Psychische Störungen durch Cybermobbing verhindern: Das Programm Medienhelden. Univ.-Prof. Dr. Herbert Scheithauer Freie Universität Berlin



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Transkript:

Psychische Störungen durch Cybermobbing verhindern: Das Programm Medienhelden Univ.-Prof. Dr. Herbert Scheithauer Freie Universität Berlin

Zitierweise: Scheithauer, H. (2013). Psychische Störungen durch Cybermobbing verhindern: Das Programm Medienhelden. Vortrag im Rahmen der CCKids- Fachforen Wissenschaft und Praxis im Dialog, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, 16.04.2013. Weitere Informationen: http://www.haw-hamburg.de/cckids

http://www.klicksafe.de/ueber-klicksafe/downloads/weitere-spots/uk-childnet-lets-fight-it-together-deutsch/

Cyberbullying/Cybermobbing [ ] jedes Verhalten, das von Individuen oder Gruppen mittels elektronischer oder digitaler Medien ausgeführt wird und wiederholt feindselige oder aggressive Botschaften vermittelt, die die Absicht verfolgen, anderen Schaden oder Unbehagen zu bereiten ( ) Bei Cyberbullying Erfahrungen kann die Identität des Täters bekannt oder unbekannt sein. Cyberbullying kann durch elektronisch vermittelte Kommunikation in der Schule stattfinden; Cyberbullying Verhalten findet jedoch häufig auch außerhalb der Schule statt (Tokunaga, 2010, S. 278, Übers. d. Verfass.).

European Cyberbullying Intervention Project www.bullyingandcyber.net 5

European Cyberbullying Intervention Project DAPHNE III Programm der EU zur Bekämpfung der Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen Partner: Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien, Polen, Griechenland www.bullyingandcyber.net 6

Einleitung Obwohl Cyberbullying ein zunehmendes Problem in Deutschland darstellt, fehlt es bisher an wirksamen Programmen. In Deutschland sind rund 17% der Schüler an Cybermobbing beteiligt. (Schultze-Krumbholz et al., 2012; Schultze-Krumbholz & Scheithauer, 2010) Daher haben wir das Präventionsprogramm Medienhelden entwickelt. 7

Einleitung Bisherige Studien zu Folgen: Negative Emotionen (Finkelhor et al., 2000; Ortega et al., 2009; Raskauskas and Stoltz, 2007; Techniker Krankenkasse, 2011) (Psycho-)Somatische Symptome (Carter, 2011; Gradinger et al., 2009; Techniker Krankenkasse, 2011) Niedriger Selbstwert (Patchin & Hinduja, 2010) Suizidale Gedanken und Suizidversuche (Hinduja & Patchin, 2010) 8

Einleitung Bisher untersuchte Risikofaktoren: Mangel an Empathie (Ang & Goh, 2010; Schultze-Krumbholz & Scheithauer, 2009; Slonje et al., 2012) Mangel an moralischen Kompetenzen (Perren & Gutzwiller-Helfenfinger, 2012) Vermehrt relationale Aggression (Schultze-Krumbholz & Scheithauer, 2009; Utsumi, 2010) Positive Einstellungen gegenüber Bullying/Cyberbullying (Barlett & Gentile, 2012; Williams & Guerra, 2007) 9

Maßnahme Prävention von Cybermobbing und Stärkung von schützenden Onlinefertigkeiten Strukturiertes, manualisiertes Präventionsprogramm Zielgruppe: Sekundarschüler der 7. bis 10. Klasse Umgesetzt durch fortgebildete und betreute Lehrkräfte Integriert in bestehendes Schulcurriculum Manual (erschienen im Mai 2012) 10

Theoretischer Hintergrund Wissen und Kompetenzen Einstellungen gegenüber best. Verhalten Subjektive Normen Wahrgenommene Verhaltenskontrolle Intention Verhalten Theory of Planned Behavior (Ajzen, 1985; 1991) 11

Intention Förderung des Bewusstsein bzgl.: Konsequenzen Einstellungen von (Cyber )Mobbing gegenüber best. für die Opfer Verhalten Rechtliche Folgen für Täter Intendierte Veränderung von: Sozialer Verantwortung Subjektive Normen Klassenklima und normen Psychoedukation hinsichtlich: Onlineschutz Wahrgenommene Verhaltenskontrolle Hilfsstrategien im Falle einer Cybermobbing Episode 12 Definition, Rechtliche Hintergründe, Online Sicherheitseinstellungen, Wissen und Kompetenzen Soziale Fertigkeiten wie Empathie Reduktion von (Cyber )Mobbing Stärkung von Verhalten schützenden Online Fertigkeiten Theoretischer Hintergrund Theory of Planned Behavior (Ajzen, 1985; 1991)

Versionen des Programms 13

Inhalte des Curriculums 14

Inhalte des Projekttags Blöcke 1 2 (inhaltlich gekürzt) Block 3 Block 4 (inhaltlich gekürzt) 15

Beispiel (I): Kleingruppen 16

Beispiel (II): Peer-to-Peer-Tutoring 17

Beispiel (III): Rollenspiele 18

Beispiel (VI): Peer-to-Parent Tutoring

Struktur der Sitzungen 20

Das Manual bietet detaillierte und praxisnahe Anleitungen zur Durchführung. Arbeitsmaterialien auf CD-ROM.

Lehrertraining/-fortbildung 2-tägig (je zwei ca. 6-stündige Blöcke) durchgeführt von stravio UG kostenpflichtig Lehrkräfte können danach Medienhelden selbst im Unterricht durchführen und bei Bedarf unterstützt werden dient der Selbstsicherheit, erhöht die Qualität und garantiert die Wirksamkeit des Programms findet i.d.r. in Berlin statt ca. 12 Teilnehmer pro Fortbildung u.a. Zusammenarbeit mit dem WEISSEN RING 22

Inhalte der Fortbildung 23

Evaluationsdesign IG Lang IG Kurz KG Curriculum Lehrertraining Projekttag Keine Intervention 8-9 Monate 2010 2011 24

Stichprobe Insges. N = 897 Schüler aus 36 Schulklassen (15 Lehrer) Hier: n = 654 Schüler aus 35 Berliner Schulklassen Geschlecht: 53% Mädchen Alter: M = 13.34 Jahre (SD = 1.00) 7.-10. Klasse, Gymn./Integr. Sek.schule 25

Instrumente Lehrer/innen machten Angaben zu Akzeptanz, Umsetzbarkeit, globaler Wirkung, etc. Schüler-Selbstberichte bezüglich: Cybermobbing-Verhalten: 12 Fragen (α =.86) Empathie im virtuellen Kontext: 7 Fragen (α =.83) Perspektivenübernahme: 8 Fragen (α =.85) Selbstwert: 8 Fragen (α =.87) Gesundheit/Wohlbefinden: 8 Fragen (α =.76) 26

Akzeptanz/Wirkung (Lehrer global -) Wie haben Ihnen die Materialien insgesamt gefallen? Denken Sie, dass sich durch Medienhelden etwas in der Klasse verändert hat? 28,6 sehr gut sehr viel 42,9 85,7 28,6 14,3 gar nicht nichts 27

Wirksamkeit (Schüler) 28

Diff. T3-T1 Verbesserung Verschlechterung Effekt

Treatment Efficacy (Schüler) Effektstärken IG kurz vs. KG (Cohen s d) IG lang vs. KG (Cohen s d) CB_Verhalten -0.15-0.30 CB_Empathie 0.14 0.19 Persp. Übernahme 0.27 0.15 0.17 Selbstwert 0.07 0.21 Subj. Gesundheit. 0.20 0.32 30

Fazit Medienhelden wird von Lehrern als gut geeignetes, schulbasiertes Präventionsprogramm wahrgenommen. Ferner ist es nachweislich hochwirksam in der Prävention von Cybermobbing und der Stärkung sozialer Fertigkeiten und zeigt positive Nebenwirkungen bei Schülern. Medienhelden-Zertifikat 33

Kontakt Medienhelden@zedat.fu-berlin.de 34

Fragen?

Referenzen Ajzen, I. (1985). From intentions to actions: A theory of planned behavior. In J. Kuhland & J. Beckman (Eds.), Action-control: From cognitions to behavior (pp. 11-39). Heidelberg: Springer. Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, 179-211. Schultze-Krumbholz, A., Jäkel, A., Schultze, M., & Scheithauer, H. (2012). Emotional and behavioural problems in the context of cyberbullying: a longitudinal study among German adolescents. Emotional & Behavioural Difficulties, 17(3/4), 329-345. doi: 10.1080/13632752.2012.704317 Schultze-Krumbholz, A., Zagorscak, P., Siebenbrock, A. & Scheithauer, H. (2012). Medienhelden - Unterrichtsmanual zur Förderung von Medienkompetenz und Prävention von Cybermobbing. München: Reinhardt Verlag. 36