Die medizinische Sicht



Ähnliche Dokumente
Probleme und Möglichkeiten aus Sicht der Forschung

Checkliste. zur Gesprächsvorbereitung Mitarbeitergespräch. Aktivität / Frage Handlungsbedarf erledigt

Wege zur Patientensicherheit - Fragebogen zum Lernzielkatalog für Kompetenzen in der Patientensicherheit

Arbeitshilfe "Tipps für Gespräche mit Vorgesetzten und KollegInnen" Was gilt für mich?

Seminar für diagnoseübergreifende Psychoedukation.

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

Weiterbildung Sie arbeiten mit Erwachsenen, die eine. haben? Betriebsinterne Schulungen. Massgeschneiderte Veranstaltungen

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Inhouse-Schulung For tbildung.mal-alt-werden.de

Schritt für Schritt vom Denken zum Handeln

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

24 Stunden (rundum) Pflege und Betreuung im eigenen Haus. Erhaltung der eigenen Autonomie und Umgebung

Alkohol am Arbeitsplatz in Europa Fragebogen

Coaching praktisch: Das konkrete Vorgehen. Aufträge klären Die Coaching-Gespräche führen Den Coaching-Prozess auswerten

Sichere Anleitung Zertifikate / Schlüssel für Kunden der Sparkasse Germersheim-Kandel. Sichere . der

Verzahnung von Arbeitsschutz und betrieblichem Gesundheitsmanagement. Gesunde Ansatzpunkte für sinnvolle Maßnahmen

Lernaufgabe Industriekauffrau/Industriekaufmann Angebot und Auftrag: Arbeitsblatt I Auftragsbeschreibung

Coach me if you can! Iris Brockob & Frank Hoffmann Partnerschaft für Beratung, Training & Gestaltung

Management Summary. Was macht Führung zukunftsfähig? Stuttgart, den 21. April 2016

Herzlich Willkommen. Stress durch Selbstcoaching mit NLP begegnen. zum Thema

Im Fragebogen wird häufiger nach pflegenden Angehörigen gefragt. Wir verstehen in diesem Kontext unter pflegenden Angehörigen Personen, die

Sehr geehrte (r) Frau/Herr,

Fragebogen zu den Möglichkeiten der Integration von Kindern mit Behinderungen in Schulen im [(Land-)kreis oder Stadt]

Grundsätze Teamentwicklung

Umfang, Kosten und Trends der betrieblichen Weiterbildung Ergebnisse der IW-Weiterbildungserhebung 2008

Osteoporose. Ein echtes Volksleiden. Schon jetzt zählen die Osteoporose und die damit verbundene erhöhte Brüchigkeit der Knochen

Auswertung Onlinebefragung Unternehmen. Thematik: Mitarbeitende mit psychischen Beeinträchtigungen bei Unternehmen

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

Komplettpaket Coaching. Arbeitsmittel & Checklisten

Diversity in regionalen Unternehmen

LEHRGANG. Intensivseminar MasterCoaching Als Meister wird man nicht geboren aber jeder kann sich zum Meister entwickeln

Michaela Mittelstrasser DGKS, ON zert. Organisationsberaterin

Presse-Information

Stand 15. Oktober Fragen und Antworten

Zukunftskonferenz. Behinderten-Sportverband Berlin e.v.

Modulare Nachqualifizierung bis zum Berufsabschluss. Christoph Eckhardt qualinetz Beratung und Forschung GmbH

Neomentum Coaching. Informationsbroschüre für Studienteilnehmer

Machtmissbrauch. am Arbeitsplatz

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Test: Sind Sie ein Unternehmertyp?

Beschreibung der Umstellungsschritte für moneyplex (neue Benutzerkennung und Kommunikationsadresse)

(GPF) Koordinierende Fachpflegekraft in der Gerontopsychiatrie

Fragebogen zum Familiären Hintergrund

Umfrage Stress und Arbeitsbelastung in Deutschland

Wie finde ich das richtige Krankenhaus für meine psychische Erkrankung? BPtK veröffentlicht Checkliste für Psychiatrie und Psychosomatik

Psychische Gesundheit, mentale Leistungs fähigkeit und Beschäftigung in der Schweiz

Die TBS ggmbh veranstaltet daher zum Thema ein 2-tägiges Praxisseminar, zu dem wir Euch hiermit herzlich einladen:

Ergebnisse zur Umfrage GC MARKT-BLITZLICHT No. 6 Mitarbeiter gewinnen. 08. August 2014

Hier bin ich richtig!

Bundesarbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften VERSTEHEN BÜNDELN HANDELN.

Begrüßung mit Schwung und Begeisterung. Die Teilnehmer müssen spüren, dass die Aufgabe Spaß macht.

Entwicklung des Dentalmarktes in 2010 und Papier versus Plastik.

Stress, Schlafstörungen, Depressionen und Burn-out. Wie belastet sind wir?

Vorderthal, 15. April Liebe Eltern,

BERATUNG, COACHING UND SCHULUNG FÜR ARBEITGEBER UND VORGESETZTE

Personalentwicklung im Berliner Mittelstand. Darstellung der Studienergebnisse Berlin,

Bevölkerungsrepräsentative Umfrage. Die letzte Lebensphase Auseinandersetzung mit Krankheit, Leid und Sterben

Ambulant betreutes Wohnen eine Chance!

Elternzeit Was ist das?

Erwachsenen- Psychotherapie

Private Altersvorsorge

Seminar für Führungskräfte

Bedienungsanleitung Albumdesigner. Neues Projekt: Bestehendes Projekt öffnen:

Tag der offenen Tür, 9. Oktober Psychiatrie erleben und verstehen. Depression. erkennen und behandeln. Klaus-Thomas Kronmüller

SWOT Analyse zur Unterstützung des Projektmonitorings

Franchise Start. Paket Startup. Franchise Start Die Franchise Berater

Neuigkeit 1: Die neue Contergan-Rente. Sie bekommen ab dem 1. Juli 2014 mehr Contergan-Rente.

Frühtherapie. für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen

Angehörigenarbeit konkret

Konzeption & Umsetzung eines länderübergreifenden IKZM - Prozesses

Welches Übersetzungsbüro passt zu mir?

Surveillance-Begleitforschungsprojekt des Robert Koch-Instituts: Diagnostik von gleichzeitigen Erkrankungen an HIV/AIDS und Tuberkulose

Pep. Perspektiven planen. Chancen geben. Chancen ergreifen. Förderinfomationen für Arbeitergeberinnen und Arbeitgeber

Claus Peter Müller-Thurau. Testbuch Vorstellungsgespräche

Was ist das Budget für Arbeit?

Mehr Arbeits-Plätze für Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeits-Markt

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Jetzt gibt es viel zu regeln.

Tab. 5-9 Auswahl bevorzugter Ansprechpartner bei Depressionen

Persönliches Kompetenz-Portfolio

!Umfrage!zum!deutschen!Mark!für! Persönlichkeitsdiagnostik!

Deutsches Rotes Kreuz. Kopfschmerztagebuch von:

Meinungen zur Altersvorsorge

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Telefon. Fax. Internet.

1/1. Die Struktur. 12. Integrierte Mediation

KRISE. Auch ein schwerer Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt. Besser mit einem starken Partner. argenus

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Evaluation Rahmenlehrplan Höhere Fachschule für Wirtschaft

Grundsätze zur Führung und Zusammenarbeit. Ernst Schweizer AG, Metallbau

Palliative Care im Clienia Bergheim. Leben bis zuletzt

Ziele und Vorhaben für die Schuljahre 2014/15 bis 2016/17. Gemeinsam leben Stärkung der Persönlichkeit und Förderung der sozialen Kompetenzen

Bei allem, was wir tun, denken und fühlen, möchten wir manchmal zum Äußersten gehen.

Gut vernetzt mit pflege.net der Homepage des Netzwerks

Generation Y Umfrage

Einladung. zur Tagung der Schulleiterinnen und Schulleiter Wegweiser für den Schulalltag

Informationen zur psychotherapeutischen Behandlung

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Transkript:

Psychische Erkrankung und Arbeitsalltag was jetzt? Eine interdisziplinäre Herausforderung Die medizinische Sicht Dr. med. Kurt Bachmann Chefarzt und Klinikleiter Psychiatrische Dienste SRO Langenthal Oberaargau 11.04.2014 1

Psychisch erkrankte Menschen wollen grundsätzlich Arbeit und nicht eine Rente 2

Arbeit istin vielerleihinsichtim psychiatrischenalltageinthema: Beurteilung der Arbeitsfähigkeit Die aktuelle Arbeit ist belastend, eventuell gar mitverantwortlich für die Erkrankung Aktuelle Arbeit ist unterstützend, haltgebend und wertvermittelnd Fehlender Arbeitsplatz Fehlende Ausbildung; noch nie gearbeitet 3

Was ist spezifisch im Umgang mit dem Thema Arbeit bei psychisch erkrankten Menschen Stigma Scham Angst Prognose der AUF in Dauer und Ausmass 4

Was sind die Konsequenzen dieser Besonderheiten? b) Bei den PatientInnen: Selbst-Stigmatisierung Selbstentwertung, Scham, Verunsicherung, Versagens und Begegnungsängste Vermeidung des Kontaktes mit Arbeitgeber 5

Was sind die Konsequenzen dieser Besonderheiten? c) Bei den Arbeitgebern/Vorgesetzten/Mitarbeitenden Erhalten AUF-Zeugnis, evtl. ''bis auf Weiteres'', sonst kein Kontakt keine Informationen Fragen: was hat er/sie? etc. Unser Patient wird für den Arbeitgeber zur Black-Box Ärger, Unmut, Unverständnis, Enttäuschung 6

Was sind die Konsequenzen dieser Besonderheiten? a) Bei den psychiatrischen BehandlerInnen: Ausbildung fokussiert auf: Symptom, Leiden, psychotherapeutische Fähigkeiten Stereotyp: ''Die Arbeitgeber versuchen, ihre Unternehmen sowieso über die IV zu optimieren/sanieren'' 7

Erkenntnisse: Die Arbeitgeber wollen grundsätzlich ihre Mitarbeitenden behalten Dabei zeigt sich, dass Arbeitgeber bis anhin kaum Unterstützung erhalten Die Arbeitgeber und wir TherapeutInnen sprechen verschiedene Sprachen und wenden verschiedene Herangehensweisen an behindernde Stereotypen abbauen Gespräch/Kontakt Klärungen zu Gunsten des Patienten 8

Erkenntnisse: Wir TherapeutInnen sind oft unerreichbar und verstecken uns Wir TherapeutInnen haben keine ausgeprägte Kompetenz erlernt, spezifische psychiatrische Störungen in Funktionsdefizite an einem bestimmten Arbeitsplatz zu übersetzen und demzufolge sind wir auch wenig befähigt, konkrete Vorschläge für Arbeitsplatzanpassungen zu machen oder die Vorgesetzten für spezifisches Führungsverhalten zu coachen. 9

Modifikationen: 1. Keine AUF-Zeugnisse mehr ''bis auf Weiteres'' 2. Frühe Kontaktaufnahme mit Arbeitgeber suchen 3. Konzept-Änderung in der Rehabilitationstagesklinik 4. Arbeitsintegrations-Hotel L'AUBERGE 11.04.2014 10

5. Workshop-Tag mit allen Mitarbeitenden des Dienstes zu den folgenden Themen: a) Umgang mit Arbeitgebern b) Krankschreibung (Kriterien, Kontra-Indikationen, Dauer, Grad) c) Erstellen einer Arbeits-Biografie 11

d) Störungsspezifische Arbeitsprobleme und Empfehlungen Bei Schizophrenie Bei Depressionen, Erschöpfung Schmerzstörung, Angst Bei Persönlichkeitsstörungen 12

InterdisziplinäreZusammenarbeit Arbeitsgruppe mit CEO's Veranstaltung zum Thema: Die Ohnmacht der Arbeitgebenden im Umgang mit psychisch erkrankten Menschen Wir wissen wenig Erweiterung der Arbeitsgruppe um Dr. phil. Niklas Baer zur Entwicklung einer wissenschaftlichen Befragung aller Arbeitgebenden im Oberaargau 13

Einstellungs-Modifikation Kontakt mit Arbeitgeber suchen Differenzierte Krankschreibung (cave: Vermeidungshaltung) Psychiatrische Dienste SRO Zusammenfassungund 1. Erkenntnissefürdie Psychiatrie Orientierung an Alltagsbewältigung und Integration versus Symptom-Orientierung (Arbeit ist grundsätzlich Ressource) Neue Lerninhalte Beurteilung psychischer Funktionsdefizite im Hinblick auf: Spezifische Tätigkeiten im Arbeitsprozess, evtl. Veränderung Beziehungen im Team, zu Vorgesetzten (Beratung, Coaching) 14

Projekt Arbeitsintegration im Hotel L'AUBERGE in Langenthal Murgenthalstrasse 5, 4900 Langenthal www.auberge-langenthal.ch 15

VielenDank für IhreAufmerksamkeit 16