Das Pendel schwingt Die Therapie der HIV-Infektion Wann starten? Wie spät ist vertretbar? Dr. med. H.W. Busch
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- Hetty Sophie Geier
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1 Das Pendel schwingt Die Therapie der HIV-Infektion Wann starten? Wie spät ist vertretbar? Dr. med. H.W. Busch Centrum für interdisziplinäre Medizin Münster Schloß Wilkinghege Münster 2009
2 Wie vor vielen Jahren Mutationen gibt es immer wieder
3 Alles nur eine Frage des Zeitgeistes? Kaum bei einer anderen Erkrankung entwickelt sich die Therapie so schnell, kommen so schnell neue neue Substanzen zur klinischen Anwendung als bei der HIV-Infektion
4 Forderung Um einen höchst möglichen Behandlungsstandard zu gewährleisten (State-of-the-art), müssen die Therapie- Guidelines ständig angepasst (oder denglish: gereviewed) werden, damit sie in dem komplexen Entscheidungsprozess der Therapieplanung und Therapieentscheidung eine sinnvolle Entscheidungsgrundlage bieten zu können
5 Brauchen wir überhaupt Therapie-Guidelines? Für die Behandlung einer Erkrankung, die von einer fast immer tödlich verlaufenden, in eine über Jahrzehnte behandelbare Erkrankung überführt werden konnte, ist jede einzelne Therapieentscheidung von essentieller Bedeutung für das Überleben des Patienten Bei keiner anderen fast immer tödlich verlaufenden Erkrankung ist in den letzten Jahren ein vergleichbarer Therapieerfolg erreicht worden Jedem Patienten muss dieser Fortschritt zugänglich gemacht werden!
6 Ziel der HIV-State-of-the-art-Therapie 1 Die HIV-State-of-the-art-Therapie hat heute das erreichbare Ziel einer dauerhaften virologischen Effektivität, einer dauerhaften Aufrechterhaltung eines normalen Immunsystems und der Gewährleistung einer nahezu unbeeinträchtigten Lebensqualität des Patienten und dieses bei gleichzeitiger Minimierung der Toxizität der eingesetzten Substanzen und der Vermeidung von Resistenzen
7 Ziel der HIV-State-of-the-art-Therapie 2 Das primäre Ziel der HAART ist die Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens durch eine maximale Suppression der HIV-Replikation und die Erhaltung einer normalen Funktion des Immunsystems.
8 Die Uhr tickt Die Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der HIV-Therapie hat sich an diesen Zielen zu orientieren, um ein Erreichen dieses Zieles nicht zu gefährden
9 Menschliche Schwäche gegen Vernunft? Obwohl der Vorteil eines Beginns der ART bei CD4-Zell- Zahlen > 200µL bereits vor 2006 gut dokumentiert war, haben bisherige HIV-Therapie-Guidelines unter dem Eindruck der Toxizität und unter der Vorstellung Reserven für spätere Therapiekombinationen aufzusparen, diesen Benefit verdrängt (ignoriert?) Hammer et al. Treatment for adult HIV-infecton: 2006 recommendation of the IAS-USA panel. JAMA 2006; 296(7):
10 Neuer Konsenz oder die Angst, dem Patienten zu schaden? Heute zeichnet sich ein Konzens ab, der in der Nutzen/Risiko-Abwägung einen Vorteil für einen früheren Therapiebeginn sieht.
11 Begründung für die Spättherapie Substantial toxicity and inconvenience of early regimes dampened enthusiasm of starting therapy at higher CD4 cell counts
12 Pro HIV-Frühtherapie New regimes are potent, durable and less toxic Gallant JE et al: N. England Journal of Med. 2006; 354 (3)
13 Tatsachen Neue Daten zeigen den Anstieg von non-aids-diseases bei HIVinfizierten. Aufgrund der Datenlage sind diese Erkrankungen als eindeutige Zeichen der Progression der HIV-Erkrankung zu verstehen und einzustufen, auch wenn sie nicht zu den klassischen AIDS-definierenden Erkrankungen zählen u.a. Palella et al: Mortality in the HAART era; changing causes of death and disease in HIV outpatient study; J. Acquir. Immune Defic. Synd. 2006; 43(1); 27-34
14 Tatsachen 2 Klinische Studien und Beobachtungen in diversen Kohorten beweisen, dass eine unkontrollierte HI- Virusreplikation selbst bei hohen CD4-Zell-Zahlen und einer ungebremsten Immunaktivierung zum Auftreten von Erkrankungen führen, deren Entstehungsursache bis dato nicht der HIV-Infektion zugerechnet wurden. (nicht AIDS assoz. Tumore wie Lungen-, Anal-, ZNS-, Hals-Tumore Organschäden an Herz, Leber, Niere u.a.)
15 Tatsachen 3 Eine große Multikohortenanalyse der Überlebenszeit von HIV- Patienten mit CD4-Zell- Zahlen >350/µL und mehr ohne Therapie zeigte eine erhöhte Mortalität verglichen mit einer Vergleichspopulation nicht HIV-infizierter. L.R. Porter: Age and sex-specific death rates in ART-naive patients with CD4 count above 350/µL compaired with general population. CROI Boston 2008 Abstract 141
16 Tatsachen 4 Das Risiko an einer non-aids-disease zu erkranken, ist erhöht, wenn die CD4-Zell-Zahl über die Dauer eines Jahres hinaus unter die Grenze von 500 Zellen/µL abfällt. Bruyant M. et al. Immunodeficiency and risk AIDS-defining and non-aids-defining diseases and risk of AIDS-defining and non-aids-defining cancers; CROI Boston 2008; Abstr. 15
17 Tatsachen 5 ^ Es ist anzunehmen, dass nur die Verhinderung eines Abfalls der CD4-Zell-Zahl auf Werte unter 500/µL den HIV-infizierten Patienten eine normale Lebenserwartung ermöglicht wird, da hierdurch eine irreversible Schädigung des Immunsystems, einhergehend mit einer prolongierten Immunaktivierung verhindert werden kann Lewden C. et al: HIV-infected adults with CD4 cell count greater 500/µL on longterm combination antiretroviral therapy reach same mortality rates as the gen. population.; J. Acquir Immune Defic Syndr. 2007, 46(1): 72-77
18 Tatsachen 6 SMART Die verschiedenen Subanalysen zeigten, dass eine unkontrollierte Virusreplikation das Morbiditätsrisiko in allen CD4-Zell-Zahl-Subgruppen erhöhte, Es ist davon auszugehen, dass selbst bei CD4-Zell-Zahlen >350/µL ein HIV-RNA-Level von > 400 copies/ml eine Anstieg der Morbidität zur Folge hat. Lundgren JD et al: Strategies for Management of ART (SMART) Study Group. J. Infect Dis. 2008; 197 (8); Êl-Sadr et al.: N Engl J Med 2006; 355 (22);
19 Guideline Recommendations for Initiation of ART DHHS [1] IAS-USA [2] Symptomatic HIV disease Asymptomatic; CD4+ count < 350 cells/mm 3 Pregnant women HBV coinfection HIV-associated nephropathy Other considerations Older age Comorbidities CD4+ cell decline > 120 cells/mm³/year Serodiscordant relationships Symptomatic HIV disease Asymptomatic; CD4+ count < 350 cells/mm 3 HIV-1 RNA > 100,000 copies/ml CD4+ cell count decline > 100 cells/mm³/year HBV infection HCV infection Cardiovascular disease HIV-associated nephropathy Other considerations Mother-to-child transmission Serodiscordant relationships 1. DHHS guidelines. November 3, Available at: http
20 Comorbidities to Consider When Deciding When to Initiate HAART Cardiovascular disease Bone health Renal impairment HIV-associated nephropathy Hepatic dysfunction HCV/HBV coinfection Psychiatric disease
21 Conclusion Wer zu spät kommt, den bestraft das Virus! oder aber manchmal reicht der gesunde Menschenverstand?
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