Kieler Gesundheitsbericht Teilfortschreibung: Zahn- und Mundgesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10

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Transkript:

Kieler Gesundheitsbericht Teilfortschreibung: Zahn- und Mundgesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 Amt für Gesundheit

Impressum Herausgeberin: Landeshauptstadt Kiel Amt für Gesundheit Fleethörn 18 24103 Kiel Verfasserinnen: Katrin van de Flierdt, Amt für Gesundheit, Zahnärztlicher Dienst Kontakt: Katrin.vandeFlierdt@Kiel.de; Tel.: 0431/986 54 66 Helena Keller, Amt für Gesundheit, Gesundheitsberichterstattung Kontakt: Helena.Keller@Kiel.de; Tel.: 0431/901-2112 Deckblattgestaltung: schmidtundweber Konzept-Design, Kiel st-fotograf - Fotolia.com Bildnachweis: Seite 6, Abb.1: Mit freundlicher Genehmigung von www.prusseit-dental.com Druck: Rathausdruckerei der Landeshauptstadt Kiel Internet: www.kiel.de/gesundheit Kiel, September 2012

Inhaltsverzeichnis Abbildungs- und Tabellenverzeichnis... 3 1 Einleitung... 4 2 Grundlage und Auswahlkriterien für die Zahngesundheitsdaten... 5 3 Ausgewählte Ergebnisse zur Zahngesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler 6 3.1 Erstklässlerinnen und Erstklässler mit einem naturgesunden Gebiss... 8 3.2 Durchschnittlicher dmf(t)-wert der Erstklässlerinnen und Erstklässler... 9 3.3 Behandlungsbedürftigkeit der Erstklässlerinnen und Erstklässler wegen Karies... 10 3.4 Kariesrisiko bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern... 11 4 Prävention und Gesundheitsförderung im Zahnärztlichen Dienst... 12 5 Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen... 14 6 Zusammenfassung... 16 Literatur... 17 2

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Zahnschema eines Wechselgebisses mit Kennzeichnung der Zahnentwicklung bei 6- bis 7-Jährigen... 7 Abbildung 2: Anteil der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler 2009/10 (N=1662) mit einem naturgesunden Gebiss... 8 Abbildung 3: Verteilung des durchschnittlichen dmf(t)-wertes der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler 2009/10 (N=1662)... 9 Abbildung 4: Behandlungsbedürftige Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 (N=1662)... 10 Abbildung 5: Erhöhtes Kariesrisiko der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 (N=1662)... 11 Tabelle 1: Zusammenfassende Ergebnisse der Zahnreihenuntersuchung bei Kieler Erstklässlerinnen und Erstklässlern im Schuljahr 2009/10... 16 3

1 Einleitung Eine gute Mundgesundheit bei Kindern ist die Basis für die gesamte gesunde Entwicklung und Voraussetzung für gesunde Zähne im Erwachsenenalter. So bringt es Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, in der Pressemitteilung zum Tag der Zahngesundheit 2011 auf den Punkt. Kinder entwickeln sich gerade in den ersten Lebensjahren rapide. Ihr Verhalten hat bereits Auswirkungen auf die Zukunft. Experten sind sich dabei einig, dass auch eine unzureichende Mundgesundheit im Kindesalter gesundheitliche Folgen und Probleme im höheren Alter mit sich bringt. Daher ist es ein Anliegen der Landeshauptstadt Kiel, die Mundgesundheit von Kindern zu fördern und ihnen von Anfang an ein gesundes Mundverhalten zu ermöglichen. Der vorliegende Bericht ist die zweite Teilfortschreibung der Kieler Gesundheitsberichts Gesunder Start ins Schulleben aus dem Jahr 2006. Das Augenmerk dieser Fortschreibung liegt auf der Zahngesundheit der Schulanfängerinnen und Schulanfänger. Es wird deshalb die aktuelle Situation der Kieler Erstklässlerinnen und Erstklässler des Schuljahres 2009/10 hinsichtlich ihrer Zahngesundheit dargestellt. Anhand verschiedener Indikatoren, die dem Indikatorensatz der Gesundheitsberichterstattung der Länder entnommen sind, lassen sich die Ergebnisse der zahnärztlichen Reihenuntersuchung auswerten. Dabei wird der Anteil der Kinder mit naturgesunden Zähnen und der mit Kariesrisiko ermittelt. Aber auch der durchschnittliche dmf(t)-wert (Anzahl der Zähne mit Karieserfahrung) und die Behandlungsbedürftigkeit der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler werden ausgewiesen. Die Ergebnisse werden auf Sozialraumebene sowie für das gesamte Stadtgebiet dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass die Zuordnung zu den Sozialräumen aufgrund des Schulstandortes und nicht des tatsächlichen Wohnsitzes der Schülerinnen und Schüler erfolgt. Außerdem beschreibt der Bericht bisherige Präventionsaktivitäten des Zahnärztlichen Dienstes und stellt Handlungsschwerpunkte heraus. Abschließend erfolgt eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse. 4

2 Grundlage und Auswahlkriterien für die Zahngesundheitsdaten Aufgabe des Zahnärztlichen Dienstes des Amtes für Gesundheit in Kiel ist die Öffentliche Zahngesundheitspflege im Sinne der 1, 5 Gesundheitsdienstgesetz (GDG) auf gesunde und gesundheitsfördernde Lebensverhältnisse hinzuwirken und gemäß 7 Abs. 2 GDG die Durchführung der Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankung (Gruppenprophylaxe) insbesondere durch regelmäßige Untersuchungen zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen in Kindertagesstätten und Schulen in Kiel sicherzustellen. Dieser Sicherstellungsauftrag wird durch ein Zusammenwirken mit den gesetzlichen Krankenkassen erfüllt. Diese haben nach 21 Abs. 1 SGB V den Auftrag, gemeinsam mit Zahnärztinnen und Zahnärzten und den in den Ländern für die Zahngesundheitspflege zuständigen Stellen für einheitliche und flächendeckende Maßnahmen für Kinder, die das 12 Lebensjahr noch nicht beendet haben, zu sorgen. In Schulen und Behinderteneinrichtungen, in denen das durchschnittliche Kariesrisiko der Schüler überproportional hoch ist, werden die Maßnahmen bis zum 16. Lebensjahr durchgeführt. Die Maßnahmen sollen vorrangig in Gruppen, insbesondere in Kindergärten und Schulen, durchgeführt werden; sie sollen sich insbesondere auf die Untersuchung der Mundhöhle, Erhebung des Zahnstatus, Zahnschmelzverhärtung, Ernährungsberatung und Mundhygiene erstrecken. Für Kinder mit besonders hohem Kariesrisiko sind spezifische Programme zu entwickeln (SGB V 21 Abs. 1). Die Umsetzung des 21 wird durch eine Rahmenvereinbarung geregelt, die von den gesetzlichen Krankenkassen und Kommunen unterzeichnet wurde. (Die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein ist der Rahmenvereinbarung bisher nicht beigetreten.) Die Rahmenvereinbarung regelt die Aufgabenverteilung, Standards und Finanzierung etc. Die konkreten Tätigkeiten des Zahnärztlichen Dienstes umfassen demnach: - Zahnärztliche Reihenuntersuchungen - Gruppenprophylaktische Maßnahmen und Risikobetreuung - Präventionsmaßnahmen wie Multiplikatorenschulungen, Zahnpflegewettbewerbe, Schwangerenberatung, Elternabende - Öffentlichkeitsarbeit (z.b. Aufklärungsbroschüren, Aktionsstände, Pressearbeit, Theateraufführungen) - Bürgerberatung 5

- Zahnärztliche Gutachten für andere Ämter und externe Institutionen - Epidemiologische Datenerhebung und Teilnahme an wissenschaftlichen Studien (z.b. Pieper- Studie) - Gremienarbeit zur Festlegung von Standards, Untersucherkalibrierung, Projektplanung, Vernetzung etc. 3 Ausgewählte Ergebnisse zur Zahngesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der Zahnärztlichen Reihenuntersuchungen der Erstklässlerinnen und Erstklässler erhoben und dokumentiert. Bei der Reihenuntersuchung wird die Mundgesundheit der Schülerinnen und Schüler untersucht und die Behandlungsbedürftigkeit der Zähne und der Karies beurteilt. Im Schuljahr 2009/10 wurden 1662 Erstklässlerinnen und Erstklässler im Rahmen der Zahnreihenuntersuchung untersucht. Vorab sei erwähnt, dass eine Behandlungsbedürftigkeit nicht nur auf Grund von Karies vorliegen, sondern auch aus unfallbedingten Zahnschäden, kieferorthopädischen Befunden oder mangelnder Mundhygiene hervorgehen kann. Dieser Bericht beschränkt sich auf die Darstellung der kariesbezogenen Befunde, die im Weiteren näher benannt werden. Zum Verständnis und der Bewertung der im Weiteren vorgestellten Ergebnisse soll zunächst der Entwicklungsstand der Zähne von Erstklässlerinnen und Erstklässler skizziert werden. Die untersuchten Schulanfängerinnen und -anfänger sind überwiegend 6 bis 7 Jahre alt 1. Wie Abbildung 1 veranschaulicht besitzen Kinder in dieser Altersgruppe in der Regel bereits ein Wechselgebiss: Erste Milchzähne fallen aus, die ersten bleibenden Zähne (der erste große Backenzahn und die Schneidezähne - farbig hervorgehoben) brechen in die Mundhöhle durch. Alle anderen Milchzähne (weiß dargestellt) werden erst ab dem 9. Lebensjahr nach und nach durch bleibende Zähne ersetzt. 1 97% der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 6

2. bleibender Zahn (6.-8. Jahr) 3. bleibender Zahn (7.-9. Jahr) Oberkiefer 1. bleibender Zahn (6.-7. Jahr) 1. Quadrant 2. Quadrant 4. Quadrant 3. Quadrant Unterkiefer Quelle: siehe Impressum Abbildung 1: Zahnschema eines Wechselgebisses mit Kennzeichnung der Zahnentwicklung bei 6- bis 7-Jährigen 2 Die Ergebnisse zur Zahngesundheit von Erstklässlerinnen und Erstklässlern - bezogen auf die Erkrankung an Karies - werden anhand folgender Indikatoren jeweils kleinräumig (d.h. auf Ebene der sechs Sozialräume 3 ) dargestellt: Naturgesunde Gebisse Durchschnittlicher dmft-index Behandlungsbedürftigkeit aufgrund von Karies Kariesrisiko Mit diesen Indikatoren lassen sich aussagekräftige Informationen liefern. Da der Karies immer noch eine große Bedeutung als Volkserkrankung zukommt, dienen diese Informationen zum einen dazu, den Mundgesundheitszustand in Bezug auf Karies bei den Erstklässlerinnen und Erstklässlern zu beschreiben und zu bewerten. Zum anderen kann auf Basis dieser Ergebnisse der jeweilige Handlungsbedarf abgeleitet werden. Die einzelnen Kriterien/ Indikatoren werden in den folgenden Abschnitten jeweils definiert. 2 Die Quadranten 1, 3 und 4 sind dem 2. Quadranten analog. Es handelt sich bei den Angaben um Durchschnittswerte. 3 Anmerkung: Die Ergebnisse lassen keinen Rückschluss auf den Zusammenhang zwischen der Zahngesundheit und dem Wohnort der Schülerinnen und Schüler zu, da sich die Zuordnung zum jeweiligen Sozialraum nach dem Schulstandort richtet. 7

3.1 Erstklässlerinnen und Erstklässler mit einem naturgesunden Gebiss Ein naturgesundes Gebiss in diesem Alter bedeutet, dass die Kinder noch über keinerlei Karieserfahrung verfügen, also weder Milch- noch bleibende Zähne jemals eine Karies hatten. Diesem Kriterium entsprach knapp die Hälfte (52%) aller untersuchten Kieler Erstklässlerinnen und Erstklässler des Schuljahres 2009/10. In Abbildung 2 wird der prozentuale Anteil naturgesunder Gebisse der Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 nach Sozialräumen sowie für ganz Kiel dargestellt. Deutlich zu erkennen sind die starken Schwankungen zwischen den verschiedenen Sozialräumen. Während im Sozialraum Nord mit 67% der höchste Anteil der naturgesunden Gebisse bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern festgestellt wurde, belegen Südost (Gaarden) und West (Mettenhof) mit 33% bzw. 31% deutlich die letzten Plätze. Das bedeutet, dass nur jedes 3. Kind aus Gaarden und Mettenhof noch ein völlig gesundes Gebiss vorzuweisen hat. Naturgesunde Gebisse der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 80% 70% 67,3% 60% 50% 53,8% 57,8% 46,0% 52,2% 40% 30% 20% 10% 31,1% 32,5% 0% Nord Mitte West (Mettenhof) Abbildung 2: Anteil der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler 2009/10 (N=1662) mit einem naturgesunden Gebiss Es wird deutlich, dass Schulanfängerinnen und -anfänger, die in diesen beiden Sozialräumen ins Schulleben starten, mit Abstand die stärksten Defizite in der Mundgesundheit und damit einen erhöhten Förderbedarf aufweisen. Über das gesamte Stadtgebiet gesehen, liegt die Landeshauptstadt mit 52,2% im Landesvergleich knapp unterhalb des Schleswig- Süd Südost (Gaarden) Holsteinischen Durchschnitts von 58,5 % (MSGFJS 2009). Ost Kiel 8

3.2 Durchschnittlicher dmf(t)-wert der Erstklässlerinnen und Erstklässler Der verwendete Index dmf(t) (kleingeschrieben für Milchzähne) oder DMF(T) (großgeschrieben für bleibende Zähne) ist ein einfaches Instrument zur Darstellung der Mundgesundheit. Der dmf(t)-wert gibt Auskunft über die Anzahl der durch Karies geschädigten (d = decayed), fehlenden (m = missing) oder gefüllten (f = filled) Milchzähne (t = teeth). Bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern sind in der Regel kaum bleibende Zähne erkrankt, weshalb in dem vorliegenden Bericht auf die detaillierte Darstellung des DMF(T)- Wertes verzichtet wird. Auch das Ergebnis einer landesweiten Untersuchung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege aus dem Jahr 2009, bei der der DMF(T)-Wert für ganz Schleswig-Holstein bei 0,03 für 6- bis 7-Jährige lag, unterstützt den Verzicht (DAJ 2010). Die Abbildung 3 veranschaulicht die durchschnittlichen dmf(t)-werte der Erstklässlerinnen und Erstklässler des Schuljahres 2009/10 wieder nach Sozialräumen aufgeteilt und für das gesamte Stadtgebiet der Landeshauptstadt. Der dmf(t)-wert für gesamt Kiel liegt bei 2,01. Daraus ergibt sich, dass im Schnitt jede Erstklässlerin und jeder Erstklässler 2 an Karies erkrankte Milchzähne aufweist. Der durchschnittliche dmf(t)-wert im Schuljahr 2009/10 in Schleswig-Holstein lag im Vergleich dazu bei 1,48 (MSGFJS 2009). Durchschnittlicher dmf(t)-wert der Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 4,00 3,50 3,00 2,50 2,00 1,50 1,00 1,09 1,59 3,45 1,64 3,03 2,58 2,01 0,50 0,00 Nord Mitte West (Mettenhof) Abbildung 3: Verteilung des durchschnittlichen dmf(t)-wertes der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler 2009/10 (N=1662) Süd Südost (Gaarden) Ost Kiel 9

Die höchsten Werte wurden in den Sozialräumen West (Mettenhof) und Südost (Gaarden) ermittelt. Hier zeigte sich, dass in West im Durchschnitt jede Erstklässlerin und jeder Erstklässler 3,5 Milchzähne mit Karieserfahrung aufzuweisen haben. In Südost besitzen diese Kinder im Schnitt 3 Milchzähne, die schon eine Karieserkrankung hatten oder haben. Im Unterschied dazu liegt der Wert im Sozialraum Nord nur bei 1,09. Berücksichtigt man nun die oben ermittelte Anzahl naturgesunder Gebisse, so ergibt sich hieraus, dass die Zahl der erkrankten Zähne pro Kind noch höher ist, da es sich in der untenstehenden Tabelle um Durchschnittswerte aller Kinder, also der gesamten Population handelt. 3.3 Behandlungsbedürftigkeit der Erstklässlerinnen und Erstklässler wegen Karies Die Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit der Karies wird in Schleswig-Holstein durch einheitliche Landeskriterien definiert, die von den Jugendzahnärztinnen und Jugendzahnärzten entwickelt wurden und verbindlich in Richtlinien (AG der Jugendzahnärztlichen Dienste - Richtlinien zur Durchführung und Dokumentation in Schleswig-Holstein- nach 11 der Rahmenvereinbarung) geregelt sind. Im Folgenden wird das Ergebnis als Prozentsatz der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler mit wegen Karies behandlungsbedürftiger Zähnen dargestellt. Hier werden bleibende Zähne wie Milchzähne berücksichtigt. 60% Behandlungsbedürftige Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 50% 40% 30% 30,1% 44,1% 30,6% 49,6% 41,0% 32,3% 20% 17,5% 10% 0% Nord Mitte West (Mettenhof) Süd Südost (Gaarden) Abbildung 4: Behandlungsbedürftige Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 (N=1662) Ost Kiel 10

Wie Abbildung 4 zeigt, wurde eine Behandlungsbedürftigkeit wegen Karies bei 32,3% der untersuchten Kieler Erstklässlerinnen und Erstklässler festgestellt. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung jedes 3. Kind eine Aufforderung zum Zahnarztbesuch wegen einer akuten Karies erhält. Wieder befinden sich im Sozialraum Nord, mit dem geringsten Anteil von 17,5% Behandlungsbedürftigen, die meisten gesunden Kinder. Die Sozialräume Mitte und Süd liegen mit 30,1% bzw. 30,6% knapp unter dem Kieler Durchschnitt. Weit über dem Durchschnitt hinsichtlich der Behandlungsbedürftigkeit der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler hingegen liegen Ost (41,0%), West (44,1%) und Südost mit 49,6%, indem sogar jedes 2. Kind eine akute behandlungsbedürftige Karies aufweist. Die Notwendigkeit einer regelmäßig aufsuchenden Untersuchung im Setting Schule durch den Zahnärztlichen Dienst, lässt sich aus diesen Erhebungen zweifelsfrei ableiten. 3.4 Kariesrisiko bei Erstklässlerinnen und Erstklässlern Eine weitere wichtige Rolle spielt das für jedes Kind einzeln erhobene Kariesrisiko. Hierbei handelt es sich um diejenigen Kinder, die viel Karies auf sich vereinigen. Es wird altersspezifisch nach bundesweit einheitlichen Kriterien der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der Jugendzahnpflege (DAJ) definiert. Für unsere Zielgruppe der 6- bis 7-Jährigen besteht nach der DAJ-Definition dann ein erhöhtes Kariesrisiko, wenn bereits mehr als 5 Milchzähne des Wechselgebisses erkrankt sind oder waren oder mindestens ein bleibender Zahn eine Kariesschädigung aufweist (dmf(t) > 5 oder DMF(T) > 0). Erhöhtes Kariesrisiko der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 35% 30% 28,0% 30,9% 25% 22,6% 20% 15% 12,8% 13,5% 16,5% 10% 5% 6,7% 0% Nord Mitte West (Mettenhof) Abbildung 5: Erhöhtes Kariesrisiko der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 (N=1662) Süd Südost (Gaarden) Ost Kiel 11

Im Schuljahr 2009/10 lag bei 16,5% der untersuchten Erstklässlerinnen und Erstklässler im gesamten Kieler Stadtgebiet ein erhöhtes Kariesrisiko vor. Während der Sozialraum Nord mit 6,7 % weit unter diesem Schnitt liegt, erweisen sich die Sozialräume Südost (Gaarden) mit 30,9% und West (Mettenhof) mit 28,0% als besonders auffällig. Auch der Sozialraum Ost weist mit 22,6% ein über dem Kieler Durchschnitt liegendes Kariesrisiko auf (Abbildung 5). Im Landesvergleich nimmt die Landeshauptstadt Kiel damit die schlechteste Position ein, während der Landesdurchschnitt bei 9,94 % liegt. 4 Prävention und Gesundheitsförderung im Zahnärztlichen Dienst Präventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen gehen Hand in Hand und haben das Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten und zu verbessern. Die Ansätze können jedoch sehr unterschiedlich sein. Früherkennungsmaßnahmen sind grundsätzlich eine häufige Form von Prävention, sei es im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung oder im Rahmen der Zahnärztlichen Reihenuntersuchung. Sie zielt in der Regel auf die Vermeidung von Krankheitsfaktoren ab und richtet sich damit gegen bestimmte Krankheiten. Die Gesundheitsförderung setzt einen Schritt früher an und folgt dem salutogenetischen Ansatz, d.h. sie richtet sich insbesondere an die gesunden Ressourcen der Bevölkerung und die Stärkung ihrer Selbstverantwortung. Außerdem stehen immer häufiger auch die Lebensbedingungen im Blickfeld (vgl. Kaba-Schönstein o.j.). Gesundheitsförderliche Maßnahmen können daher auf der einen Seite Aufklärung über die Bedeutung der Mundgesundheit (z.b. Förderung der Verhaltensänderung, Schulung von Multiplikatoren) und auf der anderen Seite aber auch die Schaffung von Zahnputzräumen (z.b. in Schulen) oder das Zahnputzritual in der Kindertagesstätte sein. Um der Entstehung von Karies und anderen Munderkrankungen entgegenzuwirken, werden durch den Zahnärztlichen Dienst Angebote und Maßnahmen für Kindertageseinrichtungen und Schulen angeboten und in den Einrichtungen installiert und begleitet. Frühzeitiges Lernen und Verfestigen von gesundheitsförderlichem Verhalten, sowie des richtigen Umgangs mit der Zahnbürste ist dabei das A und O. In der gesetzlich geregelten Gruppenprophylaxe vermittelt der Zahnärztliche Dienst Kenntnisse zur Zahn- und Mundgesundheit. Dabei geht es um die Gestaltung von Unterrichtsmodulen, die den Kindern zahngesunde Ernährung, regelmäßige Zahnpflege und Mundhygiene vermitteln sollen. Die 12

Gruppenprophylaxe gliedert sich hierbei in zwei unterschiedliche Prophylaxeprogramme, die Basisprophylaxe und die Risikoprophylaxe. Im Rahmen der Basisprophylaxe werden in allen Kieler Grundschulen einmal pro Jahr ein Theorieimpuls über eine Doppelstunde (theoretischer Unterricht) und ein Putzimpuls (altersgerechte, praktische Zahnputzübung) vermittelt. Kieler Grundschulen, die ein erhöhtes Kariesrisiko aufweisen, erhalten im Rahmen der Risikobetreuung zusätzlich ein Programm zur Zahnschmelzhärtung. In diesen Einrichtungen wird in Form eines Putzimpulses alle 14 Tage ein fluoridhaltiges Gelée auf die Zähne aufgetragen. Insgesamt wurden im Schuljahr 2009/10 Prophylaxe-Impulse an 6.601 Grundschülern und Grundschülerinnen in den Kieler Grundschulen gesetzt. Davon wurden 4.517 Schülerinnen und Schüler intensiv betreut, auf die damit eine Gesamtzahl von 75.144 Intensivimpulsen kommt. Aus der Basisprophylaxe und der Intensivprophylaxe ergibt sich eine Gesamtzahl von 81.745 Impulsen für alle erreichten Grundschülerinnen und Grundschüler. In dieser Prophylaxearbeit wird der Zahnärztliche Dienst durch die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in der Landeshauptstadt Kiel (AGJ) personell, wie auch durch Sachmittel unterstützt. Weiterhin engagiert sich der Zahnärztliche Dienst auf Informationsveranstaltungen und Stadtteilfesten im direkten Kontakt zu Eltern und Kindern für Aufklärung und Motivation. 13

5 Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen Der Zahngesundheit kommt in der Entwicklung eines Kindes eine hohe Bedeutung zu: Eine frühkindliche Karies kann, neben zum Teil starken Schmerzen auch für phonetische und ästhetische Einschränkungen verantwortlich sein, die in der Folge zu (weiterer) sozialer Benachteiligung führen. Seit dem Schuljahr 2004/05 hat sich die Mundgesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler in Kiel deutlich verbessert. So ist der Anteil der Kinder mit einem erhöhten Kariesrisiko fast im gesamten Stadtgebiet zurückgegangen (vgl. LHK 2006). Es handelt sich hier zwar nur um zwei einzelne Erhebungszeitpunkte und nicht um eine Zeitreihenanalyse, doch sind die genannten Tendenzen aus den Ergebnissen ableitbar und zeigen die Erfolge der intensiven gruppenprophylaktischen Arbeit in der Landeshauptstadt. Die hier etablierten Fluoridierungsmaßnahmen, die allen Risikoschulen angeboten werden können, sind für Schleswig-Holstein vorbildlich. Dennoch ist die Landeshauptstadt vom bundesweiten Ziel einer 80%igen Kariesfreiheit bei 6- bis 7-Jährigen bis 2020 leider noch weit entfernt. Besonders in den Sozialräumen West (Mettenhof) und Südost (Gaarden) gibt es noch deutlichen Förderbedarf. Da beide Sozialräume zu den Soziale Stadt -Gebieten gehören, liegt ein Zusammenhang zwischen der sozialen Lage der dort lebenden Bevölkerung und ihrem Gesundheitsstatus - hier der Zahngesundheit - nahe. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund ist in diesen Bereichen überdurchschnittlich hoch, so dass vermutlich auch Migration die Zahn- und Mundgesundheit der Kinder beeinflusst. Einige Studien (Künisch et al., 2009; Robert-Koch- Institut, 2009) bestätigen diese Hypothese. Um dies für Kiel genauer untersuchen zu können, müssten im Rahmen der zahnärztlichen Reihenuntersuchung der Migrationshintergrund und der Wohnort erhoben werden. Alternativ wäre eine Verknüpfung mit den Daten der Schuleingangsuntersuchungen denkbar (s. Uhlig & Butler, 2009). Doch auch im Sozialraum Ost besteht Handlungsbedarf. So steht dieser als einziger Sozialraum bei allen vergleichbaren Indikatoren 4 schlechter da als im Schuljahr 2004/05. 4 Ausgenommen ist hier die Behandlungsbedürftigkeit, da diese im Kieler Gesundheitsbericht- Gesunder Start ins Schulleben für die Schulklassen 1-4 dargestellt wurde und somit mit der, der Erstklässlerinnen und Erstklässler nicht vergleichbar ist 14

Die soziale Lage muss bei der Entwicklung von (neuen) Präventionsstrategien unbedingt berücksichtigt werden, ebenso der Migrationsaspekt. Es erfordert interdisziplinäre Gesundheitsförderungsstrategien, um möglichst viele einflussnehmende Faktoren aufzugreifen und die Potenziale der Erstklässlerinnen und Erstklässler sowie ihrer Eltern zu nutzen und zu fördern. Ganz besonders wichtig ist hier auch der Angebots- und Unterstützungszeitpunkt zu bewerten. Eine frühzeitige Förderung, am besten schon der Schwangeren im Sinne einer Primär-primär Prävention und einer Begleitung vom ersten Zahn an kann vor den Gefahren zu spät einsetzender Zahnpflege, Nuckelflaschenmissbrauchs und falscher Kindergetränke schützen. Dies ist z.b. in Form von Informationsveranstaltungen zur zahngesunden Ernährung und Mundhygiene für Eltern möglich, damit in der Prophylaxe erlernte Verhaltensweise auch zuhause etabliert und die Eltern über die Bedeutung der Mundgesundheit informiert werden. Auch die frühzeitige Vorstellung des Kindes beim Zahnarzt könnte den Eltern in diesem Rahmen vermittelt werden. Die Rahmenbedingungen für solche Angebote sollten an die sozialen Gegebenheiten angepasst werden, um die Teilnahmebereitschaft zu erhöhen. Darüber hinaus müssen Migrantinnen und Migranten mit kultursensiblen Ansätzen angesprochen werden, um zum einen mögliche Sprachbarrieren zu reduzieren und zum anderen kulturspezifische Ernährungs- und Mundhygienegewohnheiten zu berücksichtigen. Dazu sind auch muttersprachliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zahnärztlichen Dienst oder Multiplikatoren sowie mehrsprachige Informationsmaterialien und -veranstaltungen nötig. Ebenfalls unverzichtbar ist die Kooperation mit den Kindertagesstätten, da die Kinder den überwiegenden Teil des Tages dort verbringen und dieser somit eine große Bedeutung in der Kindesentwicklung zukommt. Nur wenn die Erzieherinnen und Erzieher die Mundgesundheit und Zahnpflege unterstützen und konsequent in den Tagesrhythmus einbauen, kann das Kind diese auch verfestigen. Damit Kieler Kinder in Zukunft noch mehr gesunde Zähne an ihrem ersten Schultag haben, sollte unter dem Aspekt der Frühen Hilfen ein Präventionskonzept für die Kinder unter 3 Jahren angeboten werden, dass auch eine Stärkung im Sinne der Elternarbeit und Unterstützung der Erzieherinnen und Erzieher in den KiTas beinhaltet. 15

Nord Mitte West Süd Südost Ost Kiel Zahngesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler im Schuljahr 2009/10 6 Zusammenfassung Als Teilfortschreibung des Kieler Gesundheitsberichts Gesunder Start ins Schulleben- Ausgewählte Ergebnisse zur Gesundheit von Schulanfängern und Schulanfängerinnen 2005 befasst sich dieser Bericht mit der Zahngesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler der Kieler Grundschulen im Schuljahr 2009/10. Diese wird mit Hilfe verschiedener Indikatoren (Kariesfreiheit, dmf(t), Kariesrisiko, Behandlungsbedürftigkeit) dargestellt. Die Untersuchungsergebnisse werden nach Sozialräumen differenziert. Kiel schneidet mit seinen Werten insgesamt meist schlechter ab als der Schleswig- Hosteinische Durchschnitt, was sicher durch die Bevölkerungsstruktur begründet ist. Je nach Sozialraum variieren die Ergebnisse jedoch recht stark. In der Regel haben die Erstklässlerinnen und Erstklässler der Grundschulen im Sozialraum Nord die beste Mundgesundheit, während die schlechtesten Werte meist von Erstklässlerinnen und Erstklässlern der Schulen in den Sozialräumen West (Mettenhof) und Südost (Gaarden) erreicht werden. In Gaarden hat sogar jedes 2. Kind eine behandlungsbedürftige Karies. Auch für den Sozialraum Ost besteht weiterer Förderbedarf, da sich die Ergebnisse in diesem Bereich seit dem Schuljahr 2004/05 verschlechtert haben und durchgängig deutlich schlechter sind als der Kieler Durchschnitt. Tabelle 1 zeigt einen zusammenfassenden Überblick der festgestellten Ergebnisse. Naturgesundes Gebiss (%) 67,3 53,8 31,1 57,8 32,5 46,0 52,2 Durchschnittlicher dmf(t)-wert 1,09 1,59 3,45 1,64 3,03 2,58 2,01 Erhöhtes Kariesrisiko (%) 6,7 12,8 28,0 13,5 30,9 22,6 16,5 Kariesbedingte Behandlungsbedürftigkeit (%) 17,5 30,1 44,1 30,6 49,6 41,0 32,3 Tabelle 1: Zusammenfassende Ergebnisse der Zahnreihenuntersuchung bei Kieler Erstklässlerinnen und Erstklässlern im Schuljahr 2009/10 Aufgrund der Verteilung der Ergebnisse auf die Sozialräume lässt sich schließen, dass Aspekte wie soziale Lage und Migration einen Einfluss auf die Mundgesundheit der Erstklässlerinnen und Erstklässler nehmen können. Die Berücksichtigung dieser potenziellen Einflussfaktoren gekoppelt mit einem frühen Unterstützungszeitpunkt, ist besonders wichtig für den Erfolg zukünftiger Maßnahmen auf dem Weg zur Kariesfreiheit. 16

Literatur Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.v. (Hrsg.) (2010). Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2009-Gutachten, Bonn. Kaba-Schönstein L., (o. J.). Gesundheitsförderung I: Definition, Ziele, Prinzipien, Handlungsebenen und strategien. Leitbegriffe der Gesundheitsförderung. Abrufbar auf: http://www.leitbegriffe.bzga.de/?uid=fb75b5a8e05cc35b22f9d0d3589d289f&id=angeb ote&idx=200 [Letzter Zugriff: 20. August 2012] Kühnisch, J., Senkel, H., Heinrich-Weltzien, R. (2003). Vergleichende Untersuchung zur Zahngesundheit von deutschen und ausländischen 8- bis 10-Jährigen des westfälischen Ennepe-Ruhr-Kreises, In: Gesundheitswesen, 65 (2), S. 96-101. Landeshauptstadt Kiel (2006). Gesunder Start ins Schulleben-Ausgewählte Ergebnisse zur Gesundheit von Schulanfängern und Schulanfängerinnen 2005, Kiel. Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig- Holstein (Hrsg.) (2009). Untersuchungen der Kinder- und Jugendärztlichen Dienste und der Zahnärztlichen Dienste in Schleswig-Holstein 2009. Oesterreich Prof. Dr., D. (2011). Tag der Zahngesundheit. Gesund beginnt im Mund- je früher, desto besser [Pressemitteilung der Bundeszahnärztekammer vom 16. September 2011] Abrufbar auf: http://www.bzaek.de/nc/print/presse/presseinformationen/presseinformation/bzaek/16/ 09/2011/tag-derzahngesundheit.html?cHash=cdb7f0590604b6f09bb1818dffcf74f4&print=1 [Letzter Zugriff: 20. August 2012] Robert-Koch-Institut (Hrsg.) (2009). Heft 47-Mundgesundheit, Berlin. Uhlig U., Butler J. (2009). Einflussfaktoren auf die Zahngesundheit von Schulkindern-Soziale Lage und Herkunft, In: Prävention und Gesundheitsförderung, 4(2), S. 125-130. 17