Gesetz zur Sicherung von Schullaufbahnen und zur Weiterentwicklung des Schulrechts (12. SchulRÄndG)

Ähnliche Dokumente
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ Wahlperiode

BERECHNUNG DER FRIST ZUR STELLUNGNAHME DES BETRIEBSRATES BEI KÜNDIGUNG

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

I. Allgemeine Anmerkungen

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Mehr Transparenz für optimalen Durchblick. Mit dem TÜV Rheinland Prüfzeichen.

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Familienrecht Vorlesung 6. Familienrecht

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Wir, gewählter Oberster Souverän von Gottes Gnaden, Treuhänder des

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode. Drucksache 6/914

Teilzeitarbeit. Nr. 154/04

Ein Betriebsrat. In jedem Fall eine gute Wahl.

Elternzeit Was ist das?

zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes

Unfallkasse Nord Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Körperschaft des öffentlichen Rechts

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

Abschlüsse und Berechtigungen in der Hauptschule:

Seite 1 von 7. Anlage 1. Erstes Anschreiben an den/die Beschäftigte/ -n. Frau/Herrn Vorname Name Straße PLZ Ort

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode

FORUM: Produktionsschule als Teil des Schulsystems

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Mobile Intranet in Unternehmen

M e r k b l a t t. Neues Verbrauchervertragsrecht 2014: Beispiele für Widerrufsbelehrungen

Versetzungsregeln in Bayern

Die Zahl der Kinder mit Förderbedarf an Regelschulen hat sich in den letzten vier Jahren verdoppelt

MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT

SICHER UNTERWEGS mit qualifizierten Berufskraftfahrern

Das NEUE Leistungspaket der Sozialversicherung. Mehr Zahngesundheit für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Fragen und Antworten

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Abschrift. Zur Optionspflicht, welche für Sie am eingetreten ist, weisen wir Sie auf folgendes hin:

Betriebsratswahlen Mitbestimmungsrecht in der. Kriese nutzen Demokratie verwirklichen. Herr / Frau Präsident/in, meine D + H

Ergebnis und Auswertung der BSV-Online-Umfrage zur dienstlichen Beurteilung

Bundesverband Flachglas Großhandel Isolierglasherstellung Veredlung e.v. U g -Werte-Tabellen nach DIN EN 673. Flachglasbranche.

Privatinsolvenz anmelden oder vielleicht sogar vermeiden. Tipps und Hinweise für die Anmeldung der Privatinsolvenz

MERKBLATT ZUR RUNDFUNKGEBÜHRENPFLICHT (GEZ) insbesondere für internetfähige PCs ab dem

1 Mathematische Grundlagen

Informationen zum Begleiteten Fahren ab 17

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

Informationsblatt Induktionsbeweis

Anlage a) Schulfremdenprüfung Realschule Information. Staatliches Schulamt Künzelsau Oberamteistraße Künzelsau

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

An die Bezirksregierungen in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

BeurkG 16, 13 Abs. 1 S. 1 Umfang der Übersetzung einer Niederschrift für einen Sprachunkundigen. I. Sachverhalt. II. Fragen

Az. StO 1/03. Leitsatz:

PRESSEINFORMATION. Deutsche Glasfaser stellt Generalunternehmen Ultimatum. Deutsche Glasfaser

Copyright 1997 Kammer der Wirtschaftstreuhänder All rights reserved

Urheberrecht in der Schule Was Lehrer, Eltern, Schüler, Medienzentren und Schulbehörden vom Urheberrecht wissen sollten

Südbaden-Cup. Ausstieg Champions

Sehr geehrter Herr Präsident [Prof. Dr. Dr. h.c. Greipl], meine sehr geehrten Damen und Herren!

Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung Was ändert sich? Was bleibt?

Merkblatt zum Antrag auf Zulassung als Medizinisches Versorgungszentrum

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Ergebnisse der Veranstaltung

3.13. Landessynode (ordentliche) Tagung der 15. Westfälischen Landessynode vom 14. bis 17. November Pfarrdienstrecht

Informationen zur Mitgliedschaft

Langfristige Genehmigungen

Aktuelle Informationen und Verhandlungsergebnisse M+E Mitte Sonderbeilage zum Tarifabschluss

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

Mitteilung zur Kenntnisnahme

Versetzungsgefahr als ultimative Chance. ein vortrag für versetzungsgefährdete

Erwiderung zur Stellungnahme der Flughafen GmbH zum NOA4-Bericht vom

Selbstständigkeit und Existenzgründung von drittstaatsangehörige Personen

Angaben zur Person für die erstmalige Schulaufnahme

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

Vorbemerkung: Die folgenden Aussagen gelten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt, für das Gebiet der Stadt München.

Leitbild. LG Liechtensteinisches. Gymnasium

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen

Elternbefragung. zur Ermittlung des Bedürfnisses an der Errichtung der Schulform Integrierte Gesamtschule im Schulbezirk Dorum

VERBANDSINFORMATION. Infoblatt zur Ausfallgebühr ja oder nein Danke?!

EINIGE ERGEBNISSE IM DETAIL

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Zentrale Prüfungen nach Klasse 10

BUCHHALTUNG BUCHFÜHRUNG WO IST ER EIGENTLICH? - DER UNTERSCHIED?

Protokoll der Sitzung des LAK Bildung am in Nürnberg

Änderung des IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Anlage 4a Ergänzende Angaben der Antragstellerin/des Antragstellers

Es ist mal wieder Abmahnzeit

An die Gläubiger der ALPHA Events UG

Informationen für den Wahlkreis. 15. Wahlperiode / Wohin mit dem Elektroschrott?

Lehrer: Einschreibemethoden

Sonderrundschreiben. Arbeitshilfe zu den Pflichtangaben in Immobilienanzeigen bei alten Energieausweisen

Sonderpädagogische Förderung für den Förderbereich Lernen an den Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen

Situa?onsbeschreibung aus Sicht einer Gemeinde

Bayerisches Landesamt für Steuern 17 ESt-Kartei Datum: Karte 2.1 S /3 St32

SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

1. Was sind Aufgaben? Aufgaben einrichten Ansicht für die Teilnehmer/innen... 3

schüler online Die zentrale Anmeldung im Internet

Bewertung des Blattes

Herrn Dr. Theodor Windhorst Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Gartenstraße Münster

Wie Sie Betriebskosten korrekt vereinbaren

Allgemeine Rechtsgrundsätze zur Vor-GmbH

WIR MACHEN SIE ZUM BEKANNTEN VERSENDER

Notfallsanitäter in NRW Stand

Transkript:

Landtag Nordrhein-Westfalen Ausschuss für Schule und Weiterbildung Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf Datum: 13. Mai 2015 Unser Zeichen: Balbach / Kö Gesetz zur Sicherung von Schullaufbahnen und zur Weiterentwicklung des Schulrechts (12. SchulRÄndG) Ihr Schreiben vom 28. April 2015 Sehr geehrter Herr Große Brömer, sehr geehrte Damen und Herren, zur Beratung des Gesetzes zur Sicherung von Schullaufbahnen und zur Weiterentwicklung des Schulrechts in Nordrhein-Westfalen nehmen wir schriftlich Stellung: A Vorbemerkungen I. lehrer nrw beurteilt die Möglichkeit, bestehende Realschulen um einen Hauptschul- Bildungsgang zu ergänzen, unter den vorgestellten Eckdaten sehr kritisch. Weder ist die Realschule das einzige Angebot einer weiterführenden Schule neben dem Gymnasium, noch scheitert der Wechsel zu einer Sekundar- oder Gesamtschule wegen fehlender Angebote in erreichbarer Nähe der Schüler oder gar zu geringer Aufnahmekapazitäten. Zum einen sind Sekundar- oder Gesamtschulen in der Regel anstelle bestehender Haupt- und Realschulen errichtet worden, zum anderen erreicht ein stetig größer werdender Teil der Sekundarschulen nicht einmal die vorgesehene Zügigkeit. Die Bandbreiten werden bei weitem nicht ausgeschöpft: Dort ist also noch Platz für zu versorgende Hauptschüler.

Zudem treten oft Probleme auf, weil Hauptschulen wegen ihrer bevorstehenden Auflösung - für die Erziehungsberechtigten überraschend - angemeldete Schüler abweisen bzw. Erziehungsberechtigte ihre Kinder abmelden. lehrer nrw fordert deshalb transparente Prüfkriterien und einen verifizierbaren Nachweis für Schulen des längeren gemeinsamen Lernens, wenn sie die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern ablehnen. Schützen sich jedoch die Schulen des längeren gemeinsamen Lernens vor Schülern des gegliederten Schulsystems, findet eine neue Art der Selektion statt. Dabei sollte das Fehlen jeglicher Selektion und Auslese doch gerade die Schulen des neuen Systems auszeichnen. II. Auch die beabsichtigte Neuregelung der Besetzung von Schulleitungsstellen muss kritisch hinterfragt werden. Der Gesetzgeber hat im Ergebnis zu spät erkannt, dass die Wahl durch die Schulkonferenz sowie das Vetorecht des Schulträgers gegen den Grundsatz der Bestenauslese aus Art 33 GG verstoßen. Auch das Erfordernis der Erfahrungsgewinnung an mehreren Schulen war nicht gerechtfertigt, wie diesbezügliche Urteile zeigen. Eine Neuregelung macht grundsätzlich nur Sinn, wenn sie einen Wert in sich besitzt. Konsequenter wäre deshalb die Abschaffung der weitgehenden Beteiligung der Schulkonferenz und die Rückkehr zum praktisch bewährten Rechtszustand vor der Einführung des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 27. Juni 2006. III. Dass sich die den Gesetzentwurf einbringenden Fraktionen intensiv mit der Weiterentwicklung des Schulrechts in Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund des am 13. März 2015 veröffentlichten Beschlusses des BVerfG zu Az. 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10 auseinandergesetzt haben, begrüßt lehrer nrw uneingeschränkt. Ein generelles Verbot des Tragens von religiösen Symbolen ist mit der Glaubensund Bekenntnisfreiheit nicht vereinbar, ein Verbot im Einzelfall an eine hinreichend konkrete Gefährdung für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität deshalb gebunden. Der Verzicht auf den aufgrund seiner Privilegierung der christlich abendländischen Bildungs- und Kulturwerte laut Bundesverfassungsgericht nichtigen 57 Abs. 4 S 3 SchulG NW ist aber verfehlt. Der Wortlaut des Art 7 Abs 1 LV NW, dass Ehrfurcht vor Gott zu wecken vornehmstes Ziel der Erziehung ist, lässt keine Privilegierung eines Bekenntnisses erkennen und sollte eher verfassungskonform ergänzt werden.

B Anmerkungen zu Artikel 1 48 Abs 2 S 3 SchulG NW Die geänderte Rechtsgrundlage sichert zwar eine einheitliche Handhabung, wenn die Ergebnisse der zentralen Lernstandserhebungen bei der Leistungsbewertung nicht berücksichtigt werden. lehrer nrw weist jedoch darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler zukünftig die Lernstandserhebungen vielfach nicht mehr ernst nehmen könnten. Es droht die Gefahr, dass leere oder unvollständige Blätter abgeben werden, wenn die Ergebnisse der zentralen Lernstandserhebungen nicht mehr in die Beurteilung eingehen: Welchen Sinn macht eine Überprüfung des Lernstandes, wenn keine überprüfbare Leistung gefordert wird? Das ist ein Paradoxon. 57 Abs 4 S 3 SchulG NW Die Formulierung, dass die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Art 7 und 12 Abs 3 LV NW und die entsprechende Darstellung von Bildungs- und Kulturwerten oder Traditionen des christlichen Bekenntnisses und anderer religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1 widerspricht, ermöglicht den Verzicht auf die vom Bundesverfassungsgericht zu Recht als nichtig gewertete Privilegierung, verzichtet aber nicht darauf, genau die Werte zu betonen, auf denen die Erziehung im Sinne der Verfassung unseres Landes aufbaut. Die im Gesetzesentwurf angestrebte Änderung durch Streichung von 57 Abs 4 S 3 SchulG NW reduziert die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Art 7 Abs 1 und Art 12 Abs 3 LV NW auf eine bloße Absichtserklärung. lehrer nrw mahnt dringend dazu, die christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte und Traditionen durch maßvolle Erweiterung von 57 Abs 4 S 3 SchulG NW auch zukünftig als allgemeinen Erziehungsauftrag zu betonen. Die Basis unseres Kulturgutes sollte auf jeden Fall erhalten bleiben. Der 57 Abs 4 SchulG NW bestätigt den Lehrerinnen und Lehrern grundlegende Freiheitsrechte, die nur bei konkreten Gefahren für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität Einschränkungen unterliegen. Ein Verzicht auf S 3 würde die Interpretation und Ausgestaltung der grundlegenden Freiheitsrechte in die alleinige Zuständigkeit der Landesregierung stellen, die im Wege von Verordnungen - ohne Beteiligung und Kontrolle des Landtages - Einschränkungen festlegen kann.

61 SchulG NW lehrer nrw begrüßt die beabsichtigte Neufassung, dass die Schulaufsichtsbehörden zukünftig sämtliche Bewerberinnen und Bewerber benennen, die die obligatorischen Anforderungskriterien der Stellenausschreibung erfüllen. Das verfassungsrechtlich bedenkliche Wahlverfahren abzuschaffen und statt dessen Besetzungsvorschläge der Schulkonferenz und des Schulträgers mit Begründungen einzuholen, ist aus unserer Sicht ebenfalls sinnvoll. Weniger sinnvoll ist hingegen die 8-Wochen-Frist, die es dem Schulträger ermöglichen würde, erst nach der Schulkonferenz über einen eigenen Vorschlag zu entscheiden. Diese Frist verlängert ohne Not das ohnehin oftmals zeitaufwändige Besetzungsverfahren. Dass die Schulaufsicht bei der Auswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese die Stellungnahmen der Schulkonferenz und des Schulträgers berücksichtigen muss, ist gut gemeint. Der Wert, ein solches Verfahren überhaupt durchzuführen, ist jedoch für uns nicht erkennbar: Verlierer ist nicht nur die Schulkonferenz, sondern auch der Schulträger. Es hilft dem Schulträger deshalb wenig, wenn in 61 Abs 6 SchulG NW die Notwendigkeit einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Schulleitung und Schulträger in Worten hervorgehoben wird. Hinsichtlich der Bestellung zur Schulleiterin oder zum Schulleiter ist offenbar die Schulform out und das Schulsystem in. Von Schulform oder Schulstufe kann abgewichen werden, nicht aber vom Erfordernis einer Lehramtsbefähigung. Wie auf diesem Weg qualifizierte Schulleiterinnen und Schulleiter gewonnen werden können, ist unerfindlich. 66 SchulG NW lehrer nrw begrüßt ausdrücklich die Möglichkeit zur Erweiterung der Teilnehmer an der Schulkonferenz um pädagogische und sozialpädagogische Fachkräfte. 78 SchulG NW lehrer nrw weist in der gebotenen Kürze darauf hin, dass die geplante Änderung von 78 Abs 4 S 4 SchulG NW verfassungsrechtlich bedenklich ist. In Nordrhein- Westfalen sind öffentliche Schulen die Regel, besitzen jedoch kein Schulmonopol, da das Grundgesetz dies nicht vorsieht. Das Recht zur Errichtung privater Schulen ist in Art 7 Abs 4 Grundgesetz mit Verfassungsrang gewährleistet.

Die Verpflichtung zur Errichtung von privaten Schulen korrespondiert mit der Berechtigung zu ihrer Errichtung. Art 7 Abs 4 GG könnte jedoch tangiert sein, wenn das Bedürfnis an ihrer Errichtung sich am Angebot bereits vorhandener Schulen anderer privater Schulträger orientieren würde. Denn dies bedeutet, dass das Bedürfnis nicht durch Schulen erfüllt werden kann, die sich in Gründung befinden oder noch nicht gegründet worden sind. Untergesetzlich schränkt das Schulgesetz NW damit den Wesensgehalt von Art 7 Abs 4 GG ein. 132 c SchulG NW Die Arbeitsthese, die sich in der Begründung zum Gesetzentwurf findet, dass Schüler beim Wechsel vom gegliederten in das integrierte Schulsystem (z. B. von der Hauptschule zur Gesamt- oder Sekundarschule) die heterogenen Lerngruppen stören, ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Auch der stete Hinweis auf die demografische Entwicklung überzeugt hier inhaltlich nicht. lehrer nrw lehnt die grundlegende Überlegung, unter bestimmten Voraussetzungen an bestehenden Realschulen den Hauptschul-Bildungsgang einzurichten, nicht ab. lehrer nrw fordert den Landtag jedoch auf, die Eckdaten grundlegend zu überarbeiten, damit die Standards mit Blick auf die unterschiedlichen Abschlüsse auch zukünftig erfüllt werden können. Es kann nicht angehen, dass Kinder, deren Erziehungsberechtigte die Schulform Realschule aus gutem Grund gewählt haben, unter Verzicht auf schulformbezogene Klassen in heterogenen Klassenverbänden binnendifferenziert zu längerem gemeinsamern Lernen gezwungen werden. Realschulen sind keine Schulen des längeren gemeinsamen Lernens! Hier soll schleichend das neue Lernen eingeführt werden. Ebenso wenig kann es angehen, dass der Unterricht in Form der äußeren Differenzierung lediglich ergänzend hinzukommen kann. Die geplante Änderung des Schulgesetzes pervertiert die von der Landesregierung so in den Vordergrund gestellte Wahlfreiheit der Eltern, deren Wahl für eine Schulform völlig leerläuft, wenn der Schulträger gegen den Elternwillen - hier mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde - anders entscheiden kann. lehrer nrw fordert, das Regel-Ausnahme-Verhältnis im Kern zu überprüfen: Wenn bestehende Realschulen zukünftig um einen eigenen Hauptschul-Bildungsgang erweitert werden sollen, muss der Unterricht in der Regel in schulformbezogenen Klassen mit äußerer Differenzierung stattfinden.

Erst wenn die Anzahl der Schülerinnen und Schüler im Hauptschul-Bildungsgang den Klassenfrequenzrichtwert für die Hauptschule unterschreitet, kann auf andere Unterrichtsformen zurückgegriffen werden. Dies sollte dann aber der Entscheidung der jeweiligen Schule unterliegen. Die Verlierer des Einrichtungsdrucks von Sekundar- und Gesamtschulen sind die bisherigen Hauptschüler, aber auch die bisherigen Realschüler. Wenn durch die Erweiterung bestehender Realschulen nicht eine neue, subtile Form der Selektion einsetzen soll - hier Schulen des längeren gemeinsamen Lernens, dort das gegliederte Schulsystem - müssen zumindest die Klassenbildungswerte im Sek I Bereich vereinheitlicht, d. h. der Klassenfrequenzrichtwert auf 24 Schülerinnen und Schüler und die Lehrer-Schüler-Relation insgesamt abgesenkt werden. Im gesamten Schulsystem muss endlich eine Gleichbehandlung aller Schulformen erfolgen. Denn das sind wir den Schülerinnen und Schülern schuldig. Die den Gesetzentwurf einbringenden Fraktionen übersehen im Übrigen geflissentlich, dass Realschulen auch in der Vergangenheit mit Erfolg Abschlüsse nach 14 Abs 4 SchulG NW vergeben haben und sich wie jede andere Schulform in der Pflicht sehen, alle Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss zu führen. Anmerkungen zu Artikel 2 Die Überlegung, Verfahren zur Bestellung der Schulleiterin oder des Schulleiters, die 2015 begonnen haben, nach derzeit geltendem Recht abzuschließen, öffnet möglichen Klagen Tür und Tor. Dass das neue Verfahren erst eingeführt werden soll, wenn die Schulaufsichtsbehörde den Schulträger und die Schulkonferenz um Zustimmung zu ihrem Ausschreibungstext bittet, dürfte Tür und Tor für den Gang zu den Gerichten öffnen. Aus Sicht von lehrer nrw empfehlenswert ist deshalb die Einschränkung dahingehend, dass Verfahren zur Bestellung der Schulleiterin oder des Schulleiters, die bis zum Tag der Verkündung des 12. Schulrechtsänderungsgesetzes bereits begonnen haben, nach derzeit geltendem Recht abgeschlossen werden, während zukünftige Verfahren, die ab dem Tag nach der Verkündung begonnen werden, nach dann neuem Recht zu behandeln sind. Mit freundlichen Grüßen gez. König Michael König - Justitiar -