Technische Information Chemische Beständigkeit Einführung & Empfehlungen
Chemische Beständigkeit Einführung INHALTSVERZEICHNIS 1. Einführung... 3 2. Chemische Beständigkeit... 3 2.1. Art des chemischen Stoffes... 4 2.2. Intensität der Einwirkung... 4 2.3. Dauer der Einwirkung... 5 2.4. Temperatur... 5 3. Interpretationen... 5 3.1. Chemische Belastung durch wenig aggressive Chemikalien... 5 3.2. chemische Beslastunge durch aggressive Chemikalien... 6 3.3. chemische Belastungen durch quellende Chemikalien... 6 4. Beständigkeiten der handelsüblichsten Materialien... 7 4.1. Darstellung der Beständigkeiten... 7 4.2. Beständigkeiten, Details... 8 5. Zusammenfassung und Empfehlungen... 10 Copyright 2013 Reichle & DeMassari AG (R&M). All rights reserved. Dissemination and reproduction of this publication or parts hereof, for any purpose and in any form whatsoever, are prohibited without the express written approval of Reichle & De Massari AG. Information contained in this publication may be altered without prior notice. This document was produced with the greatest possible care; it presents the state of the art at the time of preparation. The right to make technical changes is reserved. Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 2
1. Einführung Unter chemischer Beständigkeit wird allegemein die NichtInteraktion des zu beurteilenden Werkstückes, respektive seiner Hülle, mit in der Umgebung auftretenden chemischen Substanzen bezeichnet. Nach chemischen Beständigkeiten wird in der Regel nur in stark belasteteten oder potentiell gefährdenden Umgebungen gefragt. Eine Empfehlung bei stark exponierten Verkabelungskomponenten, etwa einer Distributionsbox oder dem Installationskabel, muss in Abstimmung zu den auftretenden Chemikalien ausgesprochen werden. Wichtig für die Beurteilung des geeigneten Produktes sind in erster Linie gesunder Menschenverstand und das Wissen über die Auswirkungen der chemischer Belastung auf die Verkabelungskomponente. In jedem Fall sollen eine KostenNutzenÜberlegung und eine Abschätzung der Auswirkungen im WorstCase Szenario angestellt werden. 2. Chemische Beständigkeit Unglücklicherweise kann die chemische Beständigkeit nicht mit einer Zahl definiert werden, da verschiedene Parameter gleichzeitg auf den Prüfling einwirken. Das Verhältnis dieser Parameter zueinander kann unmöglich vollständig im Test abgedeckt werden, ist aber für die Resistenz des Prüflings ausschlaggebend. Aus diesem Grunde wird hier auf die verschiedenen miteinander korrespondierenden Parameter eingegangen: Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 3
2.1. Art des chemischen Stoffes Hier ist die Variabilität gigantisch! Nicht nur der chemische Stoff ist hier entscheidend, sondern auch seine Konzentration in einer Lösung oder einem gasigen Gemenge. Üblicherweise wird nur auf eine äusserst begrenzte Anzahl von möglichen Chemikalien geprüft: Chemikalie Beschreibung Vorkommen / Auftreten Benzin, Toluol und Anverwandte (sogenannte Olefine oder olefinische Lösungsmittel) Öle, Fette Schwefelsäure leicht brennbare, flüchtige organische Stoffe. Chemisch nicht sehr aktiv, jedoch Potential für Materialschädigung durch Aufquellung/Aufweichung schwer brennbare organische Stoffe. Chemisch nicht sehr aktiv, jedoch Potential für Materialschädigung durch Aufquellung/Aufweichung definiert als 10%ige Lösung in Wasser. Chemisch sehr aktive und aggressive Säure Reinigungsmittel Tensidlösungen (Seifen) bis 5%. Chemisch mässig aktive Laugen. aggressive Gase meist Nebenprodukte von Verbrennungsreaktionen: Salzsäure (HCl, Vorstufe zu Dioxin) SO 2 : Schwefeldioxid (Schwerölverbrennung) NO 2 : nitrose Gase Ozon: elektrische Entladungen in der Luft Die Gase sind vor allem im Zusammenspiel mit Luftfeuchtigkeit sehr aggressiv. Alkohole, Ester, Aceton (sogenannte Lösungsmittel) organische Flüssigkeiten mit mässiger chemischer Aktivität, jedoch Potential für Materialschädigung durch Aufquellung/Aufweichung Flughäfen, petrochemische Industrie, chemische Industrie überall wo Maschinen betrieben werden Ölförderung Autobatterien Reinigungsmittel Verbrennungsvorgänge chemische Industrie, pharmazeutische Industrie 2.2. Intensität der Einwirkung Steht fest, welche(s) Chemikalien auf die Verkabelungskomponente einwirken können oder werden, dann gilt es fest zu stellen, welcher Intensität oder Art dieser Kontakt bei flüssigen Chemikalien ist: Kontakt mit Spritzern (z.b. Öltropfen bei geöffneter Anlage) Kontakt mit Flüssigkeitsstrahlen (z.b. bei einer undichten Leitung) RundumKontakt mit der Flüssigkeit (z.b. in einem Säurebad) Beim Einwirken von gasförmigen Chemikalien kann immer der Fall RundumKontakt angenommen werden. Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 4
2.3. Dauer der Einwirkung Mit in die Betrachtung der Chemikalienbeständigkeit einbezogen werden muss auch die Dauer, über welche der Chemikalieneinfluss auf die Verkabelungskomponente einwirkt: kurzzeitige Beeinflussung: maximal fünf Minuten selten auftretend mittelfristige Beeinflussung: bis 3 Stunden selten auftretend langfristige Beeinflussung: über 3 Stunden wiederkehrend Bei den ersten beiden Einwirkungsarten wird davon ausgegangen, dass die Belastung durch die Chemikalie nur zeitweise für begrenzte Dauer vorhanden ist und eher unfallgesteuert vorkommt. Langfristige Beeinflussungen sind in der Regel wiederkehrende Belastungen, die oft Bestandteil eines Prozesses sind (z.b. Entleeren eines Tankes). 2.4. Temperatur In der Chemie gilt die Faustregel, dass eine Temperaturdifferenz von +10 C zu einer Verdoppelung der Reaktionsgeschwindigkeit führt (umgekehrt halbiert sich die Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperaturdifferenz von 10 C; darum brauchen Bananenschalen in der Arktis auch rund 100 Jahre, bis sie verrottet sind). Umgelegt auf die Beständigkeit eines Materiales gegenüber einer definierten Chemikalie bedeutet das, dass bei z.b. 30 C der Einfluss der Chemikalie doppelt, bei 40 C gar vierfach so arg wie bei Raumtemperatur (20 C) wirkt. Der Temperatur, vor allem einer erhöhten Temperatur, kommt somit eine drastisch höhere Bedeutung zu, als etwa der Intensität oder der Dauer der Beeinflussung. 3. Interpretationen Vereinfacht kann die Kombination von Intensität und Dauer der chemischen Beeinflussung als chemische Belastung ausgelegt werden. 3.1. Chemische Belastung durch wenig aggressive Chemikalien Zu dieser Gruppe gehören Seifen, organische Säuren (Essig oder Ameisensäure), stark verdünnte Laugeoder Säurelösungen, Alkohole, Silikone, Öle, Schmierflüssigkeiten oder Fette. Somit braucht es bei Tropfenbelastung und kurzer Dauer keine speziell resistenten Materialen, bei mittlerer Last jedoch ist eine Chemikalienresistenz sinnvoll. Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 5
3.2. chemische Beslastunge durch aggressive Chemikalien Der Einfluss von aggressiven Chemikalien beruht in erster Linie auf deren chemischen Reaktionsfreudigkeit. Sie reagieren mit der Oberfläche der Verkabelungskomponente und bilden neue chemische Verbindungen, respektive zerstören das Ursprungsmaterial. Als besonders aggressiv gelten Säuren und starke Basen. Beim Auftreten von aggressiven Chemikalien muss die Verkabelungskomponente in jedem Fall Resistenz dagegen aufweisen. Von Natur aus recht resistent gegen aggressive Chemikalien sind die meisten Kunststoffe. Metalle hingegen sind sehr anfällig auf aggressive Chemikalien und müssen durch eine Lackschicht geschützt sein. Umgesetzt auf die Grafik wie unter 3.1 bedeutet dies: 3.3. chemische Belastungen durch quellende Chemikalien Eine weitere Gruppe von Chemikalien sind diejenigen, welche die Verkabelungskomponente nicht durch chemische Attacken traktieren, sondern durch Eindringen in die Molekülstruktur, was eine Quellung des beeinflussten Materials zur Folge hat. Zu dieser Gruppe gehören olefinische Lösungsmittel wie Benzin, Toluol, Benzol, Pinselreiniger etc. In der Regel ist diese Quellung reversibel, geht also nach dem Verschwinden der Chemikalie wieder in den Ursprungszustand zurück. Fällt die Quellung jedoch zu extrem aus oder kehrt sie häufig wieder, kann eine irreversible Schädigung des Materials resultieren. Von Natur aus resistent gegen diese Gruppe von Chemikalien sind alle Metalle. Kunststoffe hingegen weisen die oben erwähnte Quellung auf. Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 6
4. Beständigkeiten der handelsüblichsten Materialien 4.1. Darstellung der Beständigkeiten Darstellung: Beständigkeiten Ausführliche Beschreibung siehe 4.2 Darstellung: Materialen für R&M Produkte (Übersicht) Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 7
4.2. Beständigkeiten, Details Die Liste zeigt im Detail, welche Materialien für welche Chemikalien und Belastungen zu empfehlen sind. Die Angaben gelten für Normaltemperatur bis 23 C. Chemikalie geringe Belastung mässige Belastung hohe Belastung Bemerkungen Benzin, Toluol und Anverwandte (sogenannte Lösungsmittel) Öle, Fette Schwefelsäure ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) PE (Polyethylen /HDPE) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) Bei Anwesenheit von Lösungsmitteln ist auf die Verwendung von WeichPVC, wie es vor allem Kabeln verwendet wird, grundsätzlich zu verzichten, da die Lösungsmittel den Weichmacher im PVC herauslösen und so zu einer Versprödung des Kunststoffes führen. Öle und Fette wirken langfristig ähnlich wie Lösungsmittel. Somit ist auch hier von einem Einsatz von PVC ab zu sehen. *) und müssen auch bei geringer Belastung mit einer Schutzschicht überzogen sein Für hohe Belastung ist von diesen Materialien ab zu sehen (Risse im Lack, Schraubstellen etc.) Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 8
Chemikalie geringe Belastung mässige Belastung hohe Belastung Bemerkungen Reinigungsmittel ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) *) aggressive Gase Alkohole, Ester, Aceton wässrige Lösungen ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) PE (Polyethylen /HDPE) ABS (AcrylnitrilButadienStyrol) *) *) und müssen auch bei geringer Belastung mit einer Schutzschicht überzogen sein. PVC ist ab mässiger Belastung ebenfalls nicht ein zu setzen, da das Reinigungsmittel die Weichmacher aus dem Material herauslöst. Bei Anwesenheit von aggressiven Gasen ist auf die Verwendung von metallischen (ausser Edelstahl) Verkabelungskomponenten grundsätzlich zu verzichten. Kunststoffe sind bis mässige Belastung mehr oder weniger inert. Gegen diese Art von Chemikalien sind metallische Oberflächen unempfindlich. PC ist gegen Akohole und Aceton besonders anfällig. Auf PVC ist aufgrund des Auswaschens des Weichmachers vollständig zu verzichten. Metallische Verkabelungskomponenten sind resistent bei intakter Schutzschickt (Lackierung). Kunststoffe sind bei Anwesenheit von wässrigen Lösungen grundsätzlich gut geeignet. Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 9
5. Zusammenfassung und Empfehlungen Die Standardprodukte von R&M widerstehen grundsätzlich geringen und mässigen Belastungen ohne Probleme. Die Erfahrung zeigt, dass sich chemische Belastungen, auch solche von gröberer Natur, oft mit einem geeigneten Standardprodukt abdecken lassen. Als Faustregel soll gelten: Lösungsmittel geringe Gefahr, Empfehlen gemäss Liste Öle und Fette geringe Gefahr, Empfehlen gemäss Liste Säuren und Laugen in jedem Fall Rücksprache mit Lieferanten aggressive Gase in jedem Fall Rücksprache mit Lieferanten Alkohole, Aceton geringe Gefahr, Empfehlen gemäss Liste wässrige Lösungen geringe Gefahr, Empfehlen gemäss Liste Wichtig im Zusammenhang mit der Beständigkeit ist auch die Betrachtung der Dichtigkeit: es nutzt nichts, wenn ich ein hochresistentes Material gegen eine definierte Chemikalie einsetze, diese aber problemlos ins Innere des Gehäuses oder der Steckverbindung eindringen kann. R&M bietet folgende IPSchutzmassnahmen an: Schutzmassnahme Material Beständigkeit Splash PE (Rahmen) Silikon (Tülle) PE = siehe Tabelle Silikon: Lösungsmittel gut Öle und Fette gut Säuren und Laugen gut aggressive Gase gut Alkohole, Aceton mässig wässrige Lösungen gut IP67 Typ6 PA siehe Tabelle IP65 Typ14, black PA siehe Tabelle IP67 Typ14, Metall siehe Tabelle Technical Information chemische Beständigkeit Hermann Christen d Mai 2013 10