Vasculitis 2014. 12. 08. Definition: Vaskulitis. Klassifikation. ANCA-assoziierte Vaskulitiden



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Transkript:

Definition: Vaskulitis Vasculitis D R. K A T A L I N M Ü L L N E R Erkrankungen zusammengefasst, bei denen es durch autoimmunologische Prozesse am häufigsten eine Allergie vom Typ 3 zu Entzündungen von Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen kommt. Konsequenz: die versorgten Organe selbst geschädigt werden. Die Ursachen sind noch nicht geklärt. Zurzeit werden genetische in Kombination mit Umwelt-Faktoren wie Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus oder dem Hepatitis-Virus vermutet. Klassifikation Primäre Vaskulitiden Primäre Vaskulitiden 1. Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße 2. Primäre Vaskulitiden mittlerer Gefäße 3. Primäre Vaskulitiden großer Gefäße Sekundäre Vaskulitiden Nicht klassifizierte Vaskulitiden Primäre Vaskulitiden sind Vaskulitiden ohne bekannte Grunderkrankung. Sie werden nach der Chapel Hill Consensus Conference nach Größe der betroffenen Gefäße und je nachdem, ob sie ANCA-Antikörper aufweisen oder nicht, wie folgt klassifiziert: Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße ANCA-assoziierte Vaskulitiden 1. Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung: Wegener- Granulomatose) mit Vaskulitis vor allem der kleinen Arterien von Nieren und Lungen 2. Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung:Churg-Strauss-Syndrom) 3. Mikroskopische Polyarteriitis (Abkürzung: MPA oder mpan) Wegener-Granulomatose, MorbusWegener, Granulomatose mit Polyangiitis Granulomatöse, nekrotisierende Entzündung, beginnend im Bereich des Respirationstraktes, einhergehend mit einer nekrotisierenden Entzündung der kleinen Arterien und Kapillaren. Prävalenz: beträgt ca.5/100000 Einwohner; Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen Der Altersgipfel liegt zwischen dem 40.und50.Lebensjahr. 1

Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße ANCA-assoziierte Vaskulitiden 1. Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung: Wegener-Granulomatose) mit Vaskulitis vor allem der kleinen Arterien von Nieren und Lungen 2. Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) 3. Mikroskopische Polyarteriitis (Abkürzung: MPA oder mpan) Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) Das CSS hat drei verschiedene klinische Phasen: 1. allergischer Schnupfen & Asthma bronchiale 2. eosinophile Entzündung von Lunge und Verdauungstrakt 3. systemische Gefäßentzündung (Vaskulitis) mit granulomatöser Entzündung Typische Symptome für das Churg-Strauss-Syndrom Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße Allgemeinsymptome (Müdigkeit, grippeartige Symptome wie Fieber und Muskelschmerzen, allgemeines Unwohlsein, Gewichtsverlust in 70 Prozent der Fälle) Asthma (97 Prozent der Fälle) Nasennebenhöhlenentzündung (61 Prozent der Fälle) Allergischer Schnupfen Gelenkschmerzen Hautmanifestationen (Purpura, Hautknötchen, Nesselsucht) Herzsymptome, welche auf Herzinfarkt und Herzmuskelentzündung schließen lassen. Nervenentzündung Nierenbeteiligung: Bluthochdruck und Nierenversagen Magen-Darmtrakt: Blutungen, Blinddarmentzündung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Magen-Darm-Beschwerden ANCA-assoziierte Vaskulitiden 1. Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung: Wegener-Granulomatose) mit Vaskulitis vor allem der kleinen Arterien von Nieren und Lungen 2. Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) 3. Mikroskopische Polyarteriitis (Abkürzung: MPA oder mpan) Mikroskopische Polyangiitis (MPA) Definition: Nekrotisierende Vaskulitis mit obligatem entzündlichem Befall mikroskopisch kleiner Gefäße, fakultativ zugleich auch größerer Gefäße, ohne Granulombildung früherebezeichnung:mikroskopische Panarteriitis nodosa [mpan]. Merke: Das klinische Bild mit vorwiegender Beteiligung von Respirationstrakt und Niere (ca.70%) ähnelt dem generalisierten Morbus Wegener Histologisch: fehlt allerdings der Nachweis einer granulomatösen Vaskulitis. Epidemiologie:Inzidenz der MPA wird auf ca.4/1.000.000 Einwohner/Jahr geschätzt. Ätiologie: Unbekannt; nachweisbar ist eine starke Assoziation mit dem panca MPO. Mikroskopische Polyangiitis (MPA) Klinisches Bild Die MPA manifestiert sich als generalisierte Systemerkrankung. In70%der Fälle ist die Niere in Form einer Glomerulonephritis unterschiedlicher Histologie betroffen. Bei der rapid-progressiven Form kann es zur raschen Ausbildung einer Niereninsuffizienz mit renalem Hypertonus kommen. An der Lunge kann sich eine Kapillaritis mit alveolärer Hämorrhagie und Hämoptoe entwickeln. Eine gefährliche Komplikation ist die Entwicklung eines pulmorenalen Syndroms. Palpable Purpura und subkutane Knötchen (v.a.anderunterenextremität) weisen auf eine Beteiligung oberflächlicher Gefäße hin. 2

Mikroskopische Polyangiitis (MPA)- Diagnostik Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße Neben einer Erhöhung der typischen Entzündungsparameter ist bei voll ausgebildetem Krankheitsbild der antineutrophile zytoplasmatische Autoantikörper mit perinukleärem Fluoreszenzmuster und Spezifität für die Myeloperoxidase (panca-mpo) in der Regel nachweisbar. Radiologie: alveolärenhämorrhagie das typische Bild der weißen Lunge. Die Diagnose kann histologisch (nekrotisierende Kleingefäßvaskulitis ohne Granulome) gesichert werden. Therapie: s. Morbus Wegener. Nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitiden Bei den nicht-anca-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße finden sich Immunkomplex- und Komplementablagerungen, es handelt sich dabei also um primäre Immunkomplexvaskulitiden. 1. Purpura Schönlein-Henoch 2. Vaskulitis bei essentieller (d.h. idiopathischer) Kryoglobulinämie 3. kutane leukozytoklastische Angiitis Immunkomplex-Vaskulitiden der kleinen Gefäße kommen auch bei anderen Erkrankungen vor (z.b.serumkrankheit, Kollagenosen). Dann handelt es sich aber nicht um primäre sondern um sekundäre Vaskulitiden im Zuge einer bekannten Grunderkrankung. Purpura Schönlein-Henoch Purpura Schönlein-Henoch Eine immunologisch vermittelte Entzündung der kleinen Blutgefäße (Vaskulitis der Kapillaren sowie präund postkapillären Gefäße) unbekannter Ätiologie Multisystemerkrankung bevorzugt Haut, Gelenke, Darm und Nieren betrifft. Im Vorschul- und Schulalter Tritt nach einem vorausgehenden Atemwegsinfekt oder anderen Auslösern (z. B. Medikamenten) auf. Beginnt akut und verläuft häufig in Form mehrerer Schübe. In der großen Mehrzahl der Fälle heilt die Erkrankung folgenlos aus. Benannt ist sie nach den deutschen Ärzten Johann Lukas Schönlein (1793 1864) und Eduard Heinrich Henoch (1820 1910). Jährlich sind 15 bis 25 von 100.000 Kindern und Jugendlichen betroffen. Sie kommt in der kalten Jahreszeit gehäuft vor und betrifft häufiger Jungen als Mädchen. Pathogenese Ist eine immunpathologische Reaktion auf genetischer Basis, die durch unterschiedliche Trigger hervorgerufen wird. Die Auseinandersetzung mit einem unbekannten Antigen führt zur Proliferation einer erhöhten Rate zirkulierender IgA-sezernierender B- Lymphozyten. Es bilden sich vermehrt IgA-Immunkomplexe, die sich in den kleinen Gefäßen niederschlagen, Komplement aktivieren, Granulozyten und andere weiße Blutzellen anlocken und schließlich zu einer aseptischen Entzündung der Gefäßbahn in Haut, Darm und Nierenglomerula führen. Wird zur Gruppe der Typ-III-Überempfindlichkeitsreaktionen (Arthus- Reaktion) gezählt. Purpura Schönlein-Henoch - Leitsymptome Purpura Schönlein-Henoch - Leitsymptome Haut (bis zu 100 %): Die letztlich typische palpable Purpura ist nur zu 50 % der Fälle Erstsymptom. Es entstehen mit einem Glasspatel nicht mehr wegdrückbare, rötlich-bräunliche, tastbare, teilweise noch quaddelige (urtikarielle) Hauteffloreszenzen mit unterschiedlich großen, teilweise zusammenfließenden Petechien, die symmetrisch bevorzugt an den Streckseiten der Beine und am Gesäß auftreten. Magen-Darm-Trakt (30 75 %): Es kann zu kolikartigen Bauchschmerzen, Blut im Stuhlgang, Erbrechen und als seltene Komplikationen zu einem Ulkus, Invagination, Ileus, Ischämie und Perforation kommen. Blutungen können zu einem Schock aufgrund einer Verminderung des verbleibenden Blutes führen. Gelenke (40 85 %): Meistens besteht eine flüchtige Entzündung der Sprung- und/oder Kniegelenke, häufig mit einer flüchtigen Schwellung der Füße und/oder Hände. Niere (6 60 %): Blut im Urin, Eiweiß im Urin bis hin zum nephrotischen Syndrom, verminderte Nierenfunktion bis hin zum terminalen Nierenversagen sowie Bluthochdruck sind möglich. Die Nierenbeteiligung ist die prognostisch bedeutsamste Manifestation, sie kann noch einige Wochen nach der akuten Phase der Purpura manifest werden. Hoden (selten): Schmerzhafte Schwellung der Hoden. Selten wird eine Purpura Schönlein-Henoch von einer Hodentorsion begleitet, welche rasch ausgeschlossen werden sollte. Zentrales Nervensystem (selten): Eine Beteiligung tritt innerhalb von zwei Wochen nach Krankheitsbeginn auf und äußert sich in Kopfschmerzen, Krampfanfällen, Halbseitenlähmung, Aphasie, Ataxie, mentalen Störungen und Hirnblutungen. 3

Purpura Schönlein-Henoch - Diagnose Purpura Schönlein-Henoch - Diagnose Es gibt keinen beweisenden Laborparameter Diagnose wird klinisch, das heißt anhand der Symptome gestellt. Differentialdiagnostisch müssen zuerst andere infrage kommende Erkrankungen ausgeschlossen werden: idiopathische Thrombozytopenie, Sepsis, Leukämie, andere Vaskulitiden oder ein hämolytisch-urämisches Syndrom. Nach den Klassifikationskriterien der Amerikanischen Rheuma- Gesellschaft (ACR) kann die Diagnose mit einer Sensitivität von 87 % und einer Spezifität von 88 % gestellt werden, wenn zwei der folgenden vier Kriterien zutreffen: 1) fühlbare (palpable) Purpura, (siehe untersymptome). 2) Manifestationsalter < 20 Jahren. 3) Angina abdominalis (ZurErfüllungdieses Kriteriumswird oftmals das Vorhandensein diffuser Bauchschmerzen und Blut im Stuhl als ausreichend angesehen). 4) Histologischer Nachweis von Granulozyten in der Gefäßwand von Arteriolen bzw. Venolen. (Eine Hautbiopsie ist selten erforderlich). Bei den Laboruntersuchungen sind CRP und die Blutsenkungsgeschwindigkeit meistens nur mäßig erhöht ANA negativ, ebenfalls Autoantikörper gegen Antigene neutrophiler Granulozyten (ANCA) der Klasse IgG. Weitere Diagnostik ist symptombezogen: Bauchsonographie oder Röntgen, Untersuchung auf Blut im Stuhl. Urinuntersuchung zur Beurteilung der Nierenbeteiligung (bei einer Proteinurie deutlich > 100 mg/gcrea wird oft eine Nierenbiopsie empfohlen). Purpura Schönlein-Henoch - Therapie Purpura Schönlein-Henoch des Erwachsenenalters Die Behandlung wird symptombezogen ausgeweitet: Körperliche Schonung im akuten Schub; lokale Kühlung bei Gelenkschwellungen. Bei starken Gelenkschmerzen: NSAID Bei Bauchbeteiligung: 1 bis 2 mg Methylprednisolon/kg. Ranitidin verkürzt ebenfalls die Dauer und Schwere von Bauchsymptomen. Bei Nierenbeteiligung: ACE-Inhibitoren wie Enalapril scheinen bei Proteinurie einen schützenden Effekt für die Nieren zu haben. Bei schwerer Nierenbeteiligung mit nephrotischem Syndrom oder je nach Biopsiebefund wird häufig eine kombinierte immunsuppressive Therapie mit Steroiden und Cyclophosphamid (2 mg pro kg für insgesamt 2 3 Monate) oder Azathioprin angewendet. Selten ist eine Dialyse oder Nierentransplantation notwendig. Bei Bluthochdruck: Antihypertensive Therapie Bei Gehirnbeteiligung: Steroidpulstherapie, eventuell Plasmapherese oder intravenöse Immunglobuline. Bei Invagination: Auseinanderstülpen der Darmwand mit einem sonographisch kontrollierten Einlauf, evt. Operation Bei Erwachsenen ist die Rate und die Schwere einzelner Komplikationen jedoch deutlich höher und geht mit deutlicher Verschlechterung der Prognose einher. Arthritis der Knie- und Sprunggelenke ist häufig (61%). Wenn bereits initial eine Nierenbeteiligung eingetreten ist, liegen die Chancen für eine langfristige Remission nur bei 20%. Abdominelle Beschwerden haben knapp 50% und Darmblutungen 25% der Erwachsenen, z.t. mit tödlichem Ausgang. Bis zu 25% der betroffenen Erwachsenen müssen zehn Jahre nach Diagnose dialysieren. Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie Nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitiden Bei den nicht-anca-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße finden sich Immunkomplex- und Komplementablagerungen, es handelt sich dabei also um primäre Immunkomplexvaskulitiden. 1. Purpura Schönlein-Henoch 2. Vaskulitis bei essentieller (d.h. idiopathischer) Kryoglobulinämie 3. Kutane leukozytoklastische Angiitis Kryoglobuline sind Antikörper (Immunglobuline), die bei Kälte unlöslich werden und bei Wärme wieder in Lösung gehen. Zusätzlich können sie die Eigenschaften von Rheumafaktoren oder Kälteagglutininen besitzen. Es werden monoklonale Kryoglobuline und gemischte Kryoglobuline unterschieden. Es handelt sich um Immunkomplexe. 4

Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie Man unterscheidet drei verschiedene Typen von Kryoglobulinen: Typ 1 Kryoglobuline: monoklonales Immunglobulin G (IgG) oder Immunglobulin M (IgM), selten auch andere Immunglobuline. Monoklonale Kryoglobuline. Typ 2 Kryoglobuline: meist monoklonales Immunglobulin M, das ähnlich wie Rheumafaktoren an das Fc-Stück von IgG bindet. Gemischte Kryoglobuline. Typ 3 Kryoglobuline: polyklonales Immunglobulin M, das mit einem anderen polyklonalen Immunglobulin Immunkomplexe bildet. Gemischte Kryoglobuline. In ca. 80 Prozent der Fälle liegt der Kryoglobulinämie eine chronische Hepatitis C zugrunde. Weitere Ursachen können sein: Morbus Waldenström, Multiples Myelom systemischer Lupus erythematodes Sjögren-Syndrom Polyarteriitis nodosa rheumatoide Arthritis Sarkoidose Colitis ulcerosa Infektionen /Epstein-Barr-Virus (EBV), Toxoplasma gondii, Treponema pallidum, Borrelien, Zytomegalievirus (CMV)/ Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie - Hautsymptome Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie Diagnose & Therapie Hautblutungen durch Gefäßwandschädigung der Akren Morbus Raynaud, Akrozyanose Nekrosen der Akren, multiple Organinfarkte Arthralgien (Gelenkschmerzen), Myalgien (Muskelschmerzen) Leber-/Milzvergrößerung Lymphknotenerkrankungen Glomerulonephritis mit Hämaturie & Proteinurie Neuropathie Die Diagnose ergibt sich anhand von Anamnese, Gefäßbiopsie und eventuellem Nachweis einer HCV Die Blutsenkungsgeschwindigkeit ist bei 37 C stark beschleunigt, bei 4 C normal. Die Kryoglobuline können per Elektrophorese nachgewiesen werden. Therapie: Behandlung der Grundkrankheiten, Kortikosteroide Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße Kutane leukozytoklastische Angiitis Nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitiden Bei den nicht-anca-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße finden sich Immunkomplex- und Komplementablagerungen, es handelt sich dabei also um primäre Immunkomplexvaskulitiden. 1. Purpura Schönlein-Henoch 2. Vaskulitis bei essentieller (d.h. idiopathischer) Kryoglobulinämie 3. Kutane leukozytoklastische Angiitis Autoimmunerkrankung, die hauptsächlich Symptome an der Haut verursacht. Sie wird zu den primären nicht ANCA-assoziierten Vaskulopathien gezählt. Meist ist sie durch die Ablagerung von Immunkomplexen an den Gefäßwänden bedingt und macht sich durch kleine punktförmige Einblutungen (Purpura) an der Haut bemerkbar. Wenn in den Immunkomplexen IgA gebunden ist, können auch andere Organe beteiligt sein (Purpura Schönlein-Henoch). Bei IgG- und IgM-Beteiligung ist die Erkrankung meist auf die Haut beschränkt. 5

Kutane leukozytoklastische Angiitis Primäre Vaskulitiden mittlerer Gefäße Diagnose In der Anamnese können die Frage nach Medikamentenabusus sowie nach kürzlich durchgemachten Infektionen wegweisend sein. Frage nach bekannter Arthritis und Arthralgien (Gelenkschmerzen). Bei der körperlichen Untersuchung ist die gesamte Körperoberfläche nach Hautnekrosen zu inspizieren. Labor: Meist findet sich eine Erhöhung unspezifischer Entzündungsparameter (CRP, BSG). Die einzige Möglichkeit zur Sicherung der Diagnose besteht in einer Biopsie. Dabei wird Gewebe aus einem frischen befallenen Hautgebiet entnommen (Biopsie aus einem älteren Herd ergibt häufig keine diagnostischen Hinweise). In den Wandschichten der Arteriole epitheloidzellige Granulome erkennbar, knötchenförmige Ansammlungen von Makrophagen, Granulozyten (weiße Blutkörperchen) und Endothelzellen (flache Deckzellen der Innenwand des Gefäßes). Therapie: kausale Behandlung ist nicht bekannt. Unkomplizierte Formen werden ausschließlich symptomatisch therapiert, bei drohenden Nekrosen oder Ulzerationen werden Kortikosteroideeingesetzt. 1. Polyarteriitis nodosa (PAN oder cpan) als ANCA-negative Vaskulitis in praktisch allen Organen einschließlich neurologischer, kutaner und renaler Symptome, gelegentlich auch sekundär bei Hepatitis B 2. Kawasaki-Syndrom Polyarteriitis nodosa (PAN) Polyarteriitis nodosa - Symptome Epidemiologie: eine seltene Erkrankung, deren jährliche Inzidenz mit 5 auf 100.000 Einwohner angenommen wird. Die Erkrankung betrifft mehr Männer (männlich:weiblich=3:1) Eine genaue Ursache für die primäre (idiopathische) PAN ist wie bei fast allen Autoimmunerkrankungen nicht bekannt. Jedoch sind 30 % der Fälle mit einer chronischen Hepatitis C (vorwiegend Genotyp 2) oder Hepatitis B assoziiert, was als sekundäre Polyarteriitis nodosa bezeichnet wird. Pathogenese: Während der Entzündung kommt es zu einer Nekrose der Gefäßwand mit Infiltration von neutrophilen Granulozyten. Durch die Nekrose kommt es zur Einengung des Gefäßes mit Thrombosierung und Infarzierung der Endstrombahn in den betroffenen Geweben. Unspezifische Symptome: Fieber (>38,5 C), Muskel- und Gelenkschmerzen, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Nervensystem: Neuropathie, die größere, gemischte Nerven befällt. Auch eine Beteiligung des Zentralnervensystem, die sich in Sehstörungen, Schlaganfällen oder Anfällen äußert, kann vorkommen. Sie ist jedoch meist sekundär durch den bestehenden Bluthochdruck verursacht. Verdauungstrakt: kolikartige Bauchschmerzen, Darminfarkte, Blutungen Nieren: Mikroaneurysmen der Nierengefäße können zu einem sekundären Bluthochdruck führen. Eine Glomerulonephritis ist untypisch für die PAN und weist auf eine MPA hin. Herz: Angina Pectoris, Herzinfarkt Haut: Livedo racemosa, subkutane Aneurysmen als Knötchen (nodi) tastbar Eine Lungenbeteiligung ist hinweisend auf eine MPA. Labor: CRP und Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytose. ANCA negativ. Polyarteriitis nodosa: Makroskopisches Präparat des Herzens mit knotig verdickten koronararteriellen Gefäßen Polyarteriitis nodosa Diagnose Polyarteriitis nodosa Therapie Gemäß den ACR-Kriterien kann die Diagnose der PAN gestellt werden, wenn mindestens 3 der folgenden 10 Kriterien erfüllt sind. Prognose Unbehandelt liegt die Fünfjahresüberlebensrate nur bei 13%, wobei vor allem Nierenversagen, Herzinfarkt oder Schlaganfall zum Tode führen. Bei richtiger Therapie beträgt die Fünfjahresüberlebensrate allerdings 80%. Die PAN wird in der Regel mit Kortikosteroiden und Cyclophosphamid bzw. Azathioprin behandelt. Im Rahmen einer Hepatitis B wird auch diese behandelt, was zur Besserung der Symptome führt. Bei schweren Formen oder bei Niereninfarkt und viszeraler Beteiligungen wird in der Regel gleich mit einer Kombinationstherapie begonnen. Für den oft krankheitsbedingt auftretenden Bluthochdruck werden meist ACE-Hemmer eingesetzt. 6

Kawasaki-Syndrom, mukokutanes Lymphknotensyndrom (MCLS) Akute, fieberhafte, systemische Erkrankung, die durch eine Gefäßentzündung (nekrotisierende Vaskulitis) der kleinen und mittleren Arterien gekennzeichnet ist. Zusätzlich ist eine systemische Entzündung in vielen Organen vorhanden. Ursache: unbekannt, man vermutet eine infektiöse Entstehung, die durch eine erbliche Grundlage begünstigt wird. Das Kawasaki-Syndrom betrifft vor allem Kleinkinder, imitiert am Anfang Infektionskrankheiten wie Masern oder Scharlach. Kawasaki-Syndrom In Deutschland erkranken pro Jahr etwa neun von 100.000 Kindern unter fünf Jahren, während die Inzidenz für ein Kawasaki-Syndrom in Japan in derselben Altersstufe bei etwa 185 von 100.000 liegt. 75 % aller betroffenen Kinder sind jünger als fünf Jahre, sehr häufig erkranken Patienten zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr. Jungen sind von der Krankheit etwa eineinhalb mal so oft betroffen wie Mädchen. Auf der nördlichen Hemisphäre gibt es einen saisonalen Gipfel der Neuerkrankungen im Winter und Frühjahr, während in tropischen Regionen keine Saisonalität beobachtet wird. Das Kawasaki-Syndrom wurde in Japan seit 1961 beobachtet und als eigenständiges Krankheitsbild 1967 durch den Arzt Tomisaku Kawasaki beschrieben. Kawasaki-Syndrom Kawasaki-Syndrom - Hauptsymptome Es folgen aufeinander drei Phasen: Die akute fieberhafte Periode: ~10 Tage, das Fieber beginnt meist abrupt, und es entwickeln sich im Verlauf von drei bis vier Tagen die typischen Symptome, die dann zu der Diagnose des Kawasaki- Syndroms führen können. Die subakute Phase: zwei bis vier Wochen, typisch ist eine Schuppung von Händen und Füßen. Die Phase der Rekonvaleszenz: Sie kann Monate dauern mit gelegentlich bestehender Müdigkeit und Leistungsschwäche. Zu 100 % Fieber Über mehr als fünf Tage, antibiotikaresistent, lässt sich senken durch Antipyretika, mit wiederkehrenden Spitzen über 40 C Zu 90 % Symptome der Mundhöhle, Lippen Trockene, geschwollene, hochrote, rissige Lippen oft mit Schwellung, Erdbeerzunge (Lackzunge), intensive Rötung der Mundschleim- und Rachenhaut, so lange anhaltend wie das Fieber. Zu 85 % Konjunktivitis Meist beidseitige Bindehautrötung, nicht eitrig, schmerzlos, beginnt kurz nach dem Fieber, dauert ungefähr eine Woche. Zu 80 % Exanthem meistens nicht juckender, rumpfbetonter Hautausschlag ohne Bläschen, tritt innerhalb von 5 Tagen nach Fieberbeginn auf ( buntes Bild, oft ähnlich wie bei Masern oder Scharlach, aber mitunter auch ähnlich wie bei Purpura Schönlein-Henoch). Zu 70 % Hände und Füße Akut eine Rötung und schmerzhafte Schwellungen im Bereich der Handflächen und Fußsohlen. Ab der zweiten bis dritten Krankheitswoche eine Hautschuppung, die an Fingerspitzen beginnt und sich über die ganzen Hand- und Fußinnenflächen ausbreiten kann. Zu 70 % Vergrößerung der Halslymphknoten Akute, nicht eitrige, wenig schmerzhafte Schwellung der Halslymphknoten, oft einseitig im vorderen Halsdreieck mit einem Durchmesser von > 1,5 cm. Kawasaki-Syndrom - Nebensymptome Die Diagnose des Kawasaki-Syndroms Herz- und Gefäßsymptome: sind für die Langzeitmorbidität und - letalität verantwortlich: Myokarditis (50 %), Perikarditis, Herzklappenprobleme, Aneurysmabildung der Herzkranzgefäße und anderer Arterien, Raynaud-Symptomatik. Neurologische Symptome: nicht-infektiöse Hirnhautentzündung, zentraler Hörverlust. Atemwege Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Bauchsymptome (bei 30 % aller Patienten): Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen, paralytischer Ileus, Gallenblasenhydrops (15 % sonographisch nachweisbar), Vergrößerung von Leber und Milz. Gelenke: Schmerzen in der ersten Krankheitswoche an multiplen, großen Gelenken. Augen: Uveitis anterior, rasch wieder bessert und ohne Folgen abheilt. Wird klinisch gestellt Laborbefunde können die Erkrankung nicht beweisen oder widerlegen; sie können die Verdachtsdiagnose bei nicht eindeutigen klinischen Zeichen wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen: Serologie AECA (anti-endothelial cell antibodies) Leukozytose mit Linksverschiebung (50 % > 15 Leukozyten/nl). CRP Häufig erhöht, manchmal stark erhöht. Anämie bei längerer Krankheitsdauer. Thrombozyten Stark erhöht Neuer Marker im Urin: schneller, sicher diagnostizierbar machen. Die Marker sind das Filamin C (wird aus nekrotischen Herz- und Skelettmuskelzellen über den Urin ausgeschieden) und Meprin A (Enzym der Entzündungsreaktion). Die Diagnose anhand dieser Marker erfolgte in einer Studie mit 107 Patienten mit 98-%iger Genauigkeit. 7

Kawasaki-Syndrom - Komplikationen Kawasaki-Syndrom - Therapie Entzündung der Herzkranzgefäße (Koronararterien) mit Aneurysmabildung oder nach Jahren auftretenden Stenosen Myokarditis oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung) in der akuten Phase Herzinfarkt (häufigste Todesursache: 1 bis 2 %) Herzrhythmusstörungen Stationäre Behandlung Die Therapie hat eine Reduktion der Entzündung und die Vermeidung von Aneurysmen der Herzkranzgefäße zum Ziel, welche meistens in der zweiten bis dritten Woche entstehen. Es konnte gezeigt werden, dass durch eine Therapie das Auftreten von Herzkranzgefäßveränderungen von 25 % auf 2 bis 4 % gesenkt werden konnte. Deshalb ist ein Therapiebeginn vor dem zehnten Tag entscheidend für einen günstigen Verlauf. Die initiale Therapie ist: Immunglobuline: 2 g/kg Körpergewicht in zwölf Stunden als Infusion, nach einer sehr frühen Gabe und unbefriedigendem Ansprechen eventuell ein weiteres Mal. Acetylsalicylsäure (ASS) bis zum Abklingen der akuten Entzündung hochdosiert (30 bis 100 mg/kgkg/tag) für 14 Tage. Die Dosis wird kontrovers diskutiert. Ob kortisonähnliche Medikamente bei Therapieversagern hilfreich sind, ist noch Gegenstand der Forschung. Eine längerdauernde Therapie im Anschluss wird mit Acetylsalicylsäure 3 bis 5 mg/(kg*tag) für zirka sechs bis acht Wochen empfohlen, weitere Maßnahmen richten sich nach dem Auftreten von Koronaraneurysmen. Ferner kommen eventuell Bypässe etc. in Frage. Primäre Vaskulitiden großer Gefäße Arteriitis temporalis Riesenzellarteriitis (auch Arteriitis temporalis, Arteriitis cranialis oder Morbus Horton genannt) Takayasu-Arteriitis als ANCA-negative Vaskulitis vor allem der Aorta und ihrer Hauptäste Syn: Morbus Horton, Riesenzellarteriitis) ist eine systemische Gefäßentzündung (Vaskulitis), die vor allem bei älteren Menschen die Schläfenarterien (Arteriae temporales) befällt. Unbehandelt besteht ein Risiko von 20 Prozent zu erblinden, da die Entzündung der Arterien zu einer ungenügenden Durchblutung der Sehnervenpapille führt. Bei entsprechender Diagnostik und einem raschen Therapiebeginn mit Cortisonpräparaten ist der Erkrankungsverlauf meist gutartig. Arteriitis temporalis Arteriitis temporalis Knotige art. temp. Bei M. Horton Sie tritt fast ausschließlich nach dem 50. Lebensjahr auf. Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei etwa 70 Jahren. Frauen sind im Verhältnis 3:1 häufiger betroffen als Männer. Ness T et al. Diagnoseund Therapie der Riesenzellarteriitis Dtsch Arztebl Int 2013; 110(21): 376-86; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0376 Mehr als 70 Prozent der Patienten berichten als Erstsymptom über einen starken, bohrend-stechenden Kopfschmerz, der häufig durch Kauen noch verstärkt wird (Claudicatio masticatoria). Typisch ist auch eine einseitige, plötzlich einsetzende hochgradige Sehminderung bis zur Erblindung, die bei etwa 30 % der Erkrankten auftritt und einen sofortigen Therapiebeginn erforderlich macht. Daneben werden beidseitig an den Schläfen verdickte, harte, vermehrt geschlängelte, pulslose und druckempfindliche Temporalarterien gefunden. In 12 15 % der Fälle treten das Herabhängen eines Augenlides (Ptosis) oder andere Augenmuskellähmungen sowie häufig Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Muskelschmerzen auf. 8

Arteriitis temporalis Therapie Es entsteht meist eine beidseitige granulomatöse Vaskulitis, die vorwiegend die großen und mittelgroßen Arterien des Kopfes befällt. Besonders häufig ist die Arteria temporalis betroffen, bei etwa 30 % die Arteria ophthalmica und bei 10 15 % der Aortenbogen und dessen große Äste. Intrakranielle Gefäße, Herzkranzgefäße und andere Organe sind selten. Es besteht eine Beziehung zur Polymyalgia rheumatica. Durch die Entzündung, die auch segmental auftreten kann, kommt es aufgrund der Gefäßerweiterung mit Verdickung der Intima zu einer Minderdurchblutung in den von der betroffenen Arterie versorgten Gebieten. Ist die Arteria centralis retinae betroffen, führt dies innerhalb einer Stunde zu irreversiblen Schäden an der Netzhaut. Die Arteriitis cranialis ist ein Notfall. Bereits bei dringendem Verdacht auf die Erkrankung werden systemisch hochdosiert Glukokortikoide verabreicht, nicht zuletzt da die Entzündung auf die Hirngefäße übergreifen und dann zu einem lebensbedrohlichen Schlaganfall führen kann. Die Aussagekraft einer Biopsie wird in den ersten Tagen durch die Cortisongabe nicht beeinträchtigt. Bei fehlender Augenbeteiligung eine Dosis von 60-100 mg, bei frischer einseitiger Erblindung von 200-500 mg und bei drohender Erblindung von 500-1000 mg pro Tag empfohlen. Anschließend ist eine Erhaltungstherapie mit herabgesetzter Dosis über Jahre notwendig, etwa die Hälfte der Patienten kann nach zwei Jahren die Therapie beenden. Ness T et al. Diagnoseund Therapie der Riesenzellarteriitis Dtsch Arztebl Int 2013; 110(21): 376-86; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0376 Takayasu-Arteriitis Takayasu-Arteriitis Die Takayasu-Arteriitis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer granulomatösen Entzündung der Aorta und ihrer Hauptäste kommt. Mit der Riesenzellarteriitis verwandt. Benannt ist nach ihrem Erstbeschreiber, Mikito Takayasu (1908). Die Takayasu-Arteriitis betrifft vor allem junge Frauen unter 40 Jahren. Sie ist eine seltene Erkrankung, Inzidenz <1:1.000.000. Kernspintomographie der Aorta und der großen aortennahe Arterien bei Takayasu-Arteriitis mit entzündlichen Stenosen der A. suclavia bds. Takayasu-Arteriitis Takayasu-Arteriitis Die Symptome lassen sich in zwei Komplexen zusammenfassen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Der erste Komplex umfasst allgemeine Entzündungsreaktionen wie Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Gliederschmerzen. Die entstehenden Gefäßeinengungen führen zu den Symptomen des zweiten Komplexes: Durchblutungsstörungen der Extremitäten, Schwindel, Ohnmachtsanfälle, Sehstörungen, Schlaganfall und Bluthochdruck. Die Takayasu-Arteriitis befällt bevorzugt die großen Arterien vom elastischen Typ. Die Granulome bilden sich vor allem in der mittleren Schicht der Gefäßwand, die dadurch zerstört wird. Einsetzende Vernarbungsprozesse führen dann zu einer Einengung des Gefäßdurchmessers und damit zu einem Hindernis für den Blutstrom. Bedingt durch den hohen Druck, der in den herznahen Gefäßen herrscht, kann es langfristig jedoch auch zur Bildung von Aneurysmen kommen. 9

Takayasu-Arteriitis Takayasu-Arteriitis Die Diagnosestellung erfolgt anhand der ACR-Kriterien von denen mindestens drei vorhanden sein müssen. Alter < 40 Jahre Claudicatio der Extremitäten (vor allem der Arme) Abgeschwächter Puls der Brachialarterien (daher auch pulseless disease) Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen > 10 mmhg (systolisch) Strömungsgeräusche über der Aorta oder Arteria subclavia Veränderungen im Arteriogramm Im Gegensatz zur Wegener-Granulomatose finden sich bei der Takayasu-Arteriitis keine ANCA-Autoantikörper. Therapie Die Gabe von Glucocorticoiden ist nach wie vor die medikamentöse Therapie der Wahl. Bei Rezidiven werden auch Methotrexat, Azathioprin oder TNF-Blocker eingesetzt. Bei rupturgefährdeten Aneurysmen kann ein gefäßchirurgischer Eingriff notwendig werden. Prognose Die Prognose der unbehandelten Takayasu-Arteriitis ist schlecht. Kann jedoch durch die aktuelle Therapie entscheidend verbessert werden. Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße M. Behçet 2012 wurde als vierte Gruppe die Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße definiert. Sie beinhaltet M. Behçet. Der Morbus Behçet (auch Morbus Adamantiades-Behçet) ist eine schubweise verlaufende immunologisch vermittelte Erkrankung. Der Krankheitsgipfel liegt jenseits des dritten Lebensjahrzehnts. Auch Jugendliche können erkranken, bei ihnen verläuft der Morbus Behçet lange monosymptomatisch. Die Inzidenz liegt bei < 1/100.000. Die Krankheitsursache: eine genetische Disposition in Kombination mit exogenen Faktoren (virale oder bakterielle Entzündung) zu einer Störung der Immunregulation und damit zum Ausbruch der Erkrankung führt. Behçet war der erste, der vorschlug, den Symptomenkomplex als eigene Entität aufzufassen (Dermatologische Wochenschrift, Hamburg 1937). M. Behçet- Pathophysiologie M. Behçet- Symptome autoimmun vermittelte Vaskulitis Es sind vorwiegend Kapillaren und Venen betroffen, vor allem Gefäße im Bereich der Schleimhäute, der Augen und der Haut sind befallen. Eine Beteiligung des Magen-Darm-Trakts ist ebenso möglich wie das Auftreten von Arthritiden und Myositiden. Im späteren Krankheitsverlauf kann es zur Mitbeteiligung intrakranieller Strukturen oder hirnversorgender Gefäße kommen. Orale und genitale Aphthen, die in regelmäßigen Abständen erneut auftreten, können erste Krankheitszeichen sein. Regenbogenhautentzündungen (Iritis), die nach Jahren zur Erblindung führen können. Weitere ophthalmologische Manifestationen sind Konjunktivitis, Keratitis, Uveitis und Neuritis nervi optici. Knotenbildungen in der Haut (Erythema nodosum) Gelenkbeschwerden und -entzündungen, Thrombophlebitiden, venöse und arterielle Gefäßverschlüsse Aphthöse Läsionen im unteren Dünndarm Beim Auftreten einer Meningoenzephalitis (parenchymatöse Form) sind bevorzugt der Hirnstamm und die Stammganglien betroffen. Es kommt zu Kopfschmerzen, Koordinationsstörungen, spastischen Paresen und Bewusstseinsstörungen. Als vaskuläre Form resultieren intrakranielle Sinus- bzw. Hirnvenenthrombosen. 10

M. Behçet- Diagnose M. Behçet - Therapie Auch nach kleineren Verletzungen bemerken Patienten oft eine erhebliche Rötung und Blasenbildung in der Umgebung der Wunde bis zu 48 Stunden später (Hyperreaktivität der Haut). Dies ist ein Hauptkriterium bei der Früherkennung der Erkrankung. Der sogenannte "Katzenellenbogen- Test", auch Pathergie-Test genannt, beschreibt eine solche überschießende Hautreaktion mit Entzündung und Knotenbildung der Haut nach Injektion von 0,5 ml physiologischer Kochsalzlösung intradermal. Im akuten Stadium mit Corticosteroiden (entzündungshemmend, antiproliferativ) In schweren Fällen und bei häufigen Rezidiven mit Immunsuppressiva (Azathioprin, Ciclosporin, Chlorambucil, Cyclophosphamid). Wenn das auch nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann eine Infliximab-Therapie verordnet werden. Auch Thalidomid wird als mögliches Therapeutikum genannt. Sekundäre Vaskulitiden Nichtklassifizierte Vaskulitiden Die sekundären Vaskulitiden treten bei Tumoren, bei Autoimmunerkrankungen (Lupus vasculitis, Rheumatoid vasculitis, Sarcoid vasculitis) und bei Infektionserkrankungen (z. B. AIDS, Syphilis) auf oder sind medikamentös induziert. Auch die akute vaskuläre Organabstoßung nach einer Nierentransplantation zählt dazu, Ursache sind hierbei vom Empfänger synthetisierte IgG-Antikörper gegen Alloantigene der Epithelzellen des Transplantates. Ebenso können sekundäre Vaskulitiden nach Aufnahme von Kokain und Mutterkornalkaloiden sowie einigen Heilpflanzen auftreten. Nichtklassifizierte Vaskulitiden sind 1. die Endangiitis obliterans, 2. das Behçet-Syndrom und 3. die isolierte Vaskulitis des ZNS. Endangiitis obliterans Synonyme sind Thrombangiitis obliterans, Morbus Winiwarter-Buerger, Winiwarter-Buerger-Syndrom oder Buerger-Syndrom, benannt nach Felix von Winiwarter und Leo Buerger. Die Endangiitis obliterans oder Thrombangiitis obliterans ist eine segmentale Gefäßentzündung (Vaskulitis) kleiner und mittelgroßer Arterien und Venen überwiegend der unteren Extremität. Betroffen sind in der Regel junge Männer unter 40 Jahren mit starkem Nikotinkonsum (75 % der Betroffenen). Ätiologie: unbekannt Ein Zusammenspiel von Genen (vor allem HLA B5 und A9) und exogenen Schadstoffen (Noxen) (Nikotin). Differentialdiagnose: Vor allem die klassische periphere arterielle Verschlusskrankheit, arterielle Embolien, venöse Insuffizienz und andere Vaskulitiden müssen ausgeschlossen werden. 11

Endangiitis obliterans - Symptome und Diagnostik Meist fällt ein Kältegefühl der betroffenen Extremität auf in Kombination mit Ruheschmerzen, ähnlich denen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Typisch ist auch ein Raynaud-Syndrom der betroffenen Extremität sowie eine wandernde oberflächliche Entzündung der Venen (Thrombophlebitis/Phlebitis). Eine bläuliche Verfärbung der äußeren Extremitäten einhergehend mit Berührungsschmerz kann ebenfalls ein Zeichen der Erkrankung sein. An den Finger- und Zehenspitzen finden sich zum Teil Nekrosen, eine Gangrän sowie trophische Störungen der Nägel. Die Diagnose wird in der Regel anhand des klinischen Verlaufs, der Angiographie und der patho-histologischen Untersuchung der betroffenen Gefäße gestellt. Therapie Sofortiger Nikotin-Verzicht kann zum Stillstand der Erkrankung führen. Patienten, die weiterrauchen, haben eine schlechte Prognose. Infusionstherapien mit Prostaglandin E1, prophylaktische Therapie mit Acetylsalicylsäure sind anzuraten. Eventuell kann eine Sympathektomie helfen. Bei ausgedehnten Nekrosen können Amputationen notwendig werden. Die Amputationsrate der betroffenen Extremität liegt bei etwa 30 Prozent. 12