Medizinische Klinik I Infek&onsambulanz HIV/AIDS 2012. Dr. Tim Kümmerle

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Transkript:

HIV/AIDS 2012 Dr. Tim Kümmerle

Übersicht 1) Epidemiologie und Morbidität 2) Rou&neversorgung von HIV- Pa&enten 3) An&retrovirale Therapie (ART): a) Wann starten? b) Mit was starten? c) Besonderheiten/Sonderfälle

Epidemiologie und Morbidität

Epidemiologie Deutschland Infizierte Neuinfektionen AIDS-Fälle Todesfälle 76.000 ohne ART (1/3) 2700 unter ART (2/3) Noch nicht diagnostizierte Fälle (geschätzt): 14.000 (20%) RKI, Epidem. Bulletin 28/2012!

Neudiagnosen RKI, Epidem. Bulletin 28/2012!

Inzidenz Deutschland Prävalenz gesamt: 0,1% RKI, Epidem. Bulletin 28/2012!

Antiretroviral Cohort Collaboration. Lancet. 2008;372:293-299! Lewden C, et al. J Acquir Immune Defic Syndr. 2007;46:72-77! Van Sighem A, et al. CROI 2010. Abstract 526! Lebenserwartung - Kohortendaten ART- CC: Abhängig vom Start der ART ist Lebenserwartung bei HIV- Pa&enten um 5 10 Jahre verringert Lebenserwartung für Pa&enten mit 20 Jahren: 32 Jahre bei CD4 < 100/µl und 50 Jahre bei CD4 > 200/µl AQUITAINE Kohorte: Pa&enten mit Helferzellen > 200 nach 6 Jahren stabiler ART haben Lebenserwartung wie Normalbevölkerung ATHENA Kohorte: Asymptoma&sche HIV- Pa&enten mit Erstdiagnose 1998 2007 ohne AIDS- Diagnose haben eine der Normalbevölkerung vergleichbare Lebenserwartung

HIV und Alter Hontelez JAC. et al. AIDS 2012, 26 (Suppl 1):519-530!

Todesursachen Schweizer HIV- Kohorte Prospek&ve Beobachtungsstudie 459 Todesfälle/9.053 Teilnehmer (5,1%) Years of Death of HIV+ Persons Versus Swiss Population Ruppik M, et al. 18th CROI 2011. Abst. 789!

Inflamma&on HIV production HIV replication HIV-associated fat Metabolic syndrome CMV Excess pathogens Inflamma&on degenera&ve diseases endothelial dysfunc&on thromboembolic events HIV-mediated loss of regulatory cells (Tregs) Microbial translocation

Kardiovaskuläre Erkrankungen Anzahl Pat/ Anzahl Events DAD I 2 23.468/126 DAD I 3 23.437/345 Eventrate pro 1000 HIV+ 3,5 3,6 Eventrate pro 1000 HIV- NA NA VA 4 36.7667/1207 8,1 NA Kaiser 2002 5 Kaiser 2007 4159/47 5000/162 4,3 3,7 2.9 2,2 MGH 6 3851/189 11,13 6,98 MediCal 7 28.512/294 4,12 3,32 1 Currier Circulation 2008; 2 Friis-Moller N Engl J Med 2003; 3 Friis-Moller N Engl J Med 2007; 4 Bozette N Engl J Med 2003; 5 Klein J AIDS 2002; 6 Triant J Clin Endocrinol Metab 2007; 7 Currier J AIDS 2003!

Neurotox: HAND Medizinische Klinik I n=700 Pat vor ART-Start Testbatterie: CogState WAC 2012 Washington WEPE092!

Osteoporose: HOPS- Kohorte Medizinische Klinik I NHDS: Nat l Hospital Discharge Survey, NHAMS-OPD: Nat l Ambulatory Medical Care Survey (Outpatient Departments) Dao C, Abstr 128, 17th CROI 2010!

Viral load Inflammation HAART, lipodystrophy, lipids, insulin resistence, type 2 diabetes? Risk for myocardial infarction ART VL<50 copies

T- cell ac&va&on % CD38+HLADR+ CD8+ T Cells 80 60 40 20 P < 0.001 P < 0.001 0 HIV + Untreated Negative (n=82) Non- HIV + Controller ART (n=65) HAART HIV (n=132) Hunt et al JID 2003, PLoS ONE 2011!

Zusammenfassung AIDS- definierende Erkrankungen werden seltener HIV- Pa&enten erreichen normale Lebenserwartung Inflamma&on unter ART geringer, aber noch vorhanden Erhöhtes Risiko für degenera&ve (Demenz, Osteoporose) und vaskuläre Komplika&onen (renal, kardial)

Betreuung HIV Thompson MA, et al. JAMA. 2010;304;321-333.

Frage 4 Was gehört NICHT zu den Rou&neuntersuchungen bei neu diagnos&zierter HIV- Infek&on? 1) Anale Zytologie auf HPV 2) Tuberkulin- Test unabhängig von CD4- Zahl 3) VZV- An&körper 4) 25- OH- Vitamin D3 Spiegel 5) Genotypischer HIV- Resistenztest

Betreuung von HIV- Pa&enten 4x jährlich ausführliches Labor- Panel 4x jährlich Arztkontakt mit Möglichkeit zur Besprechung von Ernährung, Kardiovaskulären Risikofaktoren, Krebsvorsorge, Psychohygiene, Allgemeinen Gesundheitsthemen Analkarzinom- Screening alle 1-3 Jahre Krebsvorsorgeuntersuchungen Ggf. kardiologische, nephrologische, neurologische Check- up - Untersuchungen, Knochendichtemessung Auffrischung von Impfungen Interak&onscheck Medikamente Reisemedizinische Beratung

Laborparameter Helferzellen CD4 (Zellen/µl) Normwert: 400 1600/µl, Kontrolle alle 3 Monate Haup&ndikator Immunfunk&on unter HIV Aktueller Stand ist Prädiktor der Krankheitsprogression Schlüsselfaktor für ART- Start, OI- Prophylaxe Viruslast (Kopien/ml) Kontrolle alle 3 Monate, Häufiger nach ART- Wechsel oder Start Prädiktor für Transmissionsrisiko und Helferzellabfall ART: Viruslast unter Nachweisgrenze ( <40), Blips möglich

Risiko Progression zu AIDS Viruslast (cps/ml) CD4- Helferzellen (/µl) 50 100 150 200 3000 8,5 4,7 3,0 2,0 10.000 12,1 6,7 4,3 2,9 30.000 16,6 9,3 5,9 4,0 100.000 23,1 13,2 8,5 5,8 300.000 30,8 18,0 11,7 8,0 Progressionsrisiko: AIDS-Erkrankung innerhalb eines Jahres, in % Phillips A. CASCADE AIDS 2004 18:51-58!

Laborparameter Genotypischer Resistenztest: Sequenzanalyse Genom: RT, Protease, Integrase Vor Start ART Primärresistenz aktuell in D bei 5-10% Bei versagendem Regime vor Wechsel Nicht in Therapiepausen (Wildtyp- Virus) Viruspopula&onen >10% werden erfasst HLA- B5701- Testung: Prädik&v für Hypersensi&vität unter Abacavir Tropismustest: Vor Gabe Maraviroc (CCR5- Antagonist)

Pa&ent 1 25jähriger MSM Feste Partnerschau seit 1 Jahr Kommt mit erstmalig posi&vem HIV- Test, letzter nega&ver Test vor 1 Jahr Keine gesundheitlichen Beschwerden Körperlicher Untersuchungsbefund unauffällig CD4 530/µl (28%) Viruslast 230.000 Kopien/ml gelegentlich Partydrogen

Pa&ent 2 45jähriger Mann, ehemaliger IVDU HIV- Erstdiagnose 2002, Hepa&&s C Koinfek&on Helferzellen 520/µl (39%) Viruslast 4.500 Kopien/ml Leber: Fibrose 2, Inflamma&on 2 Häufig müde Raucher, art. Hypertonie

Pa&ent 2 51jähriger Mann Wechselnde Partnerinnen Seit Wochen progrediente Belastungsdyspnoe, p02 Ruhe: 80mmHg Beim Hausarzt erstmals posi&ver Test Untersuchungsbefund: oraler Soor CD4 170/µl (12%), HI- Viruslast 134.000 Kopien/ml Komorbidität: KHK, COPD, art. Hypertonie

ART Viruslast Max. 6 Monate <50 Kopien/ml Zeit

Wann starten Thompson MA, et al. JAMA. 2010;304;321-333.

Wann starten? Helferzellen 500 350 200 Zeit

DHHS- Guidelines im Laufe der Zeit 1996 all with CD4+ < 500 cells/mm 3 1997 ini&ate if VL > 10,000 copies/ml 2000 CD4+ < 350 cells/mm 3 2002 defini&ve if CD4+ < 200 cells/mm 3 2003 defini&ve if CD4+ < 200 2008 defini&ve if CD4+ < 350 cells/mm 3 2009 defini&ve if CD4+ < 500 cells/mm 3 2012 treat all pa&ents

Früher vs. später Therapiestart Medikamententoxizität Erhalt aller Therapieop&onen Resistenzentstehung aktuelle Regime gut verträglich und gut wirksam Wenig Resistenzbildung Reduk&on Inflamma&on Reduk&on Transmissionsrisiko Reduk&on Morbiditätsrisiko Späte ART Frühe ART

Guidelines ART- Start CD 4 EACS (2011) DHHS (2012) < 350 starten starten 350 500 op&onal starten > 500 warten starten EACS: www.europeanaidsclinicalsociety.org! DHHS: www.aidsinfo.nih.gov/guidelines!

... op&onal...? warten erwägen starten Symptoma&sche Infek&on Asymptoma&sche Infek&on Schwangerschau HIV- AN HIV- ass. neurokogni&ve Einschränkung Hodgkin- Lymphom HPV- assoziierte Malignome Chemotherapie bei Malignomen Risiko für kardiovask. Erkrankungen >20%/10 Jahre Hep C, Hep B Autoimmunerkrankungen Viruslast >100.000 Kopien/ml, rascher CD4- Abfall 350-500 >500 * www.europeanaidsclinicalsociety.org! *bei Hep B-Therapieindikation: immer +ART

DHHS Guidelines 2012 ART recommended for all HIV-infected patients; strength of recommendation varies according to CD4+ cell count CD4+ Cell Count < 350 cells/mm³ 350-500 cells/mm³ > 500 cells/mm³ Recommendation Start ART (AI) Start ART (AII) Start ART (BIII) Clinical Conditions Favoring Initiation of Therapy Regardless of CD4+ Cell Count History of AIDS-defining illness (AI) Pregnancy (AI) HIV-associated nephropathy (AII) HBV coinfection (AII) Patients at risk of transmitting HIV to sexual partners (AI, heterosexuals; AIII, others) HCV coinfection* (BII) Patients > 50 years of age (BIII) *Including those with high CD4+ cell count and/or with cirrhosis. Some pts with CD4+ counts > 500 cells/mm³ may elect to defer ART until after HCV therapy is completed. DHHS Guidelines for Antiretroviral Therapy in Adults and Adolescents 2012!

Inkonsistenz der Daten Risiko für Tod CD 4 >350 Studie Vergleich HR Todesfälle (95% KI) NA- ACCORD 1 350-500 vs >500 1,9 (1,4-2,8) ART- CC 2 351-450 vs 451-550 0,9 (0,6-1,4) HIV CAUSAL 3 350 vs 500 1,0 (0,8-1,2) CASCADE 4 350 vs. 500 1,25 (0,9-1,8) 1 Kitahata MM et al. N Engl J Med 2009;360(18):1815-1826! 2 Sterne J et al. Lancet 2009;373(9672):1352 63! 3 Cain LE et al. Ann Int Med 2011;154(8):509-15! 4 CASCADE Writing Committee Arch Intern Med 2011;171(17):1560-9!

Zusammenfassung In Europa gilt: Start bei 350 Helferzellen, in einzelnen Fällen früher Künuige Studienergebnisse werden Einfluss auf diese Empfehlungen haben (START- Studie)

Mit was starten Thompson MA, et al. JAMA. 2010;304;321-333.

Faktoren Auswahl ART Patient Helferzellen/Viruslast Alter Geschlecht Beruf (u.a. Arbeitszeiten) Komorbiditäten (auch kardiovask. Risiko) Kinderwunsch Access to care Komedikation Adhärenzsituation Genetik: HLA-B5701 u.a. Medikament Wirksamkeit Resistenzsituation Tolerabilität Langzeittoxizität, metabol. Effekte Interaktionen Einnahmehäufigkeit Anzahl Medikamente Pharmakokinetik Kosten Tropismus

NNRTI Nevirapin Efavirenz Etravirine Rilpivirine Integrasehemmer Raltegravir Elvitegravir Dolutegravir Proteasehemmer Ritonavir Indinavir Saquinavir Lopinavir Fosamprenavir Atazanavir Tipranavir Darunavir FI Enfuvirtide NRTI Abacavir Lamivudin Stavudin Didanosin Zidovudin Tenofovir Emtricitabin

Regime Ini&altherapie Protease- hemmer TDF/FTC oder ABC/3TC Integrase- hemmer NNRTI DHHS Guidelines. October 2011; Thompson MA, et al. JAMA. 2010;304;321-333.

EACS- Guidelines 2011 Empfohlen NNRTI A Sus&va (Efavirenz) Viramune (Nevirapin) Proteasehemmer Reyataz (Atazanavir) Prezista (Darunavir) Kaletra (Lopinavir) Kivexa Truvada Kivexa Truvada B Integrasehemmer Isentress (Raltegravir) Truvada Alterna&v Invirase (Saquinavir) Telzir (Fosamprenavir) Celsentri (Maraviroc) Combivir Videx/XTC Guidelines 10/2011: www.europeanaidslinicalsociety.org!

NRTI RNA DNA Host Cell Nucleus

Tenofovir/Emtricitabine Vorteile: Gleichzei&g Wirksamkeit gegen HBV Lipidsenkend Nachteile: Nierenfunk&onsstörungen Verringerung der Knochendichte Abacavir/Lamivudin Vorteile: Kaum Organtoxizitäten Nachteile: Nur bei HLA- B5701 nega&v Evtl. geringer Einfluss auf kardiovaskuläres Risiko

NNRTI

NNRTI NRTI NRTI NNRTI NRTI NRTI NNRTI oder Atripla Eviplera Viramune

NNRTI Vorteile: Geringe Tablezenzahl, einmal tägliche Einnahme Gut verträglich Sehr gute Wirksamkeit Nachteile: Geringe Resistenzbarriere Lange Halbwertszeit: Komplika&onen beim Absetzen/Pausen

Single tablet regimen Medizinische Klinik I QUAD

Proteasehemmer DNA Host Cell

Proteasehemmer NRTI NRTI PI NRTI NRTI Medizinische Klinik I PI

Proteasehemmer Vorteile: Sehr stabil bezüglich Resistenzentwicklung Nachteile: Höhere Tablezenzahl Komedika&on Ritonavir erforderlich: hohes Interak&onspoten&al Häufig Hyperlipidämie

Resistenzbarriere

Integrasehemmer Integraseinhibitors work here

Integrasehemmer NRTI NRTI INI +

Integrasehemmer Vorteile: Ausgezeichnete Verträglichkeit Kaum Interak&onspoten&al Metabolisch weitgehend neutral Nachteile: Zweimal tägliche Einnahme Niedrige Resistenzbarriere

QUAD vs. Sus&va Stribild - Zulassung USA 08/2012 - Neuer Booster: Cobicistat - Neuer Integrasehemmer: Elvitegravir HIV-1 RNA < 50 c/ml at Wk 48 (%) 100 80 60 40 20 0 88 Overall 90 85 EVG/COBI/FTC/TDF 84 84 82 (n = 348) HIV-1 RNA 100,000 c/ml HIV-1 RNA > 100,000 c/ml EFV/FTC/TDF (n = 352) Sax P, et al. CROI 2012. Abstract 101!

Dolutegravir HIV- 1 RNA < 50 copies/ml (%) 100 80 60 40 20 0 0 2 4 8 12 16 24 Wks DTG 10 mg QD DTG 25 mg QD No integrase resistance associated mutations detected in patients failing DTG through Wk 48 Grade 2-4 AEs numerically higher in EFV arm vs DTG arms DTG associated with low-level changes in serum creatinine 20 DTG 50 mg QD EFV 600 mg QD Thought to be inhibition of renal transporter rather than true renal toxicity 32 40 Van Lunzen J, et a. Lancet 2011 [epub ahead of print]! 48 91 90 88 82 Each with ABC/3TC or TDF/FTC

Welche Medikamentengruppe? Regime Vorteile Nachteile NNRTI basiert PI basiert INI basiert Einfache Einnahme Wenig Bedenken bei vorbestehender Nierenfunktionsstörung Resistenzstabilität Keine ZNS-Nebenwirkungen Kinderwunsch möglich Nebenwirkungsarme Therapie Kaum Interaktionen Kein Einfluss auf kardiovaskuläres Risiko Optimale Adhärenz erforderlich Probleme Wechselschichtarbeit (EFV) KI Schwangerschaft (EFV) KI Depression (EFV) Interaktionen über CYP 3A6 Hyperlipidämie Vorbestehende Nierenfunktionsstörung kann verschlechtert werden Interaktionen über CYP-System Diabetes mellitus Zweimal tägliche Einnahme Optimale Adhärenz erforderlich

Pa&entenfälle

Pa&ent M.V. 28jähriger MSM neu diagnos&zierte HIV- Infek&on im Rahmen der Abklärung einer gen. Lymphadenopathie Kein Vortest CD 4 190/µl (36%), Viruslast 239.000 Kopien/ml Körperlicher Untersuchungsbefund: Oraler Soor Sonst unauffällig

Frage 6 Was würden Sie tun? 1) Sofor&ger Start einer ART mit PI/r 2) Sofor&ger Start einer ART mit NNRTI 3) Sofor&ger Start einer ART mit INI 4) Fluconazol, Cotrim und Kontrolle der Werte in 3 Wochen

Cave: diagnostisches Fenster

Pa&ent M.V. Akutes retrovirales Syndrom (ARS) Lymphadenopathie Myalgien, Arthralgien Makulopapulöser Ausschlag, stammbetont Pharyngi&s Hepatosplenomegalie neurologische Symptome asep&sche Meningi&s Therapieindika&on: CD4 > 6 Monate unter 350/µl; AIDS- definierende Erkrankung

Pa&ent S.F. 28jähriger bisexueller Mann HIV- Erstdiagnose CD4 450 (38%), Viruslast 48.000 Koinfek&on Lues, Gonorrhoe Sexualkontakte via Internet mit Männern, aktuell auch feste Freundin (begleitet ihn zum Termin) Kondome werden selten verwendet (Erek&onsstörungen)

Pa&ent I.B. Diskordante Partnerschau mit Kinderwunsch HIV ED vor 5 Jahren, seitdem recht stabiler Immunstatus und niedrigvirämischer Verlauf CD4 um 600/µl (30%) Viruslast um 1.000 Kopien/ml Genotypisierung: Wildtyp- Virus

Frage 7 Was empfehlen Sie dem Pa&enten? 1) Angesichts niedriger Viruslast ist Transmissionsrisiko sehr niedrig keine Maßnahmen, Kondomverzicht 2) Sperm- Washing 3) Einleitung einer ART 4) Gabe von Truvada für die nega&ve Partnerin 5) Verzicht auf Kinder

Bei serodiskordanten Paaren sollte eine frühe ART-Einleitung unabhängig vom Helferzellstatus als Strategie zur Reduktion der Transmissionswahrscheinlichkeit diskutiert werden.

HPTN 052 - Studie 13.05.2011 28.04.2011 4 Jahre vor reg. Studienende 1763 Paare 97% heterosexuell ART- Start bei CD4 <250 ART- Start sofort - 96% Herkunft Virus vom Partner gesichert Spät-ART-Arm: alle Übertragungen vor ART-Start Fall im Sofort-ART-Arm: Indexpartner erst kürzlich unter ART Cohen MS et al N Engl J Med 2011;365(6):493-505!

ART und Transmissionsrisiko Autor Ort Teilnehmer Risikoreduk&on Bunnell et al Uganda 926 Paare 98% Donnell et al Sub- Sahara Afrika 3400 Paare 92% Del Romero et al Spanien 424 Paare 100% Baggaley et al Meta- Analyse >10.000 PJ 96-99% A}a et al Meta- Analyse >10.000 PJ 92% HPTN 052 Randomisierte Studie 1763 Paare 96% Del Romero et al BMJ 2010;340:c2205! Attia S et al AIDS 2009;23:1379-1404! Cohen MS et al CID 2010;15(50):85-95! Bunnell R et al AIDS 2006;20:85-92! Donnell D et al Lancet 2010;375:2092-98! Baggaley R et al Int J Epidem 2010;39(4):1048-63!

EKAF- Statement Restrisiko der Transmission unter folgenden Bedingungen vernachlässigbar klein: Die antiretrovirale Therapie (ART) wird durch den HIVpositiven Patienten eingehalten und durch den behandelnden Arzt kontrolliert Die Viruslast liegt seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze (d.h., die Virämie ist supprimiert) es bestehen keine Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern Vernazza P, Hirschel B, Bernasconi E, Flepp M. HIV-infizierte Menschen ohne andere STD sind unter wirksamer antiretroviraler Therapie sexuell nicht infektiös. Schweizerische Ärztezeitung 2008;89(5):165-169. Vernazza et al. Schweizerische Ärztezeitung 2008;89:165-69!

San Francisco: Effekt der ART? Mittlere CVL Mittlere Community Viral Load 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5000 0 Neudiagnosen 798 642 523 518 434 2004 2005 2006 2007 2008 1200 1000 800 600 400 200 0 HIV-Neudiagnosen Jahr Das-Douglas M, et al. CROI 2010. Abstract 33!

Übertragungsrisiko HIV Schwangerschaft ab 28. SSW Geburt Stillperiode 15-20% späte SS Risiko insgesamt: 20 40% 65-75% peripartal 25-35% Stillen

ART und Schwangerschau Class NRTIs NNRTIs PIs Entry inhibitors Integrase inhibitor FDA Category B C D ddi FTC TDF ETR NVP RPV ATV NFV RTV SQV ENF MVC ABC 3TC d4t ZDV DRV FPV IDV LPV TPV RGV EFV DHHS Perinatal Guidelines, September 2011!

Pa&ent C.W. 34jähriger MSM ED HIV vor 5 Jahren, seit 3 Jahren ART: TDF/ FTC + DRV/r VL immer unter Nachweisgrenze, Helferzellen stabil >500/µl, fühlt sich gut Opera&on Leistenhernie geplant Anästhesist empfiehlt wegen poten&ellen Wechselwirkungen Pause der ART

Pa&ent C.W. Pa&ent entwickelt 14 Tage nach Absetzen starken Ikterus, Oberbauchschmerzen, Müdigkeit, starkes Krankheitsgefühl Labor: GOT 899 U/l, GPT 1298 U/l, y- GT 932 U/l, Bili 5,2 mg/dl, CHE 4200 U/l HIV- VL 106 Kopien/ml, CD4 680/µl

Frage 8 Welche Ursache vermuten Sie? 1) Hepatotoxizität des HI- Virus 2) Frische Hepa&&s C Infek&on 3) Reak&vierung einer hepa&schen Toxoplasmose 4) Flare einer chronischen Hepa&&s B 5) Partydrogen

HIV/HBV- Koinfek&on Tenofovir hat robuste An&- HBV- Ak&vität Cave Flare beim Absetzen, poten&ell bedrohlich 3TC/Lamivudin: Resistenzentwicklung 40% nach 2 Jahren, 90% nach 4 Jahren: Einsatz nur in Kombina&on mit anderen HBV- Medikamenten Entecavir: weist auch an&- HIV - Wirkung auf: Muta&onsentstehung beobachtet (M184V), Einsatz nur in Kombina&on mit vollwer&ger ART

Hep C Koinfek&on 1/3 aller europäischen HIV+ Pat. haben Koinfek&on 5 10% HBV- Koinfek&on

Pa&ent B.A. 48jähriger MSM Kürzlich beim Rou&ne Check- up posi&ver HIV und HCV- Screening- Test Niko&nabusus, häufig Alkoholgenuss Labor: HIV- Viruslast 80.400 cps/ml, CD4 400/µl (23%) HCV- Viruslast 1,2 Mio IU/ml, Genotyp 1a Leberwerte leicht erhöht, Lebersynthese o.p.b.

Pa&ent B.A. Körperlicher Untersuchungsbefund unauffällig Keine Hinweise auf chronische Lebererkrankung (kein Aszites o.ä.) Leberbiopsie: Inflamma&on Grad 2, Fibrose Grad 2 Hat Angst vor Start der Behandlung Hep C

Rapid Progression of Liver Disease in HIV/HCV-Coinfected Patients Prospective study of fibrosis progression in 61 coinfected patients 2 biopsies; median time between biopsies: 2.84 yrs > 25% of patients with mild fibrosis on initial biopsy had 2 stage progression in fibrosis score Patients (%) Change in Ishak Score From First to Second Biopsy in Pts With Mild Fibrosis ( F1) on First Biopsy 100 90 80 70 60 54 50 40 30 20 13 13 10 6 6 2 4 2 0-1 None 1 2 3 4 5 6 Sulkowski M, et al. CROI 2005. Abstract 121!

ARVs and HCV PIs Telaprevir ARVs That Can Be Used Boceprevir ARV [1,2] ARV [3,4] ATV/RTV EFV* TDF/FTC RAL [5] DRV/RTV FPV/RTV LPV/RTV * TVR dose to 1125 mg q8h Monitor for TDF toxicity RAL MVC NRTIs ARVs That Are Contraindicated/Not Recommended EFV RTV-boosted PIs [6] 1. Telaprevir [package insert]. 2011. 2. Sulkowski M, et al. CROI 2011. Abstract 146LB. 3 Boceprevir [package insert]. 2011.4. Sulkowski M, et al. IDSA 2011. Abstract LB-37. 5. Van Heeswijk R, et al. ICAAC 2011. Abstract A-1738a. 6. Dear HCP letter 3 Feb 2012.!

SVR12 Rates With TVR or BOC + PR vs PR Alone in HIV/HCV Coinfection Patients With SVR12 (%) 100 80 60 40 20 0 71 5/7 69 11/ 16 80 TVR + PR No ART EFV-based ART ATV-based ART 33 50 50 12/ 15 2/6 4/8 4/8 Placebo + PR 100 80 60 40 20 0 61 27 37/61 9/34 BOC + PR Placebo + PR Rebound in HIV-1 RNA not observed in any patient HIV-1 RNA breakthrough observed in 7 patients Dieterich DT, et al. CROI 2012. Abstract 46! Sulkowski MS, et al. CROI 2012. Abstract 47!

Zusammenfassung Nebenwirkungen, Komedika&onen, Komorbiditäten, Resistenzen und die lebenslange Notwendigkeit einer hohen Adhärenz machen den Einsatz einer ART hochkomplex Die Behandlung erfordert eine kon&nierliche Weiterbildung des Arztes Die posi&ven Effekte der ART auf Lebenserwartung und qualität und Transmissionsrisiko haben das klinische Bild von HIV nachhal&g verändert