Optische Spektroskopie zur Charakterisierung von Phospholipid-Vesikeln



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Transkript:

Optische Spektroskopie zur Charakterisierung von Phospholipid-Vesikeln Diplomarbeit Naturwissenschaftliche Fakultät Institut für Chemie Universität Potsdam vorgelegt von Franziska Luschtinetz geb. am 17.03.1981 in Lutherstadt Wittenberg Potsdam, Oktober 2004

Inhaltsverzeichnis 0.1 Symbole und Abkürzungen........................ iii 1 Einleitung und Problemstellung 1 2 Theoretische Grundlagen 3 2.1 Phospholipid-Vesikel........................... 3 2.1.1 Lamellar-Flüssigkristalline Systeme............... 3 2.1.2 Phasenverhalten amphiphiler Phospholipidsysteme....... 5 2.1.3 Fluoreszenzmarker in Membranen................ 6 2.2 Elektronische Übergänge......................... 8 2.3 Zeitaufgelöste Fluoreszenzspektroskopie................. 10 2.4 Fluoreszenzanisotropie.......................... 10 2.4.1 Stationäre Fluoreszenzanisotropie................ 11 2.4.2 Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie.............. 15 2.5 Fluoreszenzaustauschkinetik....................... 19 2.6 Lichtstreuung............................... 22 2.6.1 Prinzip............................... 22 2.6.2 Statische Lichtstreuung...................... 23 2.6.3 Dynamische Lichtstreuung.................... 24 2.6.4 Kreuzkorrelation......................... 25 3 Material und experimentelle Methoden 27 3.1 Verwendete Chemikalien......................... 27 3.1.1 Probenpräperation........................ 28 3.2 Experimentelle Methoden........................ 30 3.2.1 Temperierung........................... 30 3.2.2 Fluoreszenzanisotropie...................... 30 3.2.3 Fluoreszenzaustauschkinetik................... 34 3.2.4 Lichtstreuung........................... 35 i

INHALTSVERZEICHNIS ii 4 Ergebnisse und Diskussion 37 4.1 Fluoreszenzanisotropie.......................... 37 4.1.1 Stationäre Fluoreszenzanisotropie................ 37 4.1.2 Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie.............. 48 4.2 Fluoreszenzaustauschkinetik....................... 67 4.3 Lichtstreuung............................... 69 4.3.1 Statische Lichtstreuung...................... 69 4.3.2 Dynamische Lichtstreuung.................... 71 5 Zusammenfassung und Ausblick 73 A Diagramme i A.1 Temperatur-Kalbrierfunktionen..................... i A.2 Stationäre Fluoreszenzanisotropie.................... ii A.3 Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie.................. vi A.4 Fluoreszenzaustauschkinetik....................... xi A.5 Dynamische Lichtstreuung........................ xiii

INHALTSVERZEICHNIS iii 0.1 Symbole und Abkürzungen c D r D D D t dr Konzentration Rotationsdiffusionskoeffizient Rotationsdiffusionskoeffizient parallel zur Symmetrieachse Rotationsdiffusionskoeffizient senkrecht zur Symmetrieachse Translatorischer Diffusionskoeffizient Vesikel-Schichtdicke E(ν) Extinktion E η ɛ G g 12 I I I k F k ISC k IC K L k λ M i k ˆM N agg N A n 0 n P elektrischer Feldvektor des Lichtes Mikroviskosität Extinktionskoeffizient Gerätefaktor zur Anisotropiebestimmung normierte Intensitätskreuzkorrelationsfunktion Intensität des Lichtes Intensität des Lichtes senkrecht zur z-achse Intensität des Lichtes parallel zur z-achse Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz Geschwindigkeitskonstante der Interkombination Geschwindigkeitskonstante der Inneren Umwandlung ( Inner Conversion ) Löslichkeitskonstante Boltzmann-Konstante Wellenlänge Übergangsdipolmoment für die Zustände i und k elektrischer Dipolmomentoperator Aggregationszahl Avogadro-Zahl Brechungsindex des Lösungsmittels Brechungsindex der Probe Polarisation P (q) Streufunktion

INHALTSVERZEICHNIS iv Ψ i e Ψ k e q r h r i r o r r 0 r r(t) S Elektronenwellenfunktionen des Zustandes i Elektronenwellenfunktionen des Zustandes k Streuvektor Hydrodynamischer Radius Innerer Vesikelradius Äußerer Vesikelradius (stationäre) Fluoreszenzanisotropie Fundamentale Fluoreszenzanistropie Grenzanisotropie Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie Orientierungsordnungsparameter der Membran S n Elektronischer Zustand (n = 0, 1, 2...) S(q) Strukturfaktor θ Streuvektor θ c τ F τ c t T T m x Maximaler Rotationswinkel der gehinderten Rotation Fluoreszenzlebenszeit Rotationskorrelationszeit Zeit absolute Temperatur [K] Phasenübergangstemperatur des P β L α -Überganges Schichtdicke

1. Einleitung und Problemstellung Die Funktionen von biologischen Membranen werden maßgeblich von der Struktur und von den dynamischen Eigenschaften der Lipiddoppelschicht beeinflusst. Phospholipide bilden in wässrigen Lösungen Doppelschichten aus und werden daher als Modellmembranen verwendet [1], [2]. Ziel dieser Arbeit ist es, die Struktur und die dynamischen Eigenschaften von Phospholipid-Vesikel-Lösungen mit Hilfe von Fluoreszenzspektroskopie und Lichtstreuexperimenten zu untersuchen. Dabei wurde das Phosphatidylcholin Phospholipon 90 G (PC) verwendet. Weiterhin wurden für die Fluoreszenzmessungen DMPC- Vesikel als Referenz hergestellt, da deren Eigenschaften gut charakterisiert sind [3], [4]. Fluoreszenzuntersuchungen einer in die Membran eingebrachten Sonde sind wichtige Methoden, um die Lipiddoppelschichten zu charakterisieren [5]. Da diese selbstorganisierten Systeme in der mikroskopischen Ebene einen heterogenen Charakter zeigen, werden sie auch als mikroheterogene Systeme bezeichnet [6]. Durch die Bestimmung der stationären Fluoreszenzanisotropie der hydrophoben Fluoreszenzsonden 1,6-Diphenyl-1,3,5-hexatrien und Perylen wurde die Mikroviskosität η der Membran bestimmt. Diese beschreibt die Fließeigenschaften des Inneren einer Lipiddoppelschicht. Anhand des Temperaturverhaltens von η können Aussagen über Phasenübergänge der Phospholipidvesikel gemacht werden. Mit Hilfe der zeitaufgelösten Fluoreszenzanisotropie r(t) in den Lipiddoppelschichten der Vesikel können mittels der Grenzanisotropie r Aussagen über das Ausmaß der Rotationshinderung der Fluoreszenzsonden innerhalb der Membran gemacht werden. 1

1 Einleitung und Problemstellung 2 Durch die Beschreibung der Austauschkinetik von Sonden-Löscherpaaren lassen sich mittels der dynamischen Fluoreszenzlöschung Informationen über die Stabilität und dynamischen Eigenschaften von selbstorganisierten Systemen ableiten [7]. Mit Hilfe der dynamischen Fluoreszenzlöschung von Pyren als Fluoreszenzsonde wurden u.a. Austauschraten des neutralen Löschmoleküls 1,3-Dicyanobenzen (mdcb) ermittelt. Mittels der Durchführung von statischen und dynamischen Lichtstreuexperimenten wurden die Teilchengrößen von Phospholipon 90 G-Vesikel-Lösungen bestimmt. Als ein wichtiger Parameter wurde der Einfluss der Dauer der Ultraschallbehandlung bei der PC-Vesikel-Herstellung auf die Teilchengröße und Größenverteilung untersucht.

2. Theoretische Grundlagen 2.1 Phospholipid-Vesikel 2.1.1 Lamellar-Flüssigkristalline Systeme Tenside sind niedermolekulare Verbindungen, die einen hydrophilen (polaren) und einen hydrophoben (unpolaren) Molekülteil enthalten und damit einen amphiphilen Charakter aufweisen. Werden Tenside in einem Lösungsmittel (z.b. Wasser) gelöst, bilden sich in Abhängigkeit von der Tensidkonzentration bestimmte Strukturen aus. Wird eine charakteristische Konzentration an Tensid überschritten, kommt es durch Aggregation von Tensidmolekülen zur Ausbildung von Mizellen, in denen sich die Moleküle so anordnen, dass sich die hydrophoben Teile vom Wasser abgeschirmt im Mizellkern befinden und sich die polaren Kopfgruppen zur wässrigen Phase hin orientieren [2]. Die Struktur von Mizellen wird vor allem durch die Konzentration des Tensides und dessen Geometrie (Kettenlänge, Kopfgruppe, kritischer Packungsparameter 1, Ladung) bestimmt. Weiterhin haben die Temperatur und die Ionenstärke des Lösungsmittels einen Einfluss auf den Aufbau. In Abb. 2.1 sind einige Modelle von Mizellstrukturen dargestellt. Abbildung 2.1: Modellvorstellungen zur Struktur von Mizellen - a) lamellar b) stäbchenförmig c) sphärisch [9] Energetisch wird der Prozess der Mizellbildung durch hydrophob-hydrophob- Wechselwirkungen erklärt (Abnahme der Freien Enthalpie). Außerdem kommt es 1 nach Israelachvili [8] 3

2 Theoretische Grundlagen 4 zu einer Entropieänderung durch verdrängte Wassermoleküle und durch die Änderung der Hydratation der polaren Gruppen beim Übergang in die Mizelle [1]. In höher konzentrierten Tensid-Lösungen unterliegen die Mizellen aufgrund ihres geringeren Abstandes starken sterischen und elektrostatischen Wechselwirkungen im hydrophilen und Van-der-Waals-Wechselwirkungen im hydrophoben Teil. Dies führt zu einer größeren Nahordnung und schließlich zur Ausbildung flüssig-kristalliner Systeme [10]. Da sich diese thermodynamisch stabilen Mesophasen in Abhängigkeit von der Konzentration des Tensides (Mesogen) ausbilden, werden sie als lyotrope Mesophasen bezeichnet. Eine wichtige Überstruktur lyotroper Flüssigkristalle sind die lamellar flüssig-kristallinen Phasen. Diese sind aus Tensid-Doppellamellen aufgebaut. Dabei sind die polaren Tensidgruppen nach außen in die wässrrige Phase gerichtet (Abb.2.2a). Durch Energiezufuhr (z.b. Ultraschall) kann es zur Bildung von sphärischen Schichtstrukturen kommen (Abb.2.2b). Diese Strukturen werden als Vesikel bezeichnet [2]. Abbildung 2.2: Aufbau einer Lipiddoppelschicht (a) und von unilamellaren Vesikeln (b). Vesikel werden im Allgemeinen nach der ihrer Größe und der Anzahl der lamellaren Schichten klassifiziert: unilamellare Vesikel sind aus einer Doppelschicht, multilamellare Vesikel aus vielen Doppelschichten aufgebaut. Vesikelbildende Tenside haben meist zwei hydrophobe Kohlenwasserstoff-Ketten. Phospholipid-Vesikel Von großer Bedeutung sind die Phospholipid-Doppelschichten. Diese kommen in der Natur als biologische Membranen vor. Mit dem Verständnis des Aufbaus und spezieller Eigenschaften dieser lamellaren Strukturen lassen sich beispielsweise Aussagen über Transportvorgänge von Membranproteinen und

2 Theoretische Grundlagen 5 Enzymaktivitäten in Zellmembranen machen. In Membranen von eukaryotischen Organismen kommt am häufigsten die Klasse der Phosphatidylcholine vor [11]. Die allgemeine Struktur von natürlich vorkommenden sn-glycero-3-phosphatidylcholinen ist in Abb. 2.3 dargestellt. Abbildung 2.3: Struktur von sn-glycero-3-phosphatidylcholin (R 1, R 2 - Fettsäurereste). 2.1.2 Phasenverhalten amphiphiler Phospholipidsysteme Das Phospholipid 1,2-Dimyristoyl-sn-phopsphatidylcholin (DMPC) gehört zu den gesättigten Phosphatidylcholinen (Abb. 2.4) und bildet in Wasser spontan multilamellare Vesikel. Abbildung 2.4: 1,2-Dimyristoyl-sn-phopsphatidylcholin (DMPC). Unterhalb einer Temperatur von 13.7 C liegen die Vesikel in einer so genannten L β - Gel-Phase vor (Abb.2.5). Dabei haben die Kohlenwasserstoffketten eine all-trans- Konformation und sind um einen Winkel von etwa 30 gegen die Membrannormale geneigt. Beim Erwärmen erfolgt ein Übergang in einen anderen Gel-Zustand (P β - Phase). Hierbei liegen die Kohlenwasserstoffketten ebenfalls als all-trans-isomer vor. Zusätzlich tritt eine periodische Wellung der lamellaren Doppelschicht auf [12]. Bei

2 Theoretische Grundlagen 6 einer Temperatur von 23.6 C findet der P β L α -Übergang statt und die Vesikel bilden einen flüssig-kristallinen Zustand [11]. Abbildung 2.5: Phasenübergänge in DMPC-Vesikeln [11], [12]. Bei dieser so genannten Phasenübergangstemperatur T m erfolgt teilweise ein Umklappen der all-anti-konformationen der Kohlenwasserstoffkette in eine gauche- Konformation. In der L α -Phase besitzen die Kohlenwasserstoffketten daher eine hohe Beweglichkeit. T m ist u.a. von der Kettenlänge und dem Sättigungsgrad der Kohlenwasserstoffketten abhängig und ist für jedes Phospholipid charakteristisch [2], [11]. Zellmembranen können nur dann ihre physiologische Funktion optimal erfüllen, wenn die Membran in der L α -Phase vorliegt und damit die Beweglichkeit der Moleküle am größten ist [12]. Daher enthalten die meisten biologisch vorkommenden Phospholipide im Gegensatz zu DMPC ungesättigte Fettsäuren. Das aus Sojabohnen gewonnene Phosphatidylcholin Phospholipon 90 G (PC) enthält 92-98 % unterschiedlicher Phosphatidylcholine und max. 6 % Lysophosphatidylcholine. Die Hauptbestandteile sind sn-glycero-3-phosphatidylcholine mit einund zweifach ungesättigten C 18 -Fettsäureresten (80 %) und einfach ungesättigten C 16 -Fettsäureresten (12 %) (Abschn. 3.1). 2.1.3 Fluoreszenzmarker in Membranen Mittels der Fluoreszenzspektroskopie kann die Mikroviskosität η innerhalb der Lipiddoppelschichten bestimmt und damit Aussagen über Beweglichkeit von Molekülen gemacht werden. Perylen und 1,6-Diphenyl-1,3,5-hexatrien (DPH) werden als Fluoreszenzsonden in Membranen verwendet, da sich die Moleküle im hydrophoben Teil

2 Theoretische Grundlagen 7 der Membran einlagern 2. Es wird angenommen, dass sich die DPH- und Perlyenmoleküle zum einen Teil parallel zu den Kohlenwasserstoffketten und zum anderen Teil in die Mitte der Doppelschicht ausrichten [14]. Bedingt durch die Größe der Perylenmoleküle lagern sich diese bevorzugt im mittleren Teil der Membran ein [15]. Abbildung 2.6: 1,6-Diphenyl-1,3,5-hexatrien (DPH). Mit Hilfe der Fluoreszenzanisotropie (Abschn. 2.4) können Informationen über die Mikroviskosität des Membraninneren erhalten werden. Durch die hohen Fluoreszenzquantenausbeuten dieser Sonden in einer hydrophoben Umgebung (DPH in n-hexan: 0.8 [17], Perlyen in n-hexan: 0.98 [18]), können sie in sehr niedrigen Konzentrationen eingesetzt werden und haben damit keinen Einfluss auf die Struktur der zu untersuchenden Membran. 2 Löslichkeit von Perylen in Wasser: K L = 1 10 9 mol L 1 [13].

2 Theoretische Grundlagen 8 2.2 Elektronische Übergänge Wird Licht einer Frequenz ν von einem Stoff absorbiert, so nimmt in Abwesenheit von Streuung die Intensität des eingestrahlten Lichtes I 0 exponentiell mit der Konzentration c und der Weglänge des Lichtes x durch die Probe auf einen Wert I ab. Dieser Zusammenhang wird durch das Lambert-Beer-sche Gesetz beschrieben [20]: E(ν) = log ( ) I0 = ɛ(ν) c x (2.1) I Die Intensität des transmittierten Lichtes ist I, E(ν) ist die Extinktion und ɛ bezeichnet den molekülspezifischen dekadischen Absorptionskoeffizient (Extinktionskoeffizient). Auswahlregeln für elektronische Übergänge Bei einem elektronischen Übergang zwischen den beiden molekularen Zuständen i und k gilt für das Übergangsdipolmoment M i k [19]: M i k = Ψ i e ˆM Ψ k e (2.2) Ψ i e und Ψ k e sind die Elektronenwellenfunktionen 3 der Zustände i und k und ˆM ist der elektrische Dipolmomentoperator. Ein elektronischer Übergang ist erlaubt, wenn M i k 0 ist. Spinauswahlregel Die elektronische Wellenfunktion läßt sich bei Vernachlässigung der Spin-Bahn-Kopplung in einen Raumanteil und einen Spinanteil separieren: Ψ e = Φ e (r) } {{ } Θ(σ) } {{ } Raumanteil Spinanteil (2.3) Dabei sind σ die Spin- und r die Raumkoordinaten. Da ˆM spinunabhängig ist, folgt für Gl.2.2: 3 mit der Born-Oppenheimer-Näherung erfolgt die Separation der Gesamtwellenfunktion in einen elektronischen Anteil und einen Anteil der Kernbewegung.

2 Theoretische Grundlagen 9 M i k = Φ i e ˆM Φ k e Θ i e Θ k e (2.4) Ein elektronischer Übergang ist demzufolge spin-verboten, wenn die Spinfunktionen unterschiedliche Spinmultiplizität haben ( Θ i e Θ k e = 0). Bei gleicher Spinmultiplizität gilt Θ i e Θ k e = 1 und der Übergang ist spin-erlaubt. Bahnauswahlregel Ein elektronischer Übergang ist bahn-erlaubt, wenn das Übergangsdipolmoment M i k die totalsymmetrische Darstellung der Punktgruppe enthält [19]. Elektronische Übergänge im Perlyen In Abb. 2.7 ist die Orbitalfolge für Perylen (Punktgruppe D 2h ) dargestellt. Die Grundzustandskonfiguration des Perylens (S 0 ) ist totalsymmetrisch und gehört zu der irreduziblen Darstellung A g. Die Symmetrie des ersten angeregten Zustandes (S 1 ) ergibt sich aus dem Produkt der Charaktere der irreduziblen Darstellungen der einfach besetzen Orbitale: b 2g b 3u = B 1u. Der S 0 S 1 -Übergang ( 1 A g B 1u) + ist damit erlaubt und in z-richtung orientiert [21]. Abbildung 2.7: Elektronische Übergänge im Perylen [22]. Da die beiden energetisch nächst höheren Zustände B 2u -Symmetrie besitzen, sind sie entartet. Diese Entartung wird durch die Konfigurationswechselwirkung erster

2 Theoretische Grundlagen 10 Ordnung aufgehoben und es kommt zu einer Aufspaltung in einen energetisch niedrigeren 1 B2u und ein energetisch höheren 1 B 2u-Zustand + [21]. Der S 0 S 2 -Übergang ( 1 A g B2u) ist pseudoparitätsverboten. Der S 0 S 3 -Übergang ( 1 A g B 2u) + des Perylens ist erlaubt und in y-richtung orientiert [22]. 2.3 Zeitaufgelöste Fluoreszenzspektroskopie Wird ein Molekül im elektronischen Grundzustand S 0 durch Absorption eines Photons in einen energetisch höheren Zustand S n angeregt (n=1,2..), relaxieren die Moleküle durch Innere Umwandlung in den schwingungsrelaxierten ersten elektronischangeregten Singulett-Zustand S 1. Von diesem S 1 -Zustand kann das Molekül ein Photon emittieren (Fluoreszenz) oder durch strahlungslose Prozesse (Interkombination ISC, Innere Umwandlung IC) deaktiviert werden. Nach Kasha erfolgt Fluoreszenz im allgemeinen aus dem schwingungsrelaxiertens 1 -Zustand [23]. Für die Fluoreszenzlebenszeit τ F gilt [18]: τ F = 1 k F + k IC + k ISC (2.5) Dabei bezeichnen k F die Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz und k ISC und k IC die der strahlungslosen Prozesse. 2.4 Fluoreszenzanisotropie Bei den meisten fluoreszierenden Stoffen sind die Übergangsdipolmomente der Absorption und Emission in einer bestimmten zueinander Raumachse orientiert. Wird ein solches Fluorophor mit linear polarisiertem Licht angeregt, kann das Emissionslicht je nach räumlicher Ausrichtung der Moleküle ebenfalls polarisiert sein. Das Ausmaß der Emissionspolarisation wird durch die Fluoreszenzanisotropie r (kurz: Anisotropie) beschrieben.

2 Theoretische Grundlagen 11 2.4.1 Stationäre Fluoreszenzanisotropie Die unter einer kontinuierlichen Bestrahlung bestimmte Anisotropie wird als stationäre Fluoreszenzanisotropie bezeichnet. Zur Messung von r wird die Probe mit linear polarisiertem Licht, dessen elektrischer Feldvektor E vertikal in z-richtung orientiert ist, angeregt (Abb. 2.8). Mit Hilfe eines Polarisators wird die Fluoreszenzintensität jeweils in vertikaler (I ) und horizontaler (I ) Richtung (bezüglich der z-achse) detektiert. Die Fluoreszenzanisotropie r ist definiert als [16]: r = I I I + 2I (2.6) Abbildung 2.8: Schematischer Aufbau zur Messung der Fluoreszenzanisotropie [18]. In älterer Literatur wird noch der Begriff Polarisation P verwendet [16]: P = I I I + I (2.7) Der Wert der momentanen Fluoreszenzanisotropie r wird sowohl durch die Lage der Absorptions- und Emissionsdipolmomente des Fluorophors zueinander als auch relativ zur Polarisationsrichtung des eingestrahlten Lichtes (z-richtung) bestimmt. Aus geometrischen Betrachtungen (Abb. 2.9) kann ein Zusammenhang zwischen der

2 Theoretische Grundlagen 12 Fluoreszenzanisotropie r und dem Winkel θ der Übergangsdipolmomente (bezüglich der z-achse) abgeleitet werden. Abbildung 2.9: Fluoreszenzintensitäten eines Moleküls in einem Koordinatensystem für den Fall, dass Absorptions- und Emissionsdipolmoment parallel sind (M E - Emissionsübergangsdipolmoment) [16]. Für ein in z-richtung orientiertes Molekül (θ = 0 ) mit parallelen Übergangsdipolmomenten ergibt sich bei Abwesenheit einer räumlichen Bewegung des Fluorophors zwischen Absorption und Emission damit für die Anisotropie ein Wert von r = 1.0 und für θ = 90 eine Anisotropie r = 0. Photoselektion Wird eine homogene Lösung von Fluoreszenzmolekülen mit vertikal polarisiertem Licht angeregt, so werden nicht nur die Moleküle angeregt, deren Übergangsdipolmomente parallel zu z-achse ausgerichtet ist. Die Anregungswahrscheinlichkeit ist proportional zu cos 2 θ und für Moleküle parallel zur z-achse am größten. Dieser Prozess wird als Photoselektion bezeichnet [16]. Durch die symmetrische Verteilung der angeregten Fluorophore um die z-achse ist der maximal mögliche Wert für cos 2 θ = 3/5. Die Fluoreszenzanisotropie r ist damit nur vom Winkel β zwischen dem Absorptions- und dem Emissionsübergangsdipolmoment abhängig (Abb. 2.10). Für die entsprechende Fluoreszenzanisotropie gilt dann:

2 Theoretische Grundlagen 13 r = 2 ( ) 3cos 2 β 1 5 2 (2.8) In einer isotropen Lösung liegen damit die Werte für r zwischen -0.2 (β = 90 ) und 0.4 (β = 0 ). Abbildung 2.10: Fluoreszenzintensitäten eines Moleküls in einem Koordinatensystem (M E - Emissionsübergangsdipolmoment, M A - Absorptionsübergangsdipolmoment, β - Winkel zwischen Absorptions- und Emissionsdipolmoment) [18]. Fundamentale Anisotropie Prinzipiell müssen zwei Mechanismen betrachtet werden, die den Winkel β zwischen den Übergangsdipolmomenten und damit die Anisotropie r beeinflussen. Zum einen bestimmen die photophysikalischen Moleküleigenschaften den Winkel β zwischen Absorptions- und Emissionsübergangsdipolmoment. Der daraus resultierende Wert für die Fluoreszenzanisotropie wird als so genannte fundamentale Anisotropie r 0 bezeichnet, da er eine spezifische Eigenschaft des Fluorophors darstellt. Die fundamentale Fluoreszenzanisotropie r 0 ist damit der maximal möglichen Wert von r des Fluorophors. Zusätzlich dazu kann es durch eine Rotationsdiffusion zwischen dem Zeitpunkt der Absorption und Emission zu einer Veränderung des Winkels β und damit zu einer Verringerung des Anisotropiebetrages kommen.

2 Theoretische Grundlagen 14 Fluoreszenz-Depolarisation Eine diffusionsbedingte Rotation der Moleküle innerhalb der Fluoreszenzlebensdauer führt zu Verringerung der Emissionspolarisation. Dieser Prozess wird als Depolarisation bezeichnet und hängt von der Größe und Form des Fluorophors sowie von der Viskosität des umgebenden Mediums ab. Die Fluoreszenzanisotropie stellt damit eine wichtige Größe zur Charakterisierung der Mikroumgebung eines Fluorophors dar. Für ein sphärisches Fluorophor in einer isotropen Umgebung läßt sich mit Hilfe der Perrin-Gleichung ein quantitativer Zusammenhang zwischen der stationären Fluoreszenzanisotropie r und der Mikroviskosität η der Umgebung der Fluoreszenzsonde beschreiben [16]: r 0 r = 1 + τ F = 1 + C(r) T τ F τ c η = 1 + 6D r τ F (2.9) Hierbei ist τ F die Fluoreszenzlebenszeit, τ c die Rotationskorrelationszeit des Moleküls und r 0 die fundamentale Anisotropie. T ist die absolute Temperatur und D r der Rotationsdiffusionskoeffizient. Der Parameter C(r) berücksichtigt die Form und Größe des Fluorophors. Die Rotationskorrelationszeit sollte dabei die Größenordnung der Fluoreszenzlebenszeit haben. Wenn die τ c τ F ist, so ergibt sich für die Anisotropie ein Wert von r = 0. Ist dagegen τ c τ F, klingt die Fluoreszenz ab, bevor sich das Molekül bewegt. Fluoreszenzanisotropie von Perylen und DPH Das als Fluoreszenzsonde eingesetzte Molekül 1,6-Diphenyl-1,3,6-hexatrien (DPH) hat parallele Übergangsdipolmomente. Die theoretisch maximale Anisotropie hat einen Wert von 0.4. Die räumliche Orientierung des Absorptionsdipolmomentes im Perylen ist vom elektronischen Übergang und damit von der Anregungswellenlänge abhängig. Mit Hilfe der fundamentalen Fluoreszenzanisotropie kann jedem elektronischen Übergang nach Gl. 2.8 ein bestimmter Wert für den Winkel β zwischen den Übergangsdipolmomenten zugeordnet werden. Für den in z-richtung orientierten S 0 S 1 -Übergang des Perylens (Abb. 2.7) ergibt sich damit eine theoretisch maximale Anisotropie von 0.4. Da im Falle des S 0 S 3 -Überganges das Absorptions- und Emissionsdipolmoment im Perylen senkrecht zueinander orientiert sind, ist nach Gl. 2.8 r 0 = -0.2.

2 Theoretische Grundlagen 15 2.4.2 Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie Zur Bestimmung der zeitaufgelösten Fluoreszenzanisotropie r(t) wird die Probe mit einem vertikal polarisiertem Lichtpuls angeregt und die Intensiätsabklingkurve in vertikaler (I (t)) und horizontaler Richtung (I (t)) detektiert. Für die zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie ergibt sich damit: r(t) = I (t) I (t) I + 2I (t) (2.10) Die zeitliche Abnahme der Fluoreszenzanisotropie ist von der Geschwindigkeit der Rotationsdiffusion abhängig. Generell nimmt in einer isotropen Umgebung die Fluoreszenzanisotropie r(t) eines starren Moleküls multiexponentiell ab [16]: 5 ( ) t r(t) = r 0 a j exp τ cj j=1 (2.11) r 0 ist die fundamentale Anisotropie des Moleküls für den jeweiligen Übergang und τ cj sind die individuellen Rotationskorrelationszeiten. Für ein sphärisches Molekül ist der Abfall der Anisotropie monoexponentiell (j=1). Fluorophore, deren Rotationsgeschwindigkeiten sich um alle drei Hauptträgheitsachsen unterscheiden, bezeichnet man als Ellipsoide. Die Anisotropieabklingkurve r(t) dieser Moleküle ist eine Summe aus fünf Exponentialtermen, wenn die Übergangsdipolmomente nicht in Richtung der Hauptachsen orientiert sind [18]. Viele nichtsphärische Moleküle können als Umdrehungsellipsoide beschrieben werden, in denen zwei der drei Hauptachsen gleich groß sind. Die dritte Rotationsachse entspricht der Symmetrieachse des Moleküls [24]. Ist die Rotation um die längere Achse symmetrisch, handelt es sich um ein gestrecktes Umdrehungsellipsoid. In einem abgeflachten Ellipsoid entspricht dagegen die kürzere Achse der Symmetrieachse des Moleküls (Abb. 2.11). Infolgedessen können die Rotationsbewegungen des Moleküls mit zwei Rotationsdiffusionskoeffizienten D 1 = D und D 2 = D beschrieben werden.

2 Theoretische Grundlagen 16 Abbildung 2.11: Schematische Darstellung der Rotationsdiffusionskoeffizienten eines Umdrehungsellipsoides a) gestreckt a > b b) abgeflacht a < b (Perylen) - (M E - Emissions-, M A - Absorptionsübergangsdipolmoment). Gestreckte Rotationsellipsoide - DPH Entspricht ein Fluorophor einem gestreckten Rotationsellipsoiden, und sind die Absorptions- und Emissionsdipolmomente parallel in Richtung der Längsachse a orientiert (β = 0), hat die Rotation um diese Achse (D ) keinen Einfluss auf die Depolarisation und für die zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie r(t) gilt [16]: ( r(t) = 0.4 exp t ) = 0.4 exp ( 6D t) (2.12) τ c Für das Fluorophor DPH kann die Annahme eines gestreckten Rotationsellipsoiden nur annährend gemacht werden, da die Übergangsdipolmomente mit der Rotationsachse a einen Winkel von 10-14 einschließen. Für DPH ist der Wert für die fundamentale Anisotropie r 0 daher nicht 0.4, sondern r 0 = 0.37 [25]. Außerdem zeigt die zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie r(t) keine monoexponentielle Kinetik. Abgeflachte Rotationsellipsoide - Perylen Zur Beschreibung des Rotationsdiffusionsverhaltens von Perylen wird das Modell für ein abgeflachten Rotationsellipsoids angewandt (Abb. 2.11b)) [16]. Für Moleküle deren Absorptions- und Emissionsdipolmomente in einer Ebene senkrecht zur Symmetrieachse liegen, ergibt sich aus geometrischen Betrachtungen für die zeitaufgelöste

2 Theoretische Grundlagen 17 Fluoreszenzanisotropie [26]: ( r(t) = 0.1 exp t ) + 0.3 ( 2 cos 2 β 1 ) ( exp t ) τ c1 τ c2 (2.13) mit τ c1 = 1/6D (2.14a) τ c2 = 1/(2D + 4D ) (2.14b) β ist der Winkel zwischen den Übergangsdipolmomenten. Die Drehung des Perylenmoleküls innerhalb der Ebene des aromatischen Ringes verläuft parallel zur Symmetrieachse (D ) und wird als in-plane-rotation bezeichnet. Die Rotation aus der Ebene heraus mit D ist die so genannte out-of-plane-rotation. Für den S 0 S 1 -Übergang im Perylen (λ Ex = 430 nm) sind die Absorptions- und Emissionsdipolmomente parallel zueinander orientert (β = 0). Mit Gl. 2.13 gilt für die zeitaufgelöste Anisotropie: ( r S0 S 1 (t) = 0.1 exp t ) ( + 0.3 exp t ) τ c1 τ c2 (2.15) Die Übergangsdipolmomente im S 0 S 3 -Übergangs sind senkrecht zueinander ausgerichtet. Mit β = 90 ergibt sich Gl. 2.13 zu: ( r S0 S 3 (t) = 0.1 exp t ) ( 0.3 exp t ) τ c1 τ c2 (2.16) Gehinderte Rotation In einer isotropen Umgebung kann ein Fluorophor um alle Hauptrotationsachsen frei rotieren. Die Fluoreszenzanisotropie klingt vom Wert der fundamentalen Fluoreszenzanisotropie r 0 zur Zeit t = 0 nach Gl. 2.11 zeitlich bis auf Null ab. Ist ein Fluorophor in eine anisotropen Umgebung, z.b. einer Lipiddoppelschicht eingelagert, so kann die Rotation des Moleküls um eine Achse eingeschränkt sein. Dadurch klingt die Fluoreszenzanisotropie nicht bis auf Null ab, da es nicht zu einer vollständigen

2 Theoretische Grundlagen 18 Fluoreszenzdepolarisation kommt. Dieser Rest-Wert der Anisotropie wird als Grenzanisotropie r bezeichnet. Die Übergangsdipolmomente im DPH sind näherungsweise parallel zur Symmetrieachse orientiert. Die gehinderte Rotation eines DPH-Moleküls in einer Membran wird mit dem so genannten wobble-in-cone-modell beschrieben [16],[18]. Das Fluorophor kann innerhalb der Doppelschicht nur bis zu einem bestimmten Winkel θ c innerhalb eines Kegels rotieren (Abb. 2.12). Abbildung 2.12: wobble-in-cone-modell (M - Übergangsdipolmoment) Für die zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie gilt im einfachsten Fall eines sphärischen Moleküls: ( r(t) = (r 0 r ) exp t ) + r (2.17) τ c Mit Hilfe der Grenzanisotropie r läßt sich der Winkel θ c und der sogenannte Orientierungsordnungsparameter 4 S der Lipide in der Membran bestimmen [27]: [ ] 2 r 1 = r 0 2 cos θ c (1 + cos θ c ) = S 2 (2.18) S ist eine charakteristische Größe für die Membran und beschreibt den Ordnungsgrad der Lipidmoleküle [12]. Sind die Lipide parallel zur Membrannormalen ausgerichtet, hat S einen Wert von 1. 4 2. Ordnung [12].

2 Theoretische Grundlagen 19 2.5 Fluoreszenzaustauschkinetik Die dynamische Fluoreszenzlöschung stellt eine wichtige Methode dar, um Bildungsprozesse und dynamische Eigenschaften in selbstorganisierten System, wie z.b. Mizellen zu beschreiben [28]. Außerdem ermöglicht sie die Bestimmung der Aggregationszahl von Mizellen. Da Vesikel ähnlich wie Mizellen ein selbstorganisiertes System von Tensidmolekülen in einer wässrigen Phase sind, wird im folgenden das Modell der dynamischen Fluoreszenzlöschung von Pyren in Mizellen für PC-Vesikel verwendet. Die Beweglichkeit der Reaktanden innerhalb der Membran und zwischen der Membran und der wässrigen Phase haben einen maßgeblichen Einfluss auf die dynamische Fluoreszenzlöschung. Pyren wird als so genannte immobile Fluoreszenzsonde eingesetzt [28]. Da sich das Molekül ausschließlich im hydrophoben Teil der Membran einlagert 5, wird angenommen, dass die Pyrenmoleküle innerhalb ihrer Fluoreszenzlebenszeit nicht aus der Lipiddoppelschicht heraustreten. Innerhalb der Membran kann es zu einer Fluoreszenzlöschung eines angeregten Pyrenmoleküls durch ein Löschmolekül kommen: V m m k qm+k F Vm (2.19) V m V m k qm k F Vesikel mit einem angeregten Pyrenmolekül und m Löschmolekülen Vesikel mit einem Pyrenmolekül (im Grundzustand) und m Löschmolekülen Geschwindigkeitskonstante der Löschung mit einem Löschmolekül Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz Mobile Fluoreszenzlöscher sind zwischen wässriger und hydrophober Phase verteilt und können sowohl die Membran verlassen (Gl. 2.20) als auch in sie hineintreten (Gl. 2.21) [29]: V m + Q V V m + Q W m k qm V m-1 + Q W (2.20) [Q] W k + m V m+1 (2.21) 5 Löslichkeit von Pyren in Wasser K L = 6.9 10 7 mol/l [13].

2 Theoretische Grundlagen 20 Q V Q W km k m + [Q] W Löschmolekül in der Membran Löschmolekül in der wässrigen Phase Geschwindigkeitskonstante für den Austritt der Löschmoleküle Geschwindigkeitskonstante für den Eintritt der Löschmoleküle in die Membran Konzentration an Löschmolekülen in der wässrigen Phase Zur Beschreibung der Austauschrate des Löschers wird zusätzlich zu diesen Prozessen ein intermolekularer Austausch der Löschmoleküle zwischen den Vesikeln angenommen (Hopping Mechanismus). Dieser Prozess tritt beispielsweise bei der Löschung von Pyren in SDS-Mizellen mit Metallionen auf [29]: V m + V n n k hm [V ] n V m+1 + V n-1 (2.22) V m k hm [V ] m + V n-1 n-1 V m-1 + V n (2.23) [V] n-1 [V] n V n V n-1 V m+1 V m-1 k hm Konzentration an Vesikeln mit n-1 Löschmolekülen Konzentration an Vesikeln mit n Löschmolekülen Vesikel mit n Löschmolekülen Vesikel mit n-1 Löschmolekülen Vesikel mit einem angeregten Pyrenmolekül und m+1 Löschmolekülen Vesikel mit einem angeregten Pyrenmolekül und m-1 Löschmolekülen Geschwindigkeitskonstante für Austausch der Löschmoleküle Die Fluoreszenzabklingkurve I(t) einer immobilen Fluoreszenzsonde und eines mobilen Löschmoleküls wird durch Gl. 2.24 beschrieben: I(t) = A 1 exp [ A 2 t A 3 (1 exp( A 4 t))] (2.24) Der Parameter A 1 ist die Fluoreszenzintensität zur Zeit t=0. Die Auswertung der zeitaufgelösten Fluoreszenzmessungen kann mit folgenden Zusammenhängen erfolgen [29]:

2 Theoretische Grundlagen 21 A 2 = k F + S 2 [Q] mit S 1 2 = (1 + K [V]) A 4 (k + m + k hm + K [V]) k qm (2.25) A 3 = S 3 [Q] mit S3 1 = 1 K + [V ] A2 4 kqm 2 (2.26) A 4 = k qm + km + k hm [V ] (2.27) [V] ist die Konzentration an Vesikeln, [Q] die Gesamtkonzentration an Löschermolekülen, k F ist die Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz in Abwesenheit eines Löschers und K ist die Gleichgewichtskonstante und ist definiert durch [30]: K = k m + k m = [Q] V [Q] W [V ] (2.28) Durch Variaton von [Q] können S 2 und S 3 erhalten und die Geschwindigkeitskonstanten km, k m, + k hm und k qm berechnet werden. Als Fluoreszenzlöscher wurde die neutrale Verbindung 1,3-Dicyanobenzen (md- CB) verwendet, da bei ionischen Löschmolekülen ein Einfluss der Mizell-Konzentration auf die Austauschraten festgestellt wurde [28].

2 Theoretische Grundlagen 22 2.6 Lichtstreuung Die Lichtstreuung stellt eine wichtige Methode dar, um Aussagen über die Größe und Gestalt von kolloidalen Teilchen und Makromolekülen zu machen. 2.6.1 Prinzip Während eines Streuexperimentes wird ein Lichtstrahl mit einer Wellenlänge λ an einem Teilchen mit dem Radius r gestreut und einem Winkel θ (Streuwinkel) mit einem Detektor die Intensität des gestreuten Lichtes bestimmt (Abb. 2.13). Abbildung 2.13: Schematischer Aufbau eines Lichtstreuexperiments (E 0, E S - Elektrische Feldvektoren des einfallenden und des Streulichtes; θ - Streuwinkel [31]. Für den Betrag des Streuvektors gilt: q = q = 4πn 0 λ sin ( ) θ 2 (2.29) Dabei ist n 0 der Brechungsindex des Mediums. Der Streuvektor q hat die Dimension einer reziproken Länge. Während des Streuprozesses tritt das elektrische Feld E 0 mit den Elektronen in den Molekülen in Wechselwirkung und induziert einen oszillierenden Dipol, welcher

2 Theoretische Grundlagen 23 Ausgangspunkt des gestreuten Lichtes ist. Das im Molekül induzierte Dipolmoment ist von der Polarisierbarkeit α abhängig. Die Streuintensität I S ist proportional zum Quadrat der Feldstärkeamplitude E S. 2.6.2 Statische Lichtstreuung In der statischen Lichtstreuung wird die Streuintensität I S (q) in Abhängigkeit vom Streuvektor q untersucht. Für eine Lösung von monodispersen Teilchen gilt : R(q) = Kc MP (q)s(q) mit K = 4π2 n 2 0 N A λ 4 Der Term dn/dc ist das Brechungsindex-Inkrement, ( ) 2 dn (2.30) dc M ist das Molekulargewicht (Gewichtsmittel) und c ist die Konzentration der Probe. N A ist die Avogadro-Zahl. Die Streufunktion P (q) hängt mit den strukturellen Eigenschaften des Streuzentrums zusammen und berücksichtigt Interferenzerscheinungen bei der Streuung an großen Teilchen (r λ/20). P (q) beinhaltet Informationen über die Teilchengröße und ist für bestimmte Partikelformen bekannt. Kommt es zu Interferenz von Lichtwellen, die an verschiedenen Teilchen gestreut werden, wird der so genannte Strukturfaktor S(q) eingeführt. In einer Suspension von Teilchen gibt dieser Term Auskunft über die radiale Verteilungsfunktion der Streuzentren. Für eine Untersuchung von P (q) werden verdünnte Lösungen benutzt - unter diesen Bedingungen wird für alle Werte von q ein Strukturfaktor von S(q) = 1 angenommen [31], [32]. Rayleigh-Gans-Debye-Näherung Zur Bestimmung des Teilchenradius r kann die so genannte Rayleigh-Gans-Debye- Näherung (RGD) angewandt werden, wenn folgende Annahmen gelten [33]: n 2 1 n 0 << 1 (2.31) 4πr λ < 1 (2.32) Mit Hilfe dieser Näherung können die Streufunktion P (q) für bestimmte Teil-

2 Theoretische Grundlagen 24 chenformen berechnet werden. In Tab. 2.1 sind die Streufunktionen für kugelförmige Teilchen und für Vesikel angegeben [34]. Partikelform Streufunktion P(q) ( ) 2 Kugel P (q) = 3 q 3 r 3 (sin qr qr cos qr) ( Vesikel P (q) = 3 q 3 (ro 3 ri 3 ) (sin qr o sin qr i qr o cos qr o + qr i cos qr i ) Tabelle 2.1: Streufunktion P (q) nach der RGD-Näherung für Kugeln (Radius r) und Vesikel (r o - äußerer Radius, r i - innerer Radius). ) 2 2.6.3 Dynamische Lichtstreuung In einer Suspension kommt es aufgrund von der Brownschen Molekularbewegung zu einer Diffusion der Teilchen im Lösungsmittel. Während eines Lichtstreuexperimentes führen diese zeitlichen Fluktuation der Teilchenpositionen und Teilchenanzahl innerhalb des Streuvolumens zu einer Änderung der Phasenbeziehung des Streulichtes. Diese Intensitätsfluktuationen mittels der normierten Intensitätsautokorrelationsfunktion ausgewertet [31]: g 2 (τ) = I S(τ)I S (t + τ) I S (t) 2 (2.33) Diese beschreibt die Korrelation der Streuintensitäten zu den Zeiten 6 t und t + τ. Die Fluktuationen der Amplitude des Elektrischen Feldes werden durch die Feldkorrelationsfunktion g 1 (τ) beschrieben. Unter der Annahme einer Gaußverteilung des Intensitätsprofils besteht zwischen g 2 (τ) und g 1 (τ) folgender Zusammenhang: g 2 (τ) = 1 + g 1 (τ) 2 (2.34) In einem polydispersen System mit einer Teilchengrößenverteilung gilt für g 1 (τ): g 1 (τ) = 0 G(Γ) exp( Γτ)dΓ (2.35) 6 τ sei im Vergleich zu t sehr klein.

2 Theoretische Grundlagen 25 mit Γ = q 2 D t. D t ist der translatorische Diffusionskoeffizient der Teilchen und G(Γ) ist die normaliserte Größenverteilungsfunktion der Teilchen [35]. Für sphärische Partikel mit einem hydrodynamischen Radius r h gilt [32]: D t = kt 6πηr h (2.36) Hierbei ist k die Boltzmann-Konstante, T die absolute Temperatur und η die Viskosität des Lösungsmittels. 2.6.4 Kreuzkorrelation Bei der Auswertung der Autokorrelationsfunktion in einem Lichtstreuexperiment wird angenommen, dass das Licht nicht an mehreren Teilchen gestreut wurde. In einem so genannten Kreuzkorrelationsexperiment ist es möglich, nur einfach gestreutes Licht zu berücksichtigen und den Beitrag durch Mehrfachstreuung auszublenden. Dabei werden zwei Lichtstreuexperimente gleichzeitig in einer Probe durchgeführt. Die beiden Laserstrahlen kreuzen sich im Streuvolumen und die an zwei Detektoren ermittelten Signale werden miteinander korreliert [31]: G 12 (τ) = I 1 (t)i 2 (t + τ) (2.37) I 1 und I 2 bezeichnen die Intensitäten an den Detektoren 1 und 2. Nur einfach gestreutes Licht bewirkt eine Korrelation der Intensiäten an beiden Detektoren. Mehrfachstreuung führt zu unkorrelierten Fluktuationen. In Abb.2.14 ist der schematische Aufbau eines 3D-Kreuzkorrelationsexperimentes dargestellt. Abbildung 2.14: Schematischer Aufbau eines 3D-Kreuzkorrelationsexperimentes (q 1,2 - Streuvektoren)[31].

2 Theoretische Grundlagen 26 Die normierte Intensitätskreuzkorrelationsfunktion g 12 (τ) hängt mit der Feldkorrelationsfunktion g E 12 zusammen [31]: g 12 (τ) = 1 + β g E 12 2 (2.38) Der in einem 3D-Kreuzkorrelationsexperiment maximal mögliche Wert des Achsenabschnittes von β = 0.25 nimmt bei Mehrfachstreuung kleinere Werte an und wird zusätzlich reduziert, wenn die beiden Streuvolumen räumlich nicht exakt überlagern bzw. die Detektoren nicht exakt justiert sind [31]. Statische Lichtstreuung mittels Kreuzkorrelation Da in einem 3D-Kreuzkorrelationsexperiment nur der Beitrag der Einfachstreuung berücksichtigt wird, kann durch eine Messung der Kreuzkorrelationsfunktion die Streuintensiät der Einfachstreuung I (1) (q) bestimmt werden: I (1) (q) = I (1) 1 (q)i (1) 2 (q) = βi 1 (q)i 2 (q) (2.39) I 1 (q) und I 2 (q) sind die gemittelten Intensitäten der beiden Detektoren.

3. Material und experimentelle Methoden 3.1 Verwendete Chemikalien Name Reinheit Bezug sonstiges 1,2-Dimyristoyl-snglycero-3-phosphocholin 1,6-Diphenyl-1,3,5- hexatrien (DPH) Isophthalsäuredinitril 1,3-Dicyanobenzen (mdcb) > 99% Sigma-Aldrich Chemie GmbH, München > 98% Sigma-Aldrich Chemie GmbH, München > 98% Merck KGaA, Darmstadt Glycerin > 99.5% Carl Roth GmbH + Co. KG KCl, getrocknet > 99% Carl Roth GmbH + Co. KG Pyren > 99% Sigma-Aldrich Chemie GmbH München Perylen zur Synth. Merck KGaA, Darmstadt Paraffin flüssig f. Spektr. Merck KGaA, Darmstadt Phospholipon 90 G (PC) 96.9% Phospholipid GmbH, Köln - Chargen-Nr: 30530 Saccharose Haushaltszucker Lagerung: -18 C Lagerung: -18 C Weiterhin wurden Lösungsmittel (HPLC-rein) der Firma Roth und entionisiertes Wasser verwendet. Gaschromatographische Analyse Die Bestimmung der Fettsäureanteile im Phospholipon 90 G erfolgte mittels GC-MS mit (Hewlett Packard 5980 Series II, Waldbronn) mit einer 30m x 0.25 mm HP5 Säule (0.25 µm Schichtdicke). Als Trägergas wurde Helium verwendet und die Detektion erfolgte mit einem massenselektiven Detektor (HP 5971, Ionisationsenergie 70 ev). Folgende Bedingungen wurden verwendet: Injektionstemperatur: 250 C; Temperaturprogramm: 60 C (gehalten für 1 min), 2 C min 1 bis 100 C (gehalten für 10 27

3 Material und experimentelle Methoden 28 min), 4 C min 1 bis 220 C (gehalten für 4 min), 4 C min 1 bis 280 C (gehalten für 10 min); Detektortemperatur: 280 C. In Tab. 3.1 sind die ermittelten Anteile an Fettsäuren angegeben. Fettsäure Anteil C16:0 12 % C18:0 4 % C18:1 36 % C18:2 44 % Tabelle 3.1: Anteil an Fettsäureresten in Phospholipon 90G (Anzahl der C-Atome : Anzahl der Doppelbindungen). 3.1.1 Probenpräperation 3.1.1.1 Referenzsysteme Um die Eigenschaften der Fluoreszenzsonden in einem homogenen isotropen Referenzmedium zu untersuchen, wurden Lösungen von Perylen in Glycerin und von DPH in Paraffinöl mit einer optischen Dichte von 0.1 hergestellt (UV/VIS-Spektrometer Lambda 2 - Perkin Elmer GmbH, Rodgau). 3.1.1.2 Präperation der Vesikel Zur Herstellung multilamellarer DMPC-Vesikel wurde eine wässrigen Lösung mit einer Lipid-Konzentration von 0.5 mmol L 1 eingestellt. Die Lösung enthielt zusätzlich 15 wt.% Saccharose, um eine Bewegung der Vesikel während der Fluoreszenzmessung zu reduzieren und 50 mmol L 1 KCl. Die Mischung wurde bei einer Temperatur von ca. 35 C 30 min gerührt [36]. Die unilamellaren PC-Vesikel wurden aus 50 ml einer 0.01 wt.%-igen PC-Lösung (Phospholipon 90 G) in Wasser hergestellt und mittels Ultraschall (Branson Sonifier 450, Schwäbisch Gmünd) 3 min bei einer Leistung von 40 W behandelt. Alle Vesikellösungen wurden unmittelbar vor den Experimenten hergestellt.

3 Material und experimentelle Methoden 29 Lösungen zur Fluoreszenzenzanisotropiemessung Um die Fluoreszenzsonden in die Vesikel-Lösungen einzubringen, wurden jeweils Perylen- bzw. DPH-Stammlösungen in Tetrahydrofuran (THF) mit einer Konzentration von 2 mmol L 1 verwendet. Zu jeweils 5 ml DMPC-Lösung wurden 1 µl der Perylen - bzw. DPH-Lösung gegeben und die Mischung 120 min bei einer Temperatur von 35 C gerührt. Das Verhältnis von Fluoreszenzmarker- zu DMPC-Molekülen ist damit ca. 1 : 1200. Die PC-Vesikel-Lösungen wurden zunächst in einem Verhältnis 1:1 mit einer 30 wt.%-igen Saccharoselösung verrührt. Zur Dotierung mit DPH bzw. Perylen wurden 5 ml dieser PC-Saccharose-Lösung mit 1 µl der Perylen- bzw. DPH-Lösung in THF 120 min bei Raumtemperatur gerührt. Dies entspricht etwa einem Verhältnis von Marker zu Lipidmolekülen von 1 : 400. Lösungen zur Fluoreszenzlöschung Für die Fluoreszenzlöschexperimente wurden mit Pyren dotierte PC-Vesikel verwendet. Zu jeweils 2 ml einer 0.01 wt.% -igen PC-Vesikel-Lösung wurden 10 µl einer Pyren-Lösung (in THF, 1.0 mmol L 1 ) gegeben und 120 min gerührt. Die Löschung erfolgte durch Zugabe von jeweils 10-60 µl einer mdcb-stammlösung (in THF, 3.25 mmol L 1) zu 2 ml der dotierten PC-Vesikel-Lösung. Um eine Löschung durch Sauerstoff zu vermeiden, wurde die Lösung in der Küvette vor jeder Messung 30 min mit Argon begast. Herstellung der Vesikellösungen zur Lichtstreuung Für die Lichtstreuexperimente wurden 0.01 wt.% - ige wässrige Lösungen von Phosphatidylcholin hergestellt und mittels Ultraschall (Branson Sonifier 450, Schwäbisch Gmünd) 3, 6 bzw. 9 min bei einer Leistung von 40 W behandelt und anschliessend im Verhältnis 1:2 mit entionisiertem Wasser verdünnt.

3 Material und experimentelle Methoden 30 3.2 Experimentelle Methoden 3.2.1 Temperierung Kalibrierfunktion Zur Temperierung der Proben während der Fluoreszenzmessungen wurde ein Thermostat (Lauda Ecoline RE 104, Lauda-Königshofen) sowie ein temperierbarer Probenhalter verwendet. Zur exakten Bestimmung der Temperaturen in der Probe wurden nach Temperatureinstellung in einem Referenzsystem (Glycerin) mit einem Digitalthermometer die Temperatur gemessen und eine Kalibrierfunktion ermittelt (Abb. A.1). Tieftemperaturmessung Zur Bestimmung der stationären Fluoreszenzanisotropie bei 223K wurde die Probe mit einem stickstoffgekühltem Kryostat (Optistat DN1704; Oxford Instruments, Wiesbaden) mit externer Temperatursteuerung (ITC4, Oxford Instruments, Wiesbaden) temperiert. 3.2.2 Fluoreszenzanisotropie 3.2.2.1 Stationäre Fluoreszenzanisotropie Die Bestimmung der stationären Fluoreszenzanisotropie erfolge mit einem Spektralfluorometer Fluoromax 3 (Jobin Yvon, München). Mit Hilfe eines temperierbarer Probenhalters wurden die Proben auf eine Temperatur von 5 C bis 75 C temperiert. Die Fluoreszenzanregungsspektren wurden mit einer Integrationszeit von 1.0 s in einer 90 Geometrie aufgenommen und mit dem Referenzsignal des Anregungsstrahlengang korrigiert. Die Schrittweite betrug 0.5 nm und die spektrale Auflösung 2.0-5.0 nm. Um Streulichteffekte zu vermeiden, wurden die Fluoreszenzanregungsspektren jeweils mit denen der reinen Vesikellösungen korrigiert. Zur Aufnahme polarisierter Fluoreszenzanregungsspektren wurden Wollaston- Polarisatoren verwendet. Die Proben wurden sowohl mit vertikal als auch horizontal polarisiertem Licht angeregt, um mit Hilfe des Gerätefaktor G Anisotropieeffekte des Gerätes zu vermeiden. Die Fluoreszenzanisotropie r wurde nach:

3 Material und experimentelle Methoden 31 r = I V V GI V H I V V + 2GI V H mit G = I HV I HH (3.1) berechnet. Die Indices beschreiben jeweils die Polarisationsrichtung des Anregungsund des Fluoreszenzlichtes (vertikal = V, horizontal = H). Die Fluoreszenzanregungsspektren von Perylen wurden bei Emissionswellenlänge von λ Em = 472 nm aufgenommen; die Anregungswellenlänge λ Ex betrug 240-460 nm. Zur Bestimmung der Anisotropie des S 0 S 1 -Überganges oberhalb einer Anregungswellenlänge von 360 nm wurde der Wert für r für den Bereich λ Ex = 375 415 nm nach Gl. 3.1 berechnet und gemittelt. Für den S 0 S 3 -Überganges wurde die Fluoreszenzanisotropie r über den Bereich λ Ex = 250 260 nm gemittelt. Zur Bestimmung der Fluoreszenzanisotropie r von DPH wurden die Proben von 300 bis 420 nm angeregt. Die Fluoreszenanregungsspektren wurden bei einer Emissionswellenlänge von λ Em = 430 nm gemessen und die Fluoreszenzanisotropie für den Anregungswellenlängenbereich λ Ex = 350 370 nm berechnet. Bestimmung der fundamentalen Anisotropie Der Wert der fundamentalen Anisotropie r 0 wurde für Perylen in Glycerin bei einer Temperatur von 223 K bestimmt. Die Messung der Fluoreszenzanregungsspektren erfolgte mittels des Fluoreszenzspektrometer FLS920 (Edinburgh Instruments, Edinburgh) und der Software F900. 3.2.2.2 Zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie Bei der Bestimmung der zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie wurde die zeitkorrelierte Einzelphotonenzählung (TCSPC) verwendet. Bei der Messung wird die Probe durch einen kurzen Lichtpuls angeregt und die Zeit bis zur Detektion des ersten emittierten Photons bestimmt. Wird dieser Vorgang - die Anregung der Probe und die Messung der Zeit bis zum Eintreten des ersten Ereignisses - oft wiederholt (10 6 10 7 mal), so kann die Annahme gemacht werden, dass die Zahl der Ereignisse der Fluo-

3 Material und experimentelle Methoden 32 reszenzintensität proportional sind [37]. Bei vertikal polarisiertem Anregungslicht kann nun aus den erhaltenen Fluoreszenzabklingkurven bei vertikaler I (t) und horziontaler Polarisation des Fluoreszenzlichtes I (t) die Fluoreszenzanisotropie bestimmt werden (Gl. 3.2). Die zeitaufgelösten Fluoreszenzmessungen wurden mit dem Fluoreszenzlebenszeitspektrometer FLS920 mit der Software F900 (beides Edinburgh Instruments, Edinburgh) durchgeführt. Die Anregung der Probe erfolgte mit einem frequenzverdoppelten Titan-Saphir-Lasersystem (Tsunami 3960, Spectra Physics). Mittels eines akkusto-optischen Modulators (Pulse-Select, APE, Berlin) wurde die Repititionsrate des Titan-Saphir-Lasers von 80.2 MHz auf 1 MHz verringert. Zur Detektion des Fluoreszenzlichtes wurde eine Multi-Channel-Plate (ELDY EM1-132/300, Europhoton GmbH, Berlin) verwendet. Die Aufnahme der Instrument-Antwort-Funktion erfolgte mit einer Streuprobe (Milchglas). Die Probe wurde in einer Quarzküvette (Schichtdicke 1cm x 1cm) mit vertikal polarisiertem Licht angeregt. Die Anregungs- und Emissionswellenlängen (λ Ex, λ Em ) sind in Tab. 3.2 angegeben. Bei einer Anregungswellenlänge von 254 nm (frequenzverdreifacht) ist das Anregungslicht vertikal polarisiert. Für die Anregungswellenlängen von 357 nm und 430 nm (frequenzverdoppelt) wurde im Anregungsstrahl eine achromatische λ/2-verzögerungsplatte (Quarz/MgF 2, Bereich: 300-470 nm, B.Halle, Berlin) verwendet, um eine vertikale Polarisation des Lichtes zu erreichen. Die Bestimmung von I (t) und I (t) erfolgte nacheinander in einer 90 Geometrie und die Fluoreszenzabklingkurven wurden mit Hilfe der Software F900 durch iterative Dekonvolution mit der Instrument-Antwort-Funktion ausgewertet. Mit der Berechnung des χ 2 R-Wertes wurde jeweils die Güte der Anpassungen beurteilt. DPH Perylen r S0 S 1 r S0 S 3 λ Ex 357 nm 430 nm 254 nm λ Em 430 nm 472 nm 472 nm Tabelle 3.2: Fluoreszenzanregungs- und emissionswellenlängen der zeitaufgelösten Fluoreszenzmessungen Die zeitaufgelöste Fluoreszenzanisotropie r(t) wurde mit Gl. 3.2 berechnet.

3 Material und experimentelle Methoden 33 r(t) = I (t) GI (t) I + 2GI (t) (3.2) Der Gerätefaktor G für die jeweilige Anregungswellenlänge wurde mit Hilfe der Referenzlösungen (Perylen in Glycerin, DPH in Paraffinöl) mit bekannter stationärer Fluoreszenzanisotropie r ermittelt: G = 1 r I (t) 1 + 2r I (3.3) Zur Auswertung der Fluoreszenzanisotropie-Abklingkurven r(t) wurden diese mit Hilfe der Software Excel (Funktion Solver) durch Minimierung von χ 2 R angepasst [16], [37] : χ 2 R = 1 ν l k=1 1 w i [r(t) r c (t)] 2 mit w i = 3[I (t) + 2I (t)] 2 + r(t) + 5[r(t)] 2 2[r(t)] 3 (3.4) Dabei ist r c (t) die berechnete Anisotropieabklingkurve, l die Anzahl der Känäle und ν die Anzahl der Freiheitsgrade. Die Funktion r c (t) ist jeweils im Ergebnisteil angegeben.