Risk Management im Handelsgeschäft von Banken von Dipl.-Volksw. Jürgen Lemmer, Mitglied des Vorstandes der Commerzbank AG, Frankfurt a.m.



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B e r i c h t e Risk Management im Handelsgeschäft von Banken von Dipl.-Volksw. Jürgen Lemmer, Mitglied des Vorstandes der Commerzbank AG, Frankfurt a.m. Vortrag gehalten im Rahmen des Bank- und Börsenseminars, Universität zu Köln am 18. Dezember 1996 Sehr geehrter Herr Professor Büschgen, meine Damen und Herren, Es ist mir eine besondere Freude, heute zum Thema " Risk Management im Handelsgeschäft der Banken" zu Ihnen zu sprechen. Läßt man einmal die letzten Jahre aus der Sicht eines Bankers Revue passieren, stellt man fest, daß sich sowohl das deutsche als auch das internationale Bankgeschäft erheblich gewandelt haben. Zu den herausragenden Veränderungen zählt dabei die rasche Veränderung des Investment Banking. Umfaßte das ursprüngliche lnvestment Banking mehr oder weniger den Handel mit Aktien, Devisen und festverzinslichen Wertpapieren, so traten im Laufe der Zeit neue Aktivitäten wie das Asset Management, Securitization und Mergers & Acquisitions hinzu. Insbesondere aber veränderte sich der Produktumfang im Handel rasant. Zu den klassischen Handelsprodukten kamen die Derivate hinzu. Der Handel mit diesen Instrumenten erlebte eine stürmische Entwicklung und ist mittlerweile zum treibenden Faktor der Handelsaktivitäten geworden.

Umsätze in Derivaten sind inzwischen um ein Vielfaches höher und die Märkte damit wesentlich liquider als in den entsprechenden Kassainstrumenten. Vor diesem Hintergrund vollzog sich auch ein grundlegender Paradigmenwechsel im Risiko Management. Banken verabschiedeten sich von ihren traditionell an Volumenslimiten orientierten Risikokonzepten und schwenkten um auf moderne Verfahren der Risikoanalyse, die auf der Portfoliotheorie von Markowitz, Sharpe u.a. basieren. Die Notwendigkeit eines Risiko Managements für das moderne Handelsgeschäft wird immer wieder durch Beispiele von finanziellen Verlusten für einzelne Marktteilnehmer belegt. Die Termingeschäfte der Sumitomo Bank und der traditionsreichen Barings Bank sowie die Fondsgeschäfte der Deutschen Morgan Grenfell sind die letzten Glieder in einer langen Kette ähnlicher Ereignisse. Eine sachgerechte Handhabung, Kontrolle und Beherrschung der Risiken sind eine für das Betreiben von Handelsgeschäften unabdingbare Voraussetzung. Aufsichtsbehörden haben denn auch mittlerweile Konzepte für das Risikomanagement entworfen und in allgemeinverbindliche Regelungen gefasst. Ich werde nun im folgenden die wichtigsten Gedanken und Konzepte im Zusammenhang mit unserer Themenstellung "Risk Management im Handelsgeschäft der Banken" erläutern. 1. Entwicklung des Handelsgeschäfts 1.1 Entwicklung des Handels Was waren die Gründe für den rasanten Aufschwung des Handelsgeschäfts? Ich möchte an dieser Stelle nur einige der vielen, meines Erachtens aber wichtige Ursachen für die rasche Veränderung des Handelsgeschäfts anführen.

Der Kollaps des Systems von Bretton Woods führte nicht nur in der Finanzund Währungspolitik der Industriestaaten zu Veränderungen sondern auch im Bankgeschäft. Die Restrukturierung des Systems im Jahre 1971 mit der Abkehr vom Goldstandard sowie seiner völligen Aufgabe im Jahre 1973, nach dem Scheitern der Smithsonian Reformen, hatte die Freigabe des Dollar- Wechselkurses zur Folge. Die im Zuge dieser Entwicklung zunehmenden Schwankungen an den Devisenmärkten - auf neudeutsch nennen wir das auch Volatilität - führten u.a. zu einem gestiegenen Bedürfnis international tätiger Unternehmen nach Absicherungsmöglichkeiten. Die seit den Siebziger Jahren zunehmende Verschuldung der Industriestaaten, die wirtschaftspolitisch dem Keynesianismus huldigten, ließ in der Finanzwelt den neuen "Industriezweig" Bondhandel entstehen. Der US-Treasury-Markt und der DM-Markt für Bundesanleihen stellen die volumensmäßig größten Bondmärkte der Welt dar. Internationale lnvestoren und Finanzinstitute sind an diesen Anleihenmärkten als Anleger und Händler engagiert. Gleichermaßen haben auch das "Going Public" von Unternehmen, der Wettbewerb um internationales Kapital und damit der Aktienhandel eine neue Dimension gewonnen. Die gerade ein paar Tage zurückliegende Teilprivatisierung der Deutschen Telekom und die Plazierung ihrer Aktien an verschiedenen international bedeutenden Finanzmärkten belegen dies sehr eindrucksvoll. Im Nachkriegsdeutschland war der organisierte Handel mit derivativen Finanzprodukten zunächst verboten. Erst eine Gesetzesnovelle dieses Verbots schuf den gesetzlichen Rahmen für den Aufbau der Deutschen Terminbörse. Das Wachstum im Handel mit Derivaten, insbesondere OTC-Derivaten, ist aber u.a. auch auf restriktive gesetzliche Regulierungen und Transferhemmnisse im internationalen Kapitalverkehr zurückzuführen. Durch Derivate konnten diese häufig umgangen werden. Das weiterhin stark anhaltende Wachstum dieser Märkte ist jedoch auch auf das gestiegene, bereits erwähnte, Bedürfnis inter-

national tätiger Gesellschaften nach adäquaten, standardmäßigen oder maßgeschneiderten Absicherungsmöglichkeiten gegenüber zunehmenden Marktpreisschwankungen zurückzuführen. Die Veränderung im Handelsgeschäft läßt sich auch am Ausmaß und Tempo in der Entwicklung von Finanzinnovationen ersehen. Wurden anfangs nur Swaps gehandelt - der legendäre IBM/Weltbank-Zinswährungsswap aus dem Jahre 1981 sei an dieser Stelle erwähnt -, so kamen schon bald weitere, mittlerweile schon als klassisch zu bezeichnende Zinsprodukte wie FRAS, Caps und Floors sowie Swaptions dazu. Die Produktpalette wurde um eine Vielzahl strukturierter Produkte und exotischer Optionen erweitert. Der Kreativität von Finanzingenieuren sind beim Design neuer Produkte keine Grenzen gesetzt. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch eine Kreation aus unserem Haus, nämlich die sog. Corex-Anleihen. Dieses sind Anleihen, deren Kupon jährlich an den aktuellen 10-Jahres Rex-Index angepaßt werden. Es handelt sich, wenn Sie so wollen, um einen Floater auf Basis des langfristigen Kapitalmarktzinses. Natürlich ist eine Akzeptanz dieser Produkte auch nur dann gegeben, wenn ein ökonomischer Nutzen daraus erwächst. Der Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern bietet hier das notwendige Korrektiv und verhindert, daß Produkte "I'art pour l'art" entwickelt werden. Ermöglicht wurden die stürmischen Entwicklungen im Handel letztlich durch moderne Kommunikationsmittel sowie den technologischen Fortschritt, besonders im EDV-Bereich. Der Computer ist vom Händlertisch nicht mehr wegzudenken. Komplexe Bewertungsalgorithmen werden in sekundenschnelle von leistungsfähigen Computerprogrammen ausgeführt und liefern dem Händler Preise für exotische Optionen sowie die zum Hedging notwendigen Hedgekoeffizienten. Neuronale Netze geben dem Händler Entscheidungshilfen beim Eingehen von

Positionen. Heutige Handelsräume ähneln daher durchaus modernen High- Tech Laboratorien. Auch die Anforderungen an den Händler haben sich gewandelt. Dominierte im klassischen Handelsgeschäft noch der Händler mit Bankausbildung, so überwiegt heute der Typ des akademisch gebildeten Händlers mit Wissen in Finanzökonomie und Informatik. 1.2 Organisationsstruktur des Handels Parallel zu den Veränderungen, die das Handelsgeschäft mit sich brachte, haben Banken auch die Organisationsstrukturen des Handels verändert. Ein wichtiger Aspekt in der Diskussion über mögliche Organisationsstrukturen des modernen Handels ist die Frage, ob Derivate besser bei ihrem Underlying in einem integrierten Handelsbereich oder in einem separaten Bereich gehandelt werden sollen. Es lassen sich überzeugende Argumente sowohl für die eine als auch die andere Organisationsform anführen. Beide Organisationsformen sind in der Bankwirtschaft realisiert. In der Commerzbank haben wir uns für die Zusammenschließung des Derivatehandels in eine eigens dafür gegründete Tochtergesellschaft - der Commerz Financial Products entschieden. Die CFP ist innerhalb des Konzerns der Spezialist für Derivate und Financial Engineering. Mit ihr haben wir eine aus der Sicht der Commerzbank optimale organisatorische Lösung für die Herausforderungen des modernen Derivatehandels geschaffen. Die CFP ist eine internationale, im Investment Banking wettbewerbsfähige Einheit im Derivatehandel, durch die wir die vorhandenen Synergiepotentiale nutzen. Durch die große Anzahl derivativer Produkte lassen sich beispielsweise Diversifikationsziele schneller realisieren und durch die Schaffung eines Gesamtbuchs die speziellen derivativen Risiken effizienter steuern.

2. Nutzen und Risiken von Derivaten Der beispiellose Aufschwung der Derivate ist nicht zuletzt auf ihren Nutzen und ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten zurückzuführen. Spektakuläre Zusammenbrüche wie der der Barings Bank werden regelmäßig zur Begründung für den spekulativen Charakter von Derivaten und ihres exzessiven Risikos angeführt. Ich möchte an dieser Stelle aber besonders den volkswirtschaftlichen Nutzen von Derivaten betonen. Ein international tätiges Industrieunternehmen kann die aus seiner Geschäftstätigkeit erwachsenden Währungs- und Zinsrisiken durch Devisentermingeschäfte, Devisenoptionen oder Zinsswaps bei einer Bank absichern und sich somit auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren, nämlich die Produktion und den Vertrieb von Gütern. Hier findet eine Transformation finanzieller Risiken vom lndustrieunternehmen zum Finanzinstitut statt. Das Unternehmen trägt im Ergebnis weniger Risiken und erhält eine feste Kalkulationsbasis für Kosten und Erträge. Der Preis hierfür sind die entgangenen Chancen am Devisen- und Zinsmarkt. Banken wiederum verfolgen aufgrund ihrer Funktion, z.b. als Market-Maker für Devisentermingeschäfte, auch Eigeninteressen. Neben dem sog. Hedging zur Risikoreduzierung nutzen sie Derivate auch, um Fehlbewertungen zwischen verschiedenen Produkten und Märkten in Arbitragestrategien umzusetzen. Darüber hinaus haben Banken neben dem Handel auch einen Eigenbedarf an Derivaten z.b. im Bilanzmanagement. Swaps sind ein ideales Instrument zur Steuerung der Fristeninkongruenzen. Zudem können Kreditinstitute wie auch andere Marktteilnehmer Swaps unter Umständen zur Reduzierung ihrer Refinanzierungskosten nutzen. Derivate tragen somit zur Effizienz von Finanzmärkten und zum Abbau von Friktionen bei.

Natürlich werden Derivate auch zu Tradingzwecken eingesetzt. Aufgrund ihrer Struktur bieten sie die Möglichkeit, mit relativ geringem Kapitaleinsatz Risikound Ertragsprofile ihrer Basisinstrumente zu replizieren. Handels- und Portfoliostrategien lassen sich durch derivative Instrumente flexibel realisieren. 3. Risk Management von Handelsgeschäften in der Praxis 3.1 Anforderungen an ein System zur Risikoüberwachung Aus der Veränderung des Handelsgeschäfts mit Derivaten resultiert letztendlich eine Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des Risiko Managements. Anforderungen an ein System zur Risikoüberwachung, insbesondere auch die organisatorischen Rahmenbedingungen, werden in verschiedenen Studien formuliert. Ich möchte in diesem Rahmen nur kurz auf drei m.e. sehr wichtige Beiträge eingehen. Es handelt sich hierbei um die Studie der "G30", mit der sich das Finanzgewerbe erstmalig selbst auf "Marktstandards für das Risikomanagement" festgelegt hat. Für Banken, die einen aktiven Handel betreiben, wurde ein Katalog von Empfehlungen zur Geschäftspolitik, zu Systemen, Organisation und Kontrollen, zur Bewertung von Finanzinstrumenten sowie zum Markt- und Kreditrisikomanagement erarbeitet. Des weiteren zeigte diese Studie auch einen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber z.b. in der Abfassung von Vorschriften zur Rechnungslegung auf. Der Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht hat im Juli 1994 gemeinsam mit der Aufsichtsbehörde für Wertpapierhäuser "Richtlinien für das Risikomanagement

im Derivativgeschäft" herausgegeben. Diese Richtlinien betreffen eigentlich nicht nur den Handel mit Derivaten, sondern das Risikomanagement im Handel insgesamt. In diesen Richtlinien wird u.a. betont, daß die Geschäftsleitung für die ordnungsgemäße Durchführung und Überwachung des Risikomanagements verantwortlich ist: Grundsätze des Risikomanagements sind schriftlich zu fixieren. Handelsaktivitäten dürfen nur innerhalb eines vorgegebenen Rahmens entfaltet werden. Die Zuständigkeiten müssen klar abgegrenzt sein, effektive interne Kontrollen und umfassende Risikomeldeverfahren sind erforderlich. Die Messung und Überwachung der Risiken sind einer vom Handel weisungsunabhängigen Stelle zu übertragen. Aufbauend auf deren Analyseergebnisse ist ein System risikobegrenzender Limite aufzubauen. Für die einzelnen Risikoarten werden teilweise auch adäquate Analyseverfahren genannt. Das BAKred hat hierauf aufbauend die ab Januar nächsten Jahres geltenden sog. "Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften" für die deutschen Kreditinstitute formuliert. Die Institute arbeiten derzeit an der Umsetzung dieser Anforderungen, die teilweise erhebliche Änderungen der organisatorischen Strukturen sowie Arbeitsabläufe zur Folge haben. 3.2 Risiko Management in der Commerzbank Lassen Sie mich nun ausführen wie wir in der Commerzbank zum einen die Herausforderungen gemeistert haben, die das Handelsgeschäft an das Risiko Management stellt und zum anderen, wie wir die Mindestanforderungen des BAKred umsetzen.

3.2.1 Organisatorischer Rahmen Wie hat unser Institut die Risikoüberwachung und das Risiko Management organisiert? Bei der Organisation der Risikoüberwachung haben wir uns in der Commerzbank für ein zweistufiges Konzept entschieden. Als neutrale Instanz der Handelsüberwachung haben wir den Bereich Risikocontrolling als Teil des zentralen Stabs Konzernentwicklung / Konzerncontrolling etabliert. Daneben haben wir innerhalb der Geschäftsbereiche die handelsnahe, serviceorientierte Funktion des Risiko Management angesiedelt. Aufgabe des neutralen Risikocontrolling ist die unabhängige, konzernweite Risikoanalyse, die zentrale Limitvergabe für Handelsaktivitäten sowie die Erhebung der für das Meldewesen relevanten Risikoinformationen. Ziel der konzernweiten Risikoanalyse ist die Risikobeurteilung und Risikolimitierung in Bezug auf das der Bank zur Verfügung stehende Risikodeckungskapital. In diesem Zusammenhang ist die Rendite des zur Risikodeckung eingesetzten Kapitals eine wichtige Steuerungsinformation. Im Rahmen einer RORAC (Return On Risk Adjusted Capital)-Ermittlung werden die hierzu notwendigen Kennziffern zur Verfügung gestellt. Das Risiko Management fungiert innerhalb unserer Organisation der Risikoüberwachung als Bindeglied zwischen handelsunabhängigem Risikocontrolling und Handel. Die Aufgaben des Risk Management bestehen in der Aufteilung der Gesamtlimite auf die einzelnen Bücher des Handels. Diese beinhalten die tägliche Risikomessung sowie die am wirtschaftlichen Ergebnis orientierte tägliche Gewinnund Verlustrechnung.

Der Vorstand und die Geschäftsleitung werden täglich detailliert über die Entwicklung der Risikoposition und Ergebnissituation informiert. Die hierzu notwendigen Methoden der Risikoanalyse werden vom Risiko Management entwickelt. Bei Produktneueinführungen übernimmt dieser Fachbereich koordinierende Funktionen. Zudem erfolgt die Administration der Kreditlinien des Handelsgeschäfts in diesem Bereich. 3.2.2 Infrastruktur Meine Damen und Herren, die Aufgaben der Risikoanalyse und Risikoüberwachung sind außerordentlich umfangreich und zu einem gewissen Grad auch äußerst komplex. Die Anwendung von Risikomeßverfahren, auf die ich im Folgenden noch näher eingehen werde, erfordern neben schnellen Zugriff auf historische Daten und Positionen des Handels auch enorme Rechnerkapazitäten. Investitionen in eine adäquate EDV-Infrastruktur mit entsprechenden Datenbanken, leistungsfähigen Computern sowie intelligenter Software sind daher die Voraussetzung für ein modernes Risk Management. Viele Banken haben in der Vergangenheit große Summen in die Eigenentwicklung von Risikosoftware und Datawarehouses investiert. Die Anstrengungen haben dabei nicht immer den gewünschten Erfolg gezeitigt. Für das Risk Management der Commerzbank haben wir uns deshalb bewußt für den Einsatz kommerzieller Software entschieden. Lediglich eine gemäß deutschem Handelsrecht konzipierte Software für die tägliche Ergebnisrechnung wird zum großen Teil in Eigenregie entwickelt. Den Kern unserer EDV-Infrastruktur bilden dabei zum einen das sog. Datawarehouse und zum anderen die Risikosoftware. Die Funktion des Datawarehouse besteht in der Speicherung der aus den Front-Office-Systemen zur Ver-

fügung gestellten Positionsdaten sowie der für die Risikoauswertung notwendigen historischen Marktdaten. Die Risikosoftware stellt als Softwareplattform alle modernen Verfahren für die Risikoanalyse zur Verfügung. Für die Risikoauswertung können somit mehrere Verfahren eingesetzt werden und hinsichtlich ihrer Güte miteinander verglichen werden. Kriterium für die Güte sind dabei die Ergebnisse aus den vom Bundesaufsichtsamt geforderten Rückvergleichen (Backtesting) zwischen Risikozahlen und Profit- und Loss Rechnung. Die Softwareplattform ist offen und flexibel gehalten, um neue Verfahren und Weiterentwicklungen der Risikoanalyse integrieren zu können. Mit dieser Infrastruktur ist das Risk Management in der Lage, täglich die Marktrisiken des Handels zu messen, zu analysieren und an das Management zu berichten. 3.2.3 Risikoanalyse und Risikosteuerung Die Kernaufgaben des Risk Management sind die Risikoanalyse und die Risikosteuerung. In der Commerzbank unterscheiden wir drei Risikokategorien: das Marktrisiko, das Kreditrisiko und die operativen Risiken.

1. Analyse von Marktrisiken und ihre Steuerung Was verstehen Risk Manager eigentlich unter dem Begriff Risiko, wenn sie von Marktrisiken sprechen? Lassen Sie mich diesen Begriff kurz etwas konkretisieren. Zunächst einmal verstehen Risk Manager darunter die zufälligen Wertschwankungen eines Handelsportfolios, die sich aus zufälligen Änderungen der Marktkonstellation ergeben. Das Maß für die Wertschwankungen ist dabei die aus der Statistik geläufige Standardabweichung vom Mittelwert. Das Risiko oder Verlustpotential bezeichnet dann die mögliche Wertminderung eines Portfolios bezogen auf die mittlere Wertänderung. Das Verlustpotential wird unter Berücksichtigung eines bestimmten Sicherheitsniveaus z.b. 95% ausgedrückt. Das bedeutet, daß der tatsächliche Verlust die ausgewiesene Risikokennziffer in der Regel - in 95% aller Fälle - nicht überschreitet. Aufsichtsrechtliche Bestimmungen wie die der BIZ oder die Kapitaladäquanzrichtlinie verlangen zudem den Ausweis des Value-at-Risk unter Zugrundelegung einer Haltedauer von 10 Handelstagen für das Portfolio und eines Konfidenzniveaus (Sicherheitsniveau) von 99%. Die Risikoanalyse setzt ein mit einer Identifikation aller im Handelsportfolio enthaltenen Marktrisiken. Um welche Risiken handelt es sich bei den Marktrisiken im einzelnen? Die Risiken der Kassainstrumente und Indizes lassen sich zum großen Teil auf die primären Risiken Aktienkurs-, Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiko zurückführen. Derivative Produkte wie Swaps oder Optionen sind neben den primären Preisrisiken mit weiteren, zusätzlichen Preisrisiken, ich möchte sie hier als sekundäre Risiken bezeichnen, verbunden.

Zum Beispiel werden unter Spreadrisiken potentielle Verluste verstanden, die aus der unterschiedlichen, nicht perfekt korrelierten Entwicklung von Zinssätzen unterschiedlicher Marktsegmente, wie Bond- und Swapzinssätze, resultieren. Der Wert einer Option wird neben dem Preis des Basisinstruments unter anderem auch entscheidend von seiner Volatilität bestimmt. Das daraus resultierende Volatilitätsrisiko ist bei der Messung von Optionsrisiken unbedingt miteinzubeziehen. Die Wertänderungen von Optionen verhalten sich im Vergleich zur Kursentwicklung der Underlyings konvex, also nichtlinear. Man bezeichnet das entsprechende Risiko als Gammarisiko. Daneben spielt besonders bei Optionen das Theta oder auch der Zeitwertverlust, obwohl nicht zufallsabhängig, eine Rolle. Exotische Derivate beinhalten darüber hinaus je nach Komplexitätsgrad eine Vielzahl weiterer sekundärer Risiken, die es in der Marktrisikoanalyse zu erfassen gilt. Welcher Methoden bedienen sich Risk Manager bei der Risikomessung? Lassen Sie mich, bevor ich diese Frage beantworte, eine wichtige Feststellung treffen. Risiken können nicht adäquat gemessen werden, wenn der Marktpreis der Positionen nicht stimmt. In der Risikoanalyse wird systematisch - nach verschiedenen Ansätzen das Verhalten der Handelspositionen bei sich verändernden Marktbedingungen untersucht. Stimmt die Ausgangssituation - der Marktpreis - nicht, kann es zu gravierenden Fehleinschätzungen kommen. Zur Messung von Marktrisiken werden die modernen Meßmethoden Varianz- Kovarianz Verfahren, historische Simulation und Monte Carlo Simulation eingesetzt. Das BAKred bezeichnet diese Verfahren als sog. "Interne Modelle" der Risikomessung. Bei dem Varianz-Kovarianz Ansatz werden auf Basis der Korrelationen und Schwankungen von Marktparametern Risiken berechnet.

Weiterführende, auch für Optionsportfolios geeignete Risikomeßverfahren stellen die historische Simulation und die Monte Carlo Simulation dar. Mit dem Verfahren der historischen Simulation werden auf der Basis historischer Marktszenarien Szenarien zur Risikomessung generiert. Im Gegensatz hierzu werden bei der Monte Carlo Simulation zufällige Szenarien zur Risikoberechnung unter Verwendung historischer Verteilungen der Marktparameter erzeugt. Wendet man solche Verfahren auf Optionsportfolios an, so werden auch die optionsspezifischen Risiken, insbesondere Gamma- und Volatilitätsrisiken, berücksichtigt und adäquat gemessen. Die von mir erwähnten Verfahren zur Risikomessung stellen im Augenblick die "state of the art" Methoden der Risikoanalyse dar. Natürlich befindet sich dieser noch relativ junge Zweig der Finanzmathematik in einer dynamischen Entwicklung. Sowohl im akademischen Bereich als auch in der "Financial Community" wird intensiv an der Weiterentwicklung von Risikomeßmethoden gearbeitet. Gefördert und gefordert wird diese Entwicklung nicht zuletzt auch durch die auf Anforderung des BAKred künftig vorzunehmende Beurteilung der Risikomeßverfahren anhand der Rückvergleiche. Den berechneten Risikokennziffern werden dabei die erzielten Handelsergebnisse, d. h. die tatsächlich eingetretenen Portfoliowertänderungen, gegenübergestellt, um die Qualität der Verfahren zu testen. Den bankinternen Modellen wird nach Prüfung des BAKred eine der drei Ampelfarben zugeordnet. Grün bedeutet: Das Modell kann weiterhin zur Risikomessung eingesetzt werden; Gelb: Das Modell ist zu überprüfen und eventuell zu verbessern;

Rot: Das Modell ist in dieser Form für die Risikomessung nicht geeignet und bedarf einer gründlichen Überarbeitung. Zusätzlich zu den beschriebenen auf modernen Risikomodellen beruhenden Risikomessungen führen Risk Manager Stress-Tests durch. Diese sollen den möglichen Wertverlust des Handelsportfolios bei extremen Marktänderungen abschätzen. Häufig werden deshalb in der Praxis historische Crash-Szenarien simuliert. Allerdings ist zu beachten, daß maximale Verluste bei Derivateportfolios nicht notwendigerweise bei extremen Änderungen der Marktsituation auftreten müssen. Manchmal können auch stabile Marktverhältnisse zu enormen Verlusten führen, denken Sie nur an ein Portfolio aus gekauften Optionen. Bei starken Marktveränderungen gewinnt dieses Optionsportfolio überproportional an Wert. Ändert sich der Markt dagegen nicht, führt dies zu Verlusten bis zum eventuellen Totalverlust der aufgewendeten Prämienzahlungen - und die können, wenn auch kalkulierbar, nicht unerheblich sein. Bei richtiger Anwendung moderner Risikomanagementsysteme werden solche Risiken transparent und lassen sich somit auch steuern. Im Rahmen des Risk Management erfolgt die Steuerung der Marktrisiken auf Basis festgelegter Limite sowie allgemeiner Regeln. Geschäftsregeln beschreiben den Rahmen innerhalb dessen der Handel seine Geschäftstätigkeit entfalten kann. Hierzu gehören z.b. die Festlegung der Märkte und Währungen, in denen aktiver Handel betrieben werden darf. Zudem regelt die Produktkompetenz, welche Produkte und Hedgeinstrumente das jeweilige Profit Center oder die einzelne Handelseinheit einsetzen darf. Ziel der Limitierung ist es dann, zunächst einmal die primären Risiken Aktienkurs-, Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiko zu begrenzen. Die mit Derivaten verbundenen sekundären Risiken - in erster Linie Gamma- und Volatilitätsrisiken - werden zudem durch ein System konsistenter Limite begrenzt. Spezielle

Stop-Loss-Limite regeln das weitere Vorgehen bei sich kumulierenden Verlusten. 2. Analyse von Kreditrisiken und ihre Steuerung Neben den Marktrisiken, haben die Kreditrisiken oder Adressenausfallrisiken aus Handelsgeschäften einen ebenso hohen Stellenwert. Hier ist sinnvollerweise nur das tatsächliche Risiko zu berücksichtigen, das sich pro Kontrahent ergibt. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: Zum einen die Möglichkeit des Netting, also bestehende Ansprüche und Verpflichtungen miteinander zu verrechnen, und zum anderen die Portfoliostruktur der mit einem Kontrahenten abgeschlossenen Geschäfte. Voraussetzung für das Netting ist natürlich die rechtliche Durchsetzbarkeit von Nettingvereinbarungen. Im Gegensatz zu Kassainstrumenten lassen sich bei Derivaten die anzurechnenden Kreditbeträge nicht an Nominalvolumina feststellen. Hier stellt das Kreditäquivalent die geeignete Größe dar. Für die Berechnung des Kreditäquivalents sind der heutige aktuelle Marktwert, also das Mark-to-Market, sowie der potentielle zukünftige Eindeckungsverlust relevant. Aufgrund von Marktschwankungen und Verkürzung der Restlaufzeit von Kontrakten können sich in Zukunft erhebliche Veränderungen der aktuellen Marktwerte ergeben. Deshalb wird durch ein Add-On zum sog. aktuellen Risiko das Kreditäquivalent abgeschätzt. Diese Zuschlagssätze können bei Anwendung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen bei Geschäften mit Zinsrisiko (Währungs- und sonstigen Risiken) pauschal nach Restlaufzeit (Ursprungslaufzeit) pro Geschäft vorgegeben werden. Möchte man aber sinnvollerweise das tatsächliche Kreditäquivalent bestimmen, sollten Add-Ons nicht nur auf der Basis von Einzelgeschäften ermittelt werden. Vielmehr sollten Add-Ons für das gesamte Kundenportfolio, also unter Berücksichtigung seines gesamten Engagements und damit von Portfolioeffekten, berechnet werden. Die potentielle Wertentwicklung des Portfolios läßt sich so

besser abschätzen und das Kreditäquivalent für das Kundenportfolio genauer bestimmen. Um mögliche Verluste aber genauer beziffern zu können, ist die Betrachtung des Kreditäquivalents nicht ausreichend. Hinzukommen müssen hier die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kontrahenten sowie die sog. Rückholquote, d.h. der Anteil eines Engagements, der wiedereingebracht werden kann. Kombiniert man diese Parameter mit dem Kreditäquivalent, erhält man realistische Schätzungen für mögliche Verluste. Für die Beurteilung von Ausfallsrisiken ist deshalb dieser mögliche Verlust von Bedeutung. Traditionellerweise werden Adressenausfallrisiken im klassischen Kreditgeschäft sowie bei derivativen Finanzinstrumenten über Kontrahentenlimite gesteuert, mit denen die Ausfallrisiken begrenzt werden sollen. Ziel ist es, durch Diversifikation der Kontrahentenstruktur das Ausfallrisiko für die Bank möglichst weit zu streuen. Kreditderivate wie Kreditoptionen und "Total Return Swaps" eröffnen die Möglichkeit diese Risiken künftig nicht nur durch Diversifikationsstrategien zu begrenzen sondern aktiv zu steuern. Sie stellen, ähnlich wie Hedgeinstrumente bei den Marktrisiken, Instrumente zur Reduzierung des Kreditrisikos dar. Beispielsweise kann durch einen sog. "Total Return Swap" die Rendite einer einzelnen Kreditposition oder eines Kreditportfolios an einen lnvestor gegen eine Kompensationszahlung auf Libor-Basis geswapt werden. Das Kreditrisiko wird hier von der Bank auf den Investor übertragen, ohne daß der Kredit weiterverkauft wird. Kreditrisiken können somit effektiv abgesichert werden, ohne auf Geschäft verzichten zu müssen. Aber noch steckt der Markt der Kreditderivate in Deutschland in den Kinderschuhen. Hier wird in den nächsten Jahres ein völlig neuer Handelszweig entstehen. 3. Analyse von operativen Risiken und ihre Steuerung

Besondere Aufmerksamkeit ist den operativen Risiken zu schenken. Nicht zuletzt ist ein großer Teil der in der Vergangenheit bekanntgewordenen Verluste, wie auch die Beispiele von Barings und kürzlich der Deutschen Morgan Grenfell zeigen, auf Ursachen in diesem Bereich zurückzuführen. Zwar gibt es im Vergleich zu den Marktrisiken keine ausgefeilte, auf quantitative Methoden beruhende Risikomessung, aber dies ist m.e. auch nicht der entscheidende Punkt. Viel entscheidender dagegen ist es, Maßnahmen zu ergreifen, um mögliche Verluste, die aus ineffizienten bankinternen Abläufen, unzureichenden Kontrollen, menschlichem Versagen, gar Betrug oder Störungen an EDV-Systemen resultieren können, zu reduzieren. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören deshalb die Optimierung von Arbeitsabläufen, klare Arbeitsanweisungen, Behebung von Fehlerquellen, ausreichende Kontrollen sowie die Erstellung von Notfallplänen. In unserem Haus haben wir hierfür das Instrument des "Ablaufcontrolling" geschaffen. Aufgabe des Ablaufcontrolling ist es, gerade auf Schwachstellen in den Abläufen hinzuweisen und diese mit den Verantwortlichen betriebssicher zu gestalten. 3.2.4 Tägliche Profit u. Loss Ermittlung für Handelsaktivitäten Meine Damen und Herren, nach meinen Erläuterungen zur Risikoanalyse möchte ich auf die integrative Betrachtung von Risikoanalyse und Ergebnismessung zu sprechen kommen. Die Beurteilung des Erfolges eines Handelsbereiches läßt sich sinnvollerweise nur mit Blick auf die eingegangenen Risiken vornehmen. Im Sinne der Risikosteuerung stellt die Ergebnismessung ein notwendiges Kontrollinstrument für strategische Kurskorrekturen dar. Die Frage, ob Risiken richtig bewertet werden, also die bereits angesprochene Frage nach den "richtigen" Risikomeß-

verfahren, läßt sich nur im Rahmen einer Risk/Return-Analyse beantworten. Die Aufgaben des Financial Controlling bestehen in der Bewertung der bestehenden Handelspositionen sowie im Ausweis des täglichen Handelsergebnisses. Welche Aspekte sind bei der Bewertung und Ergebnismessung zu berücksichtigen? Grundlage der Ergebnismessung ist die Bewertung noch offener Positionen zu aktuellen Marktkonditionen im Sinne eines Mark-to-Market auf Basis von Schlußkursen. Für börsengehandelte Papiere werden dazu nicht notwendig die amtlichen Kurse zugrundegelegt, sondern mit den Termininstrumenten konsistente Schlußkurse herangezogen. Schwieriger gestaltet sich die Marktpreisberechnung für "Over the counter"- Geschäfte, deren Wert erst über mehr oder minder komplizierte Bewertungsverfahren aus Marktinformationen wie Swapsätze zu bestimmen ist. Die relevanten Bewertungsmethoden reichen von der noch recht einfachen Barwertberechnung bei Swaps bis hin zur komplizierteren Preiskalkulation von Optionen und maßgeschneiderten Finanzprodukten. Das Financial Controlling verwendet daher die in den Front-Office-Systemen vorhandenen Bewertungsmethoden. Sicherzustellen ist dann allerdings, daß neben marktgerechten Bewertungsparametern wie Zinssätzen und Volatilitäten auch adäquate Bewertungsmodelle herangezogen werden. Bei maßgeschneiderten Instrumenten werden die einzelnen Komponenten bewertet und zu einem Preis für das Instrument aggregiert. Die Bewertung der Handelsportfolios erfolgt auf der Grundlage von Mid- Market-Sätzen. Bei einseitig ausgerichteten Büchern ist jedoch eine Bewertung zu Bid oder Offer Sätzen angebracht, je nachdem zu welchen Sätzen die Positionen geschlossen werden können.

Die täglich saldierten Bewertungsergebnisse sämtlicher offener Positionen eines Handelsportfolios sowie die bereits realisierten Ergebnisse werden zum Bruttoergebnis des Buches aggregiert. Veränderungen des Bruttoergebnisses eines Portfolios zwischen zwei Handelstagen stellen das tägliche Bruttoarbeitsergebnis des Handels dar. Möchte man das Handelsergebnis mit dem eingegangenen Risiko vergleichen, so ist das tägliche Bruttoarbeitsergebnis noch um das Ergebnis aus dem Neugeschäft und innertäglichen Geschäften zu adjustieren. Das Resultat ist die Wertveränderung des Portfolios vom Vortag unter der Prämisse einer eintägigen sog. "Buy- and Hold"-Strategie und nur diese Wertveränderung ist in Beziehung zum Risiko zu setzen. Im Sinne einer Geschäftssteuerung ist das Bruttoergebnis einer Periode natürlich um die entsprechenden Aufwendungen zu korrigieren. Für die Beurteilung des Geschäftserfolges bildet der so ermittelte Deckungsbeitrag die Grundlage. 3.2.5 Reporting von Risiko- und Ergebnismessung Damit die Ergebnis- und Risikosituation aus Handelsgeschäften richtig eingeschätzt und in gegebenenfalls erforderlich werdende Handlungen im Rahmen der Risikosteuerung umgesetzt werden kann, bedarf es eines adäquaten Berichtswesens. Hierfür werden auf täglicher Basis Reports erstellt, die für alle Handelsstellen eine Gegenüberstellung von Ergebnis- und Risikozahlen beinhalten. Außerordentliche Ertragsveränderungen, d.h. ein Ober- oder Unterschreiten eines vordefinierten Niveaus, oder auch Limitüberschreitungen werden gesondert kommentiert und mögliche Aktionen diskutiert. Dazu gehören eingehende Analysen zur Risikoposition der Handelsstellen sowie ausführliche Berichte zur Marktsituation. Schluß