Strafrechtlich relevante Handlungen nach aktuellem Recht und nach dem geplanten Geldspielgesetz



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Transkript:

Strafrechtlich relevante Handlungen nach aktuellem Recht und nach dem geplanten Geldspielgesetz Insbesondere nach dem Lotteriegesetz und dem geplanten Geldspielgesetz SWISS SPORT FORUM Tagung vom 29. Januar 2015 1

Eine Feststellung und eine Hypothese Feststellung: Die Strafbestimmungen im E-BGS sind gegenüber dem SBG und dem LG verschärft worden. Hypothese: Mit Art. 3 BGS dürften neue Abgrenzungsprobleme auf die Rechtsprechung zukommen. 2

0. Beispiele von Verstössen gegen das LG Als Verstösse gegen das LG bzw. gegen die LV (Art. 38 LG in Verbindung mit Art. 56 Abs. 2 LG und Art. 43 Ziff. 1 LV; sog. lotterieähnliche Veranstaltungen) galten bis zur Aufhebung von Art. 43 Ziff. 1 LV und Inkraftsetzung von Art. 3 lit. r UWG per 1. April 2012 sog. Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensysteme. (Gemäss Art. 3 lit. r UWG handelt unlauter wer: jemandem die Lieferung von Waren, die Ausrichtung von Prämien oder andere Leistungen zu Bedingungen in Aussicht stellt, die für diesen hauptsächlich durch die Anwerbung weiterer Personen einen Vorteil bedeuten und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Waren oder Leistungen (Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensystem). Ein Wettbewerb, bei welchem die Lösung von allen Teilnehmern mit gleichen Gewinnaussichten sowohl über eine Mehrwertdienstnummer mit Anbieteranteil als auch durch Einsendung einer Postkarte übermittelt werden kann, ist keine lotterieähnliche Unternehmung (BGE 125 IV 213 ff.; so auch Art. 1 Abs. 2 lit. d BGS). Ist diese sog. Chancengleichheit aber nicht gegeben, kommt das LG zur Anwendung. 3

Bekannt sind auch TV-Gewinnspiele, an welchen einerseits via eine Mehrwertdienstnummer teilgenommen werden konnte, andererseits aber eine Gratis-Teilnahmemöglichkeit via Internet- bzw. WAP-Adresse gegeben war, aber nicht erkennbar war, dass diese Gratisteilnahmemöglichkeit in jeder Phase des Spiels die gleichen Gewinnchancen boten wie die Teilnahme durch Anruf auf eine Mehrwertdienstnummer (vgl. Gerhard Fiolka, TV-Gewinnspiele als lotterieähnliche Unternehmungen, in Medialex 2010 S. 86 zum Bundesgerichtsentscheid 6B_775/2009). Während längerer Zeit war das Bezirksgericht Zürich mit in diversen Zeitungen und Zeitschriften erscheinenden Kreuzworträtsel-Wettbewerben befasst. Das Lösungswort konnte entweder via eine Mehrwertdienstnummer (damals noch 156-er Telefonnummern) oder mittels Einsendung einer Postkarte übermittelt werden. Da die telefonische Übermittlung einen sog. Anbieteranteil enthielt, der über die üblichen Telefonkosten hinausging, lag in diesen Fällen ein Verstoss gegen Art. 38 LG i.v.m. Art. 56 Abs. 2 LG und Art. 43 Ziff. 2 LV vor. 4

1. Einleitung Ursprünglich standen sich zwei Gesetze gegenüber, das Spielbankengesetz (Gesetz über die Spielbanken) vom 5. Oktober 1929, welches vom SBG (Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken) vom 18. Dezember 1998 abgelöst wurde und das Lotteriegesetz (Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten) vom 8. Juni 1923. Nunmehr werden alle Geldspiele in einem Gesetz umfassend geregelt, wobei nach wie vor von Spielbankenund übrigen Geldspielen ausgegangen wird. Dabei ist der Bund bzw. die ESBK wie bisher für die Spielbankenspiele zuständig, während die übrigen Geldspiele in die Kompetenz der interkantonalen Vollzugsbehörde (oder bei Kleinspielen in diejenige der kantonalen Vollzugsbehörde) fallen; es findet insoweit eine klare Kompetenzabgrenzung statt. Bei dieser Zuständigkeitsregelung zeigt sich die nach wie vor trotz diverser Bestimmungen, welche sowohl für Spielbanken wie für die übrigen Geldspielveranstalter (insbesondere von Grossspielen) gelten bzw. mehr oder weniger analog geregelt sind bestehende Zweiteilung des Gesetzes in Spielbanken- und übrige Geldspiele deutlich. Auch die Strafverfolgung richtet sich nach dieser Zweiteilung (primär Sekretariat ESBK/ESBK einerseits, kantonale Strafverfolgungsbehörden andererseits). 5

Im Spielbankengesetz vom 5. Oktober 1929 waren Spielbanken verboten, wobei es sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelte, waren doch in Ausnahmefällen (Kursäle) Geldspiele zulässig (aart. 5 SBG). Nach dem Spielbankengesetz vom 18. Dezember 1998 sind Glücksspiele um Geld und andere geldwerte Vorteile in gesetzlichem Rahmen zulässig (Art. 1 Abs. 1 SBG). Nach dem Lotteriegesetz vom 8. Juni 1923 sind Lotterien verboten (Art. 1 Abs. 1 LG). Es handelt sich ebenfalls um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Nach dem geplanten Geldspielgesetz sind Geldspiele in gesetzlichem Rahmen zulässig. 6

2. Begriffsbestimmungen 1. SBG Glücksspiele sind gemäss Art. 3 Abs. 1 SBG Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Bezüglich Geldspiel- und Geschicklichkeitsspielautomaten kann auf Art. 3 Abs. 2 und 3 SBG verwiesen werden. 2. Lotterien und gewerbsmässige Wetten Gemäss Art. 1 Abs. 1 LG sind Lotterien verboten. Gemäss Art. 1 Abs. 2 LG gilt als Lotterie jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird. Auch hier finden wir die Kriterien des Einsatzes (bzw. den Abschluss eines Rechtsgeschäfts), des vermögensrechtlichen Vorteils bzw. Gewinns und das Element des Zufalls. 7

Bei den Lotterien kommt das Kriterium der Planmässigkeit hinzu, durch welches sich Spielbanken und Lotterien (bisher) im Wesentlichen unterscheiden: Die Lotterie ist somit ein Glücksspiel, das durch einen Unternehmer, der durch einen Plan das Spielrisiko für sich völlig ausgeschlossen hat, organisiert wird und das daher nur für die Teilnehmenden einen Entscheid durch den Zufall bringt. D.h. mit anderen Worten, Planmässigkeit im Sinne des LG liegt vor, wenn der Veranstalter sein eigenes Spielrisiko ausschliesst, sich also nicht dem Zufall unterwirft. Den Lotterien gleichgestellt sind gemäss Art. 43 Ziff. 2 LV Preisausschreiben und Wettbewerbe, bei denen nur nach Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts teilgenommen werden kann. Ebenso ist gemäss Art. 43 Ziff. 3 LV die Aufstellung und der Betrieb von Verkaufs- sowie Spielapparaten, die weder Geld noch geldvertretende Gegenstände untersagt, wenn die Kriterien gemäss Art. 1 Abs. 2 LG gegeben sind. Ausnahmen vom Lotterieverbot: Gemäss Art. 2 Abs. 1 LG sind sog. Tombolas zulässig. Sie unterstehen dem kantonalen Recht, nach welchem sie zugelassen, beschränkt oder verboten werden können. Ebenso sind gemäss Art. 3 LG Lotterien, die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienen, zulässig. 8

Weiter untersagt Art. 33 LG die gewerbsmässige Anbietung, Vermittlung und Eingehung von Wetten auf Pferderennen, Bootsrennen, Fussballkämpfe und ähnliche Veranstaltungen. Der Begriff der Wette wird im LG nicht definiert. Es müssen die Kriterien des Einsatzes, eines in Aussicht stehenden Gewinns sowie der Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, das naturgemäss zufällig ist, gegeben sein. Gemäss Art. 34 LG kann das kantonale Recht die gewerbsmässige Vermittlung und Eingehung von Wetten am Totalisator bei Pferderennen, Bootsrennen etc. im Kantonsgebiet gestatten. 3. E-BGS Art. 1 regelt den Geltungsbereich des Gesetzes und die Ausnahmen, für welche das Gesetz nicht gelten soll (Art. 1 Abs. 2 lit. a bis e E-BGS). In Art. 3 E-BGS werden die diversen vom Gesetz geregelten Arten von Spielen definiert, nämlich, gewissermassen als "Grundbegriff" Geldspiele, zu denen Lotterien, Sportwetten und Geschicklichkeitsspiele gemäss Art. 3 lit. b bis d E-BGS gehören, die nach der Art ihrer Durchführung ihrerseits in Grossspiele, Kleinspiele und negativ definiert Spielbankenspiele unterteilt werden. 9

Art. 3 lit. b E-BGS definiert die bisher im LG geregelten Lotterien. Es handelt sich dabei um Geldspiele, die einer unbegrenzten Anzahl von Personen offenstehen und bei denen das Ergebnis durch ein und dieselbe Zufallsziehung oder durch eine ähnliche Prozedur ermittelt wird. Ausdrücklich genannt wird das Kriterium der "unbegrenzten Anzahl von Personen", welches im LG nicht genannt, aber jedenfalls bei Grosslotterien stillschweigend vorausgesetzt wurde, wandte sich doch eine derartige Lotterie schon nach bisherigem Recht an eine unbestimmte Anzahl von Personen. Hinzu kommt neben dem Einsatz (bzw. Abschluss eines Rechtsgeschäfts) und dem vermögensrechtliche Vorteil bzw. Geldgewinn gemäss Art. 3 lit. a E-BGS das Element des Zufalls, indem das Ergebnis durch ein und dieselbe Zufallsziehung oder durch eine ähnliche Prozedur ermittelt wird. Das Kriterium der Planmässigkeit, durch welches bisher die Spiele gemäss dem SBG von jenen des LG abgegrenzt wurden, ist fallengelassen worden. Gemäss Art. 3 lit. c E-BGS sind Sportwetten Geldspiele, bei denen der Spielgewinn abhängig ist von der richtigen Vorhersage des Verlaufs oder des Ausgangs eines Sportereignisses. Der Begriff der "Gewerbsmässigkeit" wie er in Art. 33 LG noch enthalten ist, wird fallengelassen. 10

Geschicklichkeitsspiele gemäss Art. 3 lit. d E-BGS sind Geldspiele, bei welchen der Spielgewinn ganz oder überwiegend von der Geschicklichkeit der Spielenden abhängt. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b E-BGS gehören Geschicklichkeitsspiele, die nicht automatisiert, nicht interkantonal und nicht online durchgeführt werden, weder zu den Klein- noch den Grossspielen, sondern sind vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Spielbankenspiele werden negativ definiert, indem sie weder Gross- noch Kleinspiele gemäss Art. 3 lit. e und f E-BGS darstellen. 11

3. Strafbestimmungen gemäss LG Bei den Strafbestimmungen gemäss LG handelt es sich um Übertretungen. Die Strafdrohungen von Art. 38 LG (Lotterien) und Art. 42 LG (Wetten) sehen Gefängnis oder Haft bis zu drei Monaten oder Busse bis zu CHF 10 000 vor. Gemäss Art. 333 Abs. 3 StGB ist eine Tat auch dann als Übertretung zu qualifizieren, wenn sie in einem anderen Bundesgesetz, welches vor 1942 in Kraft getreten ist, mit einer Gefängnisstrafe bedroht ist, die drei Monate nicht übersteigt. Weitere Strafbestimmungen sind Art. 40 LG (Hausierhandel) und Art. 41 LG (Ungehorsam gegen Ordnungsvorschriften), die mit Busse bis zu CHF 1 000 bestraft werden können. Mit sind keine entsprechenden Urteile bekannt. Die Ausfällung einer Geldstrafe im Rahmen des LG gestützt auf den neuen AT StGB ist nicht zulässig, weil es sich bei der Geldstrafe um eine Strafe für Vergehen handelt (Urteil des Bundesgerichts 6B_422/2007 vom 22. Januar 2008). Die Haftstrafe ist im neuen AT StGB aufgehoben, so dass Verstösse gegen das LG nur noch mit Busse bestraft werden können. 12

Art. 43 LG (Konfiskation) hat keine eigenständige Bedeutung mehr, die Einziehung der dort genannten Gegenstände und Vermögenswerte richtet sich nach Art. 70 StGB. Art. 44 LG sieht eine besondere Rückfallregelung vor. Mir sind keine entsprechenden Urteile bekannt. Gemäss Art. 45 LG sind bei Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder Gesellschaft die handelnden Organe oder Gesellschafter haftbar. Die Gesetzestexte finden Sie im Übrigen separat zum schriftlichen Referat. 13

4. Strafbestimmungen gemäss E-BGS Der E-BGS unterscheidet zwischen Vergehen/Verbrechen und Übertretungen. Die strafbaren Handlungen gemäss Art. 38 LG und Art. 42 LG sind nunmehr soweit es sich um Grossspiele handelt - als Vergehen strafbar (Art. 131 Abs. 1 lit. a E-BGS), d.h. es können Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren ausgesprochen werden. Bei fahrlässiger Tatbegehung gemäss Art. 131 Abs. 1 lit. a E-BGS ist lediglich Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen vorgesehen. Weitere Vergehenstatbestände finden sich in Art. 131 Abs. 1 lit. b und c E-BGS. Zudem wird banden- und gewerbsmässiges Handeln mit schärferer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Ohne Bewilligung durchgeführte Kleinspiele stellen nach wie vor Übertretungen dar, die mit Busse allerdings bis zu CHF 500 000 bestraft werden kann. Weiter werden in Art. 132 Abs. 1 E-BGS u.a. Verhaltensweisen, die gegen den im E-BGS vorgesehenen Schutzgedanken widersprechen, als Übertretungen bestraft. Ebenso wird die Nichteinhaltung von im Vergleich zu Art. 131 E-BGS weniger gravierenden Tatbeständen geregelt. Es handelt sich dabei in Bezug auf bisher dem LG unterstehenden Sachverhalte um neue Regelungen. 14

Die fahrlässige Übertretung von Art. 132 E-BGS (ohne Art. 132 lit. d E-BGS) wird mit Busse bis zu CHF 250 000 bestraft. Entgegen der Regelung im AT StGB werden Versuch und Gehilfenschaft ebenfalls als strafbar erklärt. Art. 133 E-BGS sieht bei eher geringfügigen Übertretungen, die Möglichkeit vor, den Geschäftsbetrieb zur Zahlung einer Busse zu verurteilen. 15

5. Die strafbaren Handlungen gemäss LG / E- BGS Unter dem Titel Begriffsbestimmungen wurde bestimmt, was gemäss LG/LV als Lotterien und Wetten gilt. Art. 38 und Art. 42 LG stellen die entsprechenden Strafbestimmungen dar. Wer Lotterien durchführt und wer gewerbsmässige Wetten eingeht, durchführt bzw. ein solches Unternehmen betreibt, ohne über eine entsprechende (kantonale) Bewilligung zu verfügen, sich strafbar macht. Nicht strafbar ist gemäss Art. 38 Abs. 2 LG das Einlegen in eine Lotterie; d.h. die Lottospielenden machen sich nicht strafbar. Damit eine Lotterie oder ein lotterieähnliches Unternehmen (oder auch eine Wette) vorliegt, müssen die in den Begriffsbestimmungen erwähnten Merkmale eines Einsatzes bzw. eines Rechtsgeschäfts, einen vermögensrechtlichen Vorteil als Gewinnaussicht sowie das Element des Zufalls gegeben sein. Diese Merkmale einer Lotterie oder einer Wette müssen auch gemäss dem E-BGS gegeben sein. Bisher war zusätzlich das Kriterium Die Strafbehörden haben somit vorab zu prüfen, ob die genannten Kriterien gegeben sind oder nicht, wobei bei Wetten noch zu prüfen ist, ob ein gewerbsmässiges Verhalten gegeben ist. 16

5.1. Leistung eines Einsatzes oder Abschluss eines Rechtsgeschäfts Wer an einer Lotterie teilnehmen will, hat bestimmte Schritte zu unternehmen, d.h. einen Einsatz oder Einlage zu leisten (Loskauf). Der Einsatz braucht nicht als solcher bezeichnet zu sein. Es genügt, wenn ein noch so kleiner Betrag zum Zweck der Teilnahme an einer Lotterie aufgewendet wird. Der Einsatz beschränkt sich nicht auf Bargeld, sondern setzt allgemein eine Leistung von Vermögenswerten voraus. Hingegen erfüllt blosser Aufwand seitens der teilnehmenden Person den Begriff des Einsatzes nicht. Der Einsatz muss dem Veranstalter nicht notwendigerweise direkt zukommen, spricht das Gesetz doch nur davon, dass ein Einsatz geleistet werden müsse. Auch ein Dritter kann Begünstigter sein. Gratislotterien, d.h. Lotterien, bei denen von den Teilnehmenden für die Beteiligung keine Leistung von Vermögenswerten erbracht werden muss, sind keine Lotterien im Sinne des LG. Massgebend ist dabei, dass ein Werbe-Gewinnspiel grundsätzlich keine lotterieähnliche Veranstaltung ist, wenn jeder die Wahl hat, zu kaufen oder nicht zu kaufen, mit anderen Worten, wenn er die Möglichkeit hat, mit oder ohne Einsatz mit gleichen Gewinnaussichten am Wettbewerb teilzunehmen (BGE 99 IV 29). 17

Die Praxis hat dazu das Kriterium der Chancengleichheit entwickelt. Die am Spiel Teilnehmenden müssen eine echte Wahlfreiheit haben, einen Einsatz zu leisten oder nicht, indem bei allen Teilnahmeformen die gleichen Grundvoraussetzungen garantiert werden. Dabei gelten die üblichen Transportkosten für eine Postkarte oder die üblichen Telefongebühren nicht als Einsatz. Als Einsatz gelten sie, wenn sie höher sind. Wird die Chancengleichheit nicht gewahrt, liegt eine verbotene Lotterie vor. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. d E-BGS sind Gewinnspiele und Wettbewerbe, an denen zu den gleichen Bedingungen wie bei Leistung eines geldwerten Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts auch gratis teilgenommen werden kann, vom E-BGS ausgenommen. Besteht zwar die Möglichkeit einer Gratisteilnahme, ist diese aber nicht zu den gleichen Bedingungen wie bei Leistung eines Einsatzes bzw. Abschluss eines Rechtsgeschäfts möglich, so liegt auch nach dem E-BGS ein Gesetzesverstoss vor. 18

5.2. Vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinnaussicht Die Gewinnauszahlung steht als bedingte Leistung des Veranstalters der unbedingten Leistung der Teilnehmenden gegenüber. Der Gewinn der in Waren oder Geld bestehen kann muss einen im Verhältnis zur Leistung, welcher für die Teilnahme nötig ist, vorteilhaften Charakter haben; eine bestimmte Grösse ist allerdings für diesen Gewinn nicht erforderlich. Es wird auch nicht vorausgesetzt, dass der Wert des Gewinns vollständig vorausbestimmt ist; die veranstaltende Organisation kann die Gewinnhöhe auch von der Zahl der eingehenden Einsätze abhängig machen. Unwesentlich ist, ob der Veranstalter einer Lotterie den von ihm in Aussicht gestellten Gewinn aus eigenen Mitteln leistet oder ob der Gewinn von einem Dritten ausgegeben wird. 19

5.3. Element des Zufalls In dem unsicheren, auf Glück beruhenden Ausgang des Spiels liegt der Anreiz für die Beteiligung, zugleich aber auch die Gefahr, durch unwirtschaftliche Ausgaben zu Schaden zu kommen. Die Entscheidung über Erwerbung und Grösse des Gewinns muss durch ein auf Zufall gestelltes Mittel erfolgen. Der Zufall besteht dabei subjektiv in der Nichterkennung bzw. Unberechenbarkeit der einem Ereignis zugrunde liegenden Kausalität (Staehelin, a.a.o., S. 47 f.). Die Ermittlung durch einen Zufallsgenerator oder durch andere Mittel (z.b. manuelle Ziehung) lassen sich für die Spielenden nicht vorausberechnen. Der Gewinn hängt bei derartigen Spielen nicht von Geschicklichkeit, Intelligenz, Kraft oder Erfahrung ab. Bei Wetten tritt etwas Bestimmtes, auf das gewettet wurde, ein. Vom Eintritt dieses Ereignisses hängt der Gewinn ab (vgl. Scherrer / Muresan, a.a.o., N 264.). 20

5.4. Planmässigkeit Das Element der Planmässigkeit wurde in den Begriff der Lotterie einbezogen, um diese vom Glücksspiel zu unterscheiden (BGE 99 IV 32 mit weiteren Hinweisen). Das spezifische Kennzeichen der Lotterieplanmässigkeit liegt darin, dass der Veranstalter aufgrund genauer Berechnungen sein eigenes Spielrisiko ausschliesst, also sich nicht dem Zufall unterwirft. Wahrscheinlichkeitsrechnungen reichen nicht aus, um das Vorliegen der Planmässigkeit bejahen zu können. Diese versuchen lediglich, den Zufall so gut als möglich einzugrenzen. Ein Gewinn als Ergebnis der Planmässigkeit ist nicht vorausgesetzt; es kann auch ein Verlust resultieren. Ebenfalls lotterieplanmässig ist deshalb eine Veranstaltung, wenn der Unternehmer nur die Höchstgrenze seines Verlusts bestimmt und innerhalb dieser Grenze der Zufall entscheidet (Staehelin, a.a.o., S. 59 f.). Die möglichen Ausgaben können budgetiert werden, die Preishöhe kann festgelegt werden. Da die Anzahl der Teilnehmenden unbestimmt ist, kann sich letztlich auch ein Mindererlös ergeben. Zur Problematik des Kriteriums der Planmässigkeit vgl. Remus Muresan/Amrei Keller: Die Mühen der Praxis mit der "Planmässigkeit der Lotterien", in: CaS (Causa Sport) 2013, 47. Das Kriterium der Planmässigkeit ist auf Lotterien beschränkt; es fällt im neuen Recht dahin. 21

6. Zuständige Behörden 1. Gemäss LG Gemäss Art. 47 LG bzw. Art. 22 StPO sind die Kantone zur Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen gegen das LG zuständig. Gemäss 86 Abs. 1 lit. a GOG sind im Kanton Zürich in Verfahren gegen Erwachsene die Statthalterämter und die vom Regierungsrat bezeichneten Gemeinden, die Staatsanwaltschaften und die Oberstaatsanwaltschaft zuständig. Die Verfolgung und Beurteilung von Verbrechen und Vergehen obliegt den Staatsanwaltschaften, während die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen gemäss 89 GOG den Statthalterämtern obliegt. Geringfügige Übertretungen bis zu einer Busse von 500 Franken können in Zürich und Winterthur durch die Stadtrichterämter verfolgt und beurteilt werden. Dies dürfte in Zürich und Winterthur angesichts der Strafdrohung von Art.40 und Art. 41 LG allenfalls wegen Ungehorsams gegen Ordnungsvorschriften der Fall sein. Gemäss Art. 333 Abs. 3 Satz 3 StGB gelten, wie erwähnt, Widerhandlungen im Sinne von Art. 38 LG als Übertretungen, weshalb die Statthalterämter zur Beurteilung von Verstössen gegen Art. 38 LG allein zuständig sind. 22

2. Gemäss E-BGS Gemäss Art. 136 Abs. 1 E-BGS obliegt die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen im Rahmen der Gross- und Kleinspiele den Kantonen, wobei die kantonalen Strafverfolgungsbehörden die interkantonale Vollzugsbehörde (Comlot) zur Untersuchung beiziehen können. Die interkantonale Vollzugsbehörde geniesst Parteistellung. Damit sind die Staatsanwaltschaften und die Statthalterämter für die Strafverfolgung bei Grossund Kleinspielen zuständig. 23

7. Zur Feststellung und zur Hypothese 1. Die Strafbestimmungen im E-BGS sind gegenüber dem SBG und dem LG verschärft worden Gegenüber dem SBG liegt eine leichte Verschärfung vor, gegenüber dem LG eine schwere, indem bisherige Übertretungen zu Vergehen bzw. Verbrechen werden. 2. Mit Art. 3 E-BGS dürften neue Abgrenzungsprobleme auf die Rechtsprechung zukommen. Ab welcher Zahl von Teilnehmenden liegen Grossspiele gemäss Art. 3 lit. e E-BGS vor und wann Spielbankenspiele gemäss Art. 3 lit. g E-BGS? Bis zu welcher Zahl von Teilnehmenden liegen Kleinspiele gemäss Art. 3 lit. f E-BGS vor und ab wann Spielbankenspiele? Im Erläuternden Bericht zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Geldspiele wird erwähnt, von Grossspielen gemäss Art. 3 lit. e E-BGS sei ab etwa 1 000 Teilnehmenden auszugehen: Ist eine Lotterie, eine Sportwette oder ein Glücksspiel, welche automatisiert, interkantonal oder online durchgeführt wird, an dem aber nur 980 Personen teilnehmen, nun ein Grossspiel gemäss Art. 3 lit. e E-BGS oder ein Spielbankenspiel gemäss Art. 3 lit. g E-BGS? 24

Ist eine Lotterie oder eine Sportwette, die weder automatisiert noch interkantonal noch online durchgeführt wird, an welchem Spiel aber 800 oder auch 8 000 Personen teilnehmen, nun ein Kleinspiel oder ein Spielbankenspiel? Dies ist wesentlich bezüglich der Bewilligungsart (Konzession /Spielbewilligung bzw. Veranstaltungsbewilligung/Spielbewilligung) und der Bewilligungsbehörde (ESBK, interkantonale bzw. kantonale Vollzugsbehörde). Der E-BGS sieht denn auch ausdrücklich ein Bereinigungsverfahren vor, wenn sich ESBK und die Interkantonale Vollzugsbehörde nicht einig sind, ob es sich bei einem beantragten Spiel um ein Spielbankenspiel handelt (Art. 19 E-BGS). Kommt keine Einigung zustande, so ist das Koordinationsorgan (Art. 114 E-BGS) anzurufen. Wie steht es aber, wenn es sich um ein nicht bewilligtes Spiel handelt? Je nachdem, ob es sich um ein Gross- bzw. Kleinspiel oder ein Spielbankenspiel handelt, ergeben sich für die Zuständigkeit bei der Strafverfolgung unterschiedliche Regelungen (Sekretariat ESBK/ESBK oder kantonale Strafvollzugsbehörden). Hier können positive wie negative Kompetenzkonflikte entstehen. 25