- konkretisiert die Anforderungen an die Inhalte der Versorgungsverträge mit den Leistungserbringern



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Das besondere Versorgungsstruktur- und Vergütungsrecht der medizinischen Rehabilitation nach Inkrafttreten des SGB IX - unter Berücksichtigung der Schnittstellen ambulante Rehabilitation/DMP sowie Rehabilitation im Krankenhaus/DRG Referat von Harry Fuchs, Düsseldorf anl. des 11. Seminars der Privatkrankenanstalten Thüringen e.v. am 17.3.2003 in Bad Berka Abstrakt Vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches, Teil IX enthielten die für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze mit Ausnahme der 2, 111, 111b SGB V im Bereich der Krankenversicherung keine Regelungen über die Verantwortung für die Entwicklung der Versorgungsstrukturen sowie das in diesem Zusammenhang erforderliche Vertragsrecht mit den Leistungserbringern. Auf dem Hintergrund der monistischen Finanzierung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation blieb der Selbstverwaltung der Rehabilitationsträger weitgehend die Klärung und Gestaltung überlassen, welche Leistungen bedarfsgerecht und welche Rehabilitationseinrichtungen zur Ausführung dieser Leistungen geeignet sind. Auch für die Entwicklung der Versorgungsstrukturen sowie das Vertragsrecht mit den Leistungserbringern gab es mit Ausnahme der Verpflichtung, die Leistungen wirtschaftlich zu erbringen und dazu am Bedarf orientierte Versorgungsverträge ( u.a. 111 Abs. 1 und 2 SGB V,15 Abs. 2 SGB VI ) einzugehen, keine nähere Konkretisierung durch den Gesetzgeber. Das Sozialgesetzbuch, Teil IX - überträgt den Rehabilitationsträgern gemeinsam die Verantwortung für die Entwicklung der bedarfsgerechten regionalen Versorgungsstrukturen ( Sicherstellungsauftrag - 19 Abs. 1 SGB IX ), die in regionalen Arbeitsgemeinschaften operationalisiert werden soll ( 12 Abs. 2 SGB IX ) - verpflichtet die Rehabilitationsträger zur Ausführung der Leistungen, wobei sie sich im Sinne von Erfüllungsgehilfen geeigneter Rehabilitationseinrichtungen bedienen können ( 17 Abs. 1 SGB IX ). Diese Verantwortung der Rehabilitationsträger für die Ausführung der Leistungen beinhaltet auch die Verantwortung für die Inhalte ( Gegenstand, Umfang und Ausführung - 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX ) und im Gegensatz zu 135a Abs. 1 Satz 1 SGB V auch die Qualität der Leistungen. - räumt neben den Betroffenenorganisationen insbesondere den Spitzenorganisationen der Leistungserbringer Beteiligungsrechte bei der Durchführung des Sicherstellungsauftrages ( 19 Abs. 1 Satz 3 SGB IX ) ein - konkretisiert die Anforderungen an die Inhalte der Versorgungsverträge mit den Leistungserbringern ( 21 Abs. 1 SGB IX ) - räumt den Leistungserbringern bzw. deren Spitzenorganisationen durch die Möglichkeit der Vereinbarung von Rahmenverträgen in Korrelation zu der gemeinsamen Empfehlung der Rehabilitationsträger nach 20 Abs. 1 SGB IX Mitgestaltungsrechte u.a. bei der Definition der Qualitätsanforderungen an die Ausführung der Leistungen ein ( 21 Abs. 2 SGB IX ) Unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Rehabilitationsträger nach 12 Abs. 1 Nr. 1, 13 Abs. 1 SGB IX, die nach Gestaltung, Umfang und Inhalt ( Struktur- und Prozessqualität ) einheitliche Leistungserbringung in gemeinsamen Empfehlungen ( Leitlinien ) zu vereinbaren, hat der Gesetzgeber mit dem SGB IX erstmals umfassende Rahmenregelungen zur gemeinsamen Ausgestaltung des Versorgungsauftrages und des Vertragsrechts im Bereich der Rehabilitation geschaffen. 1

Mit der Orientierung am Rehabilitationsbedarf, den Rehabilitationszielen und der Wirksamkeit der Leistungen bezogen auf die Rehabilitationsziele hat er darüber hinaus Maßstäbe sowohl für die inhaltliche Ausgestaltung der Leistungen, die Ausführung der Leistungen in geeigneten Rehabilitationseinrichtungen, die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungen, aber auch die Versorgungsstrukturentwicklung gesetzt. Zielorientierung als Leistungsvoraussetzung Nach 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind die medizinischen Leistungen zur Rehabilitation ( 5 Nr. 1 SGB IX ) zur Erreichung der in 4 Absatz 1 SGB IX genannten Ziele zu gewähren, die Art und Umfang aller durch Behinderung oder chronische Erkrankung bedingte Teilhabestörungen im Bereich der körperlichen, seelischen und sozialen Integrität sowie der Integrität der Aktivitäten und Leistungen erfassen. Leistungen, die zur Erreichung dieser Ziele nicht geeignet sind, dürfen danach nicht gewährt werden. Bei 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX handelt es sich somit um eine für alle Rehabilitationsleistungen und alle Rehabilitationsträger geltende Voraussetzung für die Leistungsgewährung. Funktionsbezogene Feststellung der Leistungen nach dem individuellen Bedarf Der Rehabilitationsträger ist dafür verantwortlich, d.h., erhaftet dafür, dass die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen festgestellt werden ( 10 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ) und darauf ausgerichtet sind, dem Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung der Besonderheiten seines Einzelfalles die den Zielen der 1 und 4 Abs. 1 SGB IX entsprechende umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen ( 10 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ). Der Begriff funktionsbezogen in 10 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wurde vom Gesetzgeber unmittelbar aus der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ( ICF ) der WHO übernommen und besagt, dass die bei dem Berechtigten im Zeitpunkt der Feststellung vorliegenden Beeinträchtigungen der körperlichen, seelischen und sozialen Integrität sowie der Integrität von Aktivitäten und Leistungen vollständig erfasst und dokumentiert werden sollen. Seit Inkrafttreten des SGB IX kann der Rehabilitationsbedarf dadanach nicht mehr allein durch die Anforderungen, die sich aus einer Krankheit ( Schädigung/Beeinträchtigung der physischen Strukturen und Funktionen, definiert über den ICD 10 ) und deren Ausprägung ergeben, sondern darüber hinaus auch durch Art und Umfang der sonstigen Störungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ( d.h., auch der Störungen der seelischen und sozialen Integrität, der Integrität von Aktivitäten und Leistung ) begründet sein. 13 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX sieht vor, in einer gemeinsamen Empfehlung zu regeln, in welchen Fällen und in welcher Weise die Klärung der im Einzelfall anzustrebenden Ziele und des Bedarfs an Leistungen schriftlich festzuhalten ist, wobei eine Beschränkung auf vorwiegend medizinische Parameter im Sinne der bisherigen Begutachtungsverfahren mit Blick auf die geltende Rechtslage unzureichend wäre, weil damit der gesamte Umfang der durch die medizinische Rehabilitation zu beeinflussenden Teilhabestörungen in der Regel nicht erfasst werden kann. Der Wortlaut des 14 Abs. 5 SGB IX Sachverständiger und nicht etwa medizinischer Gutachter o.ä. trägt im übrigen der Tatsache Rechnung, dass die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs aus Beeinträchtigungen der seelischen und sozialen Integrität bzw. der Integrität von Aktivitäten und Leistungen im Einzelfall nicht nur medizinischen Sachverstand, sondern auch den Sachverstand anderer an der Rehabilitation beteiligten Professionen ( z.b. Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiter usw. ) erfordern kann. Die Rehabilitationsträger sind dafür verantwortlich, gemeinsam ein Begutachtungsverfahren zu gestalten, in dem der zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs im Sinne der Klassifikation der ICF erforderliche Sachverstand gewährleistet wird ( 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX ). 2

Auch die in diesem Zusammenhang diskutierte sogen Rehabilitationsprognose muss auf die Erreichbarkeit der Rehabilitationsziele im Sinne der 1, 4 SGB IX abstellen und nicht etwa wie bisher nur auf medizinische Erwägungen oder die Frage der Eingliederung in das Erwerbsleben ( diese spezifische Prognose der Rentenversicherung ist nur noch für die Entscheidung über die Zuständigkeit der Rentenversicherung, nicht jedoch mehr bei anerkanter oder gesetzlich definierter Zuständigkeit ( 14 SGB IX zweitangegangener Träger ) für die Aus- und Durchführung der Leistung relevant ). Wirksame und wirtschaftliche Leistungserbringung, Qualitätssicherung Nach 10, 11 SGB IX sind die medizinischen Leistungen zur Rehabilitation bedarfsgerecht, zielgerichtet, wirksam und wirtschaftlich zu erbringen. Das SGB IX macht mit den übergeordneten Maßstäben der Bedarfsgerechtigkeit, Zielgerichtetheit und Wirksamkeit konkretisierende Vorgaben, was im Bereich der Rehabilitation unter ausreichend und zweckmäßig z.b. im Sinne des 12 SGB V zu verstehen ist. Das SGB IX enthält danach im Gegensatz zum bisherigen Recht mit der Orientierung der Leistungserbringung am individuellen Rehabilitationsbedarf und den individuellen Rehabilitationszielen zugleich auch Parameter und Maßstäbe, die eine konkrete einzelfallbezogene Ergebnisbetrachtung ( Wirksamkeit der Leistung ) gestatten. Auf diesem Hintergrund hat jeder andere Ansatz, der nicht auf die Einzelfallwirksamkeit bezogen auf die vorgegebenen Rehabilitationsziele abstellt, keine unmittelbare Relevanz für die Beurteilung der Wirksamkeit und damit der Ergebnisqualität einer Maßnahme ( 10 Abs. 1 Satz 3 SGB IX ). Ausführung unter Inanspruchnahme geeigneter Rehabilitationseinrichtungen Nach 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX dürfen die zuständigen Rehabilitationsträger die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur in geeigneten Rehabilitationseinrichtungen ausführen lassen. Die medizinischen Leistungen zur Rehabilitation werden zur Erreichung der in 4 Abs. 1 SGB IX genannten Ziele erbracht ( 4 Abs. 2 SGB IX ). Geeignet sind danach nur solche Einrichtungen, die nach ihrer Struktur- Prozessqualität erwarten lassen, dass die Ziele des 4 Abs. 1 SGB IX erreicht werden können und bedarfsgerechte, zielgerichtete und wirksame Leistungen anbieten. Die Rehabilitationsträger sind nach 10 Abs. 1 Satz 3 SGB IX verpflichtet, die zielgerichteten Leistungen entsprechend dem jeweiligen Bedarf zu sichern. Gemeinsamer, regionaler Sicherstellungsauftrag Die Rehabilitationsträger haben gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hinzuwirken, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste- und Einrichtungen in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen ( 19 Abs. 1 SGB IX ). Mit diesem Sicherstellungsauftrag entscheiden die Rehabilitationsträger gemeinsam verantwortlich darüber, welche rehabilitativen Versorgungsstrukturen in einer Region verfügbar sind. Diesem Sicherstellungsauftrag kommt insbesondere mit Blick auf die Entwicklung ambulanter oder geriatrischer Rehabilitationsangebote bzw. die sich zur Kompensation des Bettenabbaus im Krankenhausbereich nach DRG-Einführung ergebenden Strukturdiskussionen besondere Bedeutung zu. Die Krankenhausplanung ist an der Entwicklung der rehabilitativen regionalen Versorgungsstrukturen nur zu beteiligen, die Entscheidung liegt allein bei den Rehabilitationsträgern. Im Gegensatz zur Akutversorgung haben sind die Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Entwicklung der regionalen Versorgungsstrukturen nicht zu beteiligen. Ihre Verantwortung beschränkt sich im Bereich der medizinischen Rehabilitation auf die Beratungs- und Verordnungsrechte ( 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V ) und die dazu zu erlassenden Richtlinien ( 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB V ). 3

U.a. zur regionalen Durchführung dieses Sicherstellungsauftrages sollen nach 12 Abs. 2 SGB IX nach dem Vorbild eines im Freistaat Sachsen seit über 10 Jahren bestehenden Arbeitskreises regionale Arbeitsgemeinschaften gebildet werden, die nach 88 SGB X Auftragsverwaltung für die Rehabilitationsträger durchführen. Werden solche Arbeitsgemeinschaften nicht gebildet, werden damit mangels anderer gleichwertiger Beteiligungsstrukturen oder verfahren in der Regel zugleich auch den Betroffenenorganisationen und den Spitzenorganisationen der Leistungserbringer die in diesem Zusammenhang auf regionaler Ebene gegebenen Beteiligungsrechte beschnitten. Abgrenzung zur Akutversorgung und zu Vorsorgeleistungen Hinsichtlich der Abgrenzung zur Akutbehandlung ist darauf zu verweisen, dass Leistungen zur Rehabilitation ausschließlich gewährt werden können ( 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ), wenn durch sie ein Ziel im Sinne der 1, 4 SGB IX erreichbar erscheint. Dabei handelt es sich im Verhältnis zur Akutversorgung um deutlich abweichende Anforderungsprofile, die eine klare Abgrenzung zur Akutversorgung gestatten. Dies gilt mit - geringen Einschränkungen auch hinsichtlich der Abgrenzung zu Vorsorgeleistungen, die durch das SGB IX nicht erfasst ist. Dabei ist unverändert 23 Abs. 1 SGB V Bewertungsmaßstab, nach dem diese Leistungen - abgesehen von der Vermeidung von Pflegebedürftigkeit nur gewährt werden können, wenn eine Krankheit noch nicht ( dauerhaft) eingetreten ist. Ambulant vor stationär Der Gesetzgeber hat in 19 Abs. 2 SGB IX erneut den Grundsatz ambulant vor stationär betont, für die Leistungen der medizinischen Rehabilitation allerdings klargestellt, dass dieser Grundsatz nur dann wirksam werden darf, wenn die Ziele der Rehabilitation ( 1, 4 Abs. 1 SGB IX ) nach Prüfung des Einzelfalles durch ambulante Rehabilitationsleistungen mit vergleichbarer Wirkung erreichbar sind. Zur Diskussion der ambulanten Rehabilitation müssen auch die strukturierten Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten ( Disease-Management-Programme DMP ) nach 137f SGB V angesprochen werden. Diese sollen nach der gesetzlichen Zieldefinition dazu diesen. die Versorgung chronisch Kranker zu verbessern, beschreiben nach den Inhalten der bisher verabschiedeten bzw. in Vorbereitung befindlichen DMP`s allerdings nur die nach dem internationalen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse, welcher Methodeneinsatz im Rahmen akutmedizinischer Behandlungsziele als ausreichend und notwendig ( 12 SGB V ) und deshalb als Mindestqualität der akutmedizinischen Versorgung abgesehen werden müssen. Die Programme enthalten weder eine Zielsetzung im Sinne der 1, 4 Abs. 1 SGB IX, noch klären sie im Rahmen einer rehabilitationsmedizinischen Diagnostik den Rehabilitationsbedarf ( Art und Ausprägung einer Teilhabestörung im Sinne der Internationalen Klassifikation der WHO zur Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ( ICF ) ) und stellen demzufolge auch nicht fest, mit welchen funktionsbezogenen Leistungen diese Teilhabestörungen voraussichtlich mit Erfolg vermieden, gemindert oder beseitigt werden können ( 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ). Sie enthalten demzufolge bisher keinerlei rehabilitationsmedizinische Ansätze bzw. Inhalte. Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Rehabilitation Die Schnittstelle zwischen der stationären Krankenhausversorgung und der anschließenden rehabilitativen Versorgung ist durch die Wirkung des pauschalierenden Entgeltsystems auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups ( DRG ) erneut problematisiert Bereits vor dem Inkrafttreten der jetzigen Fassung des 39 SGB V war es rechtlich grundsätzlich nicht zulässig, Leistungen der Rehabilitation als wirtschaftlich und organisatorisch 4

integralen Bestandteil eines Krankenhauses zu erbringen und zu vergüten. Neben der eindeutig getrennten Aufgabenzuweisung nach 107 Abs. 1 und 2 SGB IX mit deutlich unterschiedlichen Struktur- und Prozessanforderungen an Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen gestattete 111 Abs. 6 SGB V den Abschluss eines Versorgungsvertrages für die Durchführung von Rehabilitationsleistungen an einem Krankenhaus auch als unverzichtbare Voraussetzung für die Vergütung dieser Leistungen nur, wenn es sich dabei um eine wirtschaftlich und organisatorisch selbständige, gebietsärztlich geleitete Rehabilitationseinrichtung an einem Krankenhaus, d.h., eine völlig getrennte Organisationseinheit im Verbund mit dem Krankenhaus handelte. Dass aus diesem Grunde Versorgungsverträge nach 111 Abs. 1 5 SGB V mit Krankenhäusern nicht zustande kommen konnten führte in einigen Bundesländern dazu, 111 Abs. 6 SGB V durch Aufnahme der rehabilitativen Abteilungen in den Krankenhausplan zu unterlaufen, obwohl es sich bei den rehabilitativen Abteilungen nach 107 Abs. 2 SGB V ausdrücklich nicht um Krankenhausabteilungen handeln konnte und die Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes deshalb nach dem Landeskrankenhausrecht ebenfalls rechtlich zumindest höchst bedenklich, wenn nicht gar unzulässig war. Dass die Aufnahme einer rehabilitativen Abteilung in den Krankenhausplan ohne einen Versorgungsvertrag nach 111 Abs. 6 SGB V den Charakter der dort erbrachten Leistungen als solche der Rehabilitation und deren Vergütungsgrundlagen außerhalb des Krankenhausrechts nicht tangierte bzw. veränderte, wurde offensichtlich von allen Beteiligten billigend in Kauf genommen. Solange die Vergütung des Krankenhauses sich nicht nach der Diagnose und daran orientierte, ob es sich überhaupt um krankenhaustypische Leistungen im Sinne des 107 Abs. 1 SGB V handelt, ergaben sich ja auch keine Probleme. Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des 39 Abs. 1 Satz 3, letzter Halbsatz SGB V durch das SGB IX ab 1.7.2001 klargestellt, dass die Krankenhausbehandlung auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Rehabilitation erfasst. Diese Leistungen der Frührehabilitation sind danach zweifelsfrei Bestandteil der Vergütung der Krankenhausleistungen nach 16 ff KHG. Der Bundesverband Deutscher Privatkrankenanstalten hat in seinen Veröffentlichungen als einer der Ersten darauf hingewiesen, dass das DRG-System methodisch nicht in der Lage ist, umfassendere Leistungsprozesse wie u.a. die der Rehabilitation sachgerecht abzubilden. U.a. nur deswegen besteht jetzt die Bereitschaft der Politik, mit dem Fallpauschalenänderungsgesetz ( FPÄndG ) für die betroffenen Krankenhäuser mit Leistungen der Frührehabilitation für einen befristeten Zeitraum weiterhin die Vergütung nach der Bundespflegesatzverordnung zuzulassen. Da es illusorisch ist, anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Vergütung der Krankenhausleistungen ( einschließlich der darin enthalten Leistungen der frühen Rehabilitation ) mittels eines Vergütungssystems auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups noch einmal zurücknehmen oder für bestimmte Krankenhausleistungen auf Dauer mit Ausnahmeregelungen versehen wird, kann es jetzt nur noch darum gehen, für die Krankenhausleistungen des deutschen Versorgungssystems, die mit den AR-DRG nicht abgebildet werden können, zeitnah spezifische deutsche DRG`s mit entsprechenden Vergütungsgewichten zu entwickeln. Da kaum zu vermitteln ist, dass dies für die jeweiligen Leistungen innerhalb eines Jahres nicht möglich sein soll, lässt sich die im FPÄndG vorgesehene Jahresfrist nicht mit ernsthafter Aussicht auf Erfolg in Frage stellen. Andererseits haben gerade die privaten Krankenhausträger kein Interesse daran, dass weitaus weniger wirtschaftliche und wettbewerbsfähige Krankenhäuser üppig bemessene Ausnahmeregelungen mit der Fortsetzung des bisherigen Vergütungsrechts dazu nutzen, sich Marktvorteile gegenüber den privaten Krankenhausträgern zu erhalten. Die Zuordnung rehabilitativer Leistungsangebote zur stationären akutmedizinischen Versorgung oder zur medizinischen Rehabilitation ist am Bereich der neurologischen Versorgung gut nachzuvollziehen, weil der Versorgungsverlauf in diesem Indikationsbereich durch eine 5

Empfehlung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ( BAR ) nach den in den jeweiligen Phasen erforderlichen Versorgungsinhalten und qualitäten in die Phasen A F ( A = Akutversorgung, B = Frührehabilitation im Krankenhaus, C = Frührehabilitation in einer Rehabilitationseinrichtung, D = anschließende weiterführende stationäre medizinische Rehabilitation usw. ) gegliedert ist. Mit wenigen Ausnahmen haben die Krankenkassen bundesweit die Leistungsphase B nach 107 Abs. 1 SGB V der Krankenhausversorgung als Frührehabilitation zugeordnet, sodass Rehabilitationskliniken Versorgungsverträge für diese Phase selbst dann regelmäßig nicht mehr erhalten, wenn sie über die struktur- und prozessqualitativen Voraussetzungen für die Ausführung solcher Leistungen verfügen. Umgekehrt werden die Leistungen der Phase C nach 107 Abs. 2 SGB V den Rehabilitationseinrichtungen zugeordnet, für die dann Versorgungsverträge nach 111 SGB V bzw. - soweit die Rehabilitation in organisatorisch und wirtschaftlich getrennten Einrichtungen am Krankenhaus ausgeführt werden soll nach 111 Abs. 6 SGB V abzuschließen sind. Entsprechend der Einordnung in die jeweiligen Versorgungsstrukturen ist das jeweilige Versorgungsstruktur- und Vergütungsrecht anzuwenden. D.h., dass die Kosten der Phase B Bestandteil der Kosten der Krankenhausbehandlung sind, für die eine Pauschalvergütung auf der Basis eines DRG bzw. nach dem FPÄndG bis zur Entwicklung eines speziellen deutschen DRG übergangsweise eine entsprechende Vergütung auf der Grundlage der Bundespflegesatzverordnung zu zahlen ist. Für die Kosten der Leistungen der Phase C sind auf der Basis eines Versorgungsvertrages nach 111 SGB V außerhalb des Krankenhausrechts und der Krankenhausvergütung - Vergütungen nach 111 Abs. 5 SGB V zu vereinbaren. Krankenhausträger, die bisher keinen Versorgungsvertrag nach 111 SGB V für die Phase C haben, weil sie diese Leistungen als Bestandteil der Krankenhausleistungen in den Krankenhausplan eingebracht haben, müssten nunmehr einen solchen Vertrag bewirken und die entsprechenden Vergütungen mit den Krankenkassen verhandeln. Ob dazu die Voraussetzungen des 111 Abs. 6 SGB V hergestellt werden müssen, ist mit den Krankenkassen zu verhandeln. Diese haben allen Grund, für diese Einrichtungen nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, weil sie an dem Zustandekommen des derzeitigen, rechtlich mehr als zweifelhaften und problematischen Zustand mindestens so beteiligt waren wie die Krankenhausträger bzw. die Krankenhausplanung des Landes. 6