Aus dem Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau



Ähnliche Dokumente
Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

PCD Europe, Krefeld, Jan Auswertung von Haemoccult

Die HIT ist keine Allergie! Da die von ihr ausgelösten. Krankheitsbild. Was ist eine Histamin- Intoleranz?

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Protokoll des Versuches 7: Umwandlung von elektrischer Energie in Wärmeenergie

Cytomegalie & Co. Häufige Virusinfektionen in der Schwangerschaft. Deutsches Grünes Kreuz e.v.

Patienteninformation: Gentestung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Basis-Information):

2 Physikalische Eigenschaften von Fettsäuren: Löslichkeit, Dissoziationsverhalten, Phasenzustände

Wir arbeiten mit Zufallszahlen

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Behörde für Bildung und Sport Abitur 2008 Lehrermaterialien zum Leistungskurs Mathematik

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Osteoporose. Ein echtes Volksleiden. Schon jetzt zählen die Osteoporose und die damit verbundene erhöhte Brüchigkeit der Knochen

Arbeitsmarkteffekte von Umschulungen im Bereich der Altenpflege

Gefährlich hohe Blutzuckerwerte

2.8 Grenzflächeneffekte

Hirnödeme bei HAE was Patienten wissen sollten

QM: Prüfen -1- KN

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen. Pränatales Screening. Leitfaden für werdende Mütter und Väter. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

Statistische Auswertung:

4. Erstellen von Klassen

Zahlen auf einen Blick

RSV. RSV kennen. Das Virus, das Eltern kennen sollten. Informationen. Kinder schützen

Protokoll zur Übung Ölanalyse

Labortests für Ihre Gesundheit. Alkohol und Drogen 03

OECD Programme for International Student Assessment PISA Lösungen der Beispielaufgaben aus dem Mathematiktest. Deutschland

2. Psychologische Fragen. Nicht genannt.

DemTect. Vorgehen. Beurteilung. 58 DemTect

Vor- und Nachteile der Kastration

Insiderwissen Hintergrund

Handbuch. NAFI Online-Spezial. Kunden- / Datenverwaltung. 1. Auflage. (Stand: )

Übungsblatt zu Säuren und Basen

Besser leben mit Gicht. Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6. Zu starke Schweißbildung. besser natürlich behandeln. Gicht-Telegramm

Gutes Leben was ist das?

Praktikum Physik. Protokoll zum Versuch: Geometrische Optik. Durchgeführt am

Modellbildungssysteme: Pädagogische und didaktische Ziele

Politikverständnis und Wahlalter. Ergebnisse einer Studie mit Schülern und Studienanfängern

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

1. Theorie: Kondensator:

AUTOMATISIERTE HANDELSSYSTEME

Technische Universität Chemnitz Chemisches Grundpraktikum

So geht s Schritt-für-Schritt-Anleitung

Daten und Fakten. Gemeinschaftspraxis der Frauenärzte. Informationen zum Thema Kinderwunschbehandlung. Zentrum für Reproduktionsmedizin

Repetitionsaufgaben Wurzelgleichungen

Simulation LIF5000. Abbildung 1

Das Vermögen der privaten Haushalte in Nordrhein-Westfalen ein Überblick auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe

Kapitel 13: Laugen und Neutralisation

Ein neues System für die Allokation von Spenderlungen. LAS Information für Patienten in Deutschland

Kreativ visualisieren

Biochemisches Grundpraktikum

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Säure-Base-Titrationen

Lineare Funktionen. 1 Proportionale Funktionen Definition Eigenschaften Steigungsdreieck 3

Erstellen von x-y-diagrammen in OpenOffice.calc

1. Einführung Erstellung einer Teillieferung Erstellung einer Teilrechnung 6

Tipp III: Leiten Sie eine immer direkt anwendbare Formel her zur Berechnung der sogenannten "bedingten Wahrscheinlichkeit".

Ringversuch zur 9. Pilztagung des VDB 2005 in Hamburg

Der HIV-Antikörper-Schnelltest aus Sicht des Labormediziners. Dr. Thomas Berg, Berlin

Daten sammeln, darstellen, auswerten

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

6 Schulungsmodul: Probenahme im Betrieb

Ergebnis und Auswertung der BSV-Online-Umfrage zur dienstlichen Beurteilung

Bericht über die Untersuchung zur Erblichkeit von Herzerkrankungen beim PON

Diabetes mellitus : Folgeschäden

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

Welche Unterschiede gibt es zwischen einem CAPAund einem Audiometrie- Test?

Inaugural - Dissertation zur Erlangung der Zahnmedizinischen Doktorwürde der Charité-Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin

Labortests für Ihre Gesundheit. Suchtests bei Schwangeren und Neugeborenen 25

in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Mean Time Between Failures (MTBF)

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Elektrische Messtechnik Protokoll - Bestimmung des Frequenzgangs durch eine Messung im Zeitbereich

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Oxidation und Reduktion Redoxreaktionen Blatt 1/5

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Private Altersvorsorge

LEITFADEN ZUR SCHÄTZUNG DER BEITRAGSNACHWEISE

ratgeber Urlaub - Dein gutes Recht

Versuch 3. Frequenzgang eines Verstärkers

Musterprüfung Chemie Klassen: MPL 09 Datum: April 2010

Handbuch Fischertechnik-Einzelteiltabelle V3.7.3

Bundesverband Flachglas Großhandel Isolierglasherstellung Veredlung e.v. U g -Werte-Tabellen nach DIN EN 673. Flachglasbranche.

GEVITAS Farben-Reaktionstest

PTV VISWALK TIPPS UND TRICKS PTV VISWALK TIPPS UND TRICKS: VERWENDUNG DICHTEBASIERTER TEILROUTEN

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Kulturelle Evolution 12

Neomentum Coaching. Informationsbroschüre für Studienteilnehmer

Befunderhebungsfehler aus der Sicht des niedergelassenen Arztes

Hohe Kontraste zwischen Himmel und Landschaft abmildern

EEG. Messung der elektrischen Aktivität der Nervenzellen im Gehirn

4. BEZIEHUNGEN ZWISCHEN TABELLEN

Plasma spenden und Leben retten.

Anwendungshinweise zur Anwendung der Soziometrie

Informationsblatt Induktionsbeweis

Transkript:

Aus dem Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Untersuchung der Fettsäurenoxidation mittels eines funktionellen β- Oxidationstests bei gesunden und stoffwechselkranken Kindern und Kindern mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität-Freiburg im Breisgau vorgelegt 2005 von Beatrice Schweiger geboren in Freiburg im Breisgau

Dissertation im Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg. Dekan Prof. Dr. Christoph Peters 1. Gutachter Prof. Dr. med K.O. Schwab 2. Gutachter PD Dr. med K. Winkler Jahr der Promotion 2006

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 1. EINLEITUNG 1 1.1. DER FETTSÄURENABBAU 1 1.1.1. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN 1 1.1.2. PATHOGENESE VON FETTSOFFWECHSELERKRANKUNGEN 4 1.1.3. ENZYM UND TRANSPORTERDEFEKTE 5 1.2. DIAGNOSTIK 9 1.3. ZIELE DER ARBEIT 11 2. MATERIAL 12 2.1. VERWENDETES BLUT 12 2.2. ETHIKANTRAG 13 2.3. CHEMIKALIEN 14 2.4. RADIOAKTIVE 3 H-CHEMIKALIEN 14 2.5. VERBRAUCHSMATERIALIEN 14 2.6. GERÄTE 15 2.7. ZUSAMMENSETZUNG DER ANGESETZTEN LÖSUNGEN 15 3. METHODEN 17 3.1. MESSUNG DER OXIDATIONSRATEN 17 3.2. VALIDIERUNGSUNTERSUCHUNGEN 18 3.3. LEUKOZYTENZÄHLUNG 21 3.4. METHODIK DES TESTS 21 3.4.1. VORBEREITUNG DER REAKTIONSGEFÄßE 21 3.4.2. BEARBEITUNG DES EDTA-BLUTES 22 3.5. GEWINNUNG DES 3 H-MARKIERTEN WASSERS 22 3.6. MESSUNG DER MENGE DES 3 H-MARKIERTEN WASSERS 23

3.7. BERECHNUNG DER ABSOLUTEN UND DER RELATIVEN OXIDATIONSRATEN 23 3.7.1. BERECHNUNG DER KONSTANTEN 23 3.7.2. BERECHNUNG DER ABSOLUTEN OXIDATIONSRATE 25 3.7.3. BERECHNUNG DER RELATIVEN OXIDATIONSRATE 25 3.8. STATISTIK 25 4. ERGEBNISSE 26 4.1. AUSWERTUNG DER VALIDIERUNGSUNTERSUCHUNGEN 26 4.1.1. ART DES CHROMATOGRAPHISCHEN TRENNUNGSVERFAHREN 26 4.1.2. VERSCHIEDENE MÖGLICHKEITEN DES EINBRINGENS DER RADIOAKTIVEN SUBSTANZEN 27 4.1.3. VERGLEICH VERSCHIEDENER REAKTIONSGEFÄßE 28 4.1.4. INKUBATIONSZEIT 29 4.1.5. HALTBARKEIT DES BLUTES 29 4.1.6. INTRA-ASSAY-VARIANZ 31 4.1.7. INTER-ASSAY-VARIANZ 32 4.1.8. ART DER BLUTENTNAHMERÖHRCHEN 33 4.1.9. AUSWERTUNG DER LEUKOZYTENZÄHLUNG 35 4.2. ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNGEN VERSCHIEDENER PATIENTENGRUPPEN 37 4.2.1. AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNG VERSCHIEDENER ALTERSGRUPPEN 37 4.2.2. AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNG DER KONTROLLGRUPPE 40 4.2.3. AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNG VON PATIENTEN MIT FETTSÄURENOXIDA- TIONSSTÖRUNGEN 41 4.2.4. AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNGEN MIT PATIENTEN DER KLINIK IV, PÄDIATRISCHE HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE 45 5. DISKUSSION 49 5.1. VALIDIERUNGSUNTERSUCHUNGEN 49 5.2. KLINISCHE FRAGESTELLUNG 51 5.2.1. UNTERSUCHUNG DER VERSCHIEDENEN ALTERSGRUPPEN 51 5.2.2. UNTERSUCHUNG DER KONTROLLGRUPPE 51 5.2.3. UNTERSUCHUNG DER PATIENTEN MIT FETTSÄURENOXIDATIONSDEFEKT 52 5.2.4. UNTERSUCHUNG DER PATIENTEN DER KLINIK VI HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE 54

6. AUSBLICK 57 7. ZUSAMMENFASSUNG 58 8. LITERATUR 59 9. ANHANG 70 10. DANKSAGUNG 94

1 1. Einleitung 1.1. Der Fettsäurenabbau 1.1.1. Biochemische Grundlagen Lipide gehören neben Kohlenhydraten und Eiweiß zu den wichtigsten Nahrungsbestandteilen des Menschen, können jedoch auch von diesem selbst synthetisiert werden. Sie übernehmen vielfältige und unerlässliche Funktionen des Körpers. Eine dieser Funktionen ist die Energiespeicherung in einem spezialisiertem Gewebe, dem Fettgewebe. Lipide stellen als Triacylglyceride den größten Energiespeicher des Organismus dar und können infolge dessen unter Energiegewinnung wieder abgebaut werden. Langkettige Fettsäuren sind integrale Bestandteile dieser Triacylglyceride, die bei Nahrungsmangel oder nach Verbrauch der Glykogenreserven während längerer Fastenperioden mittels der mitochondrialen Fettsäurenoxidation abgebaut werden, und so zur Deckung des Energiebedarfs beitragen (27,59). Fettsäuren entstehen durch Lipolyse aus Triacylglyceriden, die vor allem im Fettgewebe durch die Lipoproteinlipase katalysiert wird. Da Fettsäuren jedoch relativ reaktionsträge Verbindungen sind, müssen sie vor Eintritt in den Stoffwechsel aktiviert werden. Diese Aktivierung erfolgt unter Bildung von Acyl-Coenzym-A (Acyl-CoA) unter ATP- Verbrauch im Cytosol der Zelle. Diese sogenannten langkettigen Fettsäuren (C16-C20) können nun in den Kreislauf der β-oxidation eintreten. Am Anfang des Fettsäurenabbaus steht die enterale Resorption bzw. tubuläre Rückresorption des für die Fettsäurenoxidation unentbehrlichen L-Carnitins mit Hilfe eines Transportproteins, um den intrazellulären Bedarf zu gewährleisten. Die Oxidation der Fettsäuren findet in der Matrix der Zellmitochondrien statt. Um dorthin zu gelangen müssen erst die äußere und die innere Mitochondrienmembran überwunden werden. Dies geschieht unter Vermittlung des sogenannten Carnitin- Shuttles. Dieser besteht aus drei Komponenten: der Carnitin- Palmitoyl- Transferase I ( CPT I), der Carnitin- Acylcarnitin- Translokase und der Carnitin- Palmitoyl- Transferase II ( CPT II). Um die äußere Membran passieren zu können, werden die langkettigen Fettsäuren durch die CPT I zu Acylcarnitinen umgewandelt. Der Transport der Acylcarnitine durch die innere Mitochendrienmembran wird durch die Translokase bewerkstelligt. Die Rückve-

2 resterung zu Acyl- CoA findet auf der Innenseite der inneren Membran mit Hilfe der CPT II statt. Fettsäuren mit einer Kettenlänge kleiner als 12 C-Atome passieren die Membranen ohne Hilfe des Shuttles und werden dann in der Matrix zu Acyl-CoA Estern aktiviert (38). Abb. 1: Schematische Darstellung der Verstoffwechselung von Fettsäuren; von der Aufnahme der Fettsäure in das Mitochondrium bis zum vollständigen Abbau zu Acetyl-CoA und die Metabolite der Atmungskette. (O.M.M.= äussere Mitochondrienmembran, I.M.M.= innere Mitochondrienmembran, CPT1= Carnitintransporter 1, CPT 2= Carnitintransporter 2, VLCAD= very long chain Acyl-CoA-Dehydrogenase, MTP= mitochondriales trifunktionales Protein, MCAD= medium chain Acyl-CoA-Dehydrogenase, SCAD= shortl chain AcylCoA- Dehydrogenase, SCHAD= short chain hydroxyacyl-coa- Dehydrogenase, ETF= electron transfering flavoprotein) Quelle: Marinus Duran, Disorders of mitochondrial fatty acid oxidation and ketone body handling (8).

3 In der nun folgenden β-oxidation (siehe Abb. 1) durchlaufen die aktivierten Fettsäuren mehrere Zyklen, in welchen die Fettsäuren jedesmal um zwei C- Atome gekürzt werden, bzw. ein Acetyl-CoA abgespalten wird. Acetyl- CoA wird in den Citratzyklus zur Energiegewinnung eingespeist und vollständig zu CO 2 und Wasser abgebaut oder für die Ketogenese verwendet. Dieser Vorgang wiederholt sich so oft bis die Fettsäure vollständig zu Acetyl-Co A abgebaut sind. Jeder Zyklus wird abhängig von der Kettenlänge der jeweiligen Fettsäure von vier verschiedenen Enzymen katalysiert. Der Abbau gesättigter geradzahliger Fettsäuren wird durch eine FAD- abhängige Acyl-CoA- Dehydrogenase (VLCAD, LCAD, MCAD oder SCAD),eine 2-enoyl-CoA- Hydratase (SCEH (= Crotonase) und LCEH), eine NAD + -abhängige L-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase ( LCHAD und SCHAD) und eine 3-Ketoacyl-CoA-Ketothiolase ( MCKAT und LCKAT) jeweils für kurz-, mittel- und langkettige Fettsäuren bewerkstelligt (65). Die Endprodukte FADH und NADH geben ihre Reduktionsäquivalente an das ETF (electron transfering flavoprotein) weiter, das direkt mit dem Ubichinon der Atmungskette reagiert, um Energie in Form von ATP entstehen zu lassen (11). Langkettige Fettsäuren werden von der VLCAD, der LCEH, der LCHAD und der LKAD gekürzt. Ist durch Wiederholen des beschriebenen Zyklus eine mittlere Kettenlänge (C 14) erreicht, lösen sich die Acyl-Co-A -Verbindungen vom Enzymkomplex und werden durch die entsprechenden Enzyme für mittel- und kurzkettige Fettsäuren weiter abgebaut, bis ein letztes Acetyl-Co-A dem Citratzyklus zugeführt wird, um daraus weitere Reduktionsäquivalente (FADH und NADH) für die Energiegewinnung (ATP) in der Atmungskette bereitzustellen. Die einzelnen Enzyme weisen eine hohe Kettenlängenspezifität auf, die sich aber meistens gegenseitig überlappt. Die VLCAD baut Acyl-CoAs mit einer Kettenlänge von C12 bis C24-CoA ab mit der höchsten Aktivität bei Palmitoyl-CoA (C16) (19), die MCAD mit einer Kettenlänge von C4 bis C16-CoAs mit der höchsten Aktivität bei C6- und C8-CoA. Die SCAD beschränkt sich auf C4- und C6-CoA und weist ein Optimum bei C4-CoA auf (65). Die LCAD baut Fettsäuren mit einer Kettenlänge von C6 bis C20 ab und hat die höchste Substratspezifität bei C12. Nach den Erkenntnissen von Mao et al 1995 (28) und Wanders et al 1998 (66) ist sie weniger am Abbau der unverzweigtkettigen Fettsäuren beteiligt, sondern spielt in der β- Oxidation der verzweigtkettigen Fettsäuren eine größere Rolle.

4 Von der Enoyl-CoA-Hydratase existieren zwei verschiedene Formen; eine SCEH allgemein bekannt als Crotonase für kurzkettige Fettsäuren von C4 bis C16 mit der höchsten Substratspezifität bei C4 und eine LCEH für langkettige Fettsäuren, die auch Teil des mitochondrialen trifunktionalen Proteins (MTP) ist (65,61). Entsprechend enthält das Mitochondrium zwei verschiedene Enzyme der Hydroxyacyl-CoA- Dehydrogenase; die SCHAD und die LCHAD, auch eines der drei Enzyme des mitochondrialen trifunktionalen Proteins (MTP) (65,61). Von der Ketoacyl-CoA Thiolase wurden drei verschiedene Formen gefunden; ein Enzym für kurzkettige Fettsäuren, bei dessen Ausfall die ß-Oxidation weiterhin normal bleibt. Die zweite Thiolase ist die MCKAT, die Fettsäuren von C4 bis C12 abbaut. Die dritte Thiolase ist wieder Teil des trifunktionalen Enzyms (MTP) (61), die LCKAT mit der größten Aktivität bei einem C12-Substrat (65). 1.1.2. Pathogenese von Fettsoffwechselerkrankungen Störungen der Fettsäureoxidation werden in der Mehrzahl durch mitochondriale Enzym- oder Transporterdefekte verursacht, die mit einer Verminderung des Abbaus kurz-, mittel- oder langkettiger Fettsäuren einhergehen. Sie werden in der Regel autosomal rezessiv vererbt. Die kumulative Häufigkeit liegt derzeit bei ca. 1:14800 (21). Die erste Beschreibung einer Fettsäurenoxidationsstörung war die eines MCAD- Mangels in den frühen 1980ern (58). Bis heute werden immer weitere solcher Enzymdefekte entdeckt und lassen das Gebiet der angeborenen Fettsäurenoxidationsdefekte immer wichtiger werden, im Bereich der Forschung und der Diagnosestellung. Durch den Defekt stauen sich charakteristische Stoffwechselprodukte in den Zellen und im Blut an, die wiederum zu einer Energiedefizienz des Körpers führen, die abhängig von dem jeweiligen Defekt ist. Im weiteren Verlauf so einer Stoffwechselkrise haben akkumulierende Stoffwechselprodukte auch toxische Effekte auf Gehirn, Muskulatur, Herz und Leber. Typisch für Fettsäureoxidationsstörungen können eine hypoketotische Hypoglykämie, manchmal kombiniert mit einer Hyperammonämie sein. Weitere klinischen Symptome können abhängig von dem Defekt akute oder chronische Kardiomyopathie, Skelettmuskelschwäche, metabolische Azidose, belastungsabhängige Rhabdomyolyse bis hin zur Entwicklung eines lebensbedrohlichen fasteninduzierten Komas sein (21,26).

5 Knapp 20 Defekte der Fettsäuren-Oxidation sind derzeit bekannt und viele manifestieren sich im frühen Kindesalter als lebensbedrohende metabolische Krisen, die dadurch zustande kommen, dass sich zu viele Fettsäuren und deren Metabolite im Gewebe anstauen, die nicht zur Energieversorgung beitragen können. Es folgt ein E- nergiedefizit und es kommt zu einer katabolen Stoffwechsellage, die in einer Dekompensierung münden. 1.1.3. Enzym und Transporterdefekte Primärer systemischer Carnitinmangel (Carnitin-Transporter-Defekt) Carnitin-Palmitoyl-Transferase I-Mangel (CPT-I-Mangel) Carnitin/Acylcarnitin- Translocase- Mangel (CACT-Mangel) Carnitin-Palmitoyl- Transferase II- Mangel (CPT II) Short-chain-Acyl-Co-A- Dehydrogenase Mangel (SCAD) Medium-chain-Acyl-Co-A Dehydrogenase Mangel (MCAD) Very-long-chain-Acyl-Co-A- Dehydrogenase- Mangel (VLCAD) Long-chain-3- Hydroxy-Acyl-Co-A- Dehydrogenase- Mangel (LCHAD) Defekt des mitochondrialen trifunktionalen Enzyms multipler Acyl-Co-A- Dehydrdogenase- Mangel bzw. Glutarazidurie (MADD, GAII) 2,4- Dienoyl-CO-A-Reduktase-Mangel Primär systemischer Carnitinmangel: Ursache sind Mutationen im Gen des Carnitintransporters. Sie führen zu mangelnder Aufnahme von Carnitin in das Zytoplasma von Herz- und Skelettmuskelzelle, was bereits in den ersten Lebensmonaten zu progressiver Kardiomyopathie, Hypoglykämie und Muskelschwäche führen kann. Ohne Carnitinsubstitution führen diese Symptome zum Tod (6,9,36). Im Blut sind die Transaminasen erhöht. Charakteristisch für diesen Defekt sind die sehr niedrigen Plasmacarnitinkonzentrationen (< 10µmol/l) und die erniedrigten langkettigen Acylcarnitine. Im Urin sind normale bis leicht erhöhte Dicarbonsäuren nachweisbar (8). Zudem sind sehr hohe Konzentrationen von Carnitin nachweisbar, die sich mit der fehlenden tubulären Rückresorption erklären lassen. Die hohen renalen Carnitinverluste erkären die niedrigen Plasmaspiegel.

6 CPT-I-Mangel: Ein CPT-I-Mangel macht sich schon in der frühen Kindheit vor allem an der Leber bemerkbar. Das klinische Bild äußert sich in einer hypoketotischen Hypoglykämie, Hepatomegalie und Koma, tritt aber hauptsächlich fasten- oder krankheitsbedingt auf (6,9,36). Die Plasmacarnitin-Werte sind normal bis erhöht, die langkettigen Acylcarnitine sind erniedrigt. Im Urin können keine bis minimal erhöhte Dicarbonsäuren nachgewiesen werden. Weiterhin wird eine renal tubuläre Azidose klinisch erkennbar. Eine hypoketotische Hypoglykämie und das Fehlen von Dicarbonsäuren im Urin sowie erhöhtes freies Carnitin im Plasma sind die klassischen Befunde für einen CPT-I- Mangel (8). Carnitin/Acylcarnitin-Translokase-Mangel Auch ein mitochondrialer Translokase-Mangel kann sich schon im Säuglingsalter bemerkbar machen und verläuft meist letal. Dieser Defekt macht sich klinisch durch Muskelschwäche, hypoketotische Hypoglykämie und Kardiomyopathie mit Herzrhythmusstörungen bemerkbar (6,9,36). Eine Leberbeteiligung führt zu erhöhten Transaminasen im Plasma. Desweiteren ist im Plasma eine Erhöhung der Creatinkinase, ein erniedrigter Carnitinspiegel, dagegen aber eine Erhöhung speziell der C16- C18 Acylcarnitine auffällig. Die Dicarbonsäuren sind im Urin normal bis leicht erhöht (8). CPT-II-Mangel Vom CPT-II-Mangel gibt es zwei klinische Erscheinungsformen. Die häufigere Form ist der CPT-II-Mangel vom muskulären Typ, der in den meisten Fällen erst im Jugend- und Erwachsenenalter in Erscheinung tritt und zwar in Form von Muskelschmerzen und Muskelschwäche, ausgelöst durch Infekte, Fasten und körperliche Betätigung. Eine ausgeprägte Rhabdomyolyse und eine Myoglobinurie unter verstärkter körperlicher Belastung sind charakteristisch. Die seltenere Form des CPT-II-Mangels manifestiert sich schon im Neugeborenenalter und verläuft meist tödlich. Die Klinik zeigt ein hypoketotisches hypoglykämisches Koma, Hepatomegalie, Kardiomegalie mit Kardiomyopathie und Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche (6,9,36). Im Plasma sind Transaminasen, Creatinkina-

7 se und die C16-C18 Acylcarnitine erhöht. Der Carnitinspiegel ist erniedrigt. Im Urin sind keine Dicarbonsäuren nachweisbar (8). SCAD-Mangel Dieser Erkrankung liegt eine verminderte Oxidation der kurzkettigen Fettsäuren zugrunde. Sie kann sich in fast jedem Alter in unterschiedlichen klinischen Erscheinungsformen manifestieren. Im Neugeborenenalter zeigt dieser Defekt meist eine schwere Verlaufsform und ist teilweise tödlich, wobei Muskelschwäche und Erbrechen im Vordergrund stehen. Die Säuglinge nehmen keine Nahrung mehr zu sich und sind hypoglykämisch (67,9,36). Die Laboruntersuchungen ergeben eine Laktatacidose und Hyperammonämie. Im Plasma sind die Ketonköper und das Butyrylcarnitin erhöht, das freie Carnitin ist normal bis erniedrigt. Im Urin sind die kurzkettigen organischen Säuren Ethylmalonat und Methylsuccinat erhöht. Im Erwachsenenalter ist dieser Defekt in aller Regel symptomlos und äußert sich gelegentlich in einer muskulären Schwäche der Extremitäten. Bei den Plasmacarnitinen ist vor allem C4 erhöht. Im Urin ist Ethylmalonat erhöht (8,5). MCAD Defekte: Der MCAD-Mangel ist die häufigste β-oxidationsstörung. Sie tritt in unterschiedlicher Frequenz in Europs und Nordamerika auf ( Inzidenz 1:10000 bis 1:100000 ) (9,70). Das Alter der klinischen Erstmanifestation variiert zwischen wenigen Tagen und 15 Jahren. 25 % der erkrankten Säuglingen sterben plötzlich und unerwartet während der ersten klinischen Manifestation (9). 25 % der Erkrankten bleiben ihr Leben lang symptomlos (34). Klinisch läuft dieser Defekt in immer wieder gleichen Episoden ab. Zwischen diesen Episoden sind die Patienten völlig asymptomatisch. Sie weisen eine Intoleranz gegenüber Fasten, Erbrechen und Hypoglykämie auf, was meistens mit einem akuten Infekt am Anfang verbunden ist. Dies führt zu muskulärer Schwäche, Azidose, Lethargie, zerebralen Anfällen und Koma. Es besteht eine Hepatomegalie (67,9,36). Die Ketonkörper sind im Blut erniedrigt bis normal, der Ammoniakgehalt ist nur wenig erhöht. Im Plasma sind die Transaminasen wenig erhöht, das freie Carnitin ist normal bis erniedrigt. Die C8-C10 Acylcarnitine und die mittelkettigen Fettsäuren sind erhöht. Im Urin sind die C6-C10 Dicarbonsäuren und mittelkettigen Acylglycine erhöht (8,34,5).

8 VLCAD- und LCAD- Defekte: Klinisch manifestieren sich diese Defekte schon bei Neugeborenen meist äußerst schwer mit fasten- induziertem Koma und zusätzlich einer chronischen Kardiomyopathie, Hepatomegalie und Hypotonie. Da schon der Initialschritt der ß-Oxidation gestört ist und die Energiegewinnung aus Fettsäuren damit vollständig ausfällt, ist das Energiedefizit somit entsprechend schwer, bis hin zum plötzlichen Kindstod (67). Im Labor sind eine Erhöhung der Leberenzyme und der CK sichtbar. Die Dicarbonsäuren und die langkettigen Acylcarnitine sind erhöht. Freies Carnitin ist vermindert. Vom VLCAD-Defekt ist auch eine mild verlaufende Form bekannt, die sich erst im Erwachsenenalter bemerkbar macht (8). Defekt des mitochondrialen trifunktionalen Proteins (MTP) und LCHAD-Defekt: Das MTP besteht aus drei verschiedenen Enzymen, der LCEH, LCHAD und der LCKAT. Bei Erkrankungen die das MTP betreffen, ist das komplette Protein instabil, d.h. alle drei Enzyme fehlen. Bei einem LCHAD-Mangel ist nur ein Teil des MTPs defekt. Da beim MTP-Defekt die klinische Symptomatik hauptsächlich auf den LCHAD-Mangel zurückzuführen ist, sind die beiden Defekte in ihrer Ausprägung nahezu gleich. Diese Defekte machen sich im Säuglingsalter mit hypoketotischer Hypoglykämie mit folgendem Koma, schwer verlaufender Kardiomyopathie und Leberfunktionsstörungen klinisch bemerkbar (67,45,14). Die Leberenzyme und Laktat sind im Blut erhöht. Im Urin sind die Hydroxydicarbonsäuren und die Dicarbonsäuren vermehrt vorhanden. Im Plasma lassen sich vermehrt die langkettigen Acylcarnitine und langkettigen 3-Hydroxydicarbonsäuren nachweisen. Freies Carnitin ist vermindert. Es sind auch mildere Verläufe dieser Defekte im späteren Jugendalter und Erwachsenenalter bekannt, die sich mit Muskelschmerzen, Rhabdomyolyse und einer peripheren Neuropathie zeigen. Der MTP-Defekt wird im Vergleich zum LCHAD-Mangel öfters mit dem plötzlichen Kindstod assoziiert (8,43,12), der praktisch immer letal verläuft. LCHAD Patienten müssen sehr streng eingestellt werden, um den typischen Langzeitproblemen wie Neuropathie und Retinopathia pigmentosa vorzubeugen.

9 1.2. Diagnostik Fettsäureoxidationsdefekte machen sich durch akute und chronische Stoffwechselentgleisungen mit progredienter Symptomatik bemerkbar. Bei Patienten mit einem akuten Geschehen ist die Gefährdung stets sehr hoch und ein rascher Handlungsbedarf erforderlich. In schweren Fällen kann durch Fasten ein endogener Fettabbau entstehen, der im Koma mündet, das ein sehr hohes Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko aufweist. Die rechtzeitige und schnelle Erkennung solcher Krisen ist von großer Bedeutung, da die Patienten vor dem erstmaligen Auftreten ein völlig unauffälliges klinisches Bild zeigen können. Doch gibt es auch immer wieder Fälle deren Diagnose erst postmortal gestellt werden konnte. Deshalb ist eine schnelle und sichere Diagnostik erforderlich (11,15). Für die Primärdiagnostik stehen heute eine Reihe von unterschiedlichen Methoden zur Verfügung. Eine davon stellt die Bestimmung von Aminosäuren, freiem Carnitin und Acyl- Carnitinen mittels der Tandemmassenspektrometrie dar. Dafür können Serum, Blutplasma, Urin oder aus einer Trockenblutprobe extrahierte Stoffe benutzt werden (64). Das Prinzip besteht darin, dass geladene Teilchen, die im Vakuum durch ein elektrisches Feld beschleunigt werden, sich anschließend in einem Magnetfeld unterschiedlich stark ablenken lassen. Die Ablenkung ist proportional zum Verhältnis von Masse zu Ladung. Für die Beurteilung werden die absoluten Konzentrationen der Metaboliten, im Falle der Fettsäureoxidationsstörungen sind das die A- cylcarnitine, aber auch die Verhältnisse der einzelnen Metaboliten (Acylcarnitine) zueinander benutzt (70, 42). Da es bei den meisten Stoffwechselerkrankungen zu Verschiebungen in mehreren Metaboliten kommt, können die einzelnen Defekte duch charakteristische Abweichungsmuster erkannt werden. Damit können Stoffwechseldefekte im Harnstoff-, Aminosäuren- und im Fettsäurenstoffwechsel gescreent werden (69, 62,37). Eine weitere Diagnosesicherung ist das Acylcarnitin-Profiling in Blutzellen, isolierten Mitochondrien oder angezüchteten Fibroblasten. Nach Gewinnung solcher Zellen durch Biopsien oder Blutentnahmen werden diese angezüchtet, was ca. 6 Wochen dauert und mit bestimmten Substanzen inkubiert. Dies können unmarkierte, radioaktiv-markierte oder mit stabilen Isotopen markierte Fettsäuren unterschiedlicher Länge und Carnitin sein (56,63). Während der Inkubation werden die Fettsäuren verstoffwechselt und es entstehen charakteristische Metabolitenmuster der Acylcarnitine, die

10 wieder durch die Tandemmassenspektrometrie sichtbar gemacht werden können(39,40). Da jedem einzelnen Enzymdefekt ein bestimmtes Acylcarnitinprofil zugeordnet werden kann, kann somit eine Aussage über das betroffene Enzym gemacht werden (60,51). Eine weitere Methode ist die Enzymaktivitätsbestimmung in angezüchteten Hautfibroblaste, Lymphozyten oder Gewebebiopsien. Eine weitere diagnostische Möglichkeit ist die molekulargenetische Bestimmung von Mutationen. Desweiteren ist dies die labordiagnostisch aufwendigste und nicht zur Primärdiagnostik bzw. als Screeningverfahren geeignete Methode. Diese Untersuchung wird als Bestätigungtest bei bekannten Mutationen nach Auffinden von pathologischen Acylcarnitinmustern in der Tandemmassenspektrometrie durchgeführt. Eine weitere Methode als Screeningverfahren der Fettsäurenoxidationsstörungen entwickelte L.E. Seargeant et al 1999. Für dieses Verfahren werden eine nur geringe Menge (80µl) Vollblut des Patienten gebraucht. Dieses wird mit radioaktiv markiertem Palmitat inkubiert, dass bei Durchlaufen der β-oxidation und des Citratzyklus unter Bildung von tritiummarkiertes Wasser abgebaut wird. Die Menge des produzierten Wassers wird indirekt über die Anzahl der radioaktiven Zerfälle mithilfe eines Szintillationsgerätes gemessen. Diese Menge des radioaktiven Wassers kann mit derjenigen von nicht stoffwechselerkrankten Kontrollpersonen verglichen werden und somit eine Aussage getroffen werden, ob ein Enzymdefekt vorliegt. Es ist eine von der Ausführung einfache und vor allem schnelle Methode den Verdacht auf eine Fettsäurenoxidationsstörung zu stellen, da keine langwierige Anzüchtung von Fibroblasten notwendig ist. Die Dauer dieser Methode beträgt ca. acht Stunden (50).

11 1.3. Ziele der Arbeit Für die Diagnostik von Defekten der Fettsäurenoxidation ist es wichtig, eine schnelle und aussagekräftige Methode zu haben, weil bei diesen Stoffwechselerkrankungen ein dringender Handlungsbedarf besteht. Bei chronischer Erkrankung muss eine geeignete Therapie so schnell wie möglich eingeleitet werden, um weitere Folgeschäden zu minimieren. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Versuchsbedingungen des funktionellen Fettsäurenoxidationstest von L.E. Seargeant et al. zu optimieren. Es sollte herausgefunden werden, ob der Test für die klinische Diagnostik und Fragestellung standardisierbar ist, um möglicherweise ein weiteres schnelles Screeningverfahren zu etablieren. In einem ersten Teil sollte der Labortest zuerst einigen Validierungsuntersuchungen d.h. labortechnischen Untersuchungen (siehe Methoden) unterzogen werden, um ihn für die klinischen Fragestellungen der Arbeit zu standardisieren. Die Menge radioaktiven Wassers vom Abbau des Palmitats sollte auf die Menge radioaktiven Wassers vom Abbau tritiummarkierten Acetats normiert werden, um gegebenenfalls nicht mehr von einer stoffwechselgesunden Kontrollperson abhängig zu sein. Acetat durchläuft nach Aktivierung zu Acetyl-CoA direkt den Citratzyklus und wird zu Wasser verstoffwechselt, tritt aber nicht in die Fettsäurenoxidation ein und sollte somit nicht von Defekten der Fettsäurenoxidation beeinflusst werden. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit sollte die Bearbeitung von klinischen Fragestellungen sein, die die Fettsäurenoxidation und deren Defekte betreffen. Es sollen Referenzwerte von Patienten des ZKJ-Freiburg von den Altersklassen 0 bis 20 Jahre, die nicht an einem Fettsäurenoxidationsdefekt leiden, erstellt werden, um mögliche altersabhängige Unterschiede zu erkennen. Weiter sollten Patienten mit verschiedenen Defekten in der Fettsäurenoxidation untersucht werden, um die Aussagekraft und die Möglichkeit eines weiteren einfachen Screeningverfahrens zu bestätigen. Schließlich sollten Patienten der onkologischen-hämatologischen Abteilung des ZKJ- Freiburg unter chemotherapeutischer Therapie auf Schwankungen und Veränderungen in der Fettsäurenoxidation untersucht werden.

12 2. Material 2.1. Verwendetes Blut In der vorliegenden Arbeit wurden Frühgeborene, Neugeborene, Kleinkinder, Schulkinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 20 Jahren untersucht, die zum Untersuchungszeitpunkt alle in stationärer oder ambulanter Behandlung des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg waren. Untersucht wurden insgesamt 152 gesunde und stoffwechselkranke Kinder, Kinder unter zytostatischer Therapie der hämatologisch-onkologischen Abteilung des ZKJ Freiburg und stoffwechselgesunde Erwachsene. Diese wurden in fünf Altersgruppen und in eine Kontrollgruppe unterteilt. Die Patienten der Hämatologisch-onkologischen Abteilung bildeten eine zusätzliche Gruppe. Die Kontrollgruppe und die 5 Altersgruppen setzten sich zusammen wie folgt (siehe auch Anhang Patientenlisten): Altersgruppen n=anzahl Alter 1a Frühgeborene 10 0-6Monate b Neugeborene 12 2 23 6 Monate-5Jahre 3 25 6-10 Jahre 4 28 11-15 Jahre 5 11 16-20 Jahre Patientengruppen n= Anzahel Alter Onkologie 36 3 Monate-15 Jahre Kontrollen 14 22-59 Jahre Fettsäurenox.störungen 14 6-14 Jahre Die Probanden der Kontrollgruppe waren stoffwechselgesunde Erwachsene. Unter den Patienten mit Fettsäureoxidationsdefekt litten 2 unter einem Carnitintransporterdefekt, 1 unter CPT-II-Mangel, 4 unter LCHAD-Mangel und 7 unter MCAD-Mangel. Die onkologischen Patienten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung in stationärer oder ambulanter Behandlung aufgrund hämatologischer oder onkologischer Erkrankungen.

13 Nur 6 dieser Patienten befanden sich zum Zeitpunkt der Untersuchung innerhalb eines Blockes einer Chemotherapie, alle übrigen Patienten waren entweder zwischen zwei Blöcken einer Chemotherapie oder hatten die Therapie schon ganz abgeschlossen. Einige der Patienten wurden auch nicht chemotherapeutisch behandelt. Für die Untersuchung wurde EDTA-Blut und teilweise auch CPDA-Blut (Citrat- Phosphat-Dextrose-Adenosin) verwendet, das aus einer Blutentnahme, die im Rahmen der stationären oder ambulanten Behandlung notwendig wurde, stammte und nur mit dem schriftlichen Einverständnis der Erziehungsberechtigten oder des volljährigen Patienten untersucht wurde. Verwendet wurden 200µl Blut pro Patient, das in 1,2 ml EDTA-Monovetten (Sarstedt; Nümbrecht) oder 8,5 ml CPDA-Monovetten (Sarstedt, Nümbrecht) gesammelt wurde. Die Gesamtleukozytenzahlen der dazugehörigen Blutbilder wurden für die Berechnung der Ergebnisse benutzt (siehe Methoden) und lagen in den Referenzwerten des hämatologischen Labors, ZKJ-Freiburg. Zur Ermittlung einer maximalen Lagerungszeit, die noch keinen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse hatte, wurde EDTA-Blut und CPDA-Blut von gesunden nicht stoffwechselkranken erwachsenen Kontrollpersonen untersucht, die sich einer im allgemeinen hierfür zusätzlichen Blutentnahme auf freiwilliger Basis unterzogen. Diese Blutentnahmen mussten etwa zeitgleich, d.h. ca. 1,5 Stunden vor oder nach denjenigen der zu untersuchenden Patienten erfolgen, um auch hier negative Einflüsse auf die Ergebnisse, die durch unterschiedlich lange Lagerungszeiten entstehen konnten, zu minimieren. (siehe Ergebnisse). 2.2. Ethikantrag Das hier vorgestellte Projekt wurde der zuständigen Ethikkommision am 3.12. 2002 vorgelegt und am14.12.2002 mit einem abschließenden Votum genehmigt ( siehe Anhang).

14 2.3. Chemikalien Alle Chemikalien wurden in pro-analysi-qualität verwendet. Trichloressigsäure (TCA) 99+%, Natriumhydroxid (NaOH), Humanalbumin > 96%, essentially fatty acid free (A 1887), Dowex 1X8-200 Ionenaustauscherharz, Palmitinsäure > 99% wurden von Sigma-Aldrich ( Schnelldorf, Deutschland) bezogen. Gebrauchsfertiger Szintillationscocktail (Rotiszint eco plus) kam von Roth (Karlsruhe, Deutschland). Des weiteren wurden Ethanol, Methanol und Salzsäure (HCl rauchend, 37%ig); von Merck (Darmstadt, Deutschland) benutzt. Kochsalzlösung (NaCl) 0,9% wurde von Boehringer-Ingelheim, Delta-Pharma (Mannheim, Deutschland) erworben. 2.4. radioaktive 3 H-Chemikalien Palmitinsäure [ 9,10-3 H] in Ethanol, (spezifische Aktivität: 53 Ci/mmol, Konzentration: 1mCi/ml) wurde von Amersham pharmacia biotech (Freiburg, Deutschland) bezogen. 3 H-markiertes Natriumacetat (C*H 3 COONa), (spezifische Aktivität:2,5 Ci/mmol, Konzentration: 10 mci/ml) stammte von ICN Biomedicals (Eschwege,Deutschland). 2.5. Verbrauchsmaterialien Die EDTA-Monovetten 1,2ml (1,6mg EDTA/ml Blut) und die CPDA-Monovetten (Bestellnummer: 0116100001) 8,5ml mit 1ml Citrat, Phosphat, Dextrose und Adenosin stammten von Sarstedt (Nümbrecht, Deutschland). Reaktionsgefässe 1,5 ml und Pipettenspitzen (-100µl, -1000µl) kamen von Greinerbio-one (Frickenhausen, Deutschland). Roth-Messflaschen (20 ml) für Szintillationszähler wurden von Roth (Karlsruhe, Deutschland) und Pasteurpipetten aus Glas, 150 mm wurden von Brand (Wertheim, Deutschland) bezogen. Dispenser-Tips, 12,5 und 5 ml wurden bei Sarstedt (Nürnberg, Deutschland) und Bördelflaschen aus Glas 0,8 ml bei Abimed (Langenfeld, Deutschland) erworben. ph-indikatorpapier stammt von Merck (Darmstadt, Deutschland). Einwegextraktionssäulen, Bakerbond spe* C18, (3ml) und Bakerbond spe quaternary Amine (N+) Einwegextraktionssäulen, (3ml) wurden von J.T. Baker Inc (Phillipsburg,USA) bezogen.

15 2.6. Geräte Verwendet wurden eine Eppendorfzentrifuge 3200, eine Vakuumpumpe, Baker- 10SPE-System von J.T. Baker (Phillipsburg, USA) und ein Szintillationszähler 1900 TR von Canberra Packard (Frankfurt, Deutschland). 2.7. Zusammensetzung der angesetzten Lösungen Trichloressigsäure 0,6M (TCA) NaOH-Lösung 2,5M Humanalbumin-Lösung 5% in 0,9% NaCl Salzsäure 1M NaOH-Lösung 1M Palmitinsäure-Lösung 1,1 mmol/l in Ethanol Na-Acetat-Lösung 1mmol/l in Ethanol 3 H-Palmitinsäure-Gemisch 1 mmol/l: 3 H-Palmitinsäure:Palmitinsäure-Lösung = 10:1 Eine Verdünnung der 3 H-Palmitinsäure erfolgte deshalb, um eine nicht zu hohe Radioaktivität des Gemisches zu erhalten und somit Fehler durch zu hohe Hintergrundstrahlung zu vermeiden. Der Preis dieser radioaktiven Substanz war ein weiterer Grund dafür, diese nicht unverdünnt zu verwenden. 3 H-Acetat-Gemisch 1mmol/l: 3 H-Natriumacetat: Na-Acetat-Lösung:Ethanol =1:23,77:3 Die Verdünnung des 3 H-Acetats wurde in diesen Verhältnissen nach Berechnung vorgenommen, um bei den beiden 3 H-markierten Gemischen die gleiche Konzentration und spezifische Aktivität zu erhalten und um auch hier Fehler durch zu hohe Hintergrundstrahlung zu vermeiden und damit die Ergebnisse besser miteinander vergleichen zu können. Auch die Kosten des 3 H-Acetats waren zu hoch, um es unverdünnt für den Test zu verwenden.

16 Dowex-Suspension: 100g Dowex-Ionenaustauscherharz + NaOH-Lösung (16 g NaOH, 400ml aqua dest.) wurden gemischt und eine Stunde unter dem Abzug stehen gelassen. Danach wurde mit einer Pipette (1 ml) der Schaum auf der Oberfläche abgenommen. Das Dowex-Harz wurde mit den 400 ml aqua dest. in einen Porzellansieb gegeben und solange mit aqua dest. gespült bis das Eluat ph-neutral war. Dann wurde das Harz in ein Glasgefäß gefüllt und die gleiche Menge an aqua dest. dazugegeben.

17 3. Methoden 3.1. Messung der Oxidationsraten Gemessen wurden die Oxidationsraten von 3 H-markiertem Palmitat und 3 H- markiertem Acetat in Vollblut bei stoffwechselgesunden und stoffwechselkranken Kindern sowie Patienten der hämatologisch-onkologischen Abteilung des ZKJ Freiburg. Gleiche Messungen wurden auch in einer Kontrollgruppe, die aus stoffwechselgesunden Erwachsenen bestand, durchgeführt. Die dem Blut zugesetzten 3 H-markierten Substanzen wurden unter Bildung von CO 2 zu Tritium-markiertem Wasser verstoffwechselt. Die Menge des tritiierten Wassers wurde indirekt über die Anzahl der radioaktiven Zerfälle des Tritiums mithilfe des Szintillationszählers errechnet. Die Menge an 3 H-markiertem Wasser konnte daher proportional zur mitochondrialen β-oxidation des Palmitats oder zum Stoffwechsel des Acetats gesetzt werden. Die Messung der Menge des Tritium-markierten Wassers durch Verstoffwechselung des 3 H-Palmitats soll der Erkennung von Defekten im mitochondrialen Fettsäuren- Abbau dienen. Acetat kann im Gegensatz zu Palmitat nach seiner Veresterung mit Coenzym A direkt in den Citratzyklus eingehen und intramitochondrial verstoffwechselt werden, ohne die Fettsäurenoxidation zu durchlaufen. Auch hier wurde die Menge des tritierten Wassers gemessen. Untersucht werden sollte,ob eine Normierung der Ergebnisse der Palmitatverstoffwechselung auf diejenigen des verstoffwechselten 3 H-Acetat sinnvoll ist. Die Menge an erzeugtem 3 H-markiertem Wasser ergibt im Bezug auf die jeweiligen Leukozytenzahlen die Oxidationsraten, die am Ende mit denjenigen der Kontrollgruppe prozentual verglichen werden konnten.

18 3.2. Validierungsuntersuchungen Um die Versuchsbedingungen des funktionellen Fettsäuren-Oxidationstest zu optimieren und für die klinische Diagnostik und Fragestellung zu standardisieren, mussten zuerst Validierungsuntersuchungen durchgeführt werden: Art des chromatographischen Trennungsverfahrens L.E. Seargeant et al.(19), die zuerst einen solchen funktionellen Test etablierten, benutzten für ihre Versuche die Bakerbond C-18-Einwegsäulen. Um das Testverfahren zu optimieren und eine Normierung auf das 3 H-Acetat zu erstellen, wurden hier drei verschiedene chromatographische Säulen getestet, die unterschiedlichen Mechanismen und Vorbereitungen unterlagen: 1) Bakerbond C-18 Einwegsäulen Diese Säulen sind Umkehrphasensäulen, die Palmitat, aber kein Acetat zurückhalten. Sie wurden mit 3 ml Methanol und 3 ml H 2 O vorbereitet und waren danach gebrauchsfertig. 2) Bakerbond quaternary Amine (N+)- Einwegsäulen Diese Säulen sind Anionenaustauschersäulen und mussten vor Gebrauch mit 3 ml Methanol, 2 ml HCL (10,5) und 4 ml NaOH (0,5M) vorbereitet werden. Danach wurden sie solange mit destilliertem Wasser gespült, bis das Eluat ph-neutral und sie somit für den Gebrauch bereit waren. 3) Dowex-Ionenaustauschersäulen Diese Säulen sind auch Anionenaustauschersäulen. Pasteurpipetten (120mm hoch, 5mm Durchmesser) aus Glas wurden mit einem Stück Glaswatte gestopft, um sie unten zu verschließen. In die Glaspipette wurde solange Dowex-Suspension (ca 2,5 ml) gegeben bis eine feste Ionenaustauschersäule entstanden war. Alle Pipetten mussten gleich hoch gefüllt sein (3/4 der Höhe). Das Wasser lief durch die Watte nach unten ab. Die Säulen wurden solange mit aqua dest. gespült (ca. 1,5 ml ) bis das Eluat ph-neutral war und sie somit gebrauchsfertig waren. Verschiedene Möglichkeiten des Einbringens der radioaktiven Substanzen Damit das Blut die 3 H-markierten Substanzen optimal verstoffwechseln konnte, wurden verschiedene Arten des Einbringens des Substrates für die Inkubation getestet.

19 1) 180 µl NaCl-Lösung(0,9%) + 20 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) + 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung 2) 200 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) + 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung 3) 200 µl NaCl-Lösung (0,9%) + 20 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) und 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung, die vorher eingedampft wurden. In diese Ansätze wurde dann jeweils 20 µl Blut gegeben und bei 37 C im Wasserbad inkubiert. Die weiteren Validierungsuntersuchungen basierten auf den Ergebnissen der beiden oben genannten Versuche: der Auswahl der chromatographischen Säule und der Auswahl der Art des Einbringens der radioaktiven Substanz für das zu untersuchende Blut. Vergleich unterschiedlicher Reaktionsgefäße Es wurden Bördelflaschen aus Glas (0,8 ml) mit Eppendorfgefäßen aus Polypropylen unter der Annahme verglichen, dass auf der Oberfläche des Polypropylen mehr Palmitat haften bleibe und somit nicht mehr für die Umsetzung zur Verfügung stehe. Dies wurde mit dem Blut eines Probanden durchgeführt. Die Testreihe wurde dreimal wiederholt. Inkubationszeit Um die optimale Inkubationszeit für den Test zu ermitteln, wurde zweimal die gleiche Testreihe durchgeführt. Das EDTA-Blut stammte jeweils von derselben Person. Der Test (siehe 3.4) wurde nach 0h, 1/2h, 1h, 2h, 3h, 4h, 6h und 8h Inkubation durchgeführt. Haltbarkeit des Blutes Mit dieser Untersuchung sollte festgelegt, bis zu wieviel Stunden die Blutentnahme eines zu testenden Patienten zurückliegen durfte, um noch optimale Ergebnisse zu erzielen. Damit sollte abgeklärt werden, inwieweit auch die Probenzusendung durch andere Kliniken möglich ist.

20 Es wurden drei verschiedene Personen einer Blutentnahme unterzogen (EDTA- Blut). Das Blut wurde dann nach Lagerung bei Raumtemperatur von 0h, 1h, 2h, 3h, 4h, 6h, 8h, 12h, 18h, 24h, 32h, 40h und 48h in einem jeweils neuen Reaktionsansatz untersucht und somit die Zeit ermittelt, bei der der höchste Umsatz an radioaktiver Substanz sichtbar wurde. Intra-assay-Varianz Um Schwankungen innerhalb einer Testreihe zu beurteilen, wurde diese Validierungsuntersuchung durchgeführt. Der Test wurde mit Blut eines Probanden vierfach zeitgleich durchgeführt, um somit Schwankungen sichtbar zu machen. Inter-assay-Varianz Die Inter-assay-Varianz zeigte auf, welche Schwankungen es zwischen verschiedenen Testreihen an verschiedenen Tagen mit dem Blut eines einzigen Probanden gab. Der Test wurde an drei Tagen hintereinander durchgeführt mit einer jeweils neuen Blutentnahme des Probanden. Gleichzeitig wurde die Intra-assay- Varianz an diesen Tagen nochmals ermittelt. Art der Blutentnahmeröhrchen Es wurden CPDA- und EDTA-Blutentnahmeröhrchen unter der Annahme verglichen, dass Zellen in CPDA-Blut, das Citrat, Phosphate, Dextrose und Adenosin beinhaltet, länger überleben, da ihnen mehr Nährstoffe zur Verfügung stehen als in EDTA-Blut und somit die Haltbarkeit der Blutprobe verlängert würde. Der Test wurde für EDTA- und CPDA-Blut an drei Patienten durchgeführt, die an einem Defekt der Fettsäurenoxidation (1 LCHAD-Mangel, 2 MCAD-Mangel) leiden und an drei gesunden Probanden. Der Test wurde bei zwei stoffwechselerkrankten und zwei gesunde Probanden nach 24 Stunden wiederholt.

21 3.3. Leukozytenzählung Zur Berechnung der absoluten Oxidationszahlen und somit zur Auswertung des Testes waren die Leukozytenzahlen des Blutes der einzelnen Probanden und Patienten notwendig. Diese wurden im hämatologischen Labor, ZKJ Freiburg maschinell oder durch mikroskopische Auszählung ermittelt. Ein Problem stellte sich bei den Untersuchungen der Patienten der Hämatologischen-onkologischen Abteilung des ZKJ Freiburg, deren Blut zeitweise weniger als 1000 Leukozyten/ µl aufgrund der zytostatischen Therapie enthielt. Es galt festzustellen, wie sicher und genau die maschinelle und die mikroskopische Auszählung in diesen niedrigen Bereichen der Leukozytenzahlen war und somit für die Auswertung der Ergebnisse noch verwendbar war. Gleichzeitig wurde geprüft, ob es Unterschiede zwischen den beiden Methoden gab. Durch diese Untersuchungen sollte eine untere Grenze der Leukozytenzahl festgelegt werden, bei der noch eine Testung des Blutes durchführbar war. Untersucht wurden vier Probanden deren Blut mit dem eigenen Serum verdünnt wurde. Die Leukozytenzahl des Blutes wurde durch Zugabe von Serum auf 1000, 750, 500 und 250 Leukozyten/µl reduziert und durch die maschinelle Untersuchung nochmals überprüft und dann getestet. Die zwei niedrigsten Verdünnungen wurden mit dem Mikroskop zusätzlich noch einmal ausgezählt. 3.4. Methodik des Tests Nach Auswertung der Validierungsuntersuchungen wurden die optimalen Testbedingungen und die -durchführungen festgelegt und es erfolgte die Anwendung dieser endgültigen Testdurchführung mit den Proben von Probanden und Patienten. 3.4.1. Vorbereitung der Reaktionsgefäße Jeweils am Vortag einer Untersuchung mussten die Reaktionsgefäße vorbereitet werden. Alle Blutproben wurden doppelt untersucht, genauso die dazugehörigen Leerwerte (Hintergrundsignale). Dies galt für die Messungen der ß-Oxidation mit 3 H- Palmitat als auch für das 3 H-Acetat. Dies ergab acht Reaktionsgefäße pro zu untersuchende Blutprobe.

22 In ein Eppendorfgefäß wurden 20 µl einer wässrigen Human-Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl-Lösung) und 20 µl des 3 H-Palmitinsäure-Gemisches gegeben; für eine Blutprobe wurden vier solcher Ansätze vorbereitet (2 Probenwerte, 2 Leerwerte). In vier weitere Eppendorfgefäße (2 Probenwerte, 2 Leerwerte) wurden auch jeweils 20 µl Human-Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl-Lösung) und 20 µl des 3 H-markierten Na-Acetat-Gemischs gegeben. Die Bindung der markierten Substanzen an das Albumin soll später die Löslichkeit im Vollblut verbessern. Die Gefäße wurden über Nacht bei Raumtemperatur im Exsikkator belassen, um das Lösungsmittel der verwendeten Reagenzien (Ethanol) vollständig zu entfernen. 3.4.2. Bearbeitung des EDTA-Blutes Am Versuchstag wurden in alle vorbereiteten Reaktionsgefäße 200 µl NaCl-Lösung (0,9%) und 20 µl EDTA-Blut gegeben. In die Gefäße der Leerwerte wurden nur 200 µl NaCl-Lösung, 0,9% zugegeben. Alle wurden dann bei 37 C im Wasserbad für zwei Stunden inkubiert. In dieser Zeit wurden das 3 H-markierte Palmitat und 3 H-markierte Acetat vom Blut des Probanden zu Tritium-markiertem Wasser verstoffwechselt. Nach der Inkubationszeit wurden in die Gefäße der Leerwerte 20 µl EDTA-Blut pipettiert. Danach wurde allen Reaktionsgefäßen 0,5 ml TCA-Lösung 10% zugesetzt, um die Reaktion zu stoppen. Die Proben wurden fünf Minuten bei 3200 Umdrehungen zentrifugiert, um die festen Bestandteile des Blutes von den flüssigen abzutrennen. Es wurden von jeder Probe 600 µl Flüssigkeit in ein neues Eppendorfgefäß abpipettiert und jeweils 100 µl NaOH-Lösung (2,5M) zur Neutralisation zugegeben. Das gesamte Volumen (700µl) wurde auf Ionenaustauschersäulen aufgetragen, um das 3 H-markierte Wasser aus den Reaktionsansätzen abzutrennen. 3.5. Gewinnung des 3 H-markierten Wassers Die Säulen wurden in dafür vorgesehene verschließbare Szintillationsgefäße gestellt.

23 Das in 3.4.2 gewonnene Endvolumen wurde auf eine Säule aufgetragen und das tritiierte Wasser nach Durchlaufen der Säulen in den Szintillationsgefäßen aufgefangen. Die Säulen wurden alle mit jeweils 2 ml aqua dest. gespült, das genauso in den Szintillationsgefäßen aufgefangen wurde. Das Durchlaufen der Probe und des Wassers durch die beiden Bakerbond-Säulen wurde mittels einer Vakuumpumpe bewerkstelligt. Durch die handgegossenen Dowex-Säulen flossen die Proben mittels Schwerkraft. 3.6. Messung der Menge des 3 H-markierten Wassers Den aufgefangenen Probenvolumina wurden 15 ml Szintillationsflüssigkeit zugegeben und die Gefäße zur Messung der Menge des 3 H-markierten Wassers bzw. der dafür entsprechenden Zerfallsraten in das Szintillationsgerät gestellt. 3.7. Berechnung der absoluten und der relativen Oxidationsraten Es wurden die Mittelwerte der Zerfallsraten der jeweiligen Doppelbestimmungen der Probe und des Leerwerts gebildet. Danach wurde der Mittelwert des Leerwerts vom Mittelwert der Probe subtrahiert. Dies galt sowohl für die Palmitat-Werte als auch für die Acetat-Werte. Die erhaltenen Werte wurden mit einer für 3 H-Palmitat oder für 3 H-Acetat spezifischen Konstanten multipliziert. Somit erhielt man die nmol/h/l umgesetzte Menge an 3 H-markiertem Palmitat oder Acetat, was der relativen Oxidationsrate entsprach. Um die absolute Oxidationsrate in nmol/h/leukozyt zu erhalten, musste die relative Oxidationsrate durch die Leukozytenzahl/l dividiert werden. 3.7.1. Berechnung der Konstanten 3 H-Palmitat: 1mCi/ml; 53Ci/mmol

24 3 H-Acetat: 10mCi/ml; 2,3Ci/mmol WBC: Leukozytenzahl DPM: Zerfallsrate Verd.fakt: der Verdünnungsfaktor beschreibt das Verhältnis zwischen dem Volumen der radioaktiven Substanz und dem Volumen der unmarkierten 3 H-Palmitat- oder 3 H- Acetat-Lösung (siehe Material 1.1.6), das beim Palmitat 1/11 und beim Acetat 1/27,77 betrug. ( ) ( ) 1. µmol/l des 3 mci / ml vol. des Substrates µ l H-Palmitat = x1000 x x Ci / mmol vol. des Tests µ l = mci / ml Ci / mmol = 0,1429 µmol/l 20 x1000x x 240 11 1 Verd. 1 1mCi / ml = x7,575 53Ci / mmol fakt 2. µmol/l der unmarkierten Palmitinsäure-Lösung: vol. des substrats( µ l) ( Verd. fakt 1) = mmol/lx1000x x vol. des Tests( µ l) Verd. fakt 20 10 =1,1x1000x x =83,3 µmol/l 240 11 3. µmol/l des 3 H-Palmitinsäure-Gemisches = 1.+3.= 83,476 4. Faktor für 3 1. H-Palmitat = Ci/mmolx1000x x2,2x10 6 =1,996x10 8 3. 5. nmol/h/l von 3 H-Palmitat = 6. nmol/h/wbc von 3 H-Palmitat= DPMs BlankDPMs 4. 60 x1000x 120 =DPMs BlankDPMs x 1,252E-4 5. Leukozyten zahl / l 1000 x Blutvol ( µ l) Die Berechnungen für das 3 H-Acetat erfolgen analog. 1. µmol/l des 3 H-Acetat = 12 µmol/l

25 2. µmol/l der Na-Acetat-Lösung = 88,35 µmol/l 3. µmol/l des Na-Acetat-Gemisches = 100,4 µmol/l 4. Faktor für 3 H-Acetat = 6,57x108 5. nmol/h/l von 3 H-Acetat = DPMs BlankDPMs x 3,8E-5 6. nmol/h/wbc von 3 H-Acetat = 5. Leukozyten zahl / l 3.7.2. Berechnung der absoluten Oxidationsrate Die absolute Oxidationsrate ist der Umsatz von nmol/h 3 H-Palmitat oder 3 H-Acetat pro Leukozyt. Berechnet wurde sie, indem die Aktivität in nmol/h/l durch die Leukozytenzahl/l des Blutes des zu untersuchenden Probanden dividiert wurde. 3.7.3. Berechnung der relativen Oxidationsrate Um die relativen Oxidationsraten zu erhalten, wurden die absoluten Oxidationsraten der zu untersuchenden Patienten prozentual auf die absolute Oxidationsrate der gesunden Kontrollen bezogen. In Abhängigkeit davon wie stark dieser Wert erniedrigt war im Vergleich zur Kontrolle, die 100% entsprach, konnte man von einem Defekt in der Fettsäurenoxidation des Patienten ausgehen. 3.8. Statistik Die Ergebnisse wurden mittels eines Anova-Tests mit einer Signifikanz von p<0,05 und Mehrfachvergleichen nach Tukey-HSD mit p<0,05 ausgewertet.

26 4. Ergebnisse 4.1. Auswertung der Validierungsuntersuchungen Art des chromatographischen Trennungsverfahren Verschiedene Möglichkeiten des Einbringens der radioaktiven Substanzen Vergleich verschiedener Reaktionsgefäße Inkubationszeit Haltbarkeit des Blutes Intra-assay-Varianz Inter-assay-Varianz Art der Blutentnahmeröhrchen 4.1.1. Art des chromatographischen Trennungsverfahren Getestet wurden drei verschiedene Säulen-Typen, zwei vorgepackte Einwegsäulen, durch die das Probenvolumen mittels Vakuumpumpe floß und eine handgegossene Säule, durch die das Probenvolumen mit Hilfe der Schwerkraft floß. Die Bakerbond C-18 Säulen zeigten eine hohe Abweichung in der Bestimmung der jeweiligen Doppelwerte der Proben. Auch bei den Leerwerten (Hintergrundsignalen) waren die Doppelbestimmungen oft sehr schwankend und erreichten sehr hohe Werte. 3 H-Acetat wurde von diesen Säulen nicht zurückgehalten. Auch ein ungleichmäßig schnelles Durchlaufen der Probenvolumina durch die Säulen mittels der Vakuumpumpe wurde sichtbar. Die Bakerbond quarternary Amine(N+) Einwegsäulen zeigten ähnliche Ergebnisse. Die Doppelbestimmungen waren schwankend und die Leerwerte sehr hoch. 3 H- Acetat wurde von diesen Säulen zurückgehalten, aber eine adäquate Vorbereitung der Säulen war nicht möglich, weil ein Spülen der Säulen zur ph-neutralität nicht erreicht wurde. Auch hier wurde ein unregelmäßig schnelles Durchlaufen der Probenvolumina durch die Säulen sichtbar. Die Dowex-Ionenaustauschersäulen zeigten dagegen ein gleichmäßiges Durchlaufen mittels Schwerkraft. Auch die Ergebnisse der jeweiligen Doppelbestimmungen der Proben und Leerwerte, die niedriger als bei den anderen beiden Säulen waren, waren gleichmäßig (siehe Tabelle 1). 3 H-Acetat wurde auch hier zurückgehalten.

27 Tabelle 1: Median, Max. und Min. der 3 H-Palmitat-Vorversuche zum Vergleich verschiedener Säulen in Zerfällen pro Minute 3 H-Palmitat DPM C-18-Säule quaternary Amine (N+)-Säule Dowex-Ionenaustauschersäule n 27 21 29 Median 24585 23457 15788 Minimum 13554 15376 14075 Maximum 31831 29465 17495 Aufgrund der Ergebnisse wurden für die weiteren Durchführungen die handgegossenen Dowex-Ionenaustauschersäulen verwendet. 4.1.2. Verschiedene Möglichkeiten des Einbringens der radioaktiven Substanzen Damit das zu testende Blut die 3 H-markierten Substanzen optimal verstoffwechseln konnte, wurden drei verschiedene Möglichkeiten der Art und Menge des Lösungsmittels für die Inkubation getestet. 1. 180 µl NaCl-Lösung(0,9%) + 20 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) + 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung 2. 200 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) + 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung 3. 200 µl NaCl-Lösung (0,9%) + 20 µl Albuminlösung (5% in 0,9% NaCl) und 20 µl 3 H-markierte Verdünnungslösung, die vorher eingedampft wurden. Möglichkeit 1 zeigte, dass Probenwerte und Leerwerte (Hintergrundsignale) für das 3 H-Palmitat im Rahmen der Streuung gleiche Werte annahmen. Die Probenwerte für das 3 H-Acetat waren um ein vielfaches kleiner als bei Möglichkeit 3 und die Leerwerte betrugen etwa die Hälfte des Probenwertes. Genau das gleiche zeigte sich bei Möglichkeit 2. Somit war bei Möglichkeit 1 und 2 keine Verstoffwechselung des 3 H-Palmitats zu erkennen (siehe Tabelle 2) und der Umsatz des 3 H-Acetats erschien sehr gering aufgrund der zu hohen Hintergrundsignale.