Im Test: SCHUFA-freie Kredite



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Transkript:

Studie 2012 Im Test: SCHUFA-freie Kredite Zweite Untersuchung zur Verbreitung unseriöser Praktiken bei der Vermittlung von Verbraucherkrediten

Impressum Haftungsausschluss: Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion und Heraus geber keine Gewähr. Oktober 2012 Herausgeber: SCHUFA Holding AG Kormoranweg 5 65201 Wiesbaden Projektleitung: Thomas Modig Verantwortliche Redakteurin: Jacqueline Preußer F.A.Z.-Institut für Management-, Marktund Medieninformationen GmbH, Mainzer Landstraße 199 60326 Frankfurt am Main Gestaltung und Satz: Christine Lambert, F.A.Z.-Institut Lektorat: Vera Pfeiffer Druck und Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH, Alpenroder Straße 14, 65936 Frankfurt am Main Mit Ökofarben auf umweltfreundlichem Papier gedruckt. Diese Studie wurde klimaneutral hergestellt. Der CO 2 -Ausstoß wurde durch Klimaschutzprojekte neutralisiert.

Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung: Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung 4 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 6 von Christian Maltry Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen 6 Testpersonen werden persönlich ausgewählt... 8... sowie ausführlich geschult und betreut 8 Anbieter werden online ausgewählt 9 Anfragen werden nicht immer beantwortet 10 Bonitätsprüfungen trotz versprochener SCHUFA-freier Kredite 10 Hohe Vorabgebühren keine Leistung 11 Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten 12 Auslagenerstattung ist unseriös 13 Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung 14 Unsinnige Beteiligungen 16 Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck 17 Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten 18 Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit 20 Lukrativer Verkauf von Adressen 20 Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten 20 Stark verwobene Anbieterstrukturen 21 Schwer durchschaubare Netzwerke 21 Drohkulisse Inkasso 22 Fazit 23 Rechtsgutachten 24 von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann 1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden 24 2 Strafrechtliche Beurteilung 34 3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht 49 4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG) 51 5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht 51 6 Fazit 57

4 Zusammenfassung Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung Zum zweiten Mal nach 2007 hat die SCHUFA eine Studie in Auftrag gegeben, um den Markt der SCHUFA-freien Kredite zu analysieren. SCHUFA-freie Kredite, also Kredite ohne Bonitätsprüfung, werden heute vor allem im Internet angeboten. Testpersonen unternahmen den Versuch, ein SCHUFA-freies Darlehen zu erhalten. SCHUFA-freie Kredite unseriöse Angebote überwiegen SCHUFA-freie Kredite kommen nicht zustande Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung den gewünschten SCHUFA-freien Kredit tatsächlich zu erhalten, ist verschwindend gering: Trotz 177 Testkontakten mit den verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen. Die Erfolgsquote der Anfragen liegt damit gerade einmal bei 1%. Betrachtet man die Angebote, die den Studienteilnehmern unterbreitet wurden, steht fest: Personen, die einen SCHUFA-freien Kredit suchen, treffen in mehr als acht von zehn Fällen auf einen unseriösen, gegebenenfalls sogar im Grenzbereich zur Kriminalität arbeitenden Anbieter. Einer der gewährten Kredite kommt auf einen effektiven Jahreszins von 25,5%. Beide Kredite beinhalten verschiedenen Nebenkosten, von denen die Kreditvermittlung abhängig gemacht wird. Damit ist zu vermuten, dass die Kredite sittenwidrig sind. Unseriöse Angebote erkennt man daran, dass... 177 Testanfragen ergaben zwei Kredite Vorabgebühren erhoben werden, Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt werden, unsinnige Versicherungen vertrieben werden, (gefährliche) Beteiligungen veräußert werden, sinnlose Beratungsverträge verkauft werden, geltend gemachte Auslagen nicht nachgewiesen werden, teure Beratungshotlines genutzt werden müssen, unnötige, aber teure Hausbesuche gemacht werden, Kreditsuchende mit Finanzsanierungsangeboten getäuscht werden, Überschuldeten Insolvenzberatung durch hierzu nicht befugte Anbieter versprochen wird. Legt man diese Kriterienliste zugrunde, dann sind die Testpersonen bei 42 von 50 Firmen und damit in 84% der Fälle auf Anbieter getroffen, deren Vorgehen unseriös ist.

Zusammenfassung 5 Kreditsuchende werden über tatsächliche Vermittlungschancen getäuscht und abkassiert Die Problematik, dass in großem Umfang unzulässige Nebenentgelte kassiert werden, die beworbenen Kredite aber fast nie vermittelt werden, ist gegenüber der Studie 2007 unverändert geblieben. Nach wie vor täuschen die unseriösen Anbieter die Anfragenden über ihre tatsächlichen Vermittlungschancen. Mit Antragsannahmen, positiven Vorprüfungen und ähnlichen Formulierungen erwecken sie den Eindruck einer demnächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die Kreditsuchenden zum Abschluss diverser Verträge zu verleiten. Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine tatsächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahmefall dar. Statt Kredit: teures Finanzsanierungsangebot Auffällig ist der gegenüber 2007 deutlich größere Anteil an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen. Während 2007 nur 6 von 49 Firmen (12%) derartige Angebote darlegten, sind es jetzt 18 von 50 Firmen (36%). Durchschnittlich sollen dafür Vermittlungsgebühren in Höhe von 400 1 gezahlt werden. Hinsichtlich der Finanzsanierungsangebote existiert seit Jahren eine gefestigte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die die Branche offensichtlich nicht an ihren Aktivitäten hindert. Im Gegenteil: Waren viele Anbieter im Nachgang zu einer vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilung eines Finanzsanierungsvermittlers bisher aus dem Ausland aktiv, so steigt die Zahl der in Deutschland ansässigen Firmen wieder. Ordnungsrechtliches Instrumentarium wird nicht genutzt Ordnungsrechtlich benötigt ein Kreditvermittlungsgewerbe eine Erlaubnis nach 34c GewO. Diese wird nur bei Zuverlässigkeit erteilt und kann unter anderem auch dann wieder entzogen werden, wenn der Vermittler gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt. Darüber hinaus hat die Ordnungsbehörde die Möglichkeit, Buß gelder bis zur Höhe von 5.000 1 zu verhängen. Hier ist eine große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis festzustellen. Obwohl ein breites ordnungsrechtliches Instrumentarium zu Verfügung steht, wird dieses offenbar nicht genutzt. Trotz der großen kriminellen Energie, mit der manche Vermittler operieren, sind in den vergangenen fünf Jahren keine Fälle bekannt geworden, in denen Ordnungsbehörden entsprechende Maßnahmen getroffen haben. Kreditvermittlungsbetrug kann strafrechtlich verfolgt werden Strafrechtlich sind die Geschäftspraktiken unseriöser Kreditvermittler vor allem unter dem Gesichtspunkt des Betrugs zu betrachten. Ein Betrug liegt nicht nur dann vor, wenn der Anbieter schon von vornherein weiß, dass er gar keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung vermitteln kann. Ein Betrug ist auch dann anzunehmen, wenn der Vermittler über die Berechtigung der von ihm geforderten Zahlungen täuscht, er also zum Beispiel Vorabgebühren erhebt oder die Auslagen nicht einzeln aufführt. In den vergangenen Jahren gab es zwar einige wenige Strafverfahren, eine Verurteilung mit Freiheitsstrafe gegen den vorbestraften Haupttäter soweit ersichtlich aber nur in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart. Betrügerische Kreditvermittler können sich offenbar nach wie vor ungehindert an in wirtschaftliche Not geratenen und damit für jegliche Kreditangebote besonders empfänglichen Verbrauchern bereichern.

6 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Kreative Praktiken unseriöser Anbieter von Christian Maltry Zum zweiten Mal nach 2007 wurde der Markt der SCHUFA-freien Kredite durch Testanfragen kreditunwürdiger bzw. überschuldeter Personen analysiert. Testpersonen, deren wirtschaftliches und soziales Profil nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen und Strafverfolgungsbehörden den typischen Nachfragegruppen entsprach, sollten den Versuch unternehmen, unter wahrheitsgemäßer Angabe der eigenen wirtschaftlichen Situation ein SCHUFA-freies Darlehen zu erhalten. Während des Projektzeitraumes von Februar bis Mitte April 2012 stellten die Testpersonen jeweils mehrere Anfragen nach Krediten ohne Bonitätsprüfung an eine Reihe von Anbietern und dokumentierten die Abläufe der Kreditanfragen. Das Studiendesign entspricht weitestgehend 1 der Vorläuferstudie, so dass die Ergebnisse vergleichbar sind. Selbstverständlich kann die Studie nicht den Anspruch der Repräsentativität erheben, hierzu wäre beispielsweise eine größere Zahl von Probanden für die Testanfragen notwendig gewesen. Dennoch sind die Ergebnisse geeignet, Methoden der Anbieter und insbesondere auch die Entwicklungen im Markt zu beschreiben. Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen Potentielle Nachfrager nach SCHUFA-freien Krediten lassen sich, nach den Erfahrungen der Strafverfolgungsbehörden und der Schuldnerberatungsstellen, grob in drei Gruppen einteilen. Vereinfacht lassen sich diese Gruppen wie folgt beschreiben: Gruppe A Arbeitslose unterhalb der Pfändungsfreigrenze Die Gruppe besteht vornehmlich aus ALG-II-Empfängern, Arbeitnehmern (teilweise mit geringer formaler Qualifikation), die unter die Working Poor zu rechnen sind, und/ oder Alleinerziehenden. Das Einkommen liegt regelmäßig unterhalb der Pfändungsfreigrenzen. Die vorhandenen Vorschulden sind in absoluten Beträgen nicht übermäßig hoch, dennoch lässt das niedrige Einkommen keine Tilgung zu. Diese Gruppe sucht in der Regel nach einem Kleindarlehen, mit dem eine aktuelle Notsituation (Mietrückstand, Energie- oder Kontosperre) überwunden werden kann bzw. soll. Teilweise wird auch nach einer Kreditzusammenfassung gesucht, um bestehende Verpflichtungen mit geringerer Ratenbelastung bedienen zu können. Gruppe B Überschuldete mit Einkommen um die Pfändungsfreigrenzen und bestehenden Vorkrediten Diese Personengruppe hat vielfach Schulden in erheblicher Höhe. Teile der Verbindlichkeiten sind bereits tituliert, oftmals wurde die eidesstattliche Versicherung bereits abgegeben. In aller Regel sind diese Überschuldeten immer noch bemüht, die Verbindlichkeiten zu bedienen und leisten Ratenzahlungen, teils sogar in existenzgefährdender Höhe, obwohl oftmals ein (Verbraucher-)Insolvenzverfahren sinnvoller wäre. Trotz dieser Zahlungen ist es aber bedingt durch Gläubigeranzahl, kostentreibende Weiterungen der Gläubiger u.a.m. nur selten möglich, tatsächlich auch Tilgungseffekte zu erzielen. Die Gruppe sucht oftmals nach einem Kredit zur Zusammenfassung sämtlicher Verbindlichkeiten ( nur noch eine Rate ), um die Verbindlichkeiten neu zu ordnen und so dem Gläubigerdruck zu entkommen. Die Kreditgeschichte, ggf. vorhandene Negativmerkmale und/oder die Diskrepanz zwischen Leistungsfähigkeit und Kreditbedarf, führt dazu, dass Kreditanfragen bei der Hausbank abgelehnt werden. Ein Darlehen über SCHUFA-freie Anbieter erscheint deshalb geeignet, die gewünschte Entlastung zu realisieren. 1 Abweichungen ergaben sich im Wesentlichen nur in der Form der Auswahl der Anbieter.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 7 Gruppe C Selbständige Kleingewerbetreibende Existenzgründer oder Gewerbetreibende/Freiberufler mit Bonitätsschwierigkeiten sind Angehörige dieser Gruppe. Die Selbständigkeit wird in der Regel in der Rechtsform einer Einzelfirma betrieben. Eine aktuelle und geordnete Buchführung liegt vielfach nicht vor. Das gesuchte Darlehen wird für eine geplante Investition (Pkw, Maschine), den Wareneinkauf oder zum Ausgleich eines eigenen Forderungsausfalls benötigt. Die Hausbank hat eine Kreditgewährung mit Hinweis auf frühere Zahlungsschwierigkeiten oder eine negative SCHUFA Auskunft verweigert. Teilweise ist Immobilienvermögen vorhanden, das allerdings bereits mit Grundschulden belastet ist. Der Kapitalbedarf liegt oftmals deutlich im sechsstelligen Bereich. Den Gruppen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen in einer als erheblich belastend empfundenen Situation befinden, die eine kritische Wertung der Angebote zumindest erschwert. Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Dokumentation der Suche nach einem SCHUFA-freien Kredit erschien die Verwendung fiktiver Anfragen nicht geeignet, da in deren Verlauf von den Kreditsuchenden regelmäßig Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse verlangt werden. Kreditanfragen hätten somit bei Verwendung fiktiver Identitäten vorzeitig abgebrochen werden müssen, da die entsprechenden Unterlagen nicht existierten, Negativmerkmale in Bonitätsdatenbanken nicht vorhanden, ein Hausbesuch nicht möglich gewesen wäre etc. Aussagekräftige Informationen über den Gesamtablauf einer Kreditanfrage waren demnach nur zu erwarten, wenn die Anfragen auch von tatsächlich existierenden Personen gestellt wurden. Im Interesse einer möglichst umfassenden Exploration des Markts wäre es sinnvoll gewesen, die Testanfragen durch Testpersonen durchführen zu lassen, die den vorstehend geschilderten Nachfragegruppen entsprechen. Zu berücksichtigen war allerdings auch, dass die Sicherheit der Testpersonen in keinem denkbaren Fall gefährdet werden durfte. Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die Angebote und das Vorgehen unseriöser Anbieter hinsichtlich der Testgruppen A und B kaum. Es wird regelmäßig behauptet, auch bei ungünstigsten Voraussetzungen noch den gewünschten Kredit vermitteln zu können, da man mit Banken/privaten Finanzierern zusammenarbeite, welche keine Bonitätsprüfung durchführten. Tatsächlich wird allerdings versucht, obwohl eine Kreditvermittlung erkennbar nicht möglich sein wird, Vorabgebühren zu kassieren, zusätzliche Finanzdienstleistungen (Versicherungen, Bausparverträge u.a.m.) als angebliche Bonitätsverbesserung zu verkaufen, Anrufe bei kostenpflichtigen Telefonmehrwertdiensten zu provozieren etc. Die unseriösen Anbieter bemühen sich zwar sehr um ein scheinlegales Vorgehen, arbeiten aber tatsächlich mit vorsätzlicher Täuschung der Kreditsuchenden bis hin zum Betrug. Mögliche Risiken für die Testpersonen bestanden in einer solchen Testumgebung nur 2 im wirtschaftlichen Bereich, nämlich durch die im Zuge der vorgeblichen Kreditvermittlung abzuschließenden Finanzdienstleistungsverträge, Vorabgebühren etc. und die daraus resultierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Testpersonen wurden daher vertraglich von den wirtschaftlichen Risiken freigestellt, die sich durch die Testkreditanfragen ergeben konnten. Die vorstehend beschriebenen Praktiken werden selbstverständlich auch bei der Nachfragegruppe der Selbständigen/Freiberufler angewendet. Darüber hinaus werden aber, teilweise auch aus dem Ausland, weitere Angebotsvarianten beworben. Auch hier ist eine tatsächliche Kreditvermittlung i.d.r. nicht beabsichtigt, sondern es geht einzig darum, Vorabgebühren zu kassieren. Typische Angebote sind Kredite angeblicher Privatinvestoren aus dem Ausland (für die vorab Notar- und Übersetzungsgebühren fällig werden), Kick-back-Darlehen ( Bargeld durch Immobilienkauf 3 ), aber auch Varianten der Depositendarlehen (Kredite, bei denen die Rückzahlung durch eine vorab zu erbringende Einlage, Deposit, erfolgen 2 Im Einzelfall überstiegen die Haftungsrisiken der angebotenen Beteiligungen den gewünschten Kreditbetrag allerdings deutlich. 3 Der Kreditsuchende erwirbt, ggf. mit gefälschten Unterlagen zur Bonität, ohne Eigenkapital Wohneigentum. Der Kauf erfolgt zum überhöhten Preis, der zusätzlich noch einen Aufschlag enthält, der an den Kreditsuchenden ausgezahlt werden soll. Soweit der Kreditsuchende an Täuschungshandlungen gegenüber der finanzierenden Bank beteiligt ist, macht auch er sich strafbar. Ein entsprechender Vorschlag wurde einem Probanden telefonisch unterbreitet.

8 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter soll 4 ). Teilweise wird versucht, die Vorauszahlungen mit Hilfe sogenannter Rip-Deals 5 zu erlangen. Eine Gefährdung der Testpersonen in diesem Szenario konnte nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, da Rip-Deals zwar meist als Trickbetrugsvariante abgewickelt, teilweise aber auch als Raub durchgeführt werden. Entsprechend musste auf ein Testszenario, das auch solche Angebote untersuchen könnte, verzichtet werden. Die Beschränkung auf die Testszenarien A und B deckte den Massenmarkt des Geschäftes mit SCHUFA-freien Krediten ab und stellte zudem sicher, dass eine Gefährdung der Testpersonen ausgeschlossen werden konnte. Gleichzeitig sind die über die Testanfragen gewonnenen Ergebnisse auch aussagekräftig, da sie auf realen wirtschaftlichen Verhältnissen der Testpersonen beruhen. Testpersonen werden persönlich ausgewählt... Die Anwerbung von Testpersonen in Form eines öffentlichen Aufrufs schied bereits im Hinblick auf die notwendige Vertraulichkeit der Studie aus. Darüber hinaus wäre die Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Testpersonen nur schwer einzuschätzen gewesen. Ausgewählte Schuldnerberatungsstellen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Nordbayern und Stuttgart wurden, um den Kreis der über die Studie informierten Personen überschaubar zu halten, gebeten, unter der Klientel nach Personen zu suchen, die zum einen die Vorgaben der Testszenarien abdeckten, zum anderen die persönlichen Voraussetzungen für eine Teilnahme sicherstellten. Die auszuwählenden Testpersonen mussten in der Lage sein, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beantragung des SCHUFA-freien Kredites sorgfältig zu dokumentieren. Zwar wurden die zu dokumentierenden Daten, soweit möglich, in standardisierter Form erfragt, so dass der Aufwand für die Testpersonen möglichst gering gehalten werden konnte. Dennoch setzte die Dokumentation sowohl eine gewisse Schriftfertigkeit als auch die Zuverlässigkeit der Teilnehmer voraus. Im Hinblick auf die abzuschließenden (Vermittlungs-)Verträge und die im Projektverlauf an die Probanden gestellten finanziellen Forderungen waren sowohl eine gewisse Stabilität als auch ein Vertrauensverhältnis zur Projektbetreuung unverzichtbar. Die Einbindung der Beratungsstellen und deren Befürwortung des Projektes waren insoweit notwendig. Ausgewählt wurden 22 Testpersonen.... sowie ausführlich geschult und betreut Alle von den Schuldnerberatungsstellen benannten Kandidaten für eine Projektteilnahme wurden im Vorfeld zu einer ausführlichen Schulung (im Zeitumfang von ca. drei Stunden) eingeladen. Gegenstand war zunächst eine Einführung in die Problematik der Kreditvermittlung und insbesondere der Vermittlung SCHUFA-freier Kreditangebote. Die Teilnehmer wurden des Weiteren mit dem grundsätzlichen Projektaufbau und insbesondere dem Baustein Testanfragen vertraut gemacht. Darüber hinaus wurden die vertraglichen Bedingungen der Projektteilnahme erläutert. Weiter wurden die Notwendigkeit einer umfassenden Dokumentation vermittelt und die hierfür vorbereiteten Formulare und Hilfsmittel vorgestellt. Breiten Raum nahm die Darstellung der potentiellen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken sowie der entsprechenden Haftungsfreistellung durch den Auftraggeber der Studie ein. Explizit wurde dabei der idealtypische Ablauf einer SCHUFA-freien Kreditvermittlung, entsprechend der Ergebnisse der Studie aus 2007 im Sinne eines Worst-Case-Szenarios dargestellt. Eine ausführliche Erläuterung über die Rechtsgrundlagen und Widerrufsmöglichkeiten der im Zusammenhang mit einer Kreditanfrage möglicherweise abzuschließenden Verträge (und selbstverständlich auch der Verträge, die die Testpersonen nicht abschließen sollten) beendete den allgemeinen Schulungsteil. 4 Das Deposit soll angeblich in hochrentierlicher Form angelegt werden, so dass eine vergleichsweise kleine Anlage über Hebeleffekte die Tilgungs- und Zinszahlungen des Kredites abdecken soll. 5 Nach polizeilicher Definition (BKA: Jahresbericht Wirtschaftskriminalität 2002) blitzartiger Betrug, Diebstahl oder Raub. Zum Kontakt kommt es in der Regel aufgrund beabsichtigter Immobilien-, Devisengeschäfte oder Kreditaufnahmen. Kreditsuchende werden Kreditvermittlungsbemühungen vorgespielt. Die Täter täuschen dem Opfer dabei eine erfolgreiche Vertragsanbahnung vor, deren Umsetzung nur noch von einer Vorauszahlung abhängig sei. Diese Vorauszahlung soll, vielfach im Ausland, in bar übergeben werden. Anlässlich der Übergabe sichern sich die Täter die Vorauszahlung.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 9 Mit den Testpersonen, die sich für eine Teilnahme am Projekt entschieden, wurde jeweils eine individuelle Musterselbstauskunft erstellt, die sich an den von den Anbietern verwendeten Formularen orientierte und deren typische Fragestellungen beinhaltete. Die Selbstauskunft diente als Vorlage für sämtliche Kreditanfragen, fasste die wirtschaftliche Situation des Probanden wahrheitsgemäß zusammen und umfasste auch den Kreditwunsch für die Testanfrage. Kreditwünsche entsprachen der durch die Testszenarien vorgegebenen Legende (Anschaffung, Abdeckung einer Notsituation, Kreditzusammenfassung) und der individuellen wirtschaftlichen Situation. Allen Probanden wurde eine schriftliche Ausarbeitung der Schulungsinhalte zu Verfügung gestellt. Diese beinhaltete, neben den grundlegenden Informationen zu Thema und Ablauf, auch eine Reihe von vorbereiteten Musterschreiben zum Widerruf von abgeschlossenen Finanzdienstleistungsverträgen. Während der Laufzeit der Studie stand den Probanden ein fester, für alle Fragen hinsichtlich der Abwicklung der Testanfragen kurzfristig erreichbarer Ansprechpartner zur Verfügung. Die Betreuung traf auch die Entscheidung, welche, gegebenenfalls kostenbelasteten, Verpflichtungen die Probanden im Zuge der Anfragen eingehen sollten bzw. an welchem Punkt die Abfragen abzubrechen waren. Rechtliche Fragen und Probleme, die nicht bereits mit dem Betreuer geklärt werden konnten, wurden im Rahmen der juristischen Beratung durch Herrn Prof. Dr. Grote und externe Rechtsberater geklärt. Externe Beratung umfasste auch die rechtliche Unterstützung im Hinblick auf die Abwehr/Verfolgung von Ansprüchen aus der ordnungsgemäßen Abwicklung der Testanfragen. Die Kosten der Rechtsverfolgung und Forderungsabwehr wurden vom Auftraggeber der Studie übernommen. Auch über das Ende des Projektzeitraumes hinaus steht die rechtliche Unterstützung und Betreuung zur Verfügung, da angebliche Ansprüche der Kreditvermittler bzw. Anbieter auch noch lange im Nachgang geltend gemacht werden könnten. Anbieter werden online ausgewählt Mit der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung in Deutschland hat sich auch die Werbestrategie der Anbieter von SCHUFA-freien Krediten verändert. Werbung in Printmedien hat entsprechend einen geringeren Umfang als noch bei der Studie 2007 feststellbar. Die Auswahl der Anbieter, bei denen die Anfragen nach einem SCHUFAfreien Kredit gestellt werden sollten, beruhte entsprechend auf online verfügbaren Quellen. Die den Probanden als anzufragend vorgegebenen Anbieter wurden einer Suche mit der Suchmaschine Google vom 01.11.2011 entnommen. Als Suchbegriffe wurden Kredit und ohne SCHUFA verwendet. Zur Auswahl wurden die ersten 300 Treffer (von ca. 2,9 Millionen) und die auf den Trefferseiten eingeblendete Werbung um Mehrfachtreffer, redaktionelle Beiträge zum Thema, Verweise auf andere Suchmaschinen, Portale (Verweise auf mehrere Anbieter) 6 und tote Links bereinigt. Nach der Bereinigung verblieben 52 Anbieter. Im Zuge der Anfragen kam es zu Testkontakten mit weiteren sieben Firmen über die Zufallsanfragen der Probanden sowie 19 Firmen durch die Weiterleitung von Testanfragen über die Kreditvermittler. Die Mehrzahl der Firmen (62) hatte den Firmensitz in Deutschland, ein Teil der Anbieter residierte zumindest formal im Ausland, überwiegend in Österreich und der Schweiz. Jeweils sechs Anbieter aus der Vorauswahl wurden den Testpersonen vorgegeben. Zusätzlich sollten die Probanden, nach eigener Entscheidung, zwei weitere Anbieter auswählen und anfragen. Einzige Vorgabe für die selbstgewählten Anbieter war, dass diese Kredite ohne SCHUFA anbieten sollten. Die Studie bildet insoweit, nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen, die Realität ab, da Kreditsuchende oftmals bei verschiedenen Anbietern versuchen, einen Kredit zu erhalten. Üblicherweise verteilen sich diese Mehrfachanfragen allerdings über einen längeren Zeitraum als in der Studie realisierbar. 6 Hierzu wurden auch Seiten von Partnerprogrammen (Affialiatemarketing) gerechnet.

10 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Anfragen werden nicht immer beantwortet Die Mehrzahl der Kreditvermittler stellt in ihrem Internetauftritt Formulare zur Verfügung, in denen bereits die wichtigsten Daten zur Person, dem Einkommen und Kreditwunsch abgefragt werden. Die Testanfragen wurden, aus Dokumentationsgründen, überwiegend über diese Internetauftritte gestartet. Alternativ wurden Anfragen per E-Mail an die Vermittler gesandt. Soweit dies nicht möglich war, wurde telefonisch Kontakt mit den Anbietern aufgenommen. Per E-Mail bzw. Telefon wurde auch versucht, mit den Anbietern in Verbindung zu treten, wenn technische Probleme mit den Kontaktformularen auftraten, was erstaunlich häufig der Fall war. So waren Kreditanfragen bei neun der vorausgewählten Firmen, trotz während der Projektphase geschalteter Werbung, nicht möglich, da die entsprechenden Anfrageseiten Fehlermeldungen lieferten oder gar nicht erreichbar waren. Insgesamt verblieben daher 50 Firmen, die von den Probanden angefragt wurden. Ein erheblicher Anteil der Firmen (18 Anbieter, d.h. 36%) beantwortete die Internetanfragen nicht, sieht man von den in einigen Fällen durch automatische Mailsysteme erzeugten Eingangsbestätigungen ab. Weitere sieben Firmen (14%) reagierten zwar ebenfalls nicht, reichten die Anfragen aber nachvollziehbar an andere Vermittlungsunternehmen weiter, oder teilten mit, die Kreditanfrage sei an einen weiteren, teils namentlich genannten, Kreditvermittler weitergeleitet worden. Es ist zwar zu vermuten, dass zumindest ein Teil der nicht reagierenden Firmen die gewonnenen Daten der Kreditsuchenden ebenfalls weiterleitete, Belege hierfür konnten aus den verfügbaren Daten aber nicht gewonnen werden. Nicht alle angefragten Anbieter reagieren (Reaktionen der angefragten Kreditvermittler; in %) nehmen mit Kreditsuchenden Kontakt auf n=50 Quelle: SCHUFA. 50 14 36 keine Reaktion reichen Anfrage weiter Die verbleibenden 25 Firmen übermittelten kurz nach der Anfrage eine Nachricht, meist ebenfalls zunächst als E-Mail, in der sie mitteilten, die Anfrage sei eingegangen oder gar der Antrag sei genehmigt. Die Bestätigung verwies auf die Übersendung von Unterlagen oder beinhaltete ein Selbstauskunftsformular zur Unterschrift. Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers voraus, dass eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung mit dem kreditsuchenden Verbraucher getroffen wird. Die auf den Internetseiten der Anbieter ausgefüllten Selbstauskünfte sind nicht geeignet, die Schriftform zu ersetzen, so dass eine Kontaktaufnahme zunächst auch zu erwarten war. Darüber hinaus ist der Vermittler verpflichtet, den Kreditnehmer umfangreich über Einzelheiten des Kreditvermittlungsvertrags zu unterrichten. Es wäre daher naheliegend, dass die antwortenden Firmen entsprechende Informationen übersandt hätten. Alleine im Hinblick auf den Vergütungsanspruch wäre eine Übersendung von Vermittlungsverträgen, die zumindest Provisionsregelungen für die erfolgreiche Kreditvermittlung enthalten, zu erwarten gewesen. Tatsächlich verwendeten aber nur sechs der Firmen ein Formular, in dem auch der Vergütungsanspruch des Vermittlers geregelt war, die vorgeschriebenen Informationspflichten wurden in keinem Fall erfüllt. Bonitätsprüfungen trotz versprochener SCHUFA-freier Kredite Die zentrale Werbebotschaft der Anbieter SCHUFAfreier Kredite lautet, dass eine Kreditvergabe auch dann möglich sei, wenn der Kreditsuchende Negativmerkmale in seiner SCHUFA Auskunft habe. Die Werbebotschaft setzt bei der Erfahrung an, dass Kreditwünsche der potentiellen Kunden bereits abgelehnt wurden. Vielfach wird diese Ablehnung mit dem Verweis auf eine schlechte SCHUFA verbunden. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob etwaige Negativmerkmale tatsächlich auch ausschlaggebend für die Ablehnung des Kreditwunsches waren oder ob dieser aufgrund anderer Faktoren, etwa einer bankinternen Bonitätsprüfung, scheiterte. An dieser Erfahrung jedenfalls setzt die Werbung an, indem sie den Eindruck erweckt, dass Bonitätsüberlegungen bei der

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 11 Werbelüge SCHUFA-frei (Anteil der angefragten Kreditvermittler, die eine Klausel zur Bonitätsprüfung in ihren AGBs haben; in %) Unter Berücksichtigung der Finanzsanierungsangebote, für die eine Bonitätsauskunft irrelevant ist, und der Firmen, die ihre Rolle auf die Weiterleitung von Kreditanfragen an andere verbundene Unternehmen beschränken, wird von mehr als der Hälfte der Anbieter die Möglichkeit einer SCHUFA-Anfrage vereinbart. n=50 Quelle: SCHUFA. Kreditvergabe/-vermittlung keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielten, denn da der Anbieter über Kontakte zu einer Vielzahl von in- und ausländischen Kreditgebern verfügt, kann ein Privatkredit auch in schwierigen Situationen in der Regel zeitnah realisiert werden. Teilweise wird sogar explizit erklärt: Es erfolgt keine Bonitätsprüfung. Alle Anfragen der Testpersonen waren ausdrücklich auf SCHUFA-freie Angebote gerichtet. Dennoch fanden sich in den Onlineformularen bzw. Vermittlungsaufträgen bei 33 Firmen (66%) Klauseln, die den jeweiligen Kreditvermittler bzw. die anzufragende Bank ermächtigten, Auskünfte einzuholen. In der Regel handelte es sich dabei um förmliche SCHUFA-Klauseln, teilweise wurden auch allgemeinere Formulierungen zur Bonitätsprüfung verwendet. Dies ist letztlich auch zwingend, denn aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen, aber natürlich auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben 7, kann es selbstverständlich keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung geben. Die Verwendung von SCHUFA-Klauseln steht aber in deutlichem Widerspruch zur beabsichtigten Werbebotschaft, ein Umstand, der von den Kreditvermittlungen kaum thematisiert wird. Drei Kreditvermittler erläuterten dazu, eher verwirrend, dass sie falls die Vermittlung eines SCHUFA-freien Kredites nicht möglich sei als zweite Möglichkeit prüften, welches Darlehen mit SCHUFA angeboten werden kann. Sollte die erste Prüfung die Aussicht auf ein verbessertes Angebot mit SCHUFA ergeben, kann auch in umgekehrter Reihenfolge agiert werden. 66 Bonitätsprüfung in AGBs Im Widerspruch zu den Werbeversprechungen lösten die Kreditanfragen auch tatsächliche SCHUFA-Anfragen aus. Drei Testpersonen fanden bislang entsprechende Einträge in ihrer Selbstauskunft. Diese Anfragen erfolgen über diverse Teilzahlungskreditinstitute, nicht über die Kreditvermittler. Entsprechend war es leider nicht möglich, die Anfragen einer bestimmten Kreditanfrage und damit einem konkreten Kreditvermittler zuzuordnen. Die festgestellten Einträge waren nicht als Konditionenabfrage bezeichnet, sondern als Kreditanfrage mithin also für die Scoreberechnung relevant. Damit lässt sich feststellen, dass Anfragen nach SCHUFA-freien Krediten entgegen der Vorstellung der Kreditsuchenden selbstverständlich doch mit einer Überprüfung der persönlichen Bonität mit Hilfe von Auskunfteien verbunden sind. Diese erfolgt durch die letztlich angefragten Kreditgeber und nicht durch die Kreditvermittler selbst. Hohe Vorabgebühren keine Leistung Vorabbearbeitungsgebühren wurden (ohne Berücksichtigung der Anbieter von Finanzsanierungsvermittlungen und Versendern von Nachnahmen, hierzu siehe unten) von drei Vermittlern veranlagt. Ein Anbieter versprach gegen einen Betrag von 99,95 1 die Vermittlung zu privaten und gewerblichen Darlehensgebern aus dem deutschsprachigen Raum, Luxemburg und den USA. Nach dem Ausfüllen einer umfangreichen Selbstauskunft und Zahlung der Gebühren über einen Anbieter von Internetbezahlsystemen wurde der Zugang zu einem geschützten Bereich des Internetauftritts freigeschaltet. 7 509 BGB, eingeführt mit der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie der EU, verpflichtet dazu, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten, was auch mit Hilfe der Bonitätsinformationen von Auskunfteien erfolgen kann.

12 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Dieser Bereich ermöglichte zunächst den Zugriff auf angebliche Topreporte zu den Themen Kauf von Doktortiteln, selbständig machen als Finanzmakler, Geld ohne Auskunft (bestehend aus einer Anschriftensammlung von Kreditvermittlern und Banken, Stand 2003) und ähnlichen Schriftstücken. Darüber hinaus wurde ein Link zu einem (nicht funktionsfähigen) Peer-to-Peer-Kreditportal (ohne Impressum) angeboten. Weiter bestand die Möglichkeit einer sogenannten erweiterten Kreditanfrage. Um diese zu nutzen, musste zunächst nochmals eine Selbstauskunft ausgefüllt werden, die nach der Bestätigung an Kreditvermittler und Banken gesandt werden sollte. Nach der Betätigung des Absende-Buttons wurde eine Liste mit 109 Anbietern eingeblendet, denen die Kreditanfrage angeblich zugeleitet worden sei. Ob dies tatsächlich der Fall war, konnte nicht geprüft werden, jedenfalls erfolgte von keiner der gelisteten Firmen eine Kontaktaufnahme zum Probanden. Einen umfangreichen Katalog von Leistungen für Privatund Geschäftskunden bewarb ein weiterer Anbieter. Neben Firmengründungen, -liquidationen, Immobilienrettung, Schuldnerhilfen und Privatinsolvenzen wurden auch SCHUFA-freie Finanzierungen über ein Netzwerk an privaten Investoren aus Deutschland, Österreich, Luxemburg, Schweiz und Polen angeboten. Ein anderer Kreditvermittler versicherte in den Anschreiben an die Probanden regelmäßig: Es fallen keine Vorkosten an. Im weiteren Ablauf erhielten die Testpersonen dann allerdings die Nachricht, dass sich die gewünschte Vermittlung als problematisch erweise: Ihre schlechte, bzw. fehlende Bonität lässt eine weitere Bearbeitung in der gewünschten Form momentan nicht zu. Um in der Sache weiter zu kommen, wäre ein spezieller Bonitätsabgleich (bezogen auf Ihre persönliche Situation) denkbar. Mit den sich darauf ergebenden Werten könnte die fehlende Basis entsprechend untermauert werden. Die Kosten hierfür betragen ( ). Flankiert wurde das Schreiben durch einen Anruf des Vermittlers, oder eines Mitarbeiters, der versicherte, nach Erstellung der speziellen Analyse wäre die Kreditauszahlung kein Problem, eine entsprechende Zusage der Bank läge vor. Trotz Überweisung der Forderung (in Höhe von ca. 1% des gewünschten Kredits) verbesserte sich die Bonität der Kreditsuchenden offensichtlich nicht, da weder eine Vermittlung erfolgte noch Sachstandsanfragen beantwortet wurden. Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten Die von den Probanden auszufüllende Selbstauskunft enthielt, neben den üblichen Angaben zur Person und den wirtschaftlichen Verhältnissen, auch eine Regelung zum Honorar. Darin kündigte der Anbieter an, zunächst ein individuelles Finanzierungskonzept erstellen zu wollen, dessen Kosten 1% des Finanzierungsbedarfs, mindestens aber 500 1 betragen sollten. Für den Fall einer erfolgreichen Finanzierung sei eine Provision von 2% des Kreditbetrages fällig. Wenige Tage nach Absendung der Selbstauskunft wurde telefonisch mitgeteilt, der Kredit sei darstellbar und eine Rechnung angekündigt. Die Rechnungsstellung über 595 1 (inkl. MwSt.) erfolgte allerdings nicht durch den Anbieter selbst, sondern durch ein weiteres Unternehmen. Nach Zahlung des Betrages waren bis zum Redaktionsschluss keinerlei Aktivitäten der Firmen mehr zu verzeichnen. Mehrere Nachfragen nach dem Verfahrensstand blieben ebenso unbeantwortet wie die Aufforderung, den geleisteten Betrag zurückzuerstatten. Kreditsuchende, die sich um SCHUFA-freie Darlehen bemühen, stehen, wie oben erläutert, oftmals unter großem wirtschaftlichem Druck und sind an einer möglichst raschen Kreditgewährung interessiert. Diesem Bedürfnis trugen drei Anbieter Rechnung, indem sie gegen einen Betrag von 10 bzw. 20 1, eine beschleunigte Abwicklung der Kreditanfragen anboten. Wenn der Interessent sich für diese bevorzugte Bearbeitung seiner Anfrage entscheide, solle er den Betrag in bar seiner Kreditanfrage beilegen. Ein Anbieter wollte sich innerhalb von 48 Stunden beim Kreditsuchenden melden, sofern dieser 20 1 für die Eilbearbeitung beilege. Ein weiterer Anbieter versprach im Anschreiben, mit dem die Selbstauskunft übersandt wurde, eine bevorzugte Eilabwicklung mit Antragsfreigabe innerhalb von 24 Stunden (Zeitgewinn bis zu 4 Tagen). Ein Unterschied in der Bearbeitungsgeschwindigkeit ließ sich allerdings nicht feststellen.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 13 Telefonmehrwertdienstnummern wurden von neun der Firmen eingesetzt, teilweise, indem sie als einzige Möglichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme angeführt waren, teilweise, indem sie gegenüber der Festnetznummer herausgehoben wurden. Bei zwei Firmen fehlte die gesetzlich vorgeschriebene Tarifangabe. Die verbleibenden Firmen traten gegenüber den Kreditsuchenden nur als Durchleitung zu einer anderen Firma auf, reagierten auf die Kreditanfrage nicht mit Übersendung eines Kreditvermittlungsvertrags, händigten im Hausbesuch keine Unterlagen aus oder waren als Vermittler von Finanzsanierungsverträgen nicht vergleichbar. Auslagenerstattung ist unseriös Durch das Verbraucherkreditgesetz 8 von 1991 wurde der Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers auf den Fall der erfolgreichen, nicht mehr widerrufbaren Darlehensvermittlung beschränkt. Nebenentgelte darf der Kreditvermittler nicht verlangen. In diese Regelung wurde aber integriert, dass der Kreditvermittler vereinbaren kann, dass entstandene erforderliche Auslagen vom Kreditsuchenden zu erstatten sind. In aller Regel könnte es sich hierbei im Bereich des üblichen Verbraucherkredites nur um Kosten für Porti, Telefongebühren, Papier, Kopien und Druck handeln. Die Höhe der hierfür anfallenden Beträge steht allerdings in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand, der mit einer Dokumentation dieser Kosten verbunden wäre. Betriebswirtschaftlich macht es keinen Sinn, Minimalbeträge arbeits- und kostenaufwendig zu erfassen, um sich dann die entsprechenden Positionen erstatten zu lassen, da der Erfassungsaufwand nicht erstattungsfähig ist. Seriöse Anbieter machen daher von der gesetzlichen Möglichkeit der Vereinbarung von Auslagenerstattungen keinen Gebrauch. Unseriöse Anbieter nutzen die gesetzliche Regelung, indem jedwede Geldforderung als Auslage definiert in Rechnung gestellt wird. Eine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Auslagenersatz findet sich bei zehn der untersuchten Firmen. Dem Umstand, dass eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung seit einigen Jahren die Unzulässigkeit von pauschalen Auslagen entschieden hat, tragen die Anbieter Rechnung, indem sie eine Formulierung verwenden, mit der sie die für Auslagen zu ersetzende Summe auf einen Maximalbetrag 9 begrenzen, der dann allerdings auch in allen Fällen gefordert wurde. Geltend gemacht wurden angebliche Auslagen bislang erst von vier Firmen. Die geringe Zahl erstaunt, nach den Erfahrungen der Schuldnerberatung dürfte die niedrige Zahl der Forderungen aber auf relativ lange Bearbeitungszeiten bei den Anbietern zurückzuführen sein. Die machen üblicherweise ihre Forderung erst zwei bis drei Monate nach Abschluss des Kreditvermittlungsvertrags geltend. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Zahl der Forderung von Auslagen in den nächsten Wochen steigern wird. Erstattungsfähig sind nach dem Gesetzestext 10 nur die entstandenen erforderlichen Auslagen (soweit eine schriftliche Vereinbarung hierüber getroffen ist und sie in Zusammenhang mit der Vermittlung des Darlehensvertrags stehen), so dass erwartet werden kann bzw. muss, dass ein seriöser Anbieter die verauslagten Gelder einzeln verbucht, wenn er sich auf die Vereinbarung berufen will. Dementsprechend müsste der Nachweis der Auslagen ohne weiteres möglich sein. Die gesetzliche Regelung ist auch durchaus bekannt, so tragen die von einem Anbieter versandten Überweisungsträger den Vermerk AE (Kundenname), nach 655d BGB. Dennoch wurden die Auslagenforderungen regelmäßig ohne nähere Erläuterung, wie diese sich zusammensetzten, in Rechnung gestellt. Auch auf ausdrückliche Nachfrage der Probanden mit der Bitte, die geforderte Summe aufzuschlüsseln, erteilten die Firmen in der Regel keine detaillierte Abrechnung. Angesichts der fehlenden bzw. ungenügenden Nachweise wurden die Rechnungen kommentarlos nicht beglichen, so dass die ersten Rechnungen von den Anbietern angemahnt wurden. Eine gerichtliche Geltendmachung ist bislang noch nicht erfolgt, wohl aber eine Weitergabe an Inkassounternehmen (siehe unten). 8 Die entsprechenden Vorschriften sind mittlerweile ins BGB integriert. 9 Die Beträge liegen dabei zwischen 39 und ca. 75 1. 10 655d BGB: Der Darlehensvermittler darf für Leistungen, die mit der Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrags oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags zusammenhängen, außer der Vergütung nach 655c Satz 1 ein Entgelt nicht vereinbaren. Jedoch kann vereinbart werden, dass dem Darlehensvermittler entstandene, erforderliche Auslagen zu erstatten sind.

14 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Ein Anbieter verband die mit AUSLAGENBESCHEID überschriebene Rechnung mit einer positiven Nachricht für die Testperson: können wir Ihnen heute mitteilen, daß die (...)Bemühungen um Ihren Kredit erfreulicherweise zum Abschluß kommen. Nach Ablehnung einzelner Banken liegt uns jetzt die Übernahmezusage einer unserer Finanzverbindungen vor. Nach Überweisung des geforderten Betrages betonte die Firma im folgenden Schreiben zunächst nochmals ihre beträchtlichen Anstrengungen und teilte dann mit: ist es uns im Rahmen der mit Ihnen vereinbarten Modalitäten zur Realisierung Ihres Kreditwunsches gelungen, unseren nachstehenden Finanzierungspartner für die Durchführung Ihres Vertrags zu gewinnen:.. Ausweislich der im Schreiben angegebenen Anschrift handelte es sich bei dem Finanzierungspartner um ein Unternehmen, das aus anderen Testkontakten bekannt war. Mithin hatte der Anbieter nicht, wie der AUSLA- GENBESCHEID einzig sinnvoll zu interpretieren war, eine kreditgebende Bank gefunden, sondern den Probanden schlicht an den nächsten Kreditvermittler weitergereicht. Im Gegensatz zu anderen Anbietern schlüsselte ein Anbieter die angeblichen Auslagen in mehrere Kostenpositionen auf. Die Rechnung umfasste die Positionen Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren, inkl. Aktenanlegung Eintrag EDV-Anlage 29,00 1 Telefon/Faxgebühren, Kundenverwaltung Pauschalbetrag: 11,50 1 Bereitstellung der Kreditsumme durch den Geldgeber Pauschalbetrag: 27,50 1 MWSt.: 19%: 12,92 1 Gesamtbetrag : 80,92 1 Diese Auflistung ist allerdings nicht geeignet, angefallene Auslagen nachzuweisen. Unabhängig davon, dass die, nach Ansicht des Verfassers notwendige, Einzeldarstellung der Kosten fehlt, ist allenfalls die zweite Position ohne weiteres mit dem Begriff von Auslagen in Verbindung zu bringen. Nachdem es sich bei den denkbaren Auslagen i.s.d. Gesetzes letztlich überwiegend um Materialkosten handelt, ist die Kostenposition unglaubwürdig, da ein mit Materialkosten im behaupteten Umfang betriebener Aufwand im Massengeschäft Verbraucherkredit weder notwendig noch sinnvoll wäre. Der Umstand, dass in der Abrechnung ein Pauschalbetrag für diese Kostenposition verlangt wird, führt im Übrigen dazu, dass die Position nicht abrechnungsfähig wäre, da pauschale Kostenansätze vor der Rechtsprechung keinen Bestand haben. Die Rechnungsposten Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren... und Kundenverwaltung sind unabhängig von dem Umstand der Pauschalierung nicht erstattungsfähig. Bei den vom Vermittler erbrachten Arbeitsleistungen bzw. den Kosten hierfür handelt es sich nicht um Auslagen, sondern um Gemeinkosten des Vermittlers. Daher kann die Übernahme von Aufwendungen für Arbeitsleistung mit den Kreditsuchenden nicht wirksam vereinbart werden. Auch die Bezeichnung der dritten Kostenposition ist mit dem Begriff der Auslagen des Kreditvermittlers nur schwer in Verbindung zu bringen, wird hier doch ein Aufwand in Rechnung gestellt, der bereits nach dem Text der Rechnung eben nicht beim Kreditvermittler angefallen ist. Letztlich behauptet die Kreditvermittlung, ein Kreditgeber mache bereits vor Abschluss eines Kreditvertrags einen Bereitstellungszins geltend, stelle diesen der Kreditvermittlung in Rechnung und erhalte den Rechnungsbetrag von der Kreditvermittlung erstattet. Es versteht sich von selbst, dass der behauptete Ablauf gänzlich unglaubwürdig ist. Insgesamt entstand der Eindruck, dass die Rechnungen darauf angelegt sind, Auslagen vorzutäuschen, die tatsächlich nicht entstanden sind. Einzig logischer Schluss aus der Verweigerung detaillierter Auslagenabrechnungen muss sein, dass solche beim Kreditvermittler nicht angefallen bzw. erfasst sind. Werden dann dennoch Auslagen geltend gemacht, ist zwingend auf eine Täuschungsabsicht der Kreditvermittlungen zu schließen, da die Kenntnis der relevanten Rechtsvorschriften für den eigenen Arbeitsbereich vorauszusetzen ist. Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung Restschuldversicherungen, auch als Restkreditversicherungen bezeichnet, sichern den Kreditnehmer bzw. dessen Hinterbliebene je nach abgeschlossenem Risiko gegen Forderungen im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit ab. Abgedeckt werden durch sie der jeweils noch offene Restkredit bzw. die während der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit fällig werdenden Raten. Restschuldversicherungen werden regelmäßig mit

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 15 Problematische Kreditratenausfallversicherung wird angeboten (Anteil der Kreditvermittler, die einen Kreditratenausfallversicherung angeboten haben; in %) 22 Angebot einer Kreditratenausfallversicherung Beschäftigungen, Ausbildungs- und Referendarzeiten ebenso wenig rechnen wie Arbeitsverhältnisse bei Ehepartnern oder Verwandten in direkter Linie. Selbständige können grundsätzlich auch versichert werden, soweit die Selbständigkeit nicht als Kleingewerbetreibender, Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH oder in einer Reihe weiterer Funktionen und Branchen erfolgt. n=50 Quelle: SCHUFA. dem Kreditvertrag abgeschlossen und die meist als Einmalbeitrag anfallenden Kosten mitfinanziert. Soweit der Abschluss einer Restschuldversicherung von der Bank zur Voraussetzung einer Kreditgewährung gemacht wird, sind die Kosten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses zu berücksichtigen. Aus Sicht des Verbraucherschutzes sind Restschuldversicherungen nicht unumstritten, dennoch sind sie ein weitverbreitetes Sicherungsmittel für Konsumentenkredite. Bei der Kreditratenausfallversicherung handelt es sich im Gegensatz dazu um eine Unfallversicherung mit zusätzlichen Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit und einem Todesfallschutz, der allerdings nur bei Unfalltod greift. Die Versicherungsleistungen bei Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit werden, nach einer Karenzzeit von 120 Tagen, nur für einen Zeitraum von maximal zwölf Monaten erbracht. Die Höhe der Beiträge der angebotenen Verträge schwankte zwischen 29,90 1 und 49,90 1 im Monat. Als Kreditsicherheit erscheint das Produkt allerdings, angesichts einer Vielzahl von Haftungsausschlüssen, Vorbedingungen und Leistungsklauseln, insbesondere hinsichtlich des Risikos der Arbeitslosigkeit, kaum geeignet. So beinhalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Anbieters nicht nur den üblichen Ausschluss von Vorerkrankungen, sondern schränken auch den Kreis der Personen ein, die eine Leistung beziehen können. Voraussetzungen sind u.a. ein Alter des Versicherungsnehmers zwischen 18 und 55 Jahren, eine Anstellung in einem unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit über 18 Stunden, das bei Versicherungsbeginn seit mindestens 24 Monate besteht, wobei Saisonarbeiten, kurzfristige Die Versicherungen wurden den Probanden ohne Rücksicht auf die in der Regel durch die Selbstauskünfte bereits bekannte, individuelle berufliche Situation angedient. Ganz offensichtlich ist die Absicherung der Arbeitslosigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld II überflüssig. Das hinderte die Kreditvermittlungen nicht daran, das Produkt zu empfehlen. Teilweise war der Antrag auf die Versicherung mit dem Kreditvermittlungsantrag selbst verbunden. Alternativ wurde das Versicherungsangebot mit der Anforderung von Unterlagen gekoppelt. Der Aufbau der Schreiben erweckt hierbei den Eindruck, dass Kreditvermittlungs auftrag bzw. Unterlagen und Antrag auf Kreditratenausfallversicherung zusammen zurückgesandt werden müssten. Ein Anbieter meldete sich telefonisch bei einem Probanden und teilte mit, der Antrag hätte die Vorprüfung positiv überstanden. Für die endgültige Entscheidung benötige man noch Daten (...). Die Raten wären 137,80 1 über 40 Monate (...). Eine Kreditausfallversicherung wäre dazu Pflicht 11. Trotz Rücksendung des unterzeichneten Versicherungsantrages kam es nicht zu einer Kreditgewährung. Sonstige Finanzdienstleistungen spielten bei den Angeboten an die Probanden nur eine geringe Rolle. Ein einziger Anbieter schickte einen Bausparvertrag zur Unterzeichnung. Neben der Kreditratenausfallversicherung wurde von einem Anbieter versucht, die Probanden zum Abschluss von Haftpflicht- und Hausratversicherungen zu bewegen. Die entsprechenden Begleitschreiben suggerierten, dass durch den Abschluss der Versicherung die Kreditvergabe wahrscheinlicher würde, sie in Zweifelsfällen gar entscheidend sein könnten, indem sie Formulierungen enthalten, wie, Denn jeder Geldgeber sieht es positiv, wenn ein Kreditnehmer vorgesorgt hat. 11 Gedächtnisprotokoll Proband

16 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Unsinnige Beteiligungen Fünf Anbieter schickten den Anfragenden per Post einen Antrag auf eine stille Beteiligung bzw. den Beitritt zu einem Immobilienfonds oder einer Genossenschaft oder überreichten diese beim Hausbesuch zur Unterschrift. Die Zusendung der Anträge wurde in der Regel mit der Anforderung von Unterlagen oder der Frage, in welcher Form der gewünschte Kredit ausgezahlt werden solle, verbunden. Diese Punkte hätten selbstverständlich schon im vorausgegangenen Ablauf geklärt werden können. Es ist daher davon auszugehen, dass die Anbieter darauf abzielen, zumindest bei einem Teil der Kreditsuchenden den Eindruck zu erwecken, dass die Rücksendung der Anträge für die Kreditgewährung notwendig sei. Zwei Anbieter erinnern bei ausbleibenden Rückantworten auch an ihr Angebot und verwenden dabei Formulierungen wie (...) hatten wir Ihnen das Produkt zur Anlage der Vermögenswirksamen Leistungen (...) empfohlen. Die Rücksendung der Unterlagen erwarten wir bis zum oder übersenden wir Ihnen diese nochmals mit der dringenden Bitte um schnellstmögliche Rücksendung. Einer Probandin mit einem Kreditbedarf von 3.500 1 wurde in einem Schreiben, mit dem die Genehmigung einer Finanzsanierung mitgeteilt wurde, eine Beteiligung an einem Vermögensbildungsfonds beigelegt. Die Zeichnungssumme betrug 9.600 1. Sie wäre in monatlichen Teilbeträgen von 50 1, entsprechend einer Laufzeit von 16 Jahren, zu erbringen gewesen. Der Zeichnungsschein enthielt einen Passus, mit dem der Kunde bestätigte, den jeweiligen Emissionsprospekt erhalten/zur Kenntnis genommen zu haben. Einen Prospekt in Form einer CD überreichte allerdings nur ein Anbieter, so dass den Probanden i.d.r. eine Prüfung der Risiken oder der Anlagestrategie nicht möglich war. Durch die Unterzeichnung der Klausel über die Aushändigung des Prospektes verschlechtert sich die rechtliche Position erheblich. Mangels Prospekt wäre es den Kreditsuchenden auch nicht möglich gewesen zu erkennen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haften. Der Zeichnungsschein eines Unternehmens enthält immerhin eine Risikobelehrung, der zu entnehmen ist, dass es sich bei der Anlageform um eine unternehmerische Beteiligung, mit entsprechenden Risiken bis hin zum Totalverlust, handele. Zur genaueren Darstellung dieses Risikos wird dann allerdings auf den (tatsächlich nicht) ausgehändigten Prospekt verwiesen. Alle Beteiligungsscheine enthalten die Regelung, dass die Zahlungen gegebenenfalls auch direkt vom Arbeitgeber überwiesen werden sollen. Soweit ein vom Arbeitgeber gezahlter Zuschuss im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen nicht ausreicht, die Rate zu decken, wird der Arbeitgeber angewiesen, den Differenzbetrag vom Nettoeinkommen des Kreditsuchenden einzubehalten. Die Zahlungsanweisung zugunsten etwa bestehender Verträge über vermögenswirksame Leistungen wird gleichzeitig widerrufen. Zusätzlich bzw. alternativ ist ein Auftrag zur Einrichtung eines Dauerauftrags bei der kontoführenden Bank des Kreditsuchenden enthalten. Bei den Zeichnungsscheinen zugunsten des Vermögensbildungsfonds ist die Zahlung der Beteiligungssumme durch eine Lohn- und Gehaltsabtretungsklausel gesichert. Die Beteiligungsgesellschaft sichert 12 sich damit für den Fall ausbleibender Zahlungen, den schnellen und unmittelbaren Zugriff auf die pfändbaren Anteile von Lohn und Lohnersatzleistungen ab, ohne dass es einer Titulierung und gerichtlichen Beitreibung des Anspruchs bedarf. Praktisch alle Kreditverträge im Konsumentenbereich beinhalten ebenfalls eine solche Lohn- und Gehaltsabtretung zur Sicherung der Rückzahlung. Da Lohnabtretungen ihre Wirksamkeit bereits mit dem Datum der Unterschrift entfalten, ginge eine Lohnabtretung zugunsten der Beteiligungsgesellschaft einer Abtretung zur Sicherung eines später vermittelten Kredits im Range voran. Der Zugriff auf das pfändbare Einkommen des Kreditnehmers wäre durch die vorrangige Abtretung bis zur vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen aus der Beteiligung blockiert und die Abtretung im Kreditvertrag somit faktisch entwertet. Soweit ein potentieller Kreditgeber seine Kreditentscheidung (auch) von der Einräumung einer Lohnabtretung abhängig macht, führt die Zeichnung der Beteiligung also dazu, dass die Chancen einer Kreditgewährung geringer werden. Tatsächlich sind die Verträge auch aus einem weiteren Grund nicht geeignet, als Sicherheit für ein Darlehen zu dienen. Werthaltig werden diese Anlagen allenfalls dann, wenn sich nach den vertraglichen Bestimmungen ein 12 Die Sicherheit greift natürlich nur, wenn kein tarif- oder arbeitsvertraglicher Ausschluss von Lohnabtretungen vereinbart ist.

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 17 Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder die Beteiligung voll eingezahlt ist. Dies dürfte aber frühestens mehrere Jahre nach Abschluss der Beteiligung der Fall sein, so dass ein potentieller Kreditgeber die Anlage nicht als Sicherheit einschätzen wird. Im Hinblick auf die vom Kreditsuchenden eingegangene Haftungssituation hinsichtlich der Zeichnungssumme könnte die eingegangene Verpflichtung die Aussicht auf eine Kreditvergabe eher mindern. Selbstverständlich werden aber Kreditsuchende solche Verträge nur abschließen, weil sie sich eine Verbesserung der Vermittlungsaussichten versprechen. Vor dem Hintergrund dieser Motivation rechnen sie sicherlich nicht damit, dass die Verträge die Aussichten auf eine Darlehensgewährung eher schmälern, jedenfalls aber nicht verbessern. Darüber hinaus sind ihnen die Anlageformen nicht vertraut, so dass sie das allgemeine Risiko der Anlageform nicht einschätzen können, und die Bewertung des konkreten Risikos ist, mangels Prospektinformationen, vielfach ebenfalls nicht möglich. Aus Sicht unseriöser Vermittler bieten sich die Verträge dazu an, über die ausgezahlten Abschlussprovisionen unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Erträge zu realisieren. Der Umstand, dass sie ihren Kunden solchermaßen Haftungsrisiken überwälzen, die den gewünschten Kreditbetrag im Einzelfall deutlich überschreiten, wird nicht nur nicht erwähnt, es wird vielmehr aktiv darüber getäuscht, wenn Verträge als VWL zur Absicherung beworben werden. Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck Mit sieben Probanden wurde auf Initiative des Kreditvermittlers ein Hausbesuch vereinbart. Einem Probanden wurde dabei telefonisch vorgeschlagen, den Kreditbedarf durch den Kauf einer Immobilie abzudecken. Im Hausbesuch, bei dem das Kreditmodell ursprünglich erläutert werden sollte, wurde wohl angesichts der bereits bestehenden Verbindlichkeiten aus Immobilienkäufen stattdessen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit Hilfe des Anbieters vorgeschlagen. Ein Hausbesuch wurde durch den Außendienstmitarbeiter nach fünf Minuten beendet, möglicherweise im Hinblick auf die Anwesenheit des Ehemanns der Probandin. Soweit überhaupt eine Begründung für die Notwendigkeit eines Hausbesuchs abgegeben wurde, erklärten die Mitarbeiter der Anbieter, der Hausbesuch sei notwendig, um alles für den Vertrag fertig zu machen 13 oder um die Personaldaten zu verifizieren. Alle Testpersonen berichteten, dass die Hausbesuchssituation mit großem Zeitdruck, durch die Außendienstmitarbeiter verursacht, verbunden war. Eine genaue Lektüre der zu unterschreibenden Formulare sei nicht möglich gewesen. Regelmäßig seien allerdings neben den Kreditanträgen weitere Unterlagen zur Unterschrift präsentiert worden: Als der Kreditantrag fertig ausgefüllt war und ich unterschreiben sollte, wurde dieser zur Seite gelegt. Der Mitarbeiter holte eine Broschüre aus seiner Mappe und meinte: Dann müssen wir noch unbedingt das hier machen Scoreoptimierung, Schuldenberatung und an die zehn weitere Punkte... hat mir zuerst den Kreditvertrag zum Unterschreiben hingelegt und direkt danach die Versicherung.... gefragt habe, ob bzgl. der Versicherung wegen meiner chronischen Krankheit Einschränkungen bestehen... zuerst war er ein wenig irritiert, verneinte dies dann aber. Ich selber habe nicht nach einer Versicherung gefragt. Absprachegemäß versuchten die Testpersonen mit verschiedenen Begründungen, die teilweise bereits unterzeichneten Verträge einzubehalten, was die Außendienstmitarbeiter verweigerten bzw. nicht vollständig zuließen. Eine vollständige Auflistung bzw. ein vollständiger Einbehalt aller unterzeichneten Papiere war keinem der Probanden möglich. Eine Probandin, der es gelungen war, den Kreditvermittlungsvertrag, einen Dienstleistungsvertrag über die Erstellung eines Haushaltsbogens, eine Beteiligung an zwei Unternehmen als Durchschlag zu erhalten, ging davon aus, damit sämtliche abgeschlossenen Verträge widerrufen zu können. Erst durch einen Anruf der Hausbank, die nachfragte, ob der vorgelegte Dauerauftrag tatsächlich ausgeführt werden solle, stellte sie fest, dass zusätzlich noch eine weitere Beteiligung im Hausbesuch unterzeichnet worden war. Wenn es aber den Testpersonen, die im Zuge der Projektvorbereitung und nochmals unmittelbar vor dem Besuch ausführlich auf die Hausbesuchssituation und die zu erwartenden Abläufe vorbereitet worden waren, nicht möglich war, einen vollständigen Nachweis oder auch nur 13 Im Folgenden: Alle Zitate entstammen den Protokollen der Testpersonen.

18 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter einen Überblick über die eingegangenen Verpflichtungen zu erhalten, ist unschwer nachzuvollziehen, dass es echten Kreditinteressenten genauso geht. Dieser Umstand dürfte erklären, warum das Geschäftsmodell Kreditvermittlung im Hausbesuch weiterhin betrieben wird. Die Leistungen der Außendienstmitarbeiter sollten mit bis zu 200 1 bezahlt werden, wobei sich in mindestens drei Fällen die Mitarbeiter einen Überweisungsträger unterschreiben ließen. Auf Nachfrage wurde teilweise erklärt, dieser werde erst bei der Bank eingereicht, wenn der Kredit genehmigt sei. Tatsächlich wurden die Überweisungen den Banken vorgelegt, ohne dass eine Kreditzusage zustande kam. Finanzsanierungsverträge anstatt Kredit (Kreditvermittler, die Finanzsanierungsverträge angeboten haben; in %) n=50 Quelle: SCHUFA. 42 Angebot eines Finanzsanierungsvertrags Ein Besuchstermin wurde vorzeitig abgebrochen, ohne dass es zu einer Unterzeichnung von Verträgen kam, als der Proband auf der telefonisch zugesicherten Kostenfreiheit bestand:...wurde der eben noch mühsam ausgefüllte Kreditantrag theatralisch zerrissen, der Mitarbeiter meinte: Dann kann ich nichts für Sie tun. (...) zumindest seinen zerrissenen Kreditantrag hat er liegenlassen. Das Vorgehen der Vermittler entspricht den Ergebnissen der Studie aus 2007 und ist identisch mit Vorgehensweisen unseriöser Anbieter, deren Aktivitäten Mitte und Ende der 90er Jahre eine Reihe von (großen) Ermittlungsverfahren und in der Folge teilweise auch Verurteilungen nach sich zogen. Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten 21 Firmen boten den Testpersonen statt des gewünschten Kredits einen Finanzsanierungsvertrag an, 3 davon wollten den Weg in ein Insolvenzverfahren mit der Vermittlung einer gewerblichen Schuldenregulierung eröffnen. Insbesondere die Finanzsanierungsangebote waren dabei so gestaltet, dass sie über den tatsächlichen Inhalt des angebotenen Vertrags täuschten, denn die Formulierungen der Werbe- und Angebotsschreiben suggerierten, dass ein Kredit vermittelt werden könne, auch wenn andere Vermittler oder Banken entsprechende Anträge bereits abgelehnt hätten (Schein-Kreditvermittlung). gestellt? Ihre Anfrage wurde in unserem Haus geprüft und für eine Finanzsanierung genehmigt. Andere Anbieter schlossen mit Formulierungen wie: Wir haben Ihren Antrag von einem Finanzmakler erhalten. oder: Sie hatten bei einem Finanzdienstleister eine entsprechende Anfrage gestellt (...) Das Ergebnis unserer bisherigen Vermittlungsbemühungen ist die endgültige Zusage für die Annahme eines Finanzdienstleistungsauftrags. ebenfalls an vorangegangene Kreditanfragen an. Sie erwecken damit auch gleichzeitig den Eindruck, dass sich das folgende Angebot auf einen Kredit bezieht. Probanden, die auf der Homepage eines Anbieters einen Online-Kredit-Antrag ausgefüllt hatten, erhielten von dort einen Vermittlungsvertrag mit der eindeutigen Überschrift Auftrags-/Vertragsgegenstand: Auftragserteilung zur Vermittlung einer Darlehensbeschaffungsmaßnahme. Angebote eines weiteren Anbieters nahmen unter Angabe von Internetseite, Datum und Uhrzeit Bezug auf die Kreditanfragen. Die Bezugnahme auf die Kreditanfragen wurde in den Anschreiben bei der Konkretisierung der jeweiligen Angebote aufgegriffen, in dem i.d.r. für den in den Testanfragen geäußerten Kreditwunsch eine Lösung angeboten wurde. Die dort ursprünglich genannte Kreditsumme, nun Regulierungssumme, Vertragsvolumen oder Auftragserteilungsvolumen genannt, sollte, so das Angebot, mit monatlichen Leistungs-, Tilgungsraten oder Raten in einer bestimmten Laufzeit zurückgeführt werden. Sondertilgungen seien ebenfalls (kostenfrei) möglich. Ein Anbieter nahm in seinem Werbeschreiben Bezug auf eine vorangegangene erfolglose Kreditsuche, in dem er mitteilte Sie haben eine Anfrage wegen einem Kredit Die verwendeten Termini und Aussagen ergeben ganz offensichtlich nur im Zusammenhang mit einem Kreditvertrag einen Sinn. Die geltend gemachten Vermittlungs-

Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 19 gebühren (durchschnittlich ca. 400 1) würden von den Kreditsuchenden kaum gezahlt, wäre ihnen die tatsächliche Leistung der Anbieter bewusst. Eine Vermittlungsleistung, im Sinne einer Suche nach möglichen Vertragspartnern des Kunden oder einer Auswahl aus verschiedenen Angeboten, findet tatsächlich nicht statt. Regelmäßig leiten die Vermittler die Verträge an eine bestimmte Firma weiter, mit der man zusammenarbeitet. Die Anbieter erwecken demnach von der Werbung bis zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung bewusst den falschen Eindruck, einen (Umschuldungs-)Kredit vermitteln zu können. Dabei gehen sie zu Recht davon aus, dass ein Abschluss nicht zustande käme, würden sie den Kreditsuchenden über den tatsächlichen Vertragsgegenstand ins Bild setzen. Angesichts dieser Täuschungshandlungen tragen die Vermittler solcher Angebote ein relativ hohes Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung. Möglicherweise im Hinblick auf dieses Strafverfolgungsrisiko finden sich in allen Werbeschreiben Formulierungen, die die zu erbringende Leistung näher definieren, genauer, die die scheinbaren Kreditversprechen wieder revidieren sollen. So stellen die allgemeinen Vertragsbedingungen eines Anbieters fest, dass die Auftragnehmerin keinen Kredit vermittelte und auch selbst keinen gewährt. Gläubigern treffen sollte, schließen die Verträge doch regelmäßig eine Rechtsdienstleistung durch den Finanzsanierer aus. Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungsbedingungen setzt aber zusätzlich natürlich ein entsprechendes Entgegenkommen des Gläubigers voraus. Eine Werbeaussage wie erhebliche Besserung Ihrer finanziellen Situation aufgrund drastischer Schuldenreduzierung erweckt jedoch den Eindruck, auf diese Zustimmung käme es gar nicht an, bzw. sie sei problemlos zu erlangen. Zwei Anbieter nahmen nicht auf die Kreditvermittlung Bezug, sondern gestalteten ihre Werbung eindeutig als Schuldenregulierungsangebot, so dass ein Irrtum der Kreditsuchenden hinsichtlich einer möglichen Kreditvermittlung nicht aufkommen konnte. Angeboten wurde hier ausdrücklich eine Schuldenregulierung als außergerichtlicher Einigungsversuch im Sinne der Insolvenzordnung und gegebenenfalls Einleitung eines (Verbraucher-) Insolvenzverfahrens. Beide Anbieter sind allerdings durch die zuständigen Anerkennungsbehörden nicht als geeignete Stellen nach 305 Insolvenzordnung anerkannt. Eine solche Anerkennung wäre aber die Voraussetzung für die rechtliche Beratung und Vertretung von Schuldnern im Zusammenhang mit der Verbraucherinsolvenz. Ein anderer Anbieter führt in 1 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen sogar den kompletten Vertragstext des zu vermittelnden Vertrags auf. Der Text, ca. 7.000 Zeichen im Umfang, ist, ohne Absätze, in einer Schriftgröße von 1,5 mm in hellgrauem Druck wiedergegeben. Aber selbst wenn man die Angebote von vorneherein nicht als Kreditvermittlungs-, sondern als Schuldenregulierungsangebote verstehen will, sind sie dazu geeignet, die potentiellen Kunden über das Angebot zu täuschen. Unabhängig von der Frage einer unzulässigen Rechtsdienstleistung, die gegebenenfalls zur Nichtigkeit 14 der mit den Gläubigern abzuschließenden Regulierungsvereinbarungen führt, erwecken die Angebote den Eindruck, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen verringern zu können. Unklar bleibt, wer diese Vereinbarungen mit den Die Anbieter arbeiten daher mit Rechtsanwälten zusammen, um dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsdienstleistung auszuweichen. Die Kunden werden dadurch doppelt zur Kasse gebeten, da sie die Schuldenregulierungsfirma und zusätzlich den Rechtsanwalt bezahlen müssen. Die Kosten dieser Kombination liegen etwa beim Doppelten bis Dreifachen dessen, was ein selbst gewählter und damit nur dem Schuldner als Auftraggeber verpflichteter Anwalt nach den Empfehlungen des deutschen Anwaltsvereins berechnen würde. Eine geldwerte Leistung ist den Verträgen der Schuldenregulierungsanbieter, die sich im Übrigen nur minimal von den Vertragsmustern der Finanzsanierungsangebote unterscheiden, kaum zu entnehmen. 14 Jäger: Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerinteressen im Insolvenzverfahren natürlicher Personen, ZVI 2/2003, der darauf hinweist, dass Vereinbarungen mit einem Schuldenregulierer, der nicht zur Rechtsberatung befugt ist, nach 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sind.

20 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit Ein Anbieter verschickte regelmäßig einen Wirtschaftsberatungsvertrag, genauer eine Beratungsvereinbarung Allfinanzberatung, an die Testpersonen. Der Anfrage über den Internetauftritt, in dem keine Selbstauskunft auszufüllen war, folgte die Übersendung eines als Barkredit-Vermittlungsauftrag bezeichneten Selbstauskunftsformulars. Unabhängig von den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen erhielten die Probanden nach dessen Rücksendung die schriftliche Mitteilung: Da die Vorprüfung positiv verlaufen ist haben wir Ihren Antrag angenommen. Nach erfolgter Unterschrift bemühen wir uns die Kreditauszahlung schnellstmöglich zu realisieren. Formaler Anlass des Schreibens war die Aufforderung mitzuteilen, ob die Kreditauszahlung per Post oder Überweisung erfolgen sollte. In Fettdruck wurden die Probanden aufgefordert, die entsprechende schriftliche Erklärung mit den Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben an uns zurückzusenden. Die Vereinbarung, in der der Anbieter mit der Beratung beauftragt wird, war zwar gesondert zu unterzeichnen, dennoch erweckten Gestaltung und Ablauf den Eindruck der Zugehörigkeit zum Vermittlungsauftrag. Die Allfinanzberatung wurde als Abonnement mit einer Laufzeit von zunächst zwölf Monaten zum Preis von 150 1, gestaltet. Lukrativer Verkauf von Adressen Kreditsuchende müssen bei der Kreditanfrage, in Abfrageformularen auf der Homepage der Anbieter oder in den Selbstauskunftsbögen, weitgehende Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen. Diese Daten sind ein wertvolles Handelsgut. Ein Teil der Anbieter betreibt, gegebenenfalls im Firmenverbund, den Handel mit (Adress-)Daten als (zusätzliches) Standbein. Dementsprechend findet sich in der Mehrzahl der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Vermittlungsaufträge eine Einverständniserklärung zur Datenweitergabe. Adresslisten von Kreditsuchenden werden in großem Umfang zielgruppengerecht vermarktet. Die von den Kreditvermittlern gewonnenen Anschriften werden hierbei vermietet, d.h. sie können nur für jeweils eine Werbeaktion genutzt werden. Die Preise betragen hierbei bis zu 160 1 je Tausend. Der Gesamtumfang der Weiterveräußerung von Daten entzieht sich der Beobachtung. Allerdings finden sich im Internet einige Angebote von Adressvermietern, denen Zahlen zu den vorhandenen Adressen zu entnehmen sind. So bietet ein Listbroker die über einen unbekannten Vermittler gewonnenen Anschriften von 310.000 Menschen mit keinem oder nur geringen Einkommen. Sie meldeten sich auf eine Zeitungsannonce oder Direktwerbung in der mit Kleinkrediten auch ohne SCHUFA- Anfrage geworben wurde. 15 Ein weiterer Anbieter offeriert Listen mit insgesamt rund 658.600 Adressdatensätzen von Kreditsuchenden zweier Kreditvermittlungen, die nach einem Strafverfahren gegen die Verantwortlichen aktuell nicht mehr am Markt aktiv sind. Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten Zwei der Testanfragen führten tatsächlich zum Erfolg, nämlich der Vermittlung eines Kredits, wenn auch nicht in der ursprünglich gewünschten Höhe. Die Darlehen wurden beide durch eine in Deutschland ansässige Bank ausgereicht, so dass nicht auszuschließen ist, dass der Kredit auch bei einer Direktanfrage ohne den Umweg über einen Kreditvermittler gewährt worden wäre. Eines der Darlehen wurde auf das Konto der Probandin ausgezahlt (und dann vereinbarungsgemäß widerrufen und zurücküberwiesen). Im zweiten Fall trat die Testperson nach Erhalt des Vertrags, aber vor Auszahlung, zurück. Eines der tatsächlich zustande gekommenen Darlehen wurde im Zuge eines Hausbesuchs vermittelt und wies nicht die vollständigen Vermittlungskosten aus, da der Vermittlungsaufwand für den Hausbesuch nicht im Vertrag aufgeführt wurde. Das zweite Darlehen wurde zu nachfolgenden Konditionen vermittelt: 15 http://www.adressfit.de/datenkarten/kleinkreditsuchende.php, zuletzt besucht am 30.04.12.