TÜV NORD EnSys Hannover GmbH & Co. KG Energie und Systeme - 2 -



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Transkript:

Energie und Systeme - 2 - Inhaltsverzeichnis 7. 1. Einleitung... 3 2. Aufbau und Inhalt der Studie... 3 3. Beschreibung der Anlage... 7 4. Gewählte Vorgehensweise zur Stilllegung... 8 4.1 Wahl der Stilllegungsvariante... 8 4.2 Durchführung des Rückbaus... 10 5. Inventar der Anlage... 12 6. Zerlege- und Dekontaminationsverfahren... 17 7. Materialbehandlung und Entsorgung... 21 7.1 Behandlung radioaktiver Materialien... 22 7.2 Freimessen und Freigabe... 27 8. Arbeitsumfänge der Stilllegungstätigkeiten... 33 9. Ermittlung der Stilllegungskosten... 42 10. Zusammenfassung... 51 11. Literatur/Unterlagen... 53

Energie und Systeme - 3-1. Einleitung Die Betreiber von kerntechnischen Anlagen in der Schweiz haben die Kosten für die Stilllegung in festgelegten zeitlichen Abständen von 5 Jahren auf der Grundlage des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik zu aktualisieren. Die aktuellen Kostenstudien, die von swissnuclear im Auftrag der Kommission für den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds durchgeführt wurden, wurden dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI (ENSI) zur Überprüfung im November 2011 übergeben. Die Überprüfung erfolgt durch das ENSI unter Einbeziehung der TÜV NORD En- Sys Hannover GmbH & Co. KG (TÜV NORD EnSys Hannover). Der Aufgabenumfang dieser externen Beauftragung umfasst die Überprüfung der technischen Berichte zum Rückbau der Kernanlagen Kernkraftwerk Beznau (KKB), Kernkraftwerk Mühleberg (KKM), Kernkraftwerk Gösgen (KKG), Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) und des Zentralen Zwischenlagers Würenlingen (ZZL). Des Weiteren sind ebenfalls die entsprechenden Angaben zum Rückbau der am Standort des/der geologischen Tiefenlager noch zu errichtenden Oberflächenanlagen zum Umpacken der bestrahlten Brennelemente sowie zum Konfektionieren der radioaktiven Abfälle zu überprüfen. Die TÜV NORD EnSys Hannover dokumentiert die Ergebnisse dieser Überprüfungen in einzelnen Stellungnahmen für das ENSI. Die vorliegende Bewertung wurde zur Stilllegungsstudie für das KKM /1/ angefertigt. Zum Zweck der Stilllegungsstudien wurde von der NIS Ingenieurgesellschaft mbh (NIS) eine einheitliche Betriebsdauer der Kernkraftwerke von 50 Jahren und somit ein Abschaltzeitpunkt für das KKM im Jahr 2022 angesetzt; die Nachbetriebsdauer soll bis 2028 begrenzt werden. Der Rückbau soll im Jahr 2037 mit der Entlassung aus dem KEG /24/ beendet sein. Die Gesamtkosten dieses Projekts werden auf 483 MCHF geschätzt /1/. 2. Aufbau und Inhalt der Studie Sachstand Die vorliegende Stilllegungsstudie für das KKM /1/ beinhaltet eine Abschätzung von Menge und Art der anfallenden Stilllegungsabfälle und geht modellhaft auf die heute angewendeten Stilllegungstechniken ein. Ziel der Studie ist es, den Arbeitsaufwand und die Kosten für die Stilllegung mit einer derartigen Genauigkeit zu nennen, so dass die Finanzierung der Stilllegung und des Abbruchs der ausgedienten Anlage sowie der Entsorgung der dabei entstehenden Abfälle sichergestellt werden kann. Hierfür müssen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Beiträge an den Stilllegungsfonds geleistet werden. HSKG2001_KKM.docx

Energie und Systeme - 4 - die als Grundlage für die Planung der Stilllegung und des Rückbaus und somit auch für die Stilllegungskostenermittlung dienen. Die NIS Ingenieurgesellschaft mbh (NIS) als Autor der Stilllegungsstudie /1/ stellt weiterhin die Anforderungen vor, die zum Beispiel ihr Qualitätsmanagementsystem erfüllt. Die diesbezüglichen Zertifikate werden benannt. Für die in der Stilllegungsstudie verwendete Methodik der Kostenermittlung für die Stilllegung von Kernkraftwerken werden Referenzen genannt. In der Stilllegungsstudie /1/ wird angeführt, dass gemäß international üblicher Vorgehensweise für die Stilllegung eines Kernkraftwerkes verschiedene Stilllegungsvarianten existieren. Für die Stilllegung eines Kernkraftwerks in der Schweiz kommen jedoch aus gesetzlichen Gründen nur ein sofortiger Rückbau oder ein späterer Rückbau nach einem gesicherten Einschluss in Frage. Die vorgelegte Studie konzentriert sich zur Kostenermittlung auf die Variante des sofortigen Rückbaus. Im Abschnitt Beschreibung der Anlage stellt die Studie kurz den Standort der Siedewasserreaktoranlage Kernkraftwerk Mühleberg dar. Ferner wird der Aufbau der Anlage in Abhängigkeit von der Einteilung in den nuklearen und den nicht nuklearen Bereich beschrieben. Das Inventar der Anlage wird beschrieben. Der Abschnitt Zerlege- und Dekontaminationsverfahren stellt die Techniken vor, die während des Rückbaus in den Aufgabenbereichen Zerlegung, Dekontamination sowie Behandlung von Materialien und Abfällen eingesetzt werden können. Die Aussagen und Auswertungen in der vorliegenden Stilllegungsstudie basieren auf diesen vorgestellten Techniken. In der vorliegenden Studie für die Stilllegung des Kernkraftwerkes Mühleberg /1/ werden als grundsätzliche Wege für die Materialbehandlung und Entsorgung die Freigabe, die Rezyklierung und die Entsorgung als radioaktive Abfälle berücksichtigt: Freigabe: Nach der Freigabe wird das Material für eine Weiterverwertung in den konventionellen Stoffkreislauf oder zur Deponierung abgegeben. Rezyklierung: Für die Kostenermittlung wird als Art der Rezyklierung nur die Übergabe des Materials an eine Schmelzanlage angenommen, das Schmelzgut wird der Freigabe zugeführt, Sekundärabfälle werden als radioaktive Abfälle entsorgt. Geologische Tiefenlagerung: Wenn keine Freigabe möglich ist, erfolgt das Verbringen der radioaktiven Abfälle in ein geologisches Tiefenlager. In der vorliegenden Stilllegungsstudie /1/ wird der sofortige Rückbau nach einem 50jährigen ordnungsgemäßen Betrieb mit den Abschnitten:

Energie und Systeme - 5 - Erstellen und Einreichen der Unterlagen zum Stilllegungsprojekt und Erwirken der Stilllegungsverfügung, Rückbau aller Einrichtungen und Entfernen der Radioaktivität vom Standort und Konventioneller Abriss der verbleibenden, inaktiven Anlagenbereiche betrachtet. Die Darstellung des sofortigen Rückbaus in der Stilllegungsstudie unterscheidet somit drei definierte Phasen des Rückbaus, die sich jedoch zeitlich überlappen können. Im folgenden Abschnitt wird in der Studie /1/ dargelegt, wie die Stilllegungskosten ermittelt werden. Die Stilllegungskosten werden mit dem Rechenprogramm STILLKO ermittelt, welches von der NIS speziell zur Ermittlung der Rückbaukosten von Kernanlagen entwickelt wurde. Hierzu wird zunächst ein Rückbaukonzept erstellt. Das Konzept baut auf dem heutigen Stand der Technik auf und berücksichtigt die Verfahren und Techniken, die auch in den zurzeit laufenden Rückbauprojekten eingesetzt werden. Von einzelnen Arbeitsschritten als unterste Ebene ausgehend werden die Kosten kalkuliert. Hierzu werden auch in den zugehörigen Datenbanken gespeicherte anlagespezifische Daten des Kernkraftwerkes Mühleberg (Massen, Oberflächen, Aktivierungs- und Kontaminationswerten etc.) verwendet. Die Techniken und Verfahren, die zum Einsatz kommen sollen, werden nach dem Stand der Technik, nach Sicherheit, Strahlenexposition des Personals, Anfall von Sekundärabfall und Wirtschaftlichkeit von NIS bei der Bedienung des Programms ausgewählt. Es kommen, soweit möglich, marktgängige Einrichtungen zur Anwendung. Die für einen Arbeitsschritt notwendigen Einrichtungen werden entsprechend den einzusetzenden Techniken ausgewählt und die entsprechenden Kosten abgeschätzt, bzw. von Herstellerfirmen abgefragt. Bewertungsmaßstäbe Wir bewerten den Aufbau der Studie hinsichtlich ihrer Übersichtlichkeit und ihrer Verständlichkeit. Weiterhin bewerten wir das eingesetzte Verfahren zur Ermittlung der Stilllegungskosten hinsichtlich des internationalen Standes der Technik zur Durchführung von derartigen Kostenabschätzungen für den Rückbau von kerntechnischen Anlagen. Bewertung Die Stilllegungsstudie zur Ermittlung der Stilllegungskosten für das Kernkraftwerk Mühleberg ist klar strukturiert. Die wesentlichen Themen, die im Rahmen einer Stilllegungsstudie zu betrachten sind, werden in den verschiedenen Abschnitten aufgeführt. Eine Bewertung der sachlichen Inhalte der verschiedenen Abschnitte wird in weiteren Kapiteln dieser Stellungnahme durchgeführt.

Energie und Systeme - 6 - Das Verfahren zur Ermittlung der Stilllegungskosten durch das Rechenprogramm STILLKO arbeitet wie die meisten Verfahren zur Ermittlung von Stilllegungskosten mit Hilfe von Arbeitsstrukturplänen (work breakdown structure WBS). In Abhängigkeit vom unterstellten Stilllegungsszenario werden die Tätigkeiten zur Vorbereitung, zur Entnahme von Komponenten und zum Abriss von Gebäuden in verschiedene Einzelschritte unterteilt, die dann noch nach tätigkeits- und zeitabhängigen Kosten strukturiert werden können. Das Programm hat eine Struktur, die die folgenden Grundzüge berücksichtigt: Strukturplan, Massenanalyse, Erarbeitung der Arbeitsschritte, Zeitplan. Weiterhin benötigt das Programm Eingaben von Daten, die aus praktischen Rückbauerfahrungen stammen /22/. Die Verfahren zur Aufstellung der Arbeitsstrukturpläne, zur Ermittlung der Kosten und zur Berücksichtigung von Risiken und Unsicherheiten variieren bei den verschiedenen Ländern /17/. Ein Vergleich der Stilllegungskosten zwischen verschiedenen Ländern ist daher nur begrenzt möglich /15/. Aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen in verschiedenen Staaten wurde von der Europäischen Union, der IAEA und der OECD/NEA in einer koordinierten Aktion eine standardisierte Liste zur Erfassung der Rückbaukosten entwickelt. Nach anfänglichen Diskussionen über Vorarbeiten, die bereits in den einzelnen Organisationen geleistet wurden, wurden auf Basis der Ergebnisse der OECD/NEA-Gruppe eine gemeinsame Liste der zu betrachtenden Kostenpunkte und eine Liste von Begriffsbestimmungen erstellt. Durch diese Arbeiten soll die Kommunikation zwischen den internationalen Partnern ermöglicht werden, die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit soll gewährleistet sein, eine allgemeine Anwendung soll gefördert werden, Inkonsistenzen und Widersprüche zwischen verschiedenen Ergebnissen von Kostenermittlungen sollen vermieden werden /16, 17/. Im Jahr 1999 wurde von der EU, der IAEA und der OECD die Unterlage A Proposed Standardised List of Items for Costing Purposes in the Decommissioning of Nuclear Installations (PSL) /16/ veröffentlicht. Hierdurch gab es dann die Vorgabe für eine standardisierte Grundlage zur Erstellung von Arbeitsstrukturplänen für den Rückbau von kerntechnischen Anlagen. Neben der Anwendung für Leistungsreaktoren wird dieses Verfahren auf Bestreben der IAEA auch für die Planung des Rückbaus von Forschungsreaktoren angewendet /18/. Im Rahmen der Rückbauaktivitäten

Energie und Systeme - 7 - für das Kernkraftwerk Bohunice A1 und zur Vorbereitung des Rückbaus von Bohunice V1 wurde in der Slowakischen Republik die Entscheidung getroffen, auf der Basis der Vorarbeiten der OECD/NEA ein allgemeines Rechenprogramm zu entwickeln. Das Rechnerprogramm Omega (Oracle Multicriterial General Assessment of Decommissioning) wurde von der slowakischen Firma DECOM entwickelt /19/. Dieses Verfahren wird mittlerweile auch für die Ermittlung der Rückbaukosten von Forschungseinrichtungen /20/ und von Zwischenlagern für bestrahlte Brennelemente /21/ verwendet. Neben der von der OECD/NEA und der IAEA empfohlenen Vorgehensweise anhand der Vorgaben der Unterlage A Proposed Standardised List of Items for Costing Purposes in the Decommissioning of Nuclear Installations (PSL) /16/ wurde bereits vorher in Deutschland zur Bestimmung von Rückbaukosten das Verfahren STILLKO von der Firma NIS Ingenieurgesellschaft mbh (NIS) entwickelt. Das Verfahren STILLKO wurde zur Kostenabschätzung der Rückbaukosten in der Schweiz, in Belgien, in Deutschland und in den Niederlanden verwendet /22/. Ein Vergleich der mit dem Programm STILLKO ermittelten Stilllegungskosten mit den Ergebnissen, die nach den Vorgaben der OECD/NEA bestimmt werden können, ist nur eingeschränkt möglich. Im Rahmen der hier durchgeführten Bewertung haben wir jedoch keine erheblichen Unterschiede zwischen diesen beiden Varianten festgestellt. Im Gegensatz zu noch anderen Verfahren, die zur Abschätzung von Stilllegungskosten im internationalen Bereich angewendet wurden, entsprechen beide dem derzeitigen Stand der Technik. Durch die Verwendung des Programms STILLKO für die hier betrachteten Stilllegungsstudien für die kerntechnischen Anlagen der Schweiz ergibt sich die Möglichkeit, die aktuell ermittelten Werte mit den Ergebnissen von in der Vergangenheit mit dem Programm STILLKO durchgeführten Studien zu vergleichen. 3. Beschreibung der Anlage Sachstand Der Standort des KKM liegt ca. 14 km westlich von Bern und ca. 1,8 km unterhalb des seit 1920 bestehenden Wasserkraftwerkes Mühleberg. Das KKM ist eine Siedewasserreaktoranlage des Typs BWR 4 von General Electric (GE) mit einem Mark I Containment. Die bewilligte thermische Leistung beträgt 1097 MW, die elektrische Nettoleistung liegt heute bei 373 MW. Das Kraftwerk hat am 6. November 1972 den kommerziellen Betrieb aufgenommen /1/. Die Anlage unterteilt sich in den nuklearen Bereich, die kontrollierte Zone sowie in den nicht nuklearen Bereich außerhalb der kontrollierten Zone /1/.

Energie und Systeme - 8 - Der kontrollierten Zone gehören die folgenden Gebäude an: Reaktorgebäude (inkl. Drywell) Maschinenhaus und Maschinenhaus Süd Teile des Betriebsgebäudes Aufbereitungsgebäude Kaltkondensatbehälter inklusive Keller Abluftkamin Zwischenlager für radioaktive Abfälle LLS (Pufferlager für radioaktive Abfälle) Alle weiteren Gebäude auf dem Areal des KKM zählen nicht zur kontrollierten Zone. Sie werden als konventionelle Anlagenbereiche berücksichtigt und zurückgebaut. Eine Auflistung der Eingangsdaten innerhalb und außerhalb der kontrollierten Zone, gruppiert nach Gebäude und Komponententyp, ist in der Stilllegungsstudie aufgeführt /1/. Bewertungsmaßstäbe Im Rahmen unserer Bewertung des entsprechenden Kapitels der Stilllegungsstudie betrachten wir die Verständlichkeit der Beschreibung des Standortes und der Anlage. Bewertung Im Abschnitt zur Beschreibung der Anlage werden in der Stilllegungsstudie der Standort, die Größe und die Bauart der Anlage verständlich dargestellt. Die Aufteilung der Strukturen in die kontrollierte Zone und in den konventionellen Teil der Anlage ist nachvollziehbar. Die Beschreibung der Anlage ist für ein Verständnis der nachfolgend beschriebenen Stilllegungsmaßnahmen ausreichend. 4. Gewählte Vorgehensweise zur Stilllegung 4.1 Wahl der Stilllegungsvariante Sachstand Die Stilllegungsstudie /1/ stellt dar, dass gemäß der international üblichen Vorgehensweise /23/ für die Stilllegung eines Kernkraftwerkes verschiedene Stilllegungsvarianten existieren. In der Schweiz können aus gesetzlichen Gründen /24/ nur ein sofortiger Rückbau oder ein späterer Rückbau nach einem gesicherten Einschluss durchgeführt werden.

Energie und Systeme - 9 - Die Studie stellt anschließend die beiden für die Schweiz möglichen Varianten einer Stilllegung vor /1/. Bei einem sofortigen Rückbau werden die kontaminierten und aktivierten Einrichtungen, Komponenten und Bauwerke bzw. Bauteile des Kernkraftwerks entsorgt oder so weit dekontaminiert, dass die Anlage so bald wie möglich nach der endgültigen Abschaltung aus der nuklearen Aufsicht entlassen werden kann. Die Umsetzung dieser Stilllegungsvariante beginnt nach der endgültigen Abschaltung, in der Regel innerhalb von fünf Jahren. Bei der Variante mit einem gesicherten Einschluss erfolgt der endgültige Rückbau der Anlage zeitverzögert. Die Anlage wird gesichert und in einem langfristig sicheren Zustand gehalten. Bis zum Rückbau ist ein Überwachungs- und Wartungsprogramm erforderlich. Der wesentliche Teil der Anlage verbleibt daher im überwachten Zustand, welcher von einigen wenigen bis über 50 Jahre dauern kann. Erst danach wird der Hauptteil der Anlage zurückgebaut und die Stilllegung abgeschlossen. Anschließend kann die Anlage, wie gesetzlich vorgesehen, aus der Kontrolle durch die Behörden entlassen werden. Zur Ermittlung der Stilllegungskosten beschränkt sich die Studie für das KKM auf die Variante zum sofortigen Rückbau. Als Argumente für die Auswahl dieser Variante nennt die Studie /1/: - Anlagenkenntnisse des Betriebspersonals stehen zum Rückbau zur Verfügung - Vorhandene Systeme, z. B. Behandlungseinrichtungen für radioaktive Abfälle, können genutzt werden - Mit zunehmender Wartezeit verschlechtert sich die Messbarkeit bestimmter Radionuklide - Entsorgungsstrategie in der Schweiz - Zur Nutzung der Flächen ist ein baldmöglichster Rückbau anzustreben - Erfahrungen aus ähnlichen Stilllegungsprojekten im sofortigen Rückbau liegen vor Deshalb wird in der vorliegenden Stilllegungsstudie /1/ und zur Ermittlung der zu erwartenden Stilllegungskosten die Variante sofortiger Rückbau gewählt. Zukünftige Änderungen an dieser Strategie, die auf Grund neuer Aspekte erforderlich werden könnten, sollen im Einzelfall begründet werden (Abschnitt 4.3 in /1/). Bewertungsmaßstäbe Wir bewerten die Darstellung in der Studie /1/ hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten zur Stilllegung einer kerntechnischen Anlage und der Nachvollziehbarkeit der durchgeführten Auswahl einer konkreten Variante. Des Weiteren haben wir die Wahl der Stilllegungsvariante vor dem Hintergrund einschlägiger internationaler Empfehlungen /27, 28, 29/ bewertet.

Energie und Systeme - 10 - Bewertung International wird der direkte Abbau bevorzugt (vgl. Abschnitt 2.2 in /23/ und Abschnitt 4.2 in /28/). Ebenso wird gefordert, dass eine Abweichung von der Wahl des direkten Abbaus begründet werden sollte (vgl. Abschnitt 4.2 in /28/, Abschnitt 3.2.1 in /23/ und Safety Issue 2.2 in /29/) und es werden Beispiele für radiologische Randbedingungen gebracht, die gegen einen Sicheren Einschluss sprechen (vgl. Abschnitt 3.5.1 in /23/). Weitere Anforderungen an die Stilllegungsstrategie aus dem internationalen Kontext (vgl. Kapitel 4 in /28/) beinhalten u. a. die Berücksichtigung der Verfügbarkeit eines Endlagers für radioaktive Abfälle, der Minimierung der Strahlenexposition von Mensch und Umwelt, von Maßnahmen, die auch bei endgültiger Abschaltung eines Kernkraftwerkes vor der Erstellung eines Stilllegungsplanes sicherstellen, dass die Sicherheit des Kernkraftwerks bis zur Implementierung des Stilllegungsplanes gewährleistet ist. Im Abschnitt zur Beschreibung der gewählten Rückbauvariante werden die international üblichen Varianten zur Stilllegung einer kerntechnischen Anlage kurz skizziert. Durch die korrekte Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben in der Schweiz und durch weitere nachvollziehbare Begründungen stellt die Stilllegungsstudie die vollzogene Auswahl einer Variante ausreichend dar. Die gewählte Stilllegungsvariante ist konform mit den einschlägigen internationalen Anforderungen /23, 28, 29/. Die weiteren Anforderungen an die Stilllegungsstrategie /28/ werden in der vorgelegten Studie /1/ in geeigneter Weise berücksichtigt. 4.2 Durchführung des Rückbaus Sachstand Die Maßnahmen und die Tätigkeiten bei der Stilllegung werden im Kapitel 8.2 der Stilllegungsstudie /1/ auf 12 Arbeitspakete (AP) aufgeteilt. Für jedes dieser 12 Arbeitspakete erfolgt im Rahmen der Stilllegungsstudie /1/ eine separate Kostenermittlung. Die Arbeitspakete werden z. T. zeitlich parallel zueinander abgearbeitet. Im Einzelnen werden die folgenden Arbeitspakete (AP) definiert: AP 01: Stilllegungsprojekt und Stilllegungsverfügung AP 02: Vorbereitungsmaßnahmen AP 03: Demontage Einrichtungen kontrollierte Zone AP 04: Demontage RDB-Einbauten

Energie und Systeme - 11 - AP 05: Demontage RDB AP 06: Demontage Biologischer Schild und Drywell inkl. Einbauten AP 07: Restdemontage der kontrollierten Zone AP 08: Dekontamination und Freigabe der Gebäude AP 09: Materialbehandlung und Entsorgung AP 10: Demontage Einrichtungen konventioneller Bereich AP 11: Konventioneller Abriss AP 12: Rückbaubetrieb Der Abschluss bestimmter Arbeitspakete definiert das Erreichen von Meilensteinen. In Abb. 8-3 /1/ sind die zeitliche Abfolge der Arbeitspakete und die Verknüpfung mit den Meilensteinen in Form eines Grobterminplanes dargestellt. Im Rückbaubetrieb sind die Tätigkeiten für die Aufrechterhaltung von Wasserkreisläufen, für den Brandschutz, die Anlagensicherung, die Aktivitätsrückhaltung sowie für die Infrastruktur (Hebezeuge, Beleuchtung, Zugang zur kontrollierten Zone, Wäscherei usw.) zusammengefasst. Wesentliche Stationen des Rückbaus werden durch ein Erreichen von Meilensteinen gekennzeichnet. Diese Meilensteine werden gebildet durch: 1. den Abschluss der Demontage der Einbauten des Reaktordruckbehälters (RDB) 2. den Abschluss der Demontage der Einbauten des Sicherheitsbehälters (Drywell) 3. den Abschluss der Demontage der Einrichtungen der kontrollierten Zone 4. den Abschluss des Nachweises der Kontaminationsfreiheit 5. Rückbau bis zur Grünen Wiese mit Entlassung aus dem KEG Bewertungsmaßstäbe Wir betrachten die Vollständigkeit und die Zweckmäßigkeit der einzelnen Schritte zur Durchführung der einzelnen geplanten Schritte bis zur Entlassung aus dem KEG /24/. Bewertung Die beim Rückbau eines Kernkraftwerkes grundsätzlich durchzuführenden Maßnahmen und Tätigkeiten werden durch die Arbeitspakete (AP) der Stilllegungsstudie /1/ für das KKM vollständig erfasst. Die zeitliche Abfolge der Arbeitspakete auf dem Detaillierungsgrad des Grobterminplanes in der Abb. 8-3 /1/ ist für uns plausibel. Die Schlüsselstellung des AP 04 (Demontage RDB-Einbauten) wird als wesentlicher Faktor zur Reduzierung der Restaktivität innerhalb der kontrollierten Zone und als Voraussetzung für die nach-

Energie und Systeme - 12 - folgende Demontage des RDB sowie des Biologischen Schildes in Übereinstimmung mit den aktuellen Erfahrungen /12/ zutreffend berücksichtigt. Eine detailliertere Bewertung der Durchführung des Rückbaus findet sich im Kapitel 8 Arbeitsumfänge der Stilllegungstätigkeiten. 5. Inventar der Anlage Sachstand Die vorliegende Stilllegungsstudie für das KKM /1/ beinhaltet in den Kapiteln 5.3 bis 5.5 kurze Ausführungen zum radiologischen Inventar in der Anlage sowie, aufgeschlüsselt auf die einzelnen Gebäude am Standort, eine Auflistung von abzubauenden Komponenten mit Angabe der jeweiligen Gesamtmasse. Bezüglich der Massen erfolgt in der Tabelle 5-4 aus /1/ eine Auflistung, die aufgeschlüsselt ist in die Masse verschiedener Komponententypen (z.b. Motoren, Pumpen, Armaturen, Behälter, Kabel etc.), die jeweilige Gebäudemasse oberhalb von -2 m und die jeweilige Gebäudemasse unterhalb von -2 m. Die Gebäudestrukturen unterhalb -2 m sollen wasserdurchlässig gemacht werden und nach dem Abriss und Abtransport der sonstigen Gebäudestrukturen am Standort verbleiben. Des Weiteren wird unterschieden zwischen den zur kontrollierten Zone gehörenden Gebäude- und Komponentenmassen sowie denjenigen, die außerhalb der kontrollierten Zone liegen. Insgesamt ergeben sich hierfür folgende Daten /1/: Tab. 5.1: Abschätzung der aus dem Rückbau resultierenden Massen (Tab. 5-2 aus /1/) Kontrollierte Zone [Mg] kon- Zone Außerhalb trollierter [Mg] Gesamtmasse [Mg] Komponentenmasse 11.986 3.690 15.676 Gebäudemasse > -2 m 65.915 43.373 109.288 Gebäudemasse < -2 m 49.197 22.084 71.281 Gesamt: 127.098 69.147 196.245 Das radiologische Inventar setzt sich zusammen aus Beiträgen durch die aktivierten Komponenten RDB mit Einbauten, Biologischer Schild, Drywell (Einbauten und Wand),

Energie und Systeme - 13 - sowie die kontaminierten Komponenten. Bezüglich der aktivierten Komponenten enthält der Bericht /1/ unter Verweis auf einen Arbeitsbericht der NAGRA aus dem Juni 2011 exemplarische Angaben zu den rechnerisch bestimmten spezifischen Aktivitäten in den o. g. Strukturen und Komponenten ( maximale Aktivierung des Leitnuklids Co 60 ). Referenzzeitpunkt für die Berechnung der aus Aktivierung entstandenen Nuklide ist ein Zeitpunkt 10 Jahre nach Abschaltung der Anlage. Typische Werte für die RDB-Einbauten liegen hierbei für Komponenten in Kernnähe (z.b. Kernmantel, Untere Kernstützplatte, Oberes Kernführungsgitter) in einer Größenordnung von 1 E+8 Bq/g. Komponenten innerhalb des RDB mit größerem Abstand zum Kern, wie z. B. der Dampftrockner (19 Bq/g), liegen deutlich niedriger. Die Aktivierung des Reaktordruckbehälters (Plattierung) selbst liegt bei ca. 1,8 E+5 Bq/g, die Aktivierung des RDB-Deckels wird mit 4,6 Bq/g angegeben. Außerhalb des RDB sind Angaben zum Biologischen Schild (Beton: 900 Bq/g, Liner: 3 E+4 Bq/g) und zur Drywell-Wand (Beton 0,25 Bq/g, Armierung 12 Bq/g, Drywell- Schale 30 Bq/g) aufgeführt. Die daraus resultierenden Entsorgungsmöglichkeiten für die mineralischen und metallischen Stoffe sind in den Abbildungen 5-3 und 5-4 der Studie /1/ enthalten. Demnach wird der komplette RDB sowie der überwiegende Teil des Bioschildes und die direkt unterhalb des RDB befindlichen Strukturen dem radioaktiven Abfall zugeführt. Große Bereiche der Drywell-Schale und Teilmengen der Armierung der dahinter liegenden Betonwand sind demnach auf Grund der Aktivierung ebenfalls radioaktiver Abfall. Die Kontamination der Innenoberflächen des Primärkreislaufes, der Hilfssysteme sowie der Räume der kontrollierten Zone wird nach der Studie durch im Neutronenfeld aktivierte Partikel verursacht, die dann in weitere Bereiche der Anlage verteilt und abgelagert wurden. In Bezug auf die Kontamination innerhalb der kontrollierten Zone wird folgende Aufteilung in der Studie /1/ angegeben: Tab. 5.2 : Aufteilung der Kontamination (Tab. 5-6 aus /1/) Bezeichnung Masse [Mg] Prozentuale Verteilung Nicht kontaminiert 181 989 92,7% Leicht dekontaminierbar 5.624 2,9% Mittel dekontaminierbar 1.355 0,7% Schwer dekontaminierbar 2.492 1,3% Sehr schwer dekontaminierbar 1.037 0,5% Aktiviert 3.748 1,9% Gesamt 196.245 100,0%

Energie und Systeme - 14 - Bewertungsmaßstäbe Im Rahmen unserer Bewertung haben wir die in Genehmigungsverfahren zur Stilllegung in Deutschland berücksichtigten Berechnungen zur Aktivierung von Komponenten in Siedewasserreaktoren /2/, internationale Studien zur radiologischen Charakterisierung von Kernkraftwerken /3/ sowie Daten über die Radiologie in deutschen Kernkraftwerken /4, 5, 6/ herangezogen und diese mit den Daten der Studie /1/ verglichen. Des Weiteren haben wir unsere Erfahrungen in Bezug auf die Auswertung von Abbau begleitend entnommenen aktivierten Materialproben aus deutschen Reaktoren bei der Plausibilitätsprüfung der Studie /1/ mit berücksichtigt. Hinsichtlich der Kontamination stützen wir unsere Bewertung auf unsere Erfahrungen aus diversen Stilllegungsvorhaben in Deutschland. Bewertung Im Rahmen unserer stichprobenartigen Prüfung der massebezogenen Eingangsdaten der Stilllegungsstudie /1/ wurde festgestellt, dass die ausgewiesenen Massen der Komponenten plausibel sind. Eine Bewertung der Vollständigkeit der in der Studie betrachteten Systeme und Komponenten ist nicht möglich, da die Studie /1/ hierzu keine detaillierten Daten enthält. Die in der Studie /1/ aufgeführten Aktivierungsberechnungen basieren auf einem Arbeitsbericht der NAGRA aus dem Juni 2011. Zur detaillierten Prüfung derartiger Berechnungen sind umfangreiche Eingangsdaten in Bezug auf Geometrien, Materialzusammensetzungen, Neutronenflüsse und sonstige Betriebsdaten erforderlich, die mit den Studien nicht vorgelegt wurden. Wir haben im Rahmen dieses Kapitels geprüft, ob die Daten zur Aktivierung unter Berücksichtigung von Berechnungen und Probennahmen von aktivierten Stahl- und Betonstrukturen bei Stilllegung und Abbau von Kernreaktoren plausibel sind. Die in der Studie /1/ enthaltenen Angaben zu den spezifischen Aktivitäten in den o. g. Strukturen und Komponenten ( maximale Aktivierung des Leitnuklids Co 60 ) 10 Jahre nach Abschaltung der Anlage haben wir auf Plausibilität geprüft. Wir haben am Beispiel anderer Druck- und Siedewasserreaktoren zum einen die für diese Anlagen rechnerisch ermittelten Aktivierungsdaten mit der Studie /1/ verglichen, zum anderen haben wir Messdaten von aktivierten metallischen und mineralischen Proben aus stillgelegten Kernkraftwerken ebenfalls berücksichtigt. Unterschiede in Bezug auf Betriebsdauer, Leistung und Größe der Anlage haben wir hierbei berücksichtigt. Die in der Tabelle 5-7 aus /1/ der Studie tabellarisch aufgeführten Werte für die RDB- Einbauten, den RDB und den biologischen Schild sind auf Basis unserer Prüfung plausibel. So liegen die berechneten und im Rahmen von Genehmigungsverfahren behördlich akzeptierten Werte /2/ für das Kernkraftwerk Lingen (KWL) für die RDB-

Energie und Systeme - 15 - Einbauten innerhalb derselben Größenordnung. Sowohl die Leistung als auch die Abmessungen und Massen sind im KWL nur wenig geringer als beim Kernkraftwerk Mühleberg, sodass die Anlagen in dieser Beziehung gut vergleichbar sind. Die Zahl der Volllasttage liegt im KWL deutlich niedriger, dies hat jedoch in Bezug auf die Höhe der Co-60-Aktivierung keinen dominierenden Einfluss, da auch während der verhältnismäßig kurzen Betriebszeit des KWL der fortschreitende Aufbau der Co-60- Aktivität (Halbwertzeit von rund 5 Jahren) bereits zu einem signifikanten Anteil erfolgt ist. Auch die Daten zur Aktivierung aus den IAEA Technical Reports Series (TRS) No. 389 /3/, die wir stichprobenhaft zur Plausibilitätsprüfung herangezogen haben, stehen nicht im Widerspruch zu den Daten in der Studie /1/. Zum Reaktordruckbehälter selbst sind in der Studie /1/ nur Angaben zur maximalen Aktivierungshöhe in der Plattierung enthalten, die im Vergleich zu den KWL-Daten plausibel sind. Daten zur Aktivierung des Grundwerkstoffs sind /1/ nicht aufgeführt. Diese liegt in Kernnähe erfahrungsgemäß etwa um einen Faktor 2 bis 5 unterhalb der spezifischen Aktivität der Plattierung. An der Außenseite des Reaktordruckgefäßes (Kernzone) beim größeren und leistungsstärkeren Siedewasserreaktor des Kernkraftwerks Würgassen (KWW) liegt diese noch immer im Bereich weniger hundert Bq/g (reale Messwerte aus /4/) und damit um etwa einen Faktor 1000 unterhalb der in der Studie für die Plattierung angegebenen Maximalwerte. Eine Freigabefähigkeit des oben genannten Materials ist damit weiterhin nicht gegeben. Mit zunehmendem Abstand von der Kernzone (Bereich des RDB-Flansches oder der RDB-Kalotte) sinkt die spezifische Co-60-Aktivität an der Außenseite des Reaktordruckgefäßes auf Werte im Bereich der Freigrenzen bzw. Freigabewerte (vgl. /4/, /5/), die integrale Freigabefähigkeit größerer RDB-Schnittstücke ist damit jedoch nicht automatisch gegeben und muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der anlagenspezifischen Besonderheiten, des Zusatzaufwandes für das Unterschreiten von Freigabewerten (z. B. nicht vernachlässigbare Personendosis für die Dekontamination der RDB-Kalotte, komplexe Geometrien im Bereich der Steuerstabdurchführungen), der nach erfolgter Dekontamination verbleibenden Innenkontamination und der jeweils heranzuziehenden Freigabewerte (Deutschland) bzw. Freigrenzen (Schweiz) abgewogen werden. Die für den RDB-Deckel berechnete maximale spezifische Co- 60-Aktivität von 4,6 Bq/g /1/ liegt zwar deutlich oberhalb der für KWL berechneten und der im KWW im Bereich des RDB-Flansches gemessenen Werte /4/, es gibt jedoch auch für metallische Komponenten oberhalb des RDB-Deckels in Siedewasserreaktoren Hinweise auf Aktivierung oberhalb der Freigrenzen nach StSV /30/ (u. a. /6/). Die rechnerisch für andere Siedewasserreaktoren ermittelten Werte für Bioschild und Liner liegen im Bereich der Werte aus der Studie /1/, unsere Erfahrung mit Rückbau begleitend entnommenen Materialproben aus dem Bioschild ergab tendenziell etwas

Energie und Systeme - 16 - niedrigere Maximalwerte, die im Außenbereich des Bioschildes auf Werte in der Größenordnung der Freigrenzen gemäß StSV /30/ abnehmen. Aus diesen Werten kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass größere als die in der Studie /1/ markierten und in den Verteilungsfaktoren-Sets aufgeführten Teilbereiche des Bioschildes im KKM erwartungsgemäß freigabefähig sein werden. Aus den uns bekannten Probenahmen vom Biologischen Schild in deutschen Kernkraftwerken ist jedoch erkennbar, dass das Radionuklid Co 60 hier nicht dominierend zur Gesamtaktivität beiträgt. Diese wird dominiert von den Radionukliden H 3 und Eu 152, deren spezifische Aktivität in Normalbeton zehn Jahre nach der Abschaltung der Anlage in der Regel etwa um den Faktor 10 oberhalb der spezifischen Co-60-Aktivität liegt. Die in der Studie angegebenen Werte für die Drywell-Wand und Einbauten sind auch hinsichtlich einer Plausibilitätsaussage nur größenordnungsmäßig bewertbar. Die bauliche Anordnung des Mark I Containments und seiner Einbauten unterscheidet sich grundlegend von der Bauform anderer Siedewasserreaktoren, wie z. B. KWW oder KWL. So ist beispielsweise in diesen Siedewasserreaktoren der Biologische Schild von zusätzlichem Beton mit statischer Funktion umgeben, der die Abschirmwirkung gegenüber Neutronen deutlich erhöht. Trotz dieser Tatsache ist jedoch z. B. im KWW an Betonstrukturen innerhalb des Druckabbausystems (DAS) und in metallischen Einbauten der Kondensationskammer (KOKA) eine Aktivierung nachweisbar (dort jedoch jeweils unterhalb der Freigrenzen gemäß StSV /30/). Wir können daher nicht ausschließen, dass es im KKM im Bereich Drywell-Wand und Einbauten zu den in der Studie /1/ aufgeführten spezifischen Aktivitäten oberhalb der Freigrenzen kommt. Der im Abschnitt 5.3.2 /1/ beschriebene Mechanismus zur Verteilung von Kontamination in der Anlage beschreibt einen der dominierenden Kontaminationspfade, nämlich die Verbreitung und Ablagerung von aktivierten Korrosionsprodukten. Nicht aufgeführt sind Kontaminationen durch Spaltprodukte (z. B. Sr 90 in der Abgasanlage oder der Turbine, Cs 137 in Ionentauscherharzen etc.) oder durch Aktivierungsprodukte des Kernbrennstoffs (z. B. Pu-Isotope und Am 241). Diese Radionuklide können insbesondere in Folge größerer Brennelementschäden in den Primärkreis freigesetzt worden sein und sind somit abhängig von Zahl und Grad der BE-Schäden. Aussagen hierzu enthält die Studie /1/ nicht. Angaben zur Höhe der Kontamination in der Anlage sind nicht enthalten, entsprechende Bewertungen können wir daher nicht vornehmen. Die Klassifizierung der Anlage nach radiologischer Zuordnung, also die Einteilung in verschiedene Kontaminationskategorien (vgl. Tab. 5.2 dieser Stellungnahme) ist somit nicht umfassend prüffähig, insbesondere da die Abgrenzung der verschiedenen Kategorien untereinander in der Studie /1/ nicht nachvollziehbar erläutert wird (lediglich im Abschnitt 7.4.3 sind einige qualitative Aussagen hierzu enthalten). Das Verhältnis kontaminier-

Energie und Systeme - 17 - ter zu nicht kontaminierter Massenanteile ist jedoch für ein stillgelegtes Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor insgesamt nicht unplausibel. Eine Berücksichtigung von konventionellen Gefahrstoffen im Hinblick auf ggf. erhöhte Aufwendungen in Bezug auf den Rückbau und den Verbleib von Gebäudestrukturen am Standort erfolgt in der Stillegungsstudie /1/ nicht. 6. Zerlege- und Dekontaminationsverfahren Sachstand In der Stilllegungsstudie /1/ werden Techniken vorgestellt, mit deren Hilfe die für den Abbau erforderlichen Zerlege- und Dekontaminationsaufgaben sowie die Behandlung von Materialien und Abfällen durchgeführt werden sollen. Bzgl. der Kostenabschätzung wird von der NIS Ingenieurgesellschaft mbh für den Abbau des KKW Mühleberg zu Grunde gelegt, dass handelsübliche mechanische und thermische Trennverfahren sowie Dekontaminationsverfahren zum Einsatz kommen, die bereits in anderen Stilllegungsprojekten Verwendung gefunden und sich dort bewährt haben. Die Auswahl des Trennverfahrens erfolgt abhängig von den Materialeigenschaften und den radiologischen Bedingungen der rückzubauenden Anlagenteile. Je nach den radiologischen Randbedingungen sind sowohl ein manueller Einsatz dieser Trennverfahren vor Ort als auch ein fernbedienter Einsatz, zum Teil unter Wasser, vorgesehen. Die mechanischen Trennverfahren können generell für alle metallischen und mineralischen Anlagenteile zum Einsatz kommen, wobei mit größer werdenden Materialdicken die mechanische Beanspruchung der Abbaugerätschaften zunimmt. Es wird unterstellt, dass diese Verfahren in der Regel wenige Aerosole erzeugen und ein fernbedienter Einsatz möglich ist. Bei der Auswahl des Trennverfahrens werden die Kriterien Geschwindigkeit, Bedienung, Schneidfuge und Anfall von Sekundärabfall herangezogen. Bzgl. der mechanischen Trennverfahren erfolgt für folgende Abbaugerätschaften eine Kurzbeschreibung bzgl. der Funktion und des Einsatzbereiches: - Stich-, Bügel- und Bandsäge, - Scheibenfräse und Kreissäge, - Diamant-Säge und Seilsäge, - Trennschleifer, - Trenn- und Rohrschere sowie Nibbler, - Wasserabrasivstrahlschneider, - Presslufthammer und - Schredder

Energie und Systeme - 18 - Die thermischen Trennverfahren können hauptsächlich für metallische Anlagenteile eingesetzt werden. Auf Grund der geringen Rückstellkräfte wird eine einfache Fernbedienbarkeit unterstellt. Beim Einsatz dieser Trennverfahren kommt es zu einer hohen Aerosolfreisetzung. Die Aerosole sollen durch geeignete Absaug- und Filtereinrichtungen aufgefangen werden. Für die aufgeführten thermischen Trennverfahren - autogenes Brennschneiden und - Plasmaschmelzschneiden werden die Funktion und der Einsatzbereich kurz beschrieben. Eine Dekontamination von Anlagenteilen vor und während der Abbautätigkeiten erfolgt mit dem Ziel, die Strahlenexposition für das Personal zu reduzieren und den radioaktiven Abfall zu minimieren. Es werden sowohl der Einsatz von mechanischen als auch chemischen Dekontaminationsverfahren sowie die Dekontamination durch Einschmelzen in einer externen Anlage vorausgesetzt. Bei der Auswahl des Dekontaminationsverfahrens werden die Kriterien Materialeigenschaften, Aufwand und Dauer bis zum Erreichen des angestrebten Resultats, Entstehung von Sekundärabfall, Kontaminationsverschleppung sowie Strahlenexposition des Personals herangezogen. In den folgenden Bereichen sieht die Stillegungsstudie die Anwendung einer Dekontamination vor: - Systemdekontamination - Begleitende Dekontamination während der Rückbautätigkeiten - Dekontamination der ausgebauten Komponenten - Dekontamination der Gebäudestrukturen - Dekontamination der Werkzeuge und der Ausrüstung - Dekontamination der Transportausrüstung und der Transportbehälter Für die mechanischen Dekontaminationsverfahren - Nassdekontamination als oberflächenreinigende Verfahren sowie das - Strahlverfahren mit abrasiven Medien und Fräsen als oberflächenabtragende Dekontaminationsverfahren werden die Funktion und der Einsatzbereich kurz beschrieben. Das Stahlkiesstrahlverfahren kann für eine Vielzahl von Materialien sowohl in speziellen Strahlkabinen als auch ohne Einhausungen eingesetzt werden. Bei dem Einsatz ohne Einhausung sind entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung einer Kontaminationsverschleppung zu ergreifen. Zur Reduzierung des Sekundärabfalls kann das Strahlmittel eine Zeitlang im Kreislauf

Energie und Systeme - 19 - gefahren werden. Weitere oberflächenreinigende Verfahren, wie das Bürsten und Wischen, sowie weitere oberflächenabtragende Verfahren, wie das Nadeln, Schleifen und Meißeln, werden in der Stilllegungsstudie /1/ aufgelistet. Des Weiteren werden das chemische Dekontaminationsverfahren mit Dekontaminationsflüssigkeiten auf Basis verdünnter Säuren sowie die Dekontamination durch Einschmelzen in externen Anlagen ebenfalls kurz hinsichtlich der Funktion und der Einsatzbereiche beschrieben. Die chemische Dekontamination wird u. a. für rohrgebundene Systeme eingesetzt. Hierbei wird die Dekontaminationsflüssigkeit im Kreislauf gefahren und die gelösten radioaktiven Stoffe kontinuierlich an Ionenaustauschern abgeschieden. Hierbei soll eine Reduzierung der Aktivität um den Faktor 100 bis 1000 erreicht werden, ohne dass sich in den Nuklidvektoren das Verhältnis von α- zu γ-strahlern wesentlich verändert. Beim Dekontaminieren durch Einschmelzen sammelt sich die Aktivität in der Schlacke, den Stäuben und der Ausmauerung des Schmelzofens, die später als radioaktive Abfälle entsorgt werden müssen. Sofern die in dem Gussblock verbleibende Aktivität, dominiert durch das Nuklid Cobalt-60, niedrig ist, kann nach einer relativ kurzen Abklinglagerung eine Freigabe des Gussblocks erfolgen. Bewertungsmaßstäbe Wir haben die in der Stilllegungsstudie /1/ aufgeführten Zerlege- und Dekontaminationsverfahren dahingehend geprüft, ob mit diesen Verfahren ein geordneter Rückbau erfolgen kann. Hierbei haben wir unsere Erfahrungen, die wir bei anderen Rückbauprojekten gewonnen haben, mit in die Bewertung einbezogen. Bewertung In der Stilllegungsstudie /1/ werden die typischen im Rahmen des Abbaus von kerntechnischen Anlagenteilen zum Einsatz kommenden mechanischen Trennverfahren, wie z. B. das Zerteilen mit Nibblern und Scheren, das Spanen mit Sägen, Fräsen und Schleifern, das Strahlspanen mit Wasserabrasivstrahlschneiden sowie das autogene Brennschneiden und das Plasmaschmelzschneiden als thermische Trennverfahren dargestellt. Bei den genannten Verfahren handelt es sich um erprobte und in anderen Rückbauprojekten bewährte Trennverfahren. Die aufgeführten Trennverfahren sind vom Grundsatz für einen fernbedienten Einsatz geeignet. Bis auf das autogene Brennschneiden können diese Verfahren auch unter Wasser eingesetzt werden. Neben den in der Stilllegungsstudie /1/ genannten Verfahren werden beim Abbau von Anlagenteilen üblicherweise noch andere Trennverfahren angewendet, wie z. B. das Abtrennen von Rohrleitungen mittels Abkreisgeräten mit einem Fräskopf oder mittels Abdrehvorrichtungen mit einem Drehmeißel. Hierbei handelt es sich um

Energie und Systeme - 20 - Trennverfahren, die hinsichtlich ihrer Funktion und ihres Einsatzbereiches vergleichbar mit den in der Stilllegungsstudie /1/ genannten Trennverfahren sind. Ein sehr häufig in der Praxis angewandtes Verfahren zum Trennen von Anlagenteilen ist das Zerlegen. Hierunter werden z. B. das Auseinandernehmen oder das Lösen von kraftschlüssigen Verbindungen verstanden. Dabei handelt es sich um übliche Demontagearbeiten, die in der laufenden Anlage im Rahmen der Wartung und Instandhaltung durchgeführt werden. Aus den o. g. Gründen ergeben sich aus der nicht vollständigen Auflistung der Trennverfahren keine neuen Aspekte, die einen Einfluss auf die Kostenabschätzung der Stilllegungsstudie /1/ haben. Für die Auswahl der für den Abbau von Anlagenteilen zum Einsatz kommenden Trennverfahren werden aus unserer Sicht die entscheidenden Kriterien, wie die technologische Eignung (Werkstoff, Bauteilgeometrie, Zugänglichkeit), die Schneidgeschwindigkeit, die Freisetzung von Schnittmaterial (Späne, Aerosole), der Anfall von Sekundärabfall sowie die radiologischen Randbedingungen in der Stilllegungsstudie /1/ genannt. Des Weiteren werden die Randbedingungen für deren Anwendung bzgl. der Aspekte der Handhabung hinreichend festgelegt. Es ist vorgesehen, handelsübliche und im Abbau von kerntechnischen Anlagen erprobte Werkzeuge und Geräte einzusetzen. Für den Abbau von aktivierten Anlagenteilen müssen diese Einrichtungen für den fernbedienten Einsatz zum Teil auch unter Wasser an die zu zerlegende Komponente angepasst werden. Hierfür kann ggf. auch der Einsatz von speziellen Abbaugerätschaften, wie z. B. Manipulatoren, erforderlich werden. Eine Betriebsbewährung kann für solche speziellen Abbaugerätschaften nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Sofern neue spezielle Abbaugerätschaften zum Einsatz kommen sollen, ist es erforderlich, deren Eignung, z. B. durch vorlaufende Erprobungen, nachzuweisen. Diese Vorgehensweise hat einen höheren Aufwand zur Folge, z. B. durch die Errichtung von Mock-Ups sowie durch erhöhten Anpassungs- und Optimierungsbedarf der Abbaugerätschaft an die vor Ort herrschenden Bedingungen. Wir schätzen den zusätzlichen Aufwand für die Qualifizierung von speziellen Abbaugerätschaften jedoch nicht so hoch ein, als das er in der Abschätzung der Vorbereitungsmaßnahmen gesondert berücksichtigt werden muss. In der Stilllegungsstudie /1/ werden die üblichen für den Abbau von kerntechnischen Anlagen zum Einsatz kommenden oberflächenreinigenden sowie oberflächenabtragenden Verfahren genannt. Hierbei handelt es sich um betriebsbewährte Dekontaminationsverfahren, durch deren Anwendung eine deutliche Reduzierung der Strahlenexposition für das Personal sowie eine Reduzierung des radioaktiven Abfalls erreicht werden kann. Eine Reduzierung des radioaktiven Abfalls kann durch die ebenfalls in der Stilllegungsstudie /1/ dargestellte Dekontamination durch Einschmelzen in externen Anlagen erfolgen. Auch diese Vorgehensweise findet weite Verbreitung in der Praxis.

Energie und Systeme - 21 - Für die Auswahl der zum Einsatz kommenden Dekontaminationsverfahren werden aus unserer Sicht die entscheidenden Kriterien, wie Werkstoffeigenschaften, Bauteilgeometrie, Zugänglichkeit, Aufwand bis zum Erreichen des Ziels der Dekontaminationsmaßnahme (Entsorgungsziel), Anfall von Sekundärabfall sowie radiologische Randbedingungen, wie Kontaminationsverschleppung und Strahlenbelastung des Personals, in der Stilllegungsstudie /1/ zutreffend und vollständig aufgeführt. Wir bestätigen, dass durch eine chemische Dekontamination von kontaminierten Systemen eine Reduzierung der Dosisleistung um den Faktor 100 bis 1000 an den durchströmten Systemkomponenten durchaus realistisch ist. Die Dekontamination durch Einschmelzen stellt ein bewährtes Verfahren dar, um die Menge an radioaktivem Abfall zu reduzieren. Beim Einschmelzen wird beispielsweise ein hoher Abscheidungsgrad von durch Kontamination eingetragenen α-strahlern erreicht. Für Elemente der Eisengruppe hingegen ist der Abscheidungsgrad gering. Die abgeschiedenen Nuklide sammeln sich in der Schlacke, dem Abgas und in der Auskleidung der Schmelzöfen und werden als radioaktiver Abfall an den Abfallverursacher zurückgesandt. Sofern die Freigabewerte für die Gussblöcke geringfügig überschritten werden, besteht die Möglichkeit, die Gussblöcke nach einer Abklinglagerung von einigen Jahren freizugeben. Anders als in der Stilllegungsstudie dargestellt, hängt dies jedoch nicht allein von den Halbwertszeiten der Nuklide ab, insbesondere des Nuklides Co 60. Da die Freigabe nuklidspezifisch erfolgt, sind vielmehr die Massenverteilung der einzelnen Nuklide und deren Freigabewerte ausschlaggebend. Zusammenfassend halten wir die vorgestellten Zerlege- und Dekontaminationsverfahren zum Abbau der aktivierten und kontaminierten Anlagenteile im Hinblick auf die handhabungs- und strahlenschutztechnischen Aspekte für geeignet. Auf Grund unserer Erfahrungen aus anderen Rückbauprojekten bestätigen wir, dass unter Anwendung der vorgesehenen Zerlege- und Dekontaminationsverfahren eine kerntechnische Anlage erfolgreich abgebaut werden kann. Durch eine geeignete Wahl der dargestellten Zerlege- und Dekontaminationstechniken können die Belange des Strahlenschutzes und der Entsorgung ausreichend berücksichtigt werden. 7. Materialbehandlung und Entsorgung Die bei der Stilllegung einer kerntechnischen Anlage anfallenden Materialien müssen gemäß den bestehenden Regeln und Vorschriften entsorgt werden. Dabei wird zwischen nicht radioaktiven und radioaktiven Materialien unterschieden: Nicht radioaktive Materialien Als nicht radioaktive Materialien werden die während der Stilllegung anfallenden Materia-

Energie und Systeme - 22 - lien, beweglichen Gegenstände, Anlagen und Anlagenteile bezeichnet, die weder kontaminiert noch aktiviert sein können. Nicht radioaktive Materialien fallen außerhalb der kontrollierten Zone an. Dies gilt analog für Gebäude und Bodenflächen. Radioaktive Materialien Als radioaktive Materialien werden die während der Stilllegung anfallenden Materialien, beweglichen Gegenstände, Anlagen und Anlagenteile bezeichnet, die kontaminiert bzw. aktiviert sind oder sein können (d.h. alles innerhalb der kontrollierten Zone). Diese müssen als radioaktiver Abfall geordnet beseitigt oder nach Dekontamination, Freimessung und Freigabe konventionell entsorgt oder weiterverwendet werden. Dies gilt analog für Gebäude und Bodenflächen. Damit, wie in Art. 25 Abs. 2 StSG /7/ verlangt, möglichst wenig radioaktive Abfälle entstehen, werden radioaktive und nicht radioaktive Materialien getrennt behandelt. Die folgende Darstellung des Materialbehandlungskonzepts bezieht sich auf die vorstehend definierten radioaktiven Materialien. 7.1 Behandlung radioaktiver Materialien Sachstand Ziel der Materialbehandlung ist die Reduzierung der Menge an radioaktiven Abfällen und das Vermeiden des Anfalls von zusätzlichen radioaktiven Materialien (sog. Sekundärabfällen). Als Behandlungsmöglichkeiten zum Erreichen dieser Ziele werden genannt: Nachzerlegung Dekontamination Schmelzen Verbrennen bzw. Behandlung in der Plasma-Anlage Aufarbeiten flüssiger Medien Hochdruckverpressen Verpacken und Zementieren von radioaktiven Abfällen Die Behandlung, Verarbeitung und Verpackung kann vor Ort oder in einer externen Einrichtung vorgenommen werden. Im zweiten Fall müssen verbleibende radioaktive Abfälle (z.b. Aschen, Schlacke) zurückgenommen werden oder verbleiben im Falle der Behandlung in den Anlagen der Zwilag in deren zentralem Zwischenlager. Die Demontagearbeiten und die nachfolgende Materialbehandlung sollen zeitlich und räumlich entkoppelt werden; für die hierfür erforderliche Pufferlagerung sind entsprechende Lagerflächen vorgesehen. Für die Behandlung und Verarbeitung der Rückbaumassen werden ein oder auch mehrere Materialbehandlungsbereiche eingerichtet, wel-

Energie und Systeme - 23 - che nach Abschluss der entsprechenden Arbeiten wieder zurück gebaut werden. Zur Freimessung der nicht kontaminierten bzw. dekontaminierten Materialien wird ebenfalls ein geeigneter Bereich eingerichtet. Das physikalische Inventar der kontrollierten Zonen wird, aufgegliedert nach Gebäude und Komponententyp, insgesamt mit 11.986 Mg Komponentenmasse, 65.915 Mg Gebäudemasse oberhalb - 2 m und 49.197 Mg unterhalb - 2 m angegeben. Die Gebäudestrukturen sollen ggf. dekontaminiert und freigegeben werden. Die Gebäudemassen werden differenziert, da Gebäudestrukturen oberhalb - 2 m bezogen auf das Geländeniveau konventionell entsorgt werden sollen; Gebäudestrukturen unterhalb - 2 m sollen lediglich wasserdurchlässig gemacht werden und am Standort verbleiben (siehe hierzu auch Kap. 5 dieser Stellungnahme). Die vorgenannten Massen werden weiter unterteilt nach aktivierten, nach kontaminierten und nach nicht kontaminierten Massen. Hierbei wurden auch die Massen außerhalb der kontrollierten Zonen berücksichtigt. Demnach sind 92,7 % (181.989 Mg) der Massen nicht kontaminiert, 5,4 % (10.508 Mg) in unterschiedlichem Maße kontaminiert und 1,9 % (3.748 Mg) aktiviert. Das Materialbehandlungskonzept unterscheidet hinsichtlich der Festlegung der Behandlungsmöglichkeiten und des Entsorgungsziels nach Masse bzw. Größe, Radiologischen Daten und Komponententyp bzw. Materialart. Folgende Maßnahmen und Behandlungsverfahren werden berücksichtigt: Sortieren (weitgehend bereits am Demontageplatz) Orientierungsmessungen (zum Festlegen der weiteren Behandlungsschritte) Nachzerlegen (mechanisch und thermisch) Nassdekontamination mit einem Hochdruck-Wasserstrahlverfahren Mechanische Dekontamination mit einem Stahlkies-Strahlverfahren Chemische Dekontamination (nur in geringem Umfang vorgesehen) Schmelzen (externe Dienstleistung) Behandeln in der Plasma-Anlage der Zwilag (externe Dienstleistung) Hochdruck-Pressen zur Volumenreduktion der radioaktiven Abfälle Kabel-Shreddern (Trennen von Isolation und metallischen Anteilen, z.b. Kupfer) Verpacken in Behälter und Vergießen der Hohlräume Freimessen und Freigabe Eine detaillierte Beschreibung der vorgenannten Behandlungsverfahren wurde in der Stilllegungsstudie /1/ nicht vorgenommen.