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D I P L O M A R B E I T 2 0 0 4 Meisterschwanden, 17. Dezember 2004 Hochschule für Technik Waadt Departement Klasse 30/1 PD Gino Bonafini Fachbereichsleiter Print Rainer Prosi CTO von CIP 4 Senior Workflow Architect Heidelberger Druckmaschinen AG

Management Summary Zweck Das Druckgewerbe befindet sich im Wandel zur Industrie. Durch die immer kleineren Auflagen und kürzeren Lieferfristen müssen die Druckereien ihre Prozesse optimieren, um in der heute stagnierenden wirtschaftlichen Lage mit einer positiven Wertschöpfung zu produzieren. Ziele Für kleine und mittelständische Unternehmen ist es eine Herausforderung, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Ziel ist eine Optimierung der Prozesse durch Vernetzung. Resultate Das Job Definition Format ist ein herstellerunabhängiges Austauschformat, das auf XML basiert. Es ermöglicht die Vernetzung von Produkten verschiedener Lieferanten. JDF verbindet die administrativen Prozesse mit den Produktionsprozessen. Eine Anforderung für die Vernetzung ist der Einsatz der technischen Workflow-Systeme. Die einzelnen Prozesse müssen optimiert sein. Die Vernetzung erfordert Disziplin und eine strukturiere Arbeitsweise. Viele Arbeitsschritte verlagern sich in die Auftragsbearbeitung. Die Sachbearbeiter müssen die Prozesse der Druckerei kennen und immer besser ausgebildet sein. Die Vernetzung muss gut geplant und dokumentiert werden. Bevor die Druckerei eine Anbindung angeht, muss sie die Auswirkungen kennen. Im Druckzentrum Vögeli AG sind die Maschinen des Drucksaals und der Weiterverarbeitung physikalisch mit dem MIS vernetzt. Sie empfangen die Voreinstelldaten und senden online die exakten Maschinendaten an die Nachkalkulation und die Statistiken. Die Anbindung der Weiterverarbeitung wird nicht durchgeführt, weil durch Zwischenschritte ein grösserer Aufwand anfällt. Die Vernetzung im Druckzentrum Vögeli AG ist wirtschaftlich. Die Vernetzung wird auf fünf Jahre abgeschrieben. Das Return On Investment erfolgt nach vier Jahren. Bis sich JDF als Standard durchsetzt, werden noch mehrere Jahre vergehen. Viele kleine und mittelständische Druckereien müssen zuerst die Anforderungen erfüllen, doch auch die Lieferanten müssen die Schnittstellen anpassen, um eine bidirektionale Kommunikation zu ermöglichen. In der Zwischenzeit sind die CIP3-Formate im Einsatz. Die Vernetzung wird erst durch den Einsatz von JDF stabilisiert, weil die Vernetzung auf CIP3-Basis viele Fehlerquellen birgt.

Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Einführung von JDF (Job Definition Format) in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie berücksichtigt die Prozesse der Vernetzung im Bereich Vorstufe, Bogenoffset und Weiterverarbeitung in Bezug auf die Anforderungen, die Wirtschaftlichkeit und die technische Umsetzung und geht vom heutigen Stand der Entwicklungen aus. Anforderungen Technischer Stand der Hersteller IST-Zustand der Druckerei Angestrebter Stand der Druckerei Die Anforderungen für eine Vernetzung mit JDF werden erarbeitet. Mein Excel-Tool stellt den gegenwärtigen technischen Vernetzungsgrad grafisch dar. Es wird ersichtlich, welchen Vernetzungsgrad die Druckerei anstrebt und welcher technisch umsetzbar ist. Wirtschaftlichkeit Die Wirtschaftlichkeit der Vernetzung wird anhand verschiedener Arbeitsschritte an herstellerunabhängigen Produkten in mehreren Druckereien analysiert. Technische Umsetzung Die Diplomarbeit beschreibt die technische Umsetzung. Der Weg der Vernetzung wird am Beispiel einer Druckerei dokumentiert. Den Abschluss bilden die Erfahrungen von Pilotkunden.

Dank Mein Dank richtet sich an die Unternehmen der Druckindustrie, die mich technisch unterstützt haben. Da über JDF erst ein Buch 1 erschienen ist, war ich auf die Unterstützung der Industrie angewiesen. Speziell danke ich meinen beiden Experten, Herrn Gino Bonafini (Fachbereichsleiter Print an der EIVD) und Herrn Rainer Prosi (CTO von CIP4 und Senior Workflow Architect der Heidelberger Druckmaschinen AG), für die gute Zusammenarbeit. Sie haben mich richtungsweisend unterstützt. Ein herzlicher Dank gebührt dem Druckzentrum Vögeli AG in Langnau. Während drei Monaten durfte ich mit Hilfe der Lieferanten die Vernetzung der Prozesse angehen. Familie Vögeli hat mir grosses Vertrauen entgegengebracht, mir bei der technischen Umsetzung freie Hand gelassen und eine «Kostenstellen-Lösch-und-wieder-Zurückhol-Aktion» grosszügig verziehen. In den verschiedenen Abteilungen durfte ich mich einarbeiten, um die einzelnen Prozesse besser zu verstehen. Ich bedanke mich beim ganzen Team, das mich mit grosser Offenheit unterstützt hat und mich auf die verschiedenen Maschinen im Drucksaal und in der Weiterverarbeitung schulte. Die Techniker von Heidelberg Schweiz AG haben sich Zeit genommen, im Druckzentrum Vögeli die Vernetzung während meiner Diplomarbeitszeit durchzuführen. Für ihre Flexibilität sowie das vermittelte Wissen bedanke ich mich. Ich durfte nicht nur zuschauen, sondern tatkräftig mithelfen. Ich durfte verschiedene Hersteller auf Installationen begleiten und habe so den Stand der heutigen Technik bezogen auf das herstellerunabhängige Format JDF kennen gelernt. Ich bedanke mich bei den Technikern der Firma MAN Roland Druckmaschinen AG, denen ich vier Tage bei Pecom-Updates über die Schultern schauen durfte, bei Müller Martini für die Vorführungen, bei Hiflex für die zwei Tage bei Kraft Druck sowie allen Druckereien, die mir ihre Zahlen für die Berechnungen zur Verfügung gestellt haben. Der Druckerei Suter AG in Oberentfelden und insbesondere Herrn Iseli danke ich für die ausserordentlich gute Grundausbildung und für das Ausdrucken der Diplomarbeit. Meisterschwanden, den 17. Dezember 2004 Simone Baumgartner 1 «JDF Prozessintegration, Technologie, Produktdarstellung» Wolfgang Kühn und Martin Grell Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004 ISBN 3-540-20893-3

Vorwort Die vorliegende Diplomarbeit fällt in eine Zeit, wo die Druckindustrie mit einer stagnierenden Wirtschaftslage zu kämpfen hat. Gemäss der Zukunftsstudie von Viscom 1 sieht die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz «eher unfreundlich» aus. Die heutige wirtschaftliche Situation der Druckindustrie verlangt nach immer schnellerer Produktion in kleineren Auflagen und zu tieferen Preisen. Wenn früher die Kunden knapp eine Woche auf die Druckprodukte gewartet haben, wollen diese heute oftmals innerhalb von zwei Tagen die Lieferung erhalten. Zusätzlich werden die Margen immer kleiner. Der Preiskampf der verschiedenen Druckereien ist gross. Viele Kunden lassen mehrere Druckereien offerieren und drücken somit die Preise in die Tiefe. Für die einzelne Druckerei bedeutet dies, dass sie einen besseren Preis machen muss als ihre Mitbewerber, um den Auftrag zu bekommen. Diese Tendenz wirkt wie eine Spirale, die Preise werden immer tiefer, die Marge für die Druckerei kleiner. Um diesem Sog entgegen zu wirken, muss sich die Druckerei von der Masse abheben. Eine Möglichkeit ist die Kundenbindung durch überdurchschnittlich guten Service, eine andere ist die Spezialisierung. Jede Druckerei muss für sich selber den geeigneten Weg finden, um sich vom Durchschnitt abzuheben. Was für die eine Druckerei stimmt, muss nicht auf eine andere zutreffen. Wichtig ist, vorwärts zu schauen und rechtzeitig zu reagieren. Es ist Sache der Unternehmensführung, Strategien zu entwickeln, um das langfristige Überleben der Unternehmung zu sichern. Eine Variante, wirtschaftlicher zu produzieren, ist die Optimierung der Prozesse. Geschäftsfunktionen und Prozesse müssen digitalisiert werden. Können Rüstzeiten gesenkt, Makulatur reduziert und Fehlerquellen ausgeschaltet werden, beschleunigt sich der Ablauf der Druckproduktion und die Prozesskosten können gesenkt werden. «Digitalisierte Unternehmen sparen nicht nur Kosten, sondern lernen auch ihre Kunden besser kennen. Sie entwickeln eine lernende Beziehung zu ihnen, indem sie Daten über sie erheben und auswerten. Auf diese Weise sind sie besser in der Lage, Kundenbedürfnisse zu erspüren und diesen weitere geeignete Produkte zu empfehlen.» 2 Diese Diplomarbeit soll vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen 3 der Branche einen Einblick in die Automatisierung der Prozesse mit JDF 4 geben. JDF vernetzt nicht nur die Produktionsprozesse untereinander, sondern ermöglicht die bidirektionale Vernetzung aller Produktionsprozesse mit den administrativen Prozessen. Die Umsetzung hat mit Pilotkunden und einigen Druckereien stattgefunden, meistens in den grossen Unternehmen. Einbezogen in die Arbeit ist die Anforderung für die Einführung von JDF, die Wirtschaftlichkeit von JDF, die technische Umsetzung von JDF und Hinweise von Pilotkunden an kleine und mittelständische Unternehmen. Die Diplomarbeit basiert auf Gesprächen mit Fachkräften aus dem Kreis der Lieferanten und den Druckereien, die Erfahrungen mit JDF haben sowie der technischen Umsetzung im Druckzentrum Vögeli AG. Ohne fachliche Unterstützung wäre das Verfassen der Diplomarbeit zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich. Ich danke allen Unternehmen, die sich trotz der «eher unfreundlichen» Wirtschaftsentwicklung Zeit genommen haben, mir alle Fragen zu beantworten und mir einen Einblick in die Geschäftsprozesse zu geben. Simone Baumgartner 1 Viscom: Schweizer Verband für visuelle Kommunikation 2 Zitat aus der «Zukunftsstudie der visuellen Kommunikation», Kapitel 2.4 Marketing, Seite 21 3 KMU: kleine und mittelständische Unternehmen mit 1 bis 49 Mitarbeitern. Nach der «Zukunftsstudie der visuellen Kommunikation» sind 59,9% aller Betriebe mit 51,9% aller Beschäftigten dieser Kategorie einzuordnen. Der durchschnittliche Umsatz beträgt ca. CHF 5 Mio. 4 JDF: Job Definition Format. Eine Erklärung befindet sich auf Seite 10.

Methodik und Systemgrenzen Methodische Werkzeuge Das Tool zur Einstufung des Vernetzungsgrades kann auf die Druckerei abgestimmt werden. Es zeigt grafisch den IST-Zustand und den angestrebten Stand der Vernetzung. Methodisches Vorgehen Um den Stand der Vernetzung realitätsgetreu festzuhalten, besuchte ich mehrere Druckereien und hielt den Vernetzungsgrad mit dem Tool fest. Folgende Lieferanten haben die Angaben in Bezug auf den technisch möglichen Stand der erfassten Druckerei bestätigt: Heidelberger Druckmaschinen AG, MAN Roland AG, Müller Martini Druckverarbeitungs-Systeme AG, Proseco. Da JDF ein herstellerunabhängiges Austauschformat ist, begleitete ich verschiedene Lieferanten auf Installationen, um mir einen Überblick über den Stand der Technik zu verschaffen. Durch die Gespräche und Einsätze mit den Technikern lernte ich die Seite der Lieferanten kennen. Um die Arbeit praxistauglich zu machen, suchte ich einen Praxisbetrieb, in welchem die technische Umsetzung mit Hilfe der Lieferanten angegangen wurde. Die technische Umsetzung wurde eingeführt, dokumentiert, analysiert und bewertet. In einem dreitägigen Workshop mit den Technikern und Managern der Heidelberger Druckmaschinen AG wurde die Vernetzung im Druckzentrum Vögeli AG besprochen und die weitere Vorgehensweise festgehalten. Vor der technischen Umsetzung habe ich mich in jede Abteilung der Druckerei eingearbeitet. Um die Prozesse zu vernetzen, muss man verstehen, wie sie funktionieren. Die Anbindungen sollen auch eine verbesserte Bedienung ermöglichen. Die Zahlen für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen konnten nicht aus dem Management Information System gezogen werden. Sie wurden in der laufenden Produktion gemessen. Alle Angaben, die ich nicht messen konnte, hat die Geschäftsleitung im Druckzentrum Vögeli AG geschätzt. Grenzen Die Grenzen sind gesetzt durch den Entwicklungsstand der Lieferanten und den vorhandenen Maschinenpark. Interoperabilität: Die Schnittstelle Creo Heidelberg ist noch nicht geschaffen.

Inhaltsverzeichnis Einführung in das Thema 5 1.1 Die Produktion 6 1.1.1 Die unvernetzte Produktion 6 1.2 Hintergründe 9 1.2.1 Die Notwendigkeit einer komplexen Lösung in der Druckindustrie 9 1.2.2 Was ist JDF? 10 1.2.3 Was ist JMF? 13 1.2.4 Was ist CIP4? 13 Anforderungen für eine Vernetzung mit JDF 15 2.1 Organisatorische Anforderungen 18 2.1.1 Definieren des Ausgangspunktes 18 2.1.2 Definieren der Ziele 18 2.1.3 Definieren des Weges 18 2.2 Technische Anforderungen 19 2.2.1 Anforderungen an den Maschinenpark 19 2.2.2 Anforderungen an die Auswahl der Lieferanten 19 2.2.3 Anforderungen an das Netzwerk 20 2.2.4 Anforderungen an die einzelnen Prozesse 21 2.3 Finanzielle Anforderungen 23 Stand der Vernetzung in der Industrie 25 3.1 Der technische Vernetzungsgrad 28 3.1.1 Erfasste Druckereien 29 3.1.2 Unvernetzte Produktion 31 3.1.3 Der durchschnittliche Vernetzungsgrad der vernetzten Produktion 32 3.1.4 Vernetzte Produktion 34 Technische Umsetzung im Druckzentrum Vögeli AG 37 4.1 Produkte und Maschinenpark 4.2 Projektplan der Vernetzung 40 42 Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 3

4.3 Der Projektfortschritt 44 4.3.1 Anpassen des Tools zur Einstufung des Vernetzungsgrades 44 4.4 Datenfluss 4.5 Die Betriebsdatenerfassung 46 48 4.6 Die Vernetzung 51 4.6.1 Das Management Information System Prinance 51 4.6.2 Die Vernetzung der Vorstufe 55 4.6.3 Die Vernetzung des Drucksaals 58 4.6.4 Die Vernetzung der Weiterverarbeitung 64 Wirtschaftlichkeit von JDF 69 5.1 Ausgangslage 71 5.2 Investitionen (Aufwand) 72 5.2.1 Kosten Hardware und Software 73 5.1.2 Kosten extern 74 5.1.3 Kosten intern 74 5.1.4 Aufwand 74 5.3 Nutzen (Ertrag) 75 5.3.1 Zeiteinsparung 76 5.3.2 Finanzielle Einsparung (jährlich) 77 5.4 Wirtschaftlichkeit 5.5 Return On Investment (ROI) 5.6 Die Mögliche Vernetzung der Druckerei «Unvernetzt» 79 80 81 Auswirkungen von JDF 85 6.1 Auswirkungen auf den Menschen 86 6.1.1 Verlagerung der Arbeitsschritte 86 6.1.2 Wegfall von Kontrollschritten 86 6.2 Hinweise von Pilotkunden Abkürzungsverzeichnis Tabellen- und Grafikverzeichnis Quellenangaben Beschreibung der Diplomarbeit 2004 Anhang 87 89 90 91 92 A1 4

Einführung in das Thema Das CIP-3-Format PPF ist vor allem im Druck bekannt. Die Automatisierung des Druckprozesses durch die Farbvoreinstelldaten hat schon viel bewirkt. Die Makulatur konnte durch schnelleres Einrichten und automatisches Voreinstellen der Farbzonenschrauben stark reduziert werden. Wenn heute über die Vernetzung gesprochen wird, sind die Produktionsprozesse und Verwaltungsprozesse gemeint. Da JDF in Entwicklung und seine Einführung in den Druckereien noch nicht vollständig durchgeführt ist, greift man auf die CIP3-Formate zurück. JDF schliesst also die PPF- und PJTF- Dateien mit ein. «Gegenwärtig sind die Begriffe Automatisierung im Druck und JDF nahezu synonym, denn bei der Automatisierung im Druck besteht die einzige Alternative zu JDF darin, bei den Systemen spezifischer Hersteller zu bleiben. Schnittstellen von einzelnen Herstellern führen meist zu Inseln der Automatisierung, die oft schwer miteinander zu verbinden sind.» 5 5 Zitat: Schritte zur Anwendung von JDF, 7-8/2004 prepress, S41, Martin Bailey, Senior Technical Consultant von Global Graphics und CEO des CIP4-Kommittees Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 5

1.1 Die Produktion 1.1.1 Die unvernetzte Produktion Kunde: Mit der unvernetzten Produktion ist die konventionelle Produktion gemeint. Der Kunde erteilt der Druckerei einen Druckauftrag, nachdem er eine Offerte erhalten hat. Administration: Der Sachbearbeiter unterbreitet dem Kunden ein Angebot, indem er das Druckprodukt unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten wie Zeit und Ressourcen (Papier, Platte, usw.) kalkuliert. Nach Bedarf werden Fremd-Anfragen gemacht. Nach dem Erteilen des Druckauftrags durch den Kunden erstellt der Sachbearbeiter eine Lauftasche, plant den Auftrag und bestellt das Papier. Der Auftrag wird an die Vorstufe weitergegeben. Vorstufe: In der Vorstufe wird das Produkt nach den Wünschen des Kunden verarbeitet. Text und Bild werden zu Layouts zusammengestellt und ausgedruckt. Der Kunde erhält das Gut zum Druck meist noch per Post. Er bringt Autorkorrekturen an. Es dauert in der Regel mindestens zwei Tage, bis das Gut zum Druck zurückkommt. Der Sachbearbeiter bringt die Korrekturen der Farbe oder des Umfangs auf der Lauftasche an. Er muss die alte Lauftasche mit allen Kopien in den verschiedenen Abteilungen durch die neue ersetzen. In der Vorstufe werden die Korrekturen ausgeführt und ein neues Gut zum Druck an den Kunden gesendet. Nachdem der Kunde das Gut zum Druck unterzeichnet hat, werden die Daten ausgeschossen. Die gebräuchlichsten Ausschiess-Templates sollten vorhanden sein. Durch einen Plot kontrolliert man unter anderem das Format, die Anzahl Seiten, die Reihenfolge der Seiten und ob alle Schriften eingebunden sind. Danach werden die Druckplatten belichtet (CtF oder CtP) und an die Druckerei weitergegeben. Druck: Die Sachbearbeiter planen die Aufträge mit einer Plantafel an der Wand. Mit einem manuell ausgefüllten Produktionsplan wird den Druckern vorgegeben, wann welcher Auftrag gedruckt sein muss. Die Reihenfolge bestimmen die Drucker selber. Sie planen optimal, damit möglichst wenig Rüstzeit wie Farb- oder Formatwechsel anfallen. Die Ressourcen werden vorzugsweise vorbereitet, bevor der Auftrag an die Druckmaschine kommt. Das Papier wird bestellt oder aus dem Lager geholt und aufs Format geschnitten. Die Drucker bereiten die Druckfarben vor und mischen sie wenn nötig. Sie stellen an der Druckmaschine unter anderem das Druckformat und die Grammatur ein. Wenn in der Vorstufe die prozentualen Flächendeckungswerte ermittelt sind, lädt er sie an der Druckmaschine, damit die Farbzonenschrauben voreingestellt werden. Dann startet der Drucker die Druckmaschine und gibt dem Sachbearbeiter einen guten Bogen zur Revision. Dann wird die Auflage gedruckt. Das Papier sollte eine gewisse Zeit liegen, damit die Bogen trocknen können. Oftmals liegen die Bogen über Nacht. Weiterverarbeitung: Die bedruckten Bogen werden zu fertigen Druckprodukten verarbeitet. Arbeitsschritte wie Schneiden, Falzen und Sammelheften gehören zu den Standardprozessen der Druckereien. Zuerst werden die Druckbogen aufs Endformat geschnitten. An der Schneidmaschine werden die Formate eingestellt und ein Schnitt nach dem anderen vollzogen. Programme können eingegeben und gespeichert werden. Je nach Produkt werden die Bogen gefalzt, geheftet oder geleimt. Je nach Maschinenpark werden Arbeitsschritte fremdvergeben. Das fertige Produkt wird verpackt und der Lieferschein geschrieben. Die Rechnung wird ca. zwei Wochen später erstellt. Nachkalkuliert wird selten, meist nur bei umfangreichen Aufträgen oder bei aufgetretenen Problemen. 6 Einführung in das Thema

1.1.2 Die vernetzte Produktion Die Grafische Industrie befindet sich im Wandel vom Gewerbe zur Industrie. Ziel der vernetzten Produktion ist, die Arbeitsschritte und Prozesse zu optimieren und zu automatisieren. Mit dem Job Definition Format hat die Industrie einen Standard geschaffen, der alle administrativen Prozesse mit den Produktionsprozessen verbindet und eine bidirektionale Kommunikation ermöglicht. Schon vorhandene Informationen sollen von mehreren Prozessen übernommen und dadurch unter anderem Zeit eingespart werden können. Doch der Weg der Vernetzung ist lang. Bis die Druckereien tatsächlich von der Anfrage des Druckproduktes bis zu dessen Auslieferung vernetzt sind, werden noch einige Jahre vergehen. Welche dieser Module die Druckerei realisieren will, ist ihr überlassen. Die Vernetzung ist immer noch in Entwicklung und noch nicht alle oben genannten Funktionen sind schon ausgereift. Je nach Lieferant ist die Anbindung schon mehr oder weniger entwickelt. Internet-Portal: Über ein Internetportal kann der Kunde seine Aufträge erteilen, freigeben und über Statusmeldungen verfolgen. Er muss keine telefonischen Anfragen mehr machen, wo sich sein Auftrag befindet, sondern sieht es auf einen Blick von seinem Computer aus. Der Kunde kann seine Bestände über das Internetportal abrufen. Customer Relationship Management: Basis jedes CRM-Systems ist die Adressverwaltung. Die Kontakte können direkt eine Verlinkung zu den Aufträgen enthalten. Auf Knopfdruck stehen alle relevanten Informationen zur Verfügung, unter anderem die Statusmeldungen der laufenden Aufträge, der Umsatz, die Bonitätsprüfung und die offenen Rechnungen. Kalkulation: Der Sachbearbeiter kalkuliert den Auftrag im Management Information System. Die von ihm eingegebenen Informationen werden automatisch in weitere Felder übertragen, wodurch Doppeleingaben vermieden werden. Zusätzlich werden dadurch Fehlerquellen reduziert. Durch hinterlegte Standardformulare werden auf Knopfdruck Anfragen, Bestellungen, Grafik 1 Die vernetzte Produktion unvernetzte Produktion vernetzte Produktion Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 7

Lauftaschen, Rechnungen und Lieferscheine ausgegeben. Das MIS führt umfangreiche Plausibilitätskontrollen durch. Der Kalkulator kann auf Preis- und Sortimentslisten von Papierlieferanten zurückgreifen. Die vernetzte Produktion bedingt eine strukturierte und organisierte Arbeitsweise von Anfang an. Änderungen und Korrekturen müssen direkt am MIS gemacht werden. Terminplanung: Die Termine werden im Management Information System geplant. Die Plantafel ist am MIS-Bildschirm ersichtlich und ermöglicht eine einfache Umdisponierung. Elektronische Lauftasche: Die Elektronische Lauftasche sendet die Auftragsbeschreibung an die Produktionsprozesse. Mit Hilfe der technischen Workflow-Systeme und Software werden die Voreinstelldaten generiert, mit denen die Druck- und Weiterverarbeitungsmaschinen voreingestellt werden. Die Elektronische Lauftasche wird an den Arbeitsstationen aufgerufen und ist immer auf dem aktuellen Stand. Die Lauftasche enthält alle relevanten Informationen und lässt sich in Word ausgeben. Auftrags- und Maschinenstatusverfolgung: Am Bildschirm kann die Produktion überwacht werden. Man sieht, welche Maschine an welchem Auftrag mit welcher Leistung arbeitet. Maschinendatenerfassung (MDE) und Betriebsdatenerfassung (BDE): Die online erfassten Maschinendaten ermöglichen eine Meldung in Echtzeit (JMF). Die anfallenden Kosten werden an die zutreffende Kostenstelle geleitet. Über ein Web-Terminal können zusätzlich die Betriebsdaten erfasst werden, welche nicht direkt von der Maschine kommen. Der Einsatz von Barcode-Lesern ist alternativ möglich. Nachkalkulation: Vor der Rechnungsstellung sieht der Sachbearbeiter den Soll/Ist-Vergleich. Die Prozesskosten von der BDE und MDE sind den kalkulatorischen Kosten gegenübergestellt. Durch eine Echtzeiterfassung der Daten kann der Sachbearbeiter frühzeitig auf Änderungen und Unvorhergesehenes reagieren. Statistiken: Die Produktionskosten sind durch Statistiken vollständig kontrollierbar. Die Stärken und Schwächen des Unternehmens können analysiert werden. Die Daten sind aktuell und transparent. Anbindung der Finanz- und Lohnbuchhaltungssysteme: Durch eine Schnittstelle kann die FIBU ans MIS angebunden werden. Versand: Der Versand der Druckprodukte wird vom MIS unterstützt. Verteileradressen können mehrfach verwendet werden. Lieferscheine oder Teil-Lieferscheine werden auf Knopfdruck ausgegeben. Vorstufe: In der Vorstufe werden die Aufträge vermehrt von den Kunden als PDF geliefert und automatisch durch ein Preflight überprüft und als PDF/X zertifiziert. Die Schriften werden selbständig eingebunden und die Farbräume in den Zielfarbraum transformiert. Das Gut zum Druck wird als PDF übermittelt und auch die Bestätigung kann digital erfolgen. Das beschleunigt den Prozess. Im Vorstufen-Workflow wird das Ausschiess-Schema eingesetzt, das im MIS beigefügt wurde. Die Daten für Druck- und Weiterverarbeitung werden generiert. Druck: Am Leitstand der Druckmaschine werden die Auftragsdaten und die PPF-Daten geladen. Die Druckmaschine stellt sich automatisch ein. Mit dem Übernehmen der Daten startet die Einrichtzeit. Wird der Auflagenzähler aktiviert, wird die Zeit für den Fortdruck gemessen, bis der Druck beendet ist. Damit werden alle Daten aus dem Leitstand und dem System gelöscht, die nicht mehr benötigt werden. Die Druckerei kann voreinstellen, welche Daten nach Beenden des Drucks gelöscht werden. Weiterverarbeitung: Die Maschinen in der Weiterverarbeitung erhalten die Voreinstelldaten im Job Definition Format vom MIS. Durch das Laden der Auftragsdaten übernimmt die Maschine die Voreinstelldaten und führt sie aus. Die Maschinendaten werden online erfasst und an die richtige Kostenstelle gemeldet. Der Maschinenführer meldet sich jeweils an den Druckund Weiterverarbeitungsmaschinen an und ab. 8 Einführung in das Thema

1.2 Hintergründe 6 Die Aufträge in der Druckindustrie fallen immer komplizierter an und werden in kleineren Auflagen angefordert. Um produktivere, flexiblere und transparentere Prozesse zu erreichen, wird ein völlig automatisierter Workflow angestrebt. Trotz der grossen Fortschritte im letzten Jahrhundert sind noch nicht alle Schwierigkeiten überwunden. 1.2.1 Die Notwendigkeit einer komplexen Lösung in der Druckindustrie Am Anfang wurde jeder Arbeitsschritt manuell ausgeführt. Dann kam die Mechanisierung, die den Weg für die Automatisierung ebnete. Die Automatisierung ermöglichte den Maschinenführern, zum voraus zu sagen, auf welche Weise jede unterschiedliche Maschine arbeiten würde. Schliesslich wurden die Systeme mit Produktionssteuerpulten ausgestattet, was eine Steuerung von einer zentralen Stelle aus ermöglichte. Auf die Automatisierung folgte das Job-Ticket. Vor der Entwicklung von JDF hat kein technologischer Fortschritt das Problem der «Insel-Lösung» gelöst. Obgleich Produktionsanlagen jedes einzelne Element eines Druckauftrags verfolgen und einige der Prozesse sogar verbinden konnten, waren sie unfähig, die Prozesskette von der Auftragserstellung bis zur Auslieferung zu automatisieren. Ein massgeblicher Grund der begrenzten Automatisierung ist, dass verschiedene Lieferanten zusammenarbeiten müssen. Ausserdem müssen die zwei grössten und wichtigsten Inseln in der Druckindustrie zusammengefügt werden. Die Branchensoftware (MIS), die im Allgemeinen für die Produktionsplanung und -steuerung eines Druckauftrags in der Auftragsbearbeitung verantwortlich ist, muss mit den Produktionsprozessen verbunden werden. Zwischen den beiden Inseln muss eine bidirektionale Kommunkation stattfinden. Das MIS verbindet die verschiedenen Prozesse, indem es mit den einzelnen kommuniziert, also Befehle aussendet und Rückmeldungen entgegennimmt. Von der Produktion sollen aktuelle Informationen wie Resultate des Arbeitsvorgangs und Auftragsstati an das MIS gemeldet werden. Das MIS nimmt diese Informationen auf und generiert neue Befehle für weitere Arbeitsschritte. Zudem können die erfassten Maschinen- und Betriebsdaten für die Nachkalkulation und für sonstige Auswertungen übernommen werden. JDF liefert eine flexible und komplette Lösung. Der Standard bildet die Brücke zwischen den Inseln und verbindet sie vom Auftragseingang des Druckprodukts bis zu dessen Auslieferung. Auf der Basis der im Mai dieses Jahres veröffentlichten JDF-Spezifikation 1.2 werden die einzelnen Anbindungen angegangen. Die Vernetzungen werden getestet, umgesetzt und in den ICS-Spezifikationen festgehalten. Diese ICS-Spezifikationen können von den CIP4-Mitgliedern eingesehen werden. Weitere Informationen über die CIP4-Kommission und die Mitgliedschaft können über www.cip4.org aufgerufen werden. 6 Quelle: www.cip4.org (Overview) Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 9

1.2.2 Was ist JDF? JDF ist der neue Standard der Druckindustrie zur elektronischen Auftragsbeschreibung, weiterentwickelt und gepflegt vom CIP4-Konsortium. Das JDF-Format wurde aus den existierenden CIP3-Technologien PJTF (Portable Job Ticket Format) von Adobe und PPF (Print Production Format ) gebildet und zu einem neuen Format zusammengefügt. JDF ist kompatibel mit dem PPF und dem PJTF. Es stützt auch die Funktionalität der Auftragsverfolgung von IfraTrack. Die Sprache von JDF basiert auf XML (Extensible Markup Language). Das herstellerunabhängige Datenaustauschformat beschreibt alle Prozesse des Druckauftrags von der Angebotserstellung bis zur Auslieferung. Eine JDF-Datei enthält alle administrativen und produktionstechnischen Details eines Auftrages und ersetzt somit die traditionelle Lauftasche. JDF ist entworfen, um den Informationsaustausch zwischen unterschiedlichen Anwendungen und Systemen zu vereinfachen. JDF soll der gesamten Industrie die Arbeit mit einzelnen Workflowlösungen ermöglichen. JDF erlaubt die Integration verschiedenartiger Produkte von diversen Lieferanten zu nahtlosen Workflowlösungen. Die markantesten Eigenschaften von JDF: Fähigkeit, einen Druckauftrag vom Eingang bis zur Auslieferung zu transportieren. Dies schliesst eine ausführliche Beschreibung von allen Prozessen ein (Auftragserstellung, Vorstufe, Druck, Weiterverarbeitung, Lieferung). Fähigkeit, die Kommunikationslücke zwischen Produktion und MIS zu füllen. Dies ermöglicht eine unverzögerte Statusrückmeldung (von Auftrag und Geräten) sowie eine detaillierte Vorund Nachkalkulation des Druckauftrags. Fähigkeit, die Unterschiede zwischen der Sicht des Kunden und der Sicht des Herstellungsverfahrens zu überbrücken, indem eine prozessunabhängige sowie eine prozessabhängige Darstellung des Druckprodukts erfolgt. Fähigkeit, jeden benutzerdefinierten Workflow ohne Bedingungen an die unterstützten Workflow-Modelle zu definieren und zu verfolgen. Dies beinhaltet aufeinanderfolgende Prozesse, gleichzeitig stattfindende Prozesse, sich überschneidende Prozesse sowie sich wiederholende Prozesse in beliebigen Kombinationen und an verschiedenen Orten. Fähigkeit, die aufgezählten Punkte unter möglichst allen Voraussetzungen durchzuführen. MIS Vorstufe Druck Weiterverarbeitung Messaging Statusverfolgung MIS-Anbindung Tabelle 1 Die einzelnen Formate im Vergleich mit JDF IFRAtrack PJTF PPF JDF totale Unterstützung partielle Unterstützung 10 Einführung in das Thema

Job Definition Format Geschäftssysteme JDF / JMF Management Information Systeme Kreation Vorstufe Druck Weiterverarbeitung und Lieferung PJTF CIP3 CIP3 Grafik 2 Übersicht über den Umfang von JDF und die CIP3-Formate <JDF xmlns=»http://www.cip4.org/jdfschema_1_1» ID=»PPFJDF» JobID=»MyJob» Status=»Waiting» Type=»Product» Version=»1.2»> <!--Generated by the CIP4 C++ open source JDF Library version CIP4 JDFWriter 1.0.01 beta--> <JDF ID=»n1152» Status=»Waiting» Type=»InkZoneCalculation»> <ResourceLinkPool> <LayoutLink Usage=»Input» rref=»r1106»/> <PreviewLink Usage=»Input» rref=»r1116»/> <TransferCurvePoolLink Usage=»Input» rref=»r1111»/> <InkZoneCalculationParamsLink Usage=»Input» rref=»r1118»/> <InkZoneProfileLink Usage=»Output» rref=»r1119»/> </ResourceLinkPool> <ResourcePool> <Layout Class=»Parameter» ID=»r1106» Status=»Available»> <Signature Name=»HDM»> <SheetRef rref=»r1107»/> </Signature> </Layout> <Sheet Class=»Parameter» ID=»r1107» Name=»E08P5C» Status=»Unavailable» SurfaceContentsBox=»0 0 2880 1944»> <SurfaceRef rref=»r1112»/> </Sheet>... </JDF> Tabelle 2 Auszug aus einer JDF-Datei 7 7 JDF Specification 1.2, Mai 2004, Seite 685, www.cip4.org (Documents/JDF Specifications) Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 11

Knoten: Ein Knoten ist im XML kodiert und kann in vier Kategorien gestuft werden: Product Intent Nodes: Die oberste Stelle der Hierarchie gibt Auskunft über das anzufertigende Produkt. Die «Product Intent Nodes» enthalten keine Informationen über die weiteren Prozesse. Process Group Nodes: Die «Process Group Nodes» geben Auskunft über die Prozesse. Mehrere Prozesse können zu «Process Group Nodes» zusammengefasst werden (Vorstufe, WTV, etc.) Combined Process: Prozesse können innerhalb eines Knotens kombiniert werden. Process Nodes: Sie sind nicht verschachtelt. Sie definieren den individuellen Prozess. Mechanismen Die «Mechanismen» braucht es für die Funktionalität von JDF. Die JDF-Datei wird generiert, modifiziert, interpretiert und ausgeführt. Agents: Die Agenten schreiben eine JDF-Datei, erweitern oder verändern sie. Controllers: Ein «Controller» leitet eine JDF-Datei an eine vordefinierte Stelle weiter (auch JMF). Devices, Machines: Die «Devices» führen die Befehle aus, die sie von den «Controllers» erhalten. Die «Devices» bilden die Schnittstelle zwischen den Maschinen und den Softwarekomponenten. «Machines» (Soft- oder Hardware) können einen Prozess ausführen. Grafik 3 JDF-Baumstruktur 12 Einführung in das Thema

1.2.3 Was ist JMF? JDF arbeitet im Austausch mit dem Job Messaging Format (JMF). Die bidirektionale Kommunikation erlaubt Rückmeldungen in Form von Statusmeldungen. Die Sprache von JMF basiert ebenfalls auf XML. Die Daten werden bevorzugterweise über HTTP bzw. HTTPS übertragen, um eine Echtzeitkommunikation zu gewährleisten. Die Daten können auch mit der Hotfolder-Technologie übertragen werden. JMF kann Auskunft über den Fortschritt des Druckauftrages melden oder gibt dem MIS Rückmeldungen, ob eine Maschine den Auftrag schon ausgeführt hat oder ob sie bereit ist, Druckaufträge anzunehmen und zu verarbeiten. <JMF xmlns=»http://www.cip4.org/ JDFSchema_1_1» SenderID=»JMFClient» Time- Stamp=»2000-11-07T13:15:56+01:00» Version=»1.2»> <Query ID=»Q0001» Type=»KnownMessages»> <KnownMsgQuParams ListCommands=»true» ListQueries=»true» ListSignals=»false»/> </Query> </JMF> Response: <JMF xmlns=»http:// www.cip4.org/jdfschema_1_1» SenderID=»JMFClient #2» TimeStamp=»2000-11-07T13:15:56+01:00» Version=»1.2»> <Response ID=»R0001» Type=»KnownMessages» refid=»q0001»> <KnownMessages> <MessageService Query=»true» Type=»KnownMessages»/> <MessageService Persistent=»true» Query=»true» Type=»Status»/> <MessageService Command=»true» Type=»StopPersistentChannel»/> </KnownMessages> </Response> </JMF> Tabelle 3 Auszug aus einer JMF-Datei 8 1.2.4 Was ist CIP4? CIP4 ist die Abkürzung für International Cooperation for Integration of Processes in Prepress, Press and Postpress. Die Anfänge von CIP4 gehen auf das Jahr 2001 zurück. Das CIP4-Konsortium wurde von Adobe, Agfa, der Heidelberger Druckmaschinen AG und der MAN Roland Druckmaschinen AG initiiert. Die Organisation mit Sitz in Zürich hat heute ungefähr 260 Mitglieder. CIP4 hat die Aufgabe, JDF zu pflegen und weiterzuentwickeln. Sein Vorläufer CIP3 (International Cooperation for Integration of Prepress, Press and Postpress) startete 1995 und schuf das Print Production Format (PPF), das seine Erfolge in den Farbvoreinstellungen und in einigen Voreinstellungen der Weiterverarbeitung hat. Eine andere Entwicklung war das Portable Job Ticket (PJTF) von Adobe. Der wesentliche Vorteil von CIP4 besteht darin, dass die einzelnen Prozesse nicht nur produktionsbezogen optimiert, sondern auch untereinander und mit einer Branchensoftware vernetzt werden können. CIP4 hat mehrere Arbeitsgruppen, um neue Erweiterungen des Standards zu entwickeln und um zukünftige Anbindungen zu besprechen: Advertising, Capabilities, MIS, usw. 8 JDF Specification 1.2, Mai 2004, Seite 685, www.cip4.org (Documents/JDF Specifications) Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 13

Fazit Das Job Definition Format (JDF) schliesst das Print Production Format (PPF) und das Portable Job Ticket Format (PJTF) mit ein. In Druckereien kommt das neue Format der Druckindustrie (JDF) nur gezielt zum Einsatz. JDF erfordert meist die neusten Versionen der Produkte. Gegenwärtig werden also noch die von CIP3 entwickelten Formate eingesetzt, die in Zukunft vom Job Definition Format abgelöst werden. In den vierteljährlich stattfindenden «Interoperability Meetings» der CIP4-Organisation werden einzelne Anbindungen verschiedener Hersteller getestet. Dafür muss zuerst geklärt werden muss, wie die Schnittstelle auf beiden Seiten im Detail aussieht und welche Informationen zu welchem Kundennutzen in der jeweiligen Datensenke genutzt werden. Danach erfolgt der Abgleich auf den CIP4-Standard. Die getesteten Schnittstellen werden in Interoperability Confirmance Specifications (ICS) festgehalten. In den ICS wird der minimale Inhalt einer JDF-Datei beschrieben, der vorhanden sein muss, um die Kommunikation der zwei Prozesse zu ermöglichen. Es bestimmt unter anderem die JDF elements, attributes und methods. Wie schon erläutert, meint die «JDF-Fähigkeit» eines Lieferanten nicht, dass die Anbindung auch durchführbar ist. Es heisst lediglich, dass die Schnittstelle vorhanden ist. Um verschiedene Prozesse zu verbinden, müssen beide Seiten die gleiche Sprache sprechen. Die Graphic Arts Technical Foundation (GATF) hat Anfangs 2004 mit der CIP4-Organisation ein Fünf-Jahres-Abkommen getroffen. GATF wird in Zusammenarbeit mit der CIP4-Organisation an der Interoperabilität arbeiten und eine Zertifizierungsmethode entwickeln. Die Zertifizierung wird auf den ICS basieren und mit einem «JDF Certified»-Logo gekennzeichnet sein.

Anforderungen für eine Vernetzung mit JDF Bei der Optimierung der Prozesse durch die Vernetzung sind viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Die Organisation plant die Vernetzung und strukturiert die Abläufe. Der Maschinenpark beeinflusst die Vernetzung und kann sie sogar einschränken. Wie weit die einzelnen Prozesse miteinander vernetzt werden können, hängt vom Entwicklungsstand der Lieferanten ab. Es ist wichtig, die Vernetzung gut zu planen und zum Voraus zu definieren, was die gewünschte Optimierung bewirken soll. In diesem Kapitel wird auf die organisatorischen, die technischen und die finanziellen Anforderungen eingegangen.

Eine Verbesserung der Abläufe in einer Druckerei verlangt viel Arbeit und Disziplin. Um eine ständige Verbesserung der internen Abläufe in Gang zu setzen, müssen die Arbeitnehmer sensibilisiert und motiviert werden. Jede Veränderung eines Ablaufes sollte gut überdacht sein und bei der Durchführung allen Beteiligten verständlich kommuniziert werden. Die Vernetzung der Prozesse in einer Druckerei braucht Zeit. JDF kann man nicht von heute auf morgen einführen und ebenso wenig kann man JDF als Anwendung oder als Gesamtprodukt kaufen. Da JDF noch in Entwicklung ist, sind noch nicht alle Anbindungen in der Praxis getestet. Die verschiedenen Lieferanten sind mit den Anbindungen unterschiedlich weit fortgeschritten. Wegen der Verschiedenheit der Druckereien muss man in jedem Unternehmen die Vernetzung individuell angehen. Je nach Organisation, Zustand des Maschinenparks und Ablauf der Prozesse unterscheiden sich die Schritte. JDF kann modular eingesetzt werden, einzelne Komponenten können vernetzt werden. Nicht jede Anbindung bringt den gleichen Nutzen. Jede Druckerei muss die Vernetzung gut planen und überdenken. Empfehlenswert ist, zuerst die Vernetzung anzugehen, die mit dem kleinsten Aufwand den grössten Nutzen bringt. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen müssen jeden Schritt gut zu überdenken. Der Nutzen soll die Kosten überwiegen. In der heutigen wirtschaftlichen Situation ist es gefährlich, JDF einzuführen, nur damit man JDF hat. Mit JDF, dem Job Definition Format kann man kein Geld machen. Es beschreibt und unterstützt die Arbeitsabläufe. Wenn in einem Unternehmen zum Beispiel die Maschinen nicht ausgelastet sind: Was für einen Nutzen zieht die Druckerei aus einer Rüstzeitverkürzung von 5 Minuten? Die Vernetzung wird einem Unternehmen leichter fallen, das sich kontinuierlich mit der Technik weiterentwickelt. Es ist schwierig, JDF in ein Unternehmen einzuführen, das schon lange auf dem gleichen Stand der Technik ist. Diese Druckerei muss einen grossen Schritt machen, was meist mit hohen finanziellen Kosten verbunden ist. Es ist Sache der Geschäftsleitung, sich über die neuen Techniken zu informieren und die Arbeitnehmer dafür zu motivieren. Die Prozesse werden nur optimiert, wenn jeder im Unternehmen daran arbeitet. Die Belegschaft muss das gleiche Ziel verfolgen. Die Geschäftsleitung ist verantwortlich, dass jeder informiert wird und dass der einzelne Arbeitnehmer seine Aufgaben nicht nur kennt, sondern auch korrekt ausführt. Eine Geschäftsleitung, die fordert und motiviert, wird auch einiges bewirken. Einführung von JDF in kleinen und mittelständischen Unternehmen 17