Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen



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Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen 27. November 2013 Arbeitshilfe: Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und/oder sonderpädagogischem Förderbedarf für die Zentralen Prüfungen 10 Eine Orientierungshilfe für Schulen Gliederung 1. Einleitung 2. Ausgangslage (Änderung der APO SI) 2.1 Was ist Nachteilsausgleich? 2.2 Wer kann Nachteilsausgleich erhalten? 2.3 Wie kann Nachteilsausgleich aussehen? 3. Verfahrensfragen 3.1 Wie wird über Nachteilsausgleich entschieden? 3.2 Wie wird Nachteilsausgleich dokumentiert? 3.3 Wie sieht Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Hör- oder Sehbehinderungen aus? 3.4 Wie sieht Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum- Störungen aus? 3.5 Sonstige Maßnahmen 4. Kann Nachteilsausgleich auch bei Teilleistungsstörungen gewährt werden? 4.1 Lese-Rechtschreib-Schwäche 4.2 Rechenstörungen 1

1. Einleitung Mit 1 des Schulgesetzes vom 15. Februar 2005 haben alle Schülerinnen und Schüler in Nordrhein- Westfalen Anspruch auf eine ihren Stärken und Begabungen sowie auch den persönlichen Bedarfen entsprechende individuelle Förderung. Dies gilt an allen Schulformen und Lernorten für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig davon, ob eine Behinderung, chronische Erkrankung oder ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt. D.h. auch Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und/ oder sonderpädagogischem Förderbedarf erhalten zunächst eine ihren Bedarfen entsprechende individuelle Förderung. Erst bei weiteren Kriterien (s. hierzu auch Kapitel 2) und wenn die Schülerinnen und Schüler aufgrund einer Behinderung oder des sonderpädagogischen Förderbedarfs ihre Leistungen nicht begabungsgemäß erbringen können, erhalten sie einen darüber hinausgehenden Nachteilsausgleich. Die Vergabe ist möglich für die Primarstufe und die Sekundarstufen I und II. Zentral ist hierbei die Dokumentation der gewährten Nachteilsausgleiche von Beginn an. Die Vergabe von Nachteilsausgleichen erfolgt dabei nicht automatisch z.b. aus einer bestimmten medizinischen oder pädagogischen Diagnose, sondern ist Ergebnis einer eingehenden Beurteilung der individuellen Situation einer Schülerin oder eines Schülers. Einzelheiten und konkrete Handlungshinweise zur Vergabepraxis folgen in Kapitel 3. Hinweise zu Nachteilsausgleichen bei Teilleistungsstörungen folgen in Kapitel 4. 2

2. Ausgangslage Mit der Änderungsverordnung zu 6 Absatz 9 APO-S I vom 2. November 2012 und den zugehörigen Verwaltungsvorschriften obliegt die Entscheidung über die Nachteilsausgleiche in den Zentralen Prüfungen 10 in NRW nicht mehr der oberen Schulaufsicht, sondern den Schulleitungen der einzelnen Schulen. Der individuelle Anspruch auf die Gewährung eines Nachteilsausgleichs in den zentralen Prüfungen 10 muss durch die Schulleitung oder durch von der Schulleitung beauftragte Lehrkräfte geprüft werden und in der Regel durch vorausgegangene unterrichtliche Maßnahmen bzw. Förderungen gewährt und entsprechend dokumentiert worden sein. Das vorliegende Dokument enthält anlässlich der neuen Rechtslage Hinweise zur Gewährung von Nachteilsausgleichen für die Zentralen Prüfungen 10, die Schulleitungen bei der Entscheidungsfindung unterstützen sollen. Grundlage für diese Entscheidungen sind folgende im Schulgesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung SI getroffenen Regelungen: 2 Absatz 9 Schulgesetz NRW zuletzt geändert am 13. November 2012: Schülerinnen und Schüler mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen werden besonders gefördert, um ihnen durch individuelle Hilfen ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbstständiger Lebensgestaltung zu ermöglichen. 6 Absatz 9 der Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I zuletzt geändert am 2. November 2012 [einschließlich der Verwaltungsvorschriften zur APO-S I gemäß RdErl. d. MSW vom 11. Juni 2013]: Soweit es die Behinderung oder der sonderpädagogische Förderbedarf einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen. Entsprechendes gilt bei einer besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens. Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben unberührt. VV 6.9 zu Absatz 9 6.9.1 In zentralen Prüfungen dürfen Vorbereitungs- und Prüfungszeiten nur dann verlängert werden, wenn diese Form des Nachteilsausgleichs auch in der bisherigen Förderpraxis für die jeweilige 3

Schülerin oder den jeweiligen Schüler entsprechend dokumentiert worden ist. Das gilt auch für die Zulassung sonstiger Ausnahmen vom Prüfungsverfahren. 6.9.2 Sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren sind die Nutzung von Werkzeugen, technischen Hilfsmitteln, besonderen räumlichen oder personellen Bedingungen sowie die Nutzung der vom Ministerium bereitgestellten modifizierten Klausuren für die Förderschwerpunkte Sehen, Hören und Kommunikation/ Sprache oder anderen vom Ministerium bereitgestellten oder zugelassenen Anpassungen der Prüfungsaufgaben. Sollten im Einzelfall darüber hinausgehende Ausnahmen vom Prüfungsverfahren notwendig sein, so ist die Entscheidung darüber im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsicht zu treffen. 2.1 Was ist Nachteilsausgleich? Nachteilsausgleiche zielen darauf ab, Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und/ oder sonderpädagogischem Förderbedarf durch gezielte Hilfestellungen in die Lage zu versetzen, ihre Fähigkeiten im Hinblick auf die gestellten Anforderungen nachzuweisen. Diese Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen werden als Nachteilsausgleiche bezeichnet. Ein Nachteilsausgleich soll im Sinne einer Kompensation der mit einer Behinderung und/oder einem sonderpädagogischen Förderbedarf verbundenen Nachteile dienen. Dabei ist der individuellen Benachteiligung angemessen Rechnung zu tragen, ohne dass das Anspruchsniveau der Leistungsanforderungen und damit der Anspruch an die Qualität des Ergebnisses geringer bemessen werden. Art und Umfang von Nachteilsausgleichen sind so auszurichten, dass die in der Behinderung begründete Benachteiligung ausgeglichen und dem Grundsatz der Kompensation behinderungsbedingter Nachteile möglichst vollständig entsprochen wird. Das Gebot, die Objektivität einer anforderungsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu wahren, gilt insbesondere für den Erwerb eines Abschlusses am Ende eines Bildungsabschnitts. Eine für einzelne Schülerinnen und Schüler eingeräumte Anforderungsreduzierung würde eine ungerechtfertigte Bevorzugung darstellen. Diese Ungleichheit würde die Mitschülerinnen und Mitschüler benachteiligen, denen höhere Leistungsansprüche abverlangt werden, und würde deren Recht auf Gleichbehandlung verletzen 1. Ein Nachteilsausgleich ist somit auch abzugrenzen von anderen Formen der Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die nicht nach den normorientierten Lehrplänen der allgemeinen Schulen, sondern nach Maßgabe individueller 1 Dieser von der KMK hervorgehobene Grundsatz wurde im April 2013 auch durch ein VG-Urteil bestätigt (VG Braunschweig). 4

Förderpläne in den Bildungsgängen der Förderschwerpunkte Lernen oder Geistige Entwicklung [d.h. zieldifferent] lernen. 2.2 Wer kann Nachteilsausgleiche erhalten? Die Schülerin oder der Schüler muss einen allgemeinen Abschluss anstreben, d.h. zielgleich lernen. Die Prämisse des zielgleichen Lernens impliziert eine Vergleichbarkeit der Anforderungen, deren Erfüllung zum Erwerb 2 eines normierten, zielgleichen Abschlusses führt. Der Erwerb eines solchen zielgleichen Abschlusses schließt daher auch für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung und/oder sonderpädagogischem Förderbedarf eine Absenkung der Anforderungen grundsätzlich aus (Gleichbehandlungsgrundsatz, siehe oben). Damit ein individueller Nachteilsausgleich in den Zentralen Prüfungen 10 gewährt werden kann, muss dieser in der Regel bereits im vorausgegangenen Unterricht, im Rahmen eines individuellen Förderkonzeptes dokumentiert und regelmäßig überprüft/fortgeschrieben worden sein. Grundlage für die Entscheidung ist daher die Praxis der bisherigen individuellen Förderplanung einschließlich der kontinuierlichen Dokumentation, welche Nachteilsausgleiche bei Tests, Klassenarbeiten oder anderen Formen der Leistungsüberprüfung in den zurückliegenden Monaten/ Jahren gewährt worden sind. Ein sonderpädagogischer Förderbedarf muss gemäß Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung - AO-SF) schulaufsichtlich festgestellt worden sein. Auch Schülerinnen und Schüler, die eine Behinderung, eine medizinisch attestierte langfristige chronische Erkrankung oder eine medizinisch diagnostizierte Störung im autistischem Spektrum, aber keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, können Nachteilsausgleiche erhalten. Fachärztliche Diagnosen müssen der Schulleitung in jedem Fall vor der Beantragung eines Nachteilsausgleichs vorliegen. In besonderen Fällen (wie z.b. Autismus-Spektrum-Störungen) 2 Vgl. Grundlage KMK-Empfehlungen Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 20. Oktober 2011 5

kann auch eine fachliche Beratung durch die Schulaufsicht oder durch beauftragte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner erfolgen. Neben dem Anspruch auf Nachteilsausgleiche bei langfristigen Behinderungen und/ oder sonderpädagogischem Förderbedarf besteht auch die Möglichkeit, Nachteilsausgleiche zu erhalten bei Verunfallung, d.h. akut (im Vorfeld der Zentralen Prüfungen 10) erworbener, ärztlich attestierter Beeinträchtigungen wie z.b. einer gebrochenen Hand. Zum Nachweis der Beeinträchtigung, aber ggf. auch zum Nachweis einer möglichen Teilnahme an der Prüfung, ist ein aktuell ausgestelltes ärztliches Attest erforderlich. Allerdings begründet die medizinische oder therapeutische Diagnose an sich nicht schon automatisch die Notwendigkeit, einen Nachteilsausgleich zu gewähren. Über diesen Anspruch kann erst nach Begutachtung des konkreten Einzelfalls durch die Schule individuell entschieden werden. In besonders begründeten Einzelfällen können auch Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, die einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedürfen, in den Klasse 7 bis 10 und damit auch in den Zentralen Prüfungen 10 einen Nachteilsausgleich erhalten. (Weitergehende Hinweise zu Teilleistungsstörungen in Kapitel 4). 2.3 Wie können Nachteile ausgeglichen werden? Nachteilsausgleiche beziehen sich in der Regel auf die Veränderung äußerer Bedingungen der Leistungsüberprüfung: Zeitlich Verlängerung von Vorbereitungs-, Pausen- und Prüfungszeiten auf der Grundlage der Änderungsverordnung zur APO-S I vom 2. November 2012 und der VV 6.9 zu Absatz 9 Technisch Bereitstellung besonderer technischer Hilfsmittel, z.b. eines Lesegerätes oder eines Laptops als Schreibhilfe (beim Einsatz eines Computers als Schreibhilfe werden zusätzliche Hilfen durch Rechtschreibkorrektur, Thesaurus etc. ausgeklammert) Räumlich Gewährung besonderer räumlicher Bedingungen, besondere Arbeitsplatzorganisation wie z.b. ablenkungsarme, geräuscharme, blendungsarme Umgebung z.b. durch die Nutzung eines separaten Raums Personell 6

Personelle Maßnahmen, z.b. Assistenz bei der Arbeitsorganisation und Strukturierung während der Prüfungszeiten (die Maßnahmen der Assistenz müssen vor der zentralen Prüfung und auch für das Prüfungsverfahren beschrieben werden) Modifizierung der Prüfungsaufgaben Modifizierte Prüfungsaufgaben stehen in den Förderschwerpunkten Hören und Kommunikation, Sehen oder Sprache zur Verfügung sowie den entsprechenden Behinderungen, unter bestimmten Bedingungen auch bei Autismus-Spektrum-Störungen (s. 3.4) 7

3. Verfahrensfragen Um die individuellen Ansprüche auf Nachteilsausgleiche von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und/oder Behinderungen im Unterricht angemessen berücksichtigen und gewährleisten zu können, sollten die Lehrkräfte einer Schule diese zu Beginn eines Schuljahres erheben, eine Förderplanung und Maßnahmen erarbeiten und der Schulleitung zurückmelden. Es zählt zu den pädagogischen Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer, bei Schülerinnen und Schülern der o.g. Zielgruppe Art und Umfang von Nachteilsausgleichen zur Erbringung von Lernleistungen und Leistungsanforderungen individuell zu bestimmen. Dazu werden in NRW sowohl in den allgemeinen Schulen als auch in den Förderschulen soweit möglich Lehrerinnen und Lehrer für sonderpädagogische Förderung eingebunden, die auch an der Planung der individuellen - und bei Bedarf sonderpädagogischen - Fördermaßnahmen beteiligt sind. Die Festlegung der Notwendigkeit und die angemessene Gestaltung individueller Nachteilsausgleiche geschehen unabhängig davon, ob Eltern einen Nachteilsausgleich beantragen, und sind integraler Bestandteil der Unterrichtsarbeit. Eine im Vorfeld kontinuierliche und konstruktiv gepflegte Elternberatung ist dabei ein notwendiges schulisches Aufgabenfeld. Festlegungen zum Nachteilsausgleich sind für einen definierten Zeitraum verbindlich und von allen Lehrkräften zu berücksichtigen. 3.1 Wie wird über Nachteilsausgleiche entschieden? Ein möglicher schulinterner Ablauf zur Abstimmung von Nachteilsausgleichen sieht wie folgt aus: Formlos stellen Eltern oder Lehrkräfte einen Antrag bei der Schulleitung. Zur Begründung sind ggf. Nachweise wie Atteste, med. Diagnosen oder Bescheinigungen über die Teilnahme an Fördermaßnahmen beizufügen. Die Klassen- oder Stufenkonferenz berät in Abstimmung mit der jeweiligen Schülerin oder dem jeweiligen Schüler und den Eltern über den zu gewährenden Nachteilsausgleich. Der Antrag und das Votum der Konferenz sind der Schulleiterin oder dem Schulleiter zur Entscheidung vorzulegen. Die Klassen - oder Stufenkonferenz beschreibt die Fördermaßnahmen, dokumentiert sie, und macht diese damit über die Schullaufbahn transparent und nachprüfbar. 8

Die Eltern sind über die Entscheidung der Schulleiterin oder des Schulleiters zu informieren. Die Entscheidung der Schulleitung zum Nachteilsausgleich und das Gespräch mit den Eltern werden in der Akte dokumentiert. In strittigen Fällen kann die Schulleiterin oder der Schulleiter die obere Schulaufsichtsbehörde einbeziehen. 3.2 Wie wird Nachteilsausgleich dokumentiert? Bei Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen etc.) sind die Maßnahmen der Förderung wie auch die gewährten Arten und Formen von Nachteilsausgleichen in der Schülerakte (ggf. mit Anlagen) zu vermerken, wenn die Schülerinnen und Schüler aufgrund der Art und Dauer ihrer Beeinträchtigung über längere Zeit oder auf Dauer besondere Unterstützung und Nachteilsausgleiche erhalten. Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf müssen individuelle Fördermaßnahmen und gewährte Nachteilsausgleiche in einem individuellen Förderplan gem. 14 Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (AO-SF) dokumentiert und beschrieben werden. Im individuellen Schülerbogen bzw. im Förderplan sollte ebenfalls dokumentiert werden, wann und in welchem Kontext der Nachteilsausgleich mit den Eltern beraten und besprochen wurde (z.b. im Rahmen von Lernentwicklungs- oder Förderplangesprächen). Zusätzlich sind die Nachteilsausgleiche in der Schülerakte zu vermerken. Nachteilsausgleiche werden nicht im Zeugnis vermerkt. Die Maßstäbe für die Leistungsbewertung orientieren sich an den Vorgaben der Ausbildungsordnung, die für den jeweils besuchten Bildungsgang der allgemeinen Schule vorgegeben ist, und unterliegen damit der gesetzlich vorgegebenen Zielgleichheit der Bildungsabschlüsse allgemeiner Schulen. Die Dokumentation der Nachteilsausgleiche für die jeweilige Schülerin bzw. den jeweiligen Schüler dient im schulischen Bereich als Nachweis für die Angemessenheit der Maßnahmen wie auch für den verantwortungsvollen Umgang der Schulen mit diesem Instrument. Im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht kann sich die zuständige obere Schulaufsichtsbehörde stichprobenartig davon überzeugen, dass und wie die Schulen ihrer Dokumentationspflicht nachkommen. 9

3.3 Wie sieht Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Hör- oder Sehbeeinträchtigungen aus? Für Schülerinnen und Schüler mit den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten Sehen, Hören und Kommunikation sowie ggf. Sprache bzw. blinde oder sehbehinderte und gehörlose oder schwerhörige Schülerinnen und Schüler (ohne sonderpädagogischer Förderbedarf) gibt es besondere Anpassungsbedarfe. Von dieser Schülergruppe wird aus Gründen der Lesbarkeit im Folgenden von Schülerinnen und Schülern mit Seh- und Hörschädigung gesprochen. Hier werden Modifizierungen der Aufgaben vorgenommen, ohne dass es unter den geltenden Prämissen des zielgleichen Lernens zu einer Absenkung der Anforderungen oder einer Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf gegenüber deren Mitschülerinnen und Mitschülern kommt (Gleichbehandlungsgrundsatz). Die notwendigen Anpassungen der Prüfungsaufgaben für die o.g. Förderschwerpunkte bzw. Behinderungen nimmt in NRW eine vom MSW eingesetzte Expertengruppe aus Lehrkräften der Sonderpädagogik wahr. Die modifizierten Fassungen werden zentral zur Verfügung gestellt. Der Zugang zu den zentral bereitgestellten modifizierten Klausuren muss wie bisher online im Schulverwaltungsportal beantragt werden (s. auch Angaben zu Hör- und Sehschädigungen). Grundlage für die Arbeit der Übertragungsgruppe sind Grundsätze der Modifikation, die durch das MSW festgelegt wurden: Die Prüfungsaufgaben, die sich an den Kompetenzerwartungen der Kernlehrpläne für die Hauptschule, Gesamtschule und Realschule und an den jeweiligen Bildungsgängen orientieren, werden möglichst allen Schülerinnen und Schülern fachlich-inhaltlich unverändert vorgelegt. Dabei werden alle technischen Möglichkeiten zur Berücksichtigung des Nachteilsausgleiches genutzt (z. B. Anfertigung dreidimensionaler Modelle anstelle von Grafiken in Mathematik für Schülerinnen und Schüler mit Sehschädigung). Aufgaben oder Teilaufgaben, die für Schülerinnen und Schüler mit einer spezifischen Sinnesschädigung aufgrund ihrer Behinderung nicht zu bearbeiten sind, werden mit Hilfe der Expertengruppe durch gleichwertige Aufgaben oder Teilaufgaben ersetzt (z. B. werden Hörverstehensaufgaben für Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung bzw. Bildbeschreibungen für Schülerinnen und Schüler mit Sehschädigung ersetzt). Darüber hinaus werden die Aufgaben für Schülerinnen und Schüler mit Sehschädigungen in eine zielgruppenspezifische Form gebracht (z. B. Punktschrift für blinde Schülerinnen und Schüler oder spezifische Textformatierungen nach Standardformatierung für sehbehinderte 10

Schülerinnen und Schüler). Diese Bearbeitung wird in NRW vom Förderzentrum für die integrative Beschulung blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler (FiBS) übernommen. Die Distribution für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler erfolgt durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung. Der Zugang zu den modifizierten Klausuren muss online angefordert werden, Materialien und Modelle werden vom FiBS erstellt. Für Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigungen wird eine Anpassung an die Erfordernisse der Behinderung nur in dem Maße vorgenommen, wie sie zur Sicherung des zustehenden Nachteilsausgleichs unabdingbar ist. Dabei steht die Erhaltung der Zielgleichheit durch die Ausrichtung an den Kompetenzerwartungen der Kernlehrpläne und den zu erreichenden Standards im Vordergrund. Diese Anpassungen basieren auf der Handreichung zur Erstellung leicht verständlicher Prüfungsaufgaben der Forschungsstelle zur Rehabilitation von Menschen mit kommunikativer Behinderung an der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg vom September 2005. Die modifizierten Klausuren werden den Schulen in jedem Prüfungsdurchgang zur Verfügung gestellt. Die Distribution für gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler erfolgt durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung. Der Zugang zu den modifizierten Klausuren muss online angefordert werden. Die für alle Aufgaben vorgegeben standardorientierten Kriterien zur Beurteilung von Schülerleistungen, mit denen die Vergleichbarkeit der Anforderungen gesichert wird, bleiben weitgehend erhalten und weisen für die entsprechenden Förderschwerpunkte nur kleinere redaktionelle Änderungen auf. Sollte ein Einzelkriterium aus sonderpädagogischer Sicht für die Zielgruppe nicht lösbar sein, wird das Kriterium aus der Beurteilung herausgenommen, unter Einbeziehung der sonderpädagogischen Experten ein neues formuliert oder ein anders so aufgewertet, dass die Gesamtleistung vergleichbar bleibt und das Beurteilungsschema insgesamt keine Veränderung erfährt. Sollten darüber hinaus Anpassungen von Zentralen Klausuren erforderlich sein, werden diese ebenfalls vom MSW erstellt und distribuiert. 11

3.4 Wie sieht Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen aus? Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen erhalten in Ausnahmefällen modifizierte Prüfungsaufgaben. Diese werden allerdings nur angeboten, wenn in den Fächern Deutsch oder Englisch 1. kein Sachtext sondern nur literarische Texte zur Auswahl zur Verfügung stehen oder 2. in den Aufgaben ein Perspektivwechsel erforderlich ist. Die Aufgabenstellungen werden dahingehend modifiziert, dass in der Formulierung der Aufgabenstellung erläuternde Ergänzungen vorgenommen werden oder auf Redewendungen und Interpretationen hingewiesen wird. Die Distribution erfolgt, sofern modifizierte Klausuren erforderlich sind, durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung. Der Zugang zu den modifizierten Klausuren muss online angefordert werden 3. 5 Sonstige Maßnahmen Sollten in einzelnen Fällen über die o.g. beschriebenen Maßnahmen hinausgehende Ausnahmen vom Prüfungsverfahren notwendig sein, um einen angemessenen Nachteilsausgleich zu gewähren, obliegt die Entscheidung nicht allein der Schule, sondern ist im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsicht zu treffen. 12

4. Können Nachteilsausgleiche auch bei Teilleistungsstörungen gewährt werden? 4.1 Lese-Rechtschreib-Schwäche: In besonders begründeten Einzelfällen kann für eine Schülerin oder einen Schüler, wenn zusätzliche Fördermaßnahmen erforderlich sind und eine Behebung der Lese-Rechtschreib-Schwäche bis zum Ende der Sekundarstufe I nicht möglich war, ggf. eine Verlängerung der Vorbereitungs- und Arbeitszeit verfügt werden. Grundlage dieser Maßnahmen ist der Erlass Förderung von Schülerinnen und Schüler bei besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, LRS-Erlass (BASS 14-01 NR 1): Seitens der Schule muss nachgewiesen werden, dass ein individueller Nachteilsausgleich auch noch bis in die Klasse 10 gewährt wurde, der im Sinne des Vertrauensschutzes Grundlage für die Entscheidung über den Antrag sein kann; die fachlichen Anforderungen bleiben unberührt. Auszug aus dem LRS-Erlass: Für Schülerinnen und Schüler, die einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedürfen, gilt für die Klassen 2 bis 6 und in besonders begründeten Einzelfällen auch für die Klassen 7 bis 10 zusätzlich: 4.1 Schriftliche Arbeiten und Übungen: Bei einer schriftlichen Arbeit oder Übung zur Bewertung der Rechtschreibleistung im Fach Deutsch und in den Fremdsprachen kann die Lehrerin oder der Lehrer im Einzelfall eine andere Aufgabe stellen, mehr Zeit einräumen oder von der Benotung absehen und die Klassenarbeit mit einer Bemerkung versehen, die den Lernstand aufzeigt und zur Weiterarbeit ermutigt. In den Fremdsprachen können Vokabelkenntnisse durch mündliche Leistungsnachweise erbracht werden. Die Erziehungsberechtigten sind über den Leistungsstand ihres Kindes zu informieren. Die Rechtschreibleistungen werden nicht in die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten und Übungen im Fach Deutsch oder in einem anderen Fach mit einbezogen. ( ) 4.2 Rechenstörungen: Bei Rechenstörungen sind innerhalb und außerhalb von zentralen Prüfungen keine Nachteilsausgleiche möglich. Im Unterschied zu besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben werden die Phänomene der Rechenstörungen fachwissenschaftlich sowohl in der Ursachenforschung als auch in den daraus abzuleitenden Förderansätzen kontrovers diskutiert: Es wird unterschiedlich bewertet, ob es sich bei Rechenstörungen um ein diagnostizierbares Phänomen oder um eine Minderleistung innerhalb einer 13

"normalen" schulischen Leistungsverteilung handelt, die sich bekanntlich häufig nicht als durchgängig homogenes Leistungsprofil darstellt. In ihrer Befassung mit der Thematik hat die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (KMK) bereits im Jahr 2007 festgestellt, dass eine Gleichsetzung von Rechenstörungen und einer LRS nicht möglich sei, da Schülerinnen und Schüler mit LRS sehr wohl ihre fachbezogenen Kompetenzen (beispielsweise durch mündliche Beiträge) in den Unterricht einbringen können, während dies im Fach Mathematik für Schülerinnen und Schüler mit Rechenstörungen so nicht möglich ist. Denn die verfehlten Rechenoperationen, die einer schriftlichen oder mündlichen Beteiligung im Unterricht vorausgehen, führen in der Konsequenz leider häufig zu falschen Ergebnissen. Im Fokus pädagogischen Bemühens müsse daher bei einer Rechenschwäche das frühzeitige Diagnostizieren und darauf abgestimmtes Fördern im Unterricht stehen. 14