Erfahrungsbericht. Auslandssemester in Santiago de Chile/Chile. von Lucia Zschätzsch. E-Mail: lucia.zsch@web.de



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Transkript:

Erfahrungsbericht Auslandssemester in Santiago de Chile/Chile von Lucia Zschätzsch E-Mail: lucia.zsch@web.de Heimathochschule: PH-Weingarten Gasthochschule: LBI ( Deutsches Lehrerbildungsinstitut Wilhelm von Humboldt) Studienfach: Haupt- und Grundschullehramt mit Schwerpunkt Grundschullehramt: Musik, kath.theologie, Deutsch Studienziel: Staatsexamen Semester: 4. Hochschulsemester (3. Fachsemester) Zeitpunkt: 12. März 8. Juli 2011 Jahrgang: 1989

Zur Vorbereitung meines Auslandsaufenthaltes in Chile besuchte ich das Seminar Let s go international unter der Leitung von Frau Jolowicz des International Offices der PH- Weingarten. Das Ziel dieses Seminars war es, das eigene Land und das fremde Land, in welchem das Auslandssemester der Studenten der PH Weingarten stattfinden soll, besser kennen zu lernen. Zudem hatte ich dabei auch die Gelegenheit, mehr über die Kultur anderer Länder, wie z.b. Australien und Südafrika zu erfahren, denn einige meiner Kommilitionen hatten sich dafür entschieden, in diesen Ländern ihr Praktikum bzw. Auslandssemester zu absolvieren. Sehr vorteilhaft für mich war, dass ich dort eine deutsche Studentin kennenlernte, die ihren Chileaufenthalt vor sich hatte und auch eine Chilenin, die gerade für ein Auslandssemester in Weingarten lebte. Beide erzählten einiges über Menschen und Bräuche in Chile und die Chilenin konnte sogar schon ein Zimmer in einer Wohnung bei einer Mutter einer Studentin in Chile empfehlen, in der sie selber schon gewohnt hat. Darüber hinaus fuhr ich zum Treffen der Baden-Württemberg Stipendiaten nach Stuttgart. Dort lernte ich auch fünf Studentinnen aus Heidelberg kennen, die mit mir gemeinsam das Auslandssemester in Chile absolvieren sollten. Danach hatte ich per Mail regelmäßig Kontakt zu ihnen und wir sprachen uns auch bezüglich des Fluges ab. Dies war sehr hilfreich für mich, da ich sonst alleine hätte fliegen müssen. Schließlich mussten noch einige organisatorische Dinge erledigt werden. Das Studentenvisum musste an der chilenischen Botschaft in München beantragt werden, was ziemlich lange dauerte und im Nachhinein gesehen auch sehr kostspielig war. Außerdem kümmerte ich mich um die Impfungen wie Hepatitis A und B, Diphtherie, Tetanus und Gelbfieber. Gelbfieber ist jedoch nur für diejenigen zu empfehlen, die wirklich nach Brasilien reisen möchten. Hinweise für die Impfungen sind auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes zu finden. Darüber hinaus schloss ich eine Auslandskrankenversicherung (ADAC)ab und eröffnete ein Konto (Sparkonto der Postbank) für kostengünstigen Geldtransfer. Für zukünftige Austauschstudenten würde ich dennoch ein Konto bei der DKB empfehlen, da dies schnell beantragt ist und man keine Abhebegebühren zahlen muss. Um meine Grundkenntnisse in Spanisch zu verbessern, hatte ich vor meiner Reise ein Semester lang einen Spanischkurs an der PH Weingarten belegt. Zusätzlich ließ ich mich von der PH Weingarten für das Auslandssemester beurlauben und kümmerte mich schon im Voraus um das Tagespraktikum in Musik im kommenden Wintersemester. Nachdem diese Vorbereitungen abgeschlossen waren, stand meiner Reise nach Chile nichts mehr im Wege. Leider habe ich im Gepäck zuviel Sommerkleidung mitgenommen. Es stellte sich dann heraus, dass es in Chile im Winter doch deutlich kälter war, als ich es mir vorgestellt hatte. Nach einer kleinen Abschiedsparty in Weingarten ging es dann los nach Südamerika. Am Flughafen in Santiago angekommen, habe ich mich zuerst gewundert, dass das 1

beeindruckende Panorama der Anden fast überall in der modernen fünf- Millionen Metropole sichtbar ist. Am Flughafen kümmerten wir vier Deutschen uns dann um ein Transvip, ein Großraumtaxi, welches uns in unser neues Zuhause fuhr. Beim Reservieren dieses Großraumtaxis sollte man allerdings darauf achten, dass man es noch im Flughafengebäude bestellt. Sobald man außerhalb als Orts unkundiger Ausländer erkannt wird, werden unverhältnismäßig hohe Preise verlangt. Also Vorsicht! Die Einkommensunterschiede der Bevölkerung in Chile sind enorm. Das Land besteht aus vielen sozialen und kulturellen Welten, wobei jede Gesellschaftsschicht weitgehend unter sich bleibt und in eigenen Stadtteilen wohnt. Das konnten wir gleich auf der Fahrt vom Flughafen feststellen, denn drei der mitfahrenden chilenischen Fahrgäste wurden in Favelas, in Armenvierteln, abgesetzt. So bekam ich zu Beginn der Reise auch einen Eindruck von den ärmeren Vierteln Santiagos. Im Gegensatz dazu war ich bei der Ankunft an meinem zukünftigen Wohnort verblüfft. Ich stand vor einem riesigen Gebäudekomplex mit verschiedenen Wohnhäusern, die noch einmal in viele eigene Wohnungen unterteilt waren. Diese abgegrenzte Wohnanlage wird von einem Pförtner in einem kleinen Häuschen bewacht, so dass nur Befugten der Zutritt möglich ist. Als ich dann schließlich bei der richtigen Wohnungstür angelangt war, öffnete eine freundliche Dame und zeigte mir mein Zimmer. So klein hätte ich es mir dann doch nicht vorgestellt. Es gab ein Bett, ein Regal und einen eingebauten Schrank. Dafür hatte ich ein eigenes kleines Bad. Ich traf mich gleich am Tag der Ankunft mit einer Kommilitonin aus Weingarten, die ein Semester vor mir in diesem Zimmer wohnte und auch für ein Auslandssemester in Chile war. Sie informierte mich über die wichtigsten Dinge, wie z.b. den Weg von meiner Wohnungstür zur Hochschule. Danach führte sie mich im Wohngebäude herum, welches sogar ein eigenes Fitnessstudio mit Schwimmbad und Swimmingpool hatte, was von den Bewohnern des Wohnkomplexes kostenlos benutzt werden darf. Durch diese unterschiedlichen Eindrücke in den Favelas und in der doch luxuriösen Wohnanlage wurde mir schon zu Beginn meines Aufenthaltes in Chile die große Schere zwischen Arm und Reich bewusst. Zum Studium im LBI, dem Lehrerbildungsinstitut Wilhelm von Humboldt ist Folgendes zu berichten: Das LBI ist eine sehr kleine Hochschule mit knapp 50 Studentinnen und befindet sich im Stadtteil Vitacura, in dem wohlhabende Menschen und viele Deutsche wohnen. In jedem Studienjahr gibt es nur 10-15 Studierende. Aus diesem Grund existiert für jedes Studienjahr ein fester Stundenplan, der auch eingehalten werden muss. Außerdem sind fast alle Seminare auf Deutsch, denn die Studenten werden als Lehrer für deutsche Schulen in Chile ausgebildet. Als Austauschstudenten durften wir frei wählen, welche Kurse aus welchem Studienjahr für uns interessant sein könnten und hatten die Gelegenheit, die erste Woche in alle Kurse hinein zu schnuppern, bevor wir uns fest entscheiden mussten. Meine Entscheidung fiel letztendlich auf ein Musikseminar, einen Theaterkurs, ein Chorseminar, einen Gitarrenkurs und zwei DaF-Seminare. Im Musikseminar lernte ich 2

im praktischen Teil einige Griffe des Blockflötenspielens, im theoretischen Teil wurden jedoch lediglich die Grundlagen wie z.b. Tonleiter, Taktart und Tondauer eingeführt, was mir mit dem Fach Musik als Hauptfach schon bekannt war. Der Theaterkurs war anfangs interessant, da man lernte, sich und seinen eigenen Körper selbst wahrzunehmen. Doch zum wirklichen Theaterspielen kam es leider nicht, da die Sprachbarriere zum Deutschen für die Studenten des ersten Studienjahres noch viel zu hoch war und somit eine Verständigung auf Deutsch schwierig war. Die Teilnahme am Chorseminar war für alle Studenten des LBIs Pflicht. Hier wurden Kinderlieder gesungen, die später im Unterricht verwendet werden können. Auch altmodische Lieder, wie Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad wurden eingeübt. Der Gitarrenkurs wurde von einer Chilenin, die den lateinamerikanischen Rhythmus im Blut hat, auf Spanisch durchgeführt. Ich lernte erste Griffe auf der Gitarre und viele lateinamerikanische Lieder kennen. Dieser Kurs hat mir wirklich großen Spaß bereitet und ist für die zukünftigen Austauschstudierenden herzlichst weiterzuempfehlen. Die zwei DaF-Seminare empfehle ich auch weiter. Ich kann mir diese Seminare in Deutschland anerkennen lassen und habe ich auch vieles Neue gelernt. Dies ist am LBI nicht selbstverständlich, da alle Kurse vom Niveau her heruntergestuft werden müssen, da sich die Dozenten dem Sprachstand der Chilenen im Bezug auf die deutsche Sprache anpassen. Für uns Deutsche war das LBI intellektuell aus diesem Grund nicht sehr anspruchsvoll und wir hätten es toll gefunden, nicht nur am deutschen Institut zu lernen; denn wir waren in Chile, um chilenischen Alltag und die Lehrausbildung kennen zu lernen, nicht um in einer deutschen Enklave zu leben. Auch ein Besuch an öffentlichen Hochschulen wäre für die Nachfolger meiner Meinung nach sehr hilfreich. Die Betreuung der ausländischen Studenten am LBI ist aber hervorragend, eine liebevolle und herzliche Dozentin hatte immer ein offenes Ohr und war stets bemüht, unseren Anliegen so schnell wie möglich nachzugehen. Im Laufe meines Aufenthaltes absolvierte ich weiterhin ein DaF-Blockpraktikum an einer deutschen Ursulinenschule in Santiago. Dies war eine katholische deutsche Schule, in der die Werte der Kirche mehr Beachtung finden als das schulische Lernen selbst. Ich konnte mich in dieser Schule selbst von den Methoden des Lernens in Chile überzeugen. In diesem Land wird noch sehr lehrerzentriert gearbeitet, die Lernenden bekommen Arbeitsaufträge, Arbeitsblätter mit Vokabeln, die sie auswendig lernen und im folgenden Test abrufen müssen. Selbstständiges Denken und Lernen der Schüler konnte ich kaum beobachten. Vor allem in diesem Punkt ist das Schulsystem in Chile sehr unterschiedlich zu dem Schulsystem in Deutschland. Einem Praktikum an einer Schule in Santiago nachzugehen, empfehle ich jedem weiter, da man so einen Einblick in den Schulalltag der Chilenen bekommen kann. Nachdem das Auslandssemester zu Ende war, half ich zusätzlich eine Woche ehrenamtlich im Kindergarten Naciente der gemeinnützigen Stiftung Fundación Cristo Vive, welche 1990 von Schwester Karoline Mayer gegründet worden ist. Der Kindergarten liegt im Stadtteil Recoleta, welcher bereits zu den ärmeren Vierteln Santiagos zählt. Die Kinder kamen teilweise nur zum Mittagessen vorbei, weil die Eltern kein Geld hatten, für sie Essen zu kaufen. Außerdem erlebte ich in dieser Woche den 3

anderen Umgang mit den Kindern in Chile im Gegensatz zu Deutschland. Beim Mittagschlaf mussten die Erzieherinnen immer solange im Raum bleiben, bis jedes Kind eingeschlafen war. Dafür legte man sich neben die Kinder und streichelte sie, bis man dabei fast selber eingeschlafen war. Diese Erfahrung machen zu können, auch einmal in einem ärmeren Viertel mitzuhelfen und auf das eigene Spanisch angewiesen zu sein, war für mich sehr bereichernd. In meiner Freizeit außerhalb der Hochschule habe ich Gitarrenunterricht von dem Psychologie-Dozenten des LBIs, der selber einmal Gitarre studiert hat, erhalten. Auch diesen Unterricht empfehle ich weiter, denn der Lehrer war sehr freundlich und es war zudem nicht sehr teuer, Gitarrenstunden zu bekommen. Zusätzlich traf ich mich häufig mit deutschen Freundinnen. Wir haben gemeinsam Santiago mit den verschiedenen Barrios entdeckt und kennengelernt, unter anderem, indem wir an einer Free-Tour durch Santiago teilnahmen. Wir haben gemeinsam den Süden von Chile bereist und Ausflüge ins Land unternommen. Außerdem sind wir abends gerne feiern gegangen, lernten auf diese Weise auch Chilenen kennen und konnten unsere Spanischkenntnisse trainieren. Bei Verabredungen sollte man die chilenische Mentalität beachten. Termine werden nicht in Stein gemeißelt, wobei Verspätungen die Regel sind und manches nur scheinbar fest vereinbart wird. Oft folgen Terminabsagen kurzfristig oder die Personen kommen einfach gar nicht. Leider passierte das auch bei Verabredungen mit Studentinnen des LBIs, wodurch wenig Kontakt zwischen uns Deutschen und ihnen entstanden ist. Sich in Santiago fortzubewegen ist sehr leicht, aber nicht immer billig. Um in der Mikro, dem Stadtbus in Santiago, mitfahren zu können, ist es notwendig sich eine Bip! -Karte zu besorgen, die man immer wieder mit Geld aufladen muss. Eine Busfahrt kostet ca. 600 $, was knapp einem Euro entspricht. Leider wurden wir Deutschen im Computer des LBIs nicht als Studentinnen eingeschrieben und konnten uns somit nicht die Studenten- Bip! -Karte besorgen, mit der eine Fahrt mehr als die Hälfte weniger gekostet hätte. Einen Flug innerhalb Chiles zu buchen ist empfehlenswert, aber nicht selbst im Internet buchen, da sonst der deutsche Preis gezahlt werden muss! In einem LAN Büro können Tickets direkt online gebucht werden und man zahlt dann dementsprechend auch nur den chilenischen Preis. Die Busunternehmen in Chile sind gut ausgestattet und es ist sehr billig von einem Ort zum anderen zu fahren. Eine eineinhalbstündige Fahrt nach Viña del Mar mit dem Busunternehmen Turbus kostet hin und zurück mit einem Studentenausweis knapp 10 Euro. Die Busse fahren an der Metrostation Pajaritos ab, aber das ist nicht schwierig herauszufinden. Alles weitere findet man auf den Internetseiten www.metrosantiago.cl und www.transantiago.cl. Das Studentenvisum würde ich nicht noch einmal beantragen, es kostet Zeit, Geld und ist eigentlich nicht notwendig. Einfacher ist es nach 90 Tagen einmal nach Mendoza in Argentinien zu fahren, und dann neu einzureisen. Dadurch spart man das Geld für das Visum und hat so zudem die Möglichkeit, Argentinien kennen zu lernen. Außerdem ist Mendoza eine wirklich wunderschöne Stadt, die jeder, der in Chile war, einmal gesehen 4

haben sollte. Diesen Ausflug dorthin zu machen, lohnt sich allein schon wegen der überragenden Busfahrt über die Anden. Für mich persönlich war es eine große Bereicherung dieses Auslandssemester in Chile absolviert zu haben. Ich konnte erfahren, dass man mit Leuten, die man sich in Deutschland nie als Freunde gesucht hätte, dennoch super auskommen kann und diese auch zu richtig guten Freunden werden können. Weiterhin schätze ich Deutschland nun viel mehr als vor meinem Aufenthalt. Ich habe mehr über mein eigenes Land nachgedacht und vieles über Chile erfahren. Denn erst wenn man nicht mehr im eigenen Land ist und lebt, lernt man viel darüber. Durch das Musizieren und Verkaufen im Stadtbus war die Busfahrt in Chile immer sehr lebendig und unterhaltsam. Das ist einer der Punkte, die ich in Deutschland wirklich sehr vermissen werde. Außerdem habe ich in Chile gelernt, den Moment zu genießen, in der Gegenwart zu leben und nicht immer daran zu denken, was morgen kommt. Schade war, dass ich fast keine chilenischen Freunde in Chile gefunden habe und ich mein Spanisch nicht so gut verbessern konnte, wie ich anfangs dachte. Nach diesem Aufenthalt schätze ich meine Familie und meine Freunde, die ich über den Zeitraum hinweg sehr vermisst habe und die mir immer den Rücken gestärkt haben, nun noch mehr. Einen Aufenthalt im Ausland über einen längeren Zeitraum empfehle ich jedem stark. Letztendlich werde ich die Gelassenheit und Offenheit der Menschen aus Chile für mich persönlich mitnehmen und ich bin sehr froh darüber, diese Chance bekommen zu haben, ein Semester in Chile studieren zu dürfen. 5