 100 Stunden lässt sich jedoch am ehesten dadurch erklären, dass es zur Integration der Genome kommt und integrierte Genome erheblich stärker transkribiert werden als episomale, zumal eine Zunahme der Werte aufgrund von Proliferation der Zellen ausgeschlossen werden konnte, da diese nach drei Tagen konfluent waren. Diese Annahme konnte durch die darauf folgende Untersuchung zum Verbleib der restlichen Viren im Überstand bestätigt werden, da nach 80 h fast keine Viren mehr im Überstand nachzuweisen waren. 28

Ergebnisse Die gesammelten Überstände aus dem vorangegangenen Versuch wurden nun wieder auf neue HEK-293 Zellen (10 4 ) gegeben, um die Restreaktivität zu bestimmen. Sie sollte Aufschluss über die Menge an aufgenommenen bzw. adsorbierten Viren zu den bestimmten Zeitpunkten geben. Die Inkubationsdauer des Folgeversuchs betrug ebenfalls 72 Stunden. Für den Zeitpunkt null wurde das identische Volumen mit einer TFE/Z auf ein Well gegeben und sofort wieder entfernt, um mögliche Fehler durch Adsorbtion an der Plastikoberfläche und Pipettierverluste zu minimieren. Restaktivität nach Transduktion RLU / 10 6 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 20 40 60 80 100 120 t/h Abb. 25: Dargestellt ist die aus den Überständen gewonnene Restaktivität (Luziferaseexpression) zu den bestimmten Zeitpunkten nach der Transduktion. Obwohl nach 3 Stunden Inkubation im vorangegangenen Versuch noch keine Luziferaseaktivität zu verzeichnen war, wird bei der Folgeuntersuchung klar, dass bereits 13% der Viren aufgenommen oder an den entsprechenden Rezeptoren der Zellen adsorbiert waren. Nach 21 Stunden waren ca. 50%, nach 24 Stunden ca. 60%, nach 48 Stunden ca. 87% und nach 74 Stunden ca. 98% der Viren aufgenommen. An diesem Ergebnis wird deutlich, dass es zweckmäßig ist, die Zellen über mindestens 48 Stunden mit den Viren zu inkubieren, da sonst ein Großteil der Viren durch z. B. Mediumwechsel verloren geht. 29

Ergebnisse h/nach Transduktion Restreaktivität in % Berechnete Virusaufnahme in % 0 100 0 3 87 13 6 78 22 9 70 30 12 68 32 15 59 41 18 56 44 21 50 50 24 39 61 48 13 87 58 8 92 74 3 97 81 2 98 99 1,6 98,4 126 1,5 98,5 Abb. 26: Tabelle zur Restreaktivität von noch nicht aufgenommenen rekombinanten Viren und die daraus errechnete Virusaufnahme zu verschiedenen Zeitpunkten. Die Aufnahmegeschwindigkeit der Viruspartikel ist durch die Diffusion der Partikel im Zellmedium bedingt. Weitaus maßgeblicher ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Andockstellen der Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Die Anzahl der intakten oder vollständigen Viren im Vergleich zu leeren oder defekten Partikeln ist 1: 100 bis 1:1000. Dieses Problem stellt sich nicht im großen Maß für in vitro Versuche, da der Gentransfer lediglich verlangsamt wird, wohl aber für in vivo Versuche oder gentherapeutische Ansätze. Hierbei führt eine 100- bis 1000-fach höhere Antigenpräsentation zu einer erhöhten Immunantwort, welche dann eine Transferrate des Gens nach weiterer Applikation stark verringern würde. Daher ist es wohl eine Aufgabe der Zukunft, das Kapsidassembly bei der Virusherstellung zu verbessern oder die Auftrennung von leeren und intakten Viruspartikeln zu optimieren. 30

Ergebnisse 2.4 Das Tetracyclin-regulierbare-System (TET-System) 2.4.1 Herstellung der viralen Vektoren für das TET-System. Um dieses induzierbare System auch für das AAV-System benutzen zu können, mussten zunächst virale Vektoren für die Transaktivatoren und den zu exprimierenden Genen hergestellt werden. Die erste Überlegung galt der Anordnung der entsprechenden regulatorischen Elemente. Die Klonierung der Expressionskassette für das Transgen und der Expressionskassette für das regulatorische Element (tta oder rtta) auf einem Plasmid hätte die Größe des Transgens erheblich eingeschränkt, zumal eine weitere Expressionskassette für einen Farbstoff, welcher die Quantifizierung der Viren wesentlich vereinfachen würde, die Kapazität für raav überschritten hätte und somit nicht möglich wäre. AAV TET-ON AAV tet-cmv min -luc AAV TET-OFF + Dox - Dox Expression Expression Abb. 27: Darstellung der bivektorialen Systeme AAV-tetCMV min -luc + AAV-TET-ON bzw. AAVtetCMV min -luc + AAV-TET-OFF. Die Trennung von regulatorischem Element und Expressionskassette für das Transgen hat noch weitere Vorteile. Viren, die das Transgen unter der Kontrolle des tetcmv min -Promotors tragen, können sowohl im TET-ON-System als auch im TET- OFF-System verwendet werden, wodurch artifizielle Einflüsse des Tetracyclins/Doxycyclins auf die Ergebnisse erfasst werden könnten. 31