Wiederaufnahme der Arbeiten am europäischen Patentrecht. Am 21. Mai 1969 hat im Gebäude des Rats der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel



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Transkript:

Wiederaufnahme der Arbeiten am europäischen Patentrecht Am 21. Mai 1969 hat im Gebäude des Rats der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel eine Regierungskonferenz über die Einführung eines europäischen Patenterteilungsverfahrens stattgefunden. An der Konferenz haben neben Vertretern der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Regierungsvertreter folgender 17 europäischer Staaten teilgenommen: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei. Auf dieser Konferenz sind die Arbeiten an einem europäischen Patent in einem gegenüber dem Kreis der sechs EWG Staaten wesentlich erweiterten Kreis von Staaten mit geänderter Zielsetzung wieder aufgenommen worden. VORGESCHICHTE Wie erinnerlich, war im Rahmen der EWG-Staaten in den Jahren 1959-1962 der Vorentwurf eines Abkommens über ein europäisches Patentrecht ausgearbeitet worden (vgl. GRUR Int. 1962, 561). Die Arbeiten an diesem Projekt waren insbesondere aus politischen Gründen, die eine Einigung über die Beteiligung von Nicht-EWG Staaten am Abkommen nicht erreichen ließen, im Jahre 1964 zum Stillstand gekommen. (Vgl. GRUR Int. 1969, 146 ff.) Diese Schwierigkeiten konnten jedoch im Herbst vergangenen Jahres weitgehend beseitigt werden. Die französische Regierung legte, insbesondere auf Drängen ihrer Industrie, dem Rat der Europäischen Gemeinschaften einen neuen Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Patentsystems vor, das neben den sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine größere Anzahl europäischer Länder umfassen soll. Eine Sachverständigengruppe der sechs EWG-Staaten unter Vorsitz des Präsidenten des Deutschen Patentamts, Dr. Kurt Haertel, arbeitete im Frühjahr dieses Jahres Grundsätze aus, wonach das europäische Patentrecht durch Abschluß von zwei Abkommen verwirklicht werden soll: Ein erstes Abkommen, an dem eine größere Anzahl europäischer Staaten beteiligt werden könnte, hätte die Erteilung europäischer Patente durch ein Europäisches Patentamt auf Grund einheitlichen materiellen Patentrechts zum Gegenstand; dieses europäische Patent soll nach seiner Erteilung in verschiedene nationale Rechte zerfallen. Ein zweites im Rahmen der sechs EWG-Staaten abzuschließendes Abkommen soll für das Gebiet des Gemeinsamen Marktes eine solche Aufteilung in nationale Patente verhindern und die weitere Existenz des europäischen Patents nach seiner Erteilung für die EWG- Staaten als unteilbares einheitliches Recht regeln. Nach Billigung dieser Grundsätze durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften am 3. März 1969 wurden vom derzeitigen Vorsitzenden des Rats, dem luxemburgischen Außenminister Thorn, verschiedene europäische Staaten zur Teilnahme an einer Regierungskonferenz über die Einführung eines europäischen Patenterteilungsverfahrens eingeladen. Als Grundlage für die Beratungen wurde den Eingeladenen ein Memorandum

übermittelt, in dem die Prinzipien festgelegt waren, auf die sich die EWG-Staaten für die Ausarbeitung des ersten, auch europäischen Drittstaaten offenstehenden Abkommens geeinigt hatten. Der Text dieses Memorandums ist im Anhang zu diesem Bericht abgedruckt. KONFERENZVERLAUF Die Konferenz wurde von dem luxemburgischen Botschafter Borschette eröffnet, der gegenwärtig als Vorsitzender des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Europäischen Gemeinschaften amtiert. In seiner Begrüßungsansprache, die im besonderen den Vertretern der zahlreichen Nicht-EWG-Staaten galt, gab er einen kurzen Überblick über die vorausgegangen Arbeiten an der Europäisierung des Patentrechts. Neben seiner Hoffnung auf einen reibungslosen und glücklichen Verlauf der Arbeiten betonte er den Wunsch nach einem schnellen und positiven Abschluß der Verhandlungen. Aus dem Kreis der eingeladenen Nicht-EWG-Staaten gaben der dänische Botschafter und der schweizerische Missionschef ihrer Freude und Genugtuung Ausdruck, zu dieser Konferenz eingeladen worden zu sein, deren Bedeutung für die Industrie der europäischen Staaten wohl bekannt sei. Anschließend wurde der Präsident des Deutschen Patentamts, Dr. Kurt Haertel, einstimmig zum Vorsitzenden der Konferenz gewählt. Zu Stellvertretenden Vorsitzenden wurden gewählt: Der Comptroller General des englischen Patentamts Grant, der Direktor des französischen Patentamts Savignon und der Direktor des spanischen Patentamts Mazarambroz. In der folgenden Sachdiskussion wurde das die Grundsätze des geplanten Abkommens enthaltende Memorandum (vgl. unten) in großen Zügen erörtert und von der Konferenz einstimmig als Grundlage der künftigen Arbeiten angenommen. Von den Konferenzteilnehmern wurden nur wenige Bemerkungen hierzu gemacht. Auf Wunsch verschiedener Delegationen soll die Einführung der aufgeschobenen Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt noch näher untersucht werden. Gleichfalls soll im Laufe der weiteren Arbeiten noch geprüft werden, ob das kontinental-europäischen Grundsätzen nachgebildete Einspruchsverfahren vor Erteilung des Patents oder das dem englischen Rechtssystem eigene Einspruchsverfahren nach Erteilung den Vorzug verdient. Zu weiteren Sitzungen hat die Konferenz folgende internationale Organisationen als Beobachter zugelassen: BIRPI (Genf), Europarat (Straßburg), Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Brüssel), Internationales Patentinstitut (Den Haag) In der Erkenntnis, daß die vorbereitenden Arbeiten für das Abkommen nicht von der Regierungskonferenz mit einem Kreis von 17 Staaten erfolgreich und schnell durchgeführt werden können, wurde der Einsetzung von Arbeitsgruppen mit einer beschränkteren Teilnehmerzahl beschlossen. Die erste von der Konferenz bereits konstituierte Arbeitsgruppe wird sich mit dem materiellen Patentrecht und mit dem Patenterteilungsverfahren befassen. Sie wurde in Anlehnung an eine entsprechende Arbeitsgruppe im Rahmen des Sachverständigenausschusses für Patentfragen des Europarats auf folgende sechs Staaten beschränkt: Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Schweden, Schweiz. Weitere Arbeitsgruppen sollen nach Bedarf gebildet werden. Die Konferenz erkannt voll die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit den an der

Schaffung eines europäischen Patentrechts in erster Linie interessierten Kreisen der europäischen Industrie und Anwaltschaft an. Die einschlägigen internationalen privaten Organisationen sollen daher laufend über den Fortgang der Arbeiten unterrichtet werden. Zu gegebener Zeit wird ihnen auch Gelegenheit zu schriftlichen Meinungsäußerungen und zur Teilnahme an gemeinsamen Sitzungen gegeben werden. Zu Arbeitssprachen der Konferenz wurden Deutsch, Englisch und Französisch bestimmt, in denen auch sämtliche Dokumente herausgeben werden. WEITERER FORTGANG DER ARBEITEN Die Konferenz hat vorgesehen, etwa um die Jahreswende wieder zusammenzutreten, und zwar in Luxemburg. Bei dieser Gelegenheit sollen die bis dahin vorliegenden Vorarbeiten der Arbeitsgruppe erörtert werden. Auf dieser Grundlage kann sodann über den weiteren Fortgang der Arbeiten beschlossen werden.

Anhang MEMORANDUM ÜBER DIE EINFÜHRUNG EINES EUROPÄISCHEN PATENTERTEILUNGSVERFAHRENS I. Einleitung 1. Die sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft haben im Hinblick auf eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentrechts die Möglichkeit der Einführung eines internationalen Patenterteilungsverfahren geprüft. Sie haben sich dabei insbesondere auf den Vorentwurf eines Abkommens über ein europäisches Patentrecht gestützt, der 1962 von ihnen ausgearbeitet worden war (sogenannter Brüsseler Vorentwurf) sowie auf das Übereinkommen des Europarats zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente vom 27. November 1963. Sie haben auch den Entwurf für einen Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) berücksichtigt, den die Vereinigten Internationalen Büros für den Schutz des geistigen Eigentums (BIRPI) im Juli 1968 veröffentlicht haben. 2. Die Mitgliedstaaten der EWG wünschen ein internationales Patenterteilungsverfahren einzuführen, an dem sich neben den EWG-Mitgliedstaaten andere interessierte europäische Staaten beteiligen. Alle für die Erteilung der Patente erforderlichen Rechts- und Verfahrensregeln würden in einem Übereinkommen (nachstehend das Übereinkommen genannt) niedergelegt, welches von allen diesen Staaten zu schließen wäre. Durch dieses internationale Patenterteilungsverfahren würde ein europäisches Patent durch einen einzigen Rechtsakt eines internationalen Organs, nämlich des Europäischen Patentamts, erteilt. Dieses europäische Patent müßte nach seiner Erteilung in einzelstaatliche Patente zerfallen, deren Rechtswirkungen durch das einzelstaatliche Recht der einzelnen Partnerstaaten am Übereinkommen geregelt wird. Die Mitgliedstaaten der EWG teilen den übrigen europäischen Ländern jedoch mit, daß sie in Betracht ziehen, für das Gebiet der EWG durch einen zwischen den Mitgliedstaaten der EWG zu schließenden Rechtsakt eine einheitliche Rechtsform für das europäische Patent festzulegen. 3. Die von den Mitgliedstaaten der EWG in Aussicht genommenen Grundzüge des europäischen Patenterteilungsverfahren sind nachstehend dargelegt. 1. Materielles Patentrecht II. Grundzüge des internationalen Patenterteilungsverfahrens Die Erteilung eines europäischen Patents durch das Europäische Patentamt nach einem internationalen Verfahren erscheint nur möglich, wenn auch die Rechtsvorschriften betreffend die Patentfähigkeit international geregelt werden. Daher muß das Übereinkommen notwendigerweise entsprechende Vorschriften enthalten. Grundlage hierfür

sollten die entsprechenden Bestimmungen des Brüsseler Vorentwurfs sein, sowie das Übereinkommen des Europarats zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente vom 27. November 1963. 2. Das internationale Verfahren a) Die Mitgliedstaaten der EWG sind der Auffassung, daß das europäische Patent, welches vom Europäischen Patentamt erteilt würde, ein Rechtstitel sein muß, der seinem Inhaber die größtmögliche Gewähr für die Rechtssicherheit gibt und der auch für die Wettbewerber eine eindeutige Sachlage schafft. Eine solche Gewähr vermag im Gegensatz zu einem Patent, das ohne Prüfung der Voraussetzungen der Patentfähigkeit erteilt wird, nur ein von der Erteilungsbehörde auf diese Voraussetzung geprüftes Patent bieten. Daher wird vorgeschlagen, daß das Europäische Patentamt das europäische Patent erst auf Prüfung der folgenden vier grundlegenden Voraussetzungen erteilt: Patentierbarkeit, Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit. b) Was das Prüfungsverfahren betrifft, so treten die Mitgliedstaaten der EWG eindeutig für ein Verfahren der verschobenen Prüfung ein, wonach die Prüfung nicht von Amts wegen bei der Patentanmeldung erfolgt, sondern nur auf Antrag des Anmelders oder eines Dritten, der binnen einer bestimmten Frist eingreifen kann. Durch dieses Verfahren wird dem Anmelder eines Patents eine Überlegungsfrist gewährt, während der er die Möglichkeit der Verwertung seiner Erfindung beurteilen kann; je nachdem kann er dann entweder den Antrag auf Prüfung stellen oder auf einen solchen Antrag verzichten. Ein derartiges Verfahren würde in der Praxis die Zahl der Prüfungen verringern und folglich für das Europäische Patentamt zu einem geringeren Arbeitsanfall als ein Verfahren der Vorprüfung führen. Um die Rechtsunsicherheit nicht zu verlängern, müßte jedoch nach Ansicht der Mitgliedstaaten der EWG das geplante Verfahren der verschobenen Prüfung dem der Vorprüfung angenähert werden. Zu diesem Zweck sollte insbesondere vorgesehen werden, daß der Anmelder eines europäischen Patents oder ein Dritter die Prüfung schon bei der Anmeldung des Patents und nicht erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach der Anmeldung, wie es beispielsweise der Brüsseler Vorentwurf vorsah, beantragen könnte. Die Vorzüge beider Verfahrensarten ließen sich auf diese Weise miteinander verbinden. C) Das internationale Patenterteilungsverfahren würde sich nach Ansicht der Mitgliedstaaten der EWG im einzelnen wie folgt gestalten: aa) Der Anmelder eines europäischen Patents sollte nicht gezwungen sein, einen Patentschutz für alle Vertragstaaten des Übereinkommens zu verlangen. Vielmehr sollte ihm ein Wahlrecht eingeräumt werden, dergestalt, daß er unter diesen Staaten diejenigen auswählen kann, in denen er Schutz begehrt. Aus der unter I Nummer 2 letzter Absatz dargelegten Absicht der sechs Mitgliedstaaten der EWG geht jedoch hervor, daß diese nur insgesamt benannt werden könnten, da sie beabsichtigen, für ihr Hoheitsgebiet ein einheitliches Patent mit einheitlicher Wirkung für sie zu schaffen. bb) Jede europäische Patentanmeldung würde beim Europäischen Patentamt erfolgen und wäre obligatorisch mit einem Bericht des Internationalen Patentinstituts in Den Haag über den Stand der Technik zu versehen. cc) Die europäischen Patentanmeldungen würden zusammen mit dem vorgenannten Bericht achtzehn Monate nach dem Zeitpunkt der Anmeldung bzw. - im Falle der Voranmeldung bei einem nationalen Patentamt - nach dem Prioritätszeitpunkt vom Europäischen Patentamt offengelegt. Vom Tage der Offenlegung an wäre dem Anmelder ein gewisser Schutz für die offengelegte Erfindung zu gewähren; Art und Umfang dieses Schutzes bedürften der weiteren Prüfung.

Bei einer solchen Ausgestaltung des internationalen Patenterteilungsverfahrens wäre die im Brüsseler Vorentwurf vorgesehene Erteilung eines vorläufigen europäischen Patents ohne Prüfung nicht mehr notwendig, da sich aus der Offenlegung der Anmeldung ein vorläufiger Schutz ergeben würde. dd) Unabhängig von dem unter Buchstabe cc genannten Zeitpunkt der Offenlegung würde mit der Prüfung der europäischen Patentanmeldung begonnen, sobald ein Prüfungsantrag gestellt worden ist; der Bericht über den Stand der Technik müßte dabei allerdings vorliegen. Der Prüfungsantrag könnte, wie unter Buchstabe b ausgeführt, bereits bei der Patentanmeldung gestellt werden. Darüber hinaus müßte in dem Übereinkommen eine Frist vorgesehen werden, nach deren Ablauf die Patentanmeldung als zurückgenommen gilt, falls bis dahin kein Prüfungsantrag gestellt worden ist. ee) Nach der Prüfung der europäischen Patentanmeldung insbesondere auf Patentierbarkeit, Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit würden die Patentansprüche, die den Umfang des Schutzes bestimmen, in der Form bekanntgemacht, in der sie auf Grund der Prüfung vom Europäischen Patentamt für gewährbar gehalten werden. Durch die Bekanntmachung der Patentansprüche soll Dritten, das heißt den Wettbewerbern, die Möglichkeit gegeben werden, binnen drei Monaten Einspruch gegen die beabsichtigte Erteilung des Patents einzulegen, um Einwendungen vorbringen zu können. Durch die Einlegung des Einspruchs würde der Dritte an dem Verfahren vor dem Europäischen Patentamt beteiligt. ff) Wird gegen die bekanntgemachten Patentansprüche kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, so würde das Patent vom Europäischen Patentamt mit Wirkung für die Staaten erteilt, die vom Anmelder benannt worden sind. 3. Akzessibilität Die Mitgliedstaaten der EWG wollen im Einklang mit Artikel 2 der Pariser Verbandsübereinkunft in dem Übereinkommen vorsehen, daß Staatsangehörige von Staaten, die nicht Vertragspartei des Übereinkommens sind, Zugang zum europäischen Patent unter der Voraussetzung erhalten, daß diese Staaten den Staatsangehörigen der am Übereinkommen beteiligten Staaten denselben Schutz einräumen, den sie ihren eigenen Staatsangehörigen bei der Erlangung nationaler Patente zubilligen. Die Beurteilung dieser Bedingung würde im Rahmen einer gerichtlichen Prüfung den Instanzen zufallen, die nach den im Übereinkommen vorzusehenden Verfahren über die Streitfälle zu befinden haben. 4. Berücksichtigung des PCT-Plans Die Mitgliedstaaten der EWG sind der Auffassung, daß das in Aussicht genommene europäische Patenterteilungsverfahren mit dem 1968 von den BIRPI veröffentlichten PCT- Plan vereinbar ist und eine wichtige Ergänzung dieses Plans darstellt, da es den Anmeldern, das heißt im wesentlichen der Industrie, weitergehende Vorteile bringen würde. Es wäre davon auszugehen, daß dem Europäischen Patentamt bezüglich des Berichts über den Stand der Technik und des Berichts über die Patentfähigkeit, die beide von den nach dem PCT-Plan zuständigen internationalen Stellen erstellt werden, voller Beurteilungsspielraum belassen würde. Außerdem wäre vorzusehen, daß die Anmeldebestimmungen der beiden Übereinkünfte

aufeinander abgestimmt werden, und ferner, daß der Zugang zum europäischen Patent auch über eine Anmeldung nach dem PCT-Plan erfolgen kann. 5. Wirkungen und Gültigkeit des europäischen Patents in den am Übereinkommen beteiligten Staaten mit Ausnahme der EWG-Mitgliedstaaten Unbeschadet - was die Mitgliedstaaten der EWG betrifft - der Ausführungen unter I Nummer 2 letzter Absatz gilt folgendes: a) Das europäische Patent würde vorbehaltlich der Ausführungen unter Buchstabe b in den am Übereinkommen beteiligten Staaten mit Ausnahme der Mitgliedstaaten der EWG vom Zeitpunkt seiner Erteilung ab rechtswirksam, ohne daß es weiterer Maßnahmen der Verwaltungsbehörden dieser Staaten bedarf; b) die Gültigkeit des erteilten europäischen Patents könnte nur vor den einzelstaatlichen Instanzen angefochten werden, die für die Entscheidung über die Gültigkeit der von den einzelstaatlichen Behörden erteilten nationalen Patente zuständig sind. 6. Zuständigkeit der im Übereinkommen vorzusehenden Institutionen. a) Europäisches Patentamt Wie bereits oben dargelegt, würden die europäischen Patente vom Europäischen Patentamt erteilt Die Beamten des Amtes müßten unter den Staatsangehörigen der Teilnehmerstaaten ausgewählt werden. Das Europäische Patentamt müßte zweistufig aufgebaut sein; die erste Stufe würde aus den Prüfungsstellen und Prüfungsabteilungen, die zweite Stufe aus den Beschwerdekammern bestehen. Die Beschwerdekammern sollten gerichtsähnlich ausgestaltet werden; ihre Mitglieder dürften an keine Weisungen gebunden und müßten für mehrere Jahre unabsetzbar sein. Was die Finanzierung anbelangt, so müßte die Zielsetzung darin bestehen, daß die Einnahmen aus den Gebühren und die Ausgaben des Europäischen Patentamtes sich nach einer Anlaufzeit ausgleichen. Während der Anlaufzeit müßte das Europäische Patentamt von den Vertragsstaaten Zuschüsse erhalten, die auf Grund eines noch zu bestimmenden Schlüssels festzulegen wären. b) Verwaltungsrat Die Mitgliedstaaten der EWG sind der Auffassung, daß ein Verwaltungsrat mit internationalem Charakter eingesetzt werden müßte, in dem die Vertragstaaten gleichberechtigt vertreten wären. Der Verwaltungsrat hätte insbesondere folgende Aufgabe: - das Statut für das Personal des Europäischen Patentamts zu erlassen. - die leitenden Beamten des Patentamts zu ernennen - den Haushalt des Patentamts festzustellen, - die Verwaltungs-und Finanzaufsicht über das Patentamt zu führen c) Gerichtshof Es erhebt sich die Frage, ob die Schaffung eines Gerichtshofs unbedingt erforderlich wäre, oder ob sich die Streitfälle, die durch die Anwendung des Übereinkommens entstehen

könnten, nicht durch andere Rechtsmittel beilegen ließen. 7. Ausführungsordnung zum Übereinkommen und Gebührenordnung Die Durchführung des Übereinkommens erfordert den Erlaß einer Ausführungsordnung sowie einer Gebührenordnung. Die Ausführungsordnung und die Gebührenordnung müßten zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten wie das Übereinkommen, da in beiden Rechte und Pflichten für die Anmelder enthalten sein werden.