Die EU und die öffentliche/kommunale Daseinsvorsorge



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Transkript:

Auswirkungen der Gesetzgebung Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 1

Die EU und die öffentliche/kommunale Daseinsvorsorge Gliederung des Referats: Was ist Daseinsvorsorge? Die Daseinsvorsorge in den Gesetzen: GG, EU-Verträge und EU- Verfassungsvertrag Zum Verständnis der Denkstrukturen der EU: Exkurs in die WTO Exkurs in den WTO- Vertrag GATS Forderungen an die KandidatInnen für die Europawahl 2009 Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 2

Lissabon-Gipfel 2000 Bis zum Jahr 2010 (!) soll die EU die weltweit stärkste, wissensbasierte Wirtschaftsmacht werden. Dies soll durch eine quasi 100%- Liberalisierung und weitgehende Privatisierung erfolgen. u. A. soll dies durch die sog. Bolkestein - Richtlinie (= EU-Dienstleistungsrichtlinie ) erreicht werden. Diese Richtlinie passt sich in GATS ein. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 3

Was ist die tägliche Daseinsvorsorge? Wikipedia: Verwaltungsrechtlicher Begriff ( ) umschreibt die staatliche Aufgabe zur Bereitstellung der für ein sinnvolles menschliches Dasein notwendigen Güter und Leistungen die sogenannte Grundversorgung. ( ) Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen für die Allgemeinheit, also Verkehrs- und Beförderungswesen, Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung, Bildungs- und Kultureinrichtungen, Krankenhäuser, Friedhöfe, Bäder usw.

Was ist die tägliche Daseinsvorsorge? Dienstleistungen (DL) der Kommune insbes. bei - Versorgung mit (bezahlbarem!) Wohnraum - Kommunikations-DL, u. A. Post, Radio, TV - Bildungs-DL, u. A. Kindergarten, Schulen, Erwachsenenbildung - Umwelt-DL, u. A. Wasser, Abwasser, Kanalisation, Müllabfuhr, Energie - Medizinische/Soziale DL, u. A. Krankenhäuser - Transport-DL, u. A. Binnenschifffahrt, Lufttransport, Schienen-/Straßenverkehr, Frachtumschlag - Erholung, Kultur, Sport, u. A. Theater, Büchereien, Museen, Nachrichtenagenturen Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 5

Was ist die tägliche Daseinsvorsorge? Daseinsvorsorge wird dabei teilweise als ein verfassungsrechtlich geschützter Aspekt des Sozialstaatsprinzips verstanden. Dafür spricht, dass die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden verfassungsrechtlich geschützt ist: Art. 28 Abs. 2 GG schützt die Kommunale Selbstverwaltung.

Und was ist die tägliche Daseinsvorsorge noch? Aus Steuergeldern finanziert mithin Eigentum der Menschen in der Kommune Ein erheblicher Vermögenswert, z. B. Infrastruktur Ein Eckpfeiler der kommunalen Selbstverwaltung Von der Kommunalpolitik formulierter Auftrag, Daseinsvorsorge in einer ortsspezifischen Weise sicher zu stellen Ohne die kommunalen Unternehmen gäbe es nur private Unternehmen, die den Markt beherrschten Wesentliche Basis für die Ausübung der Menschenrechte (z. B. auf sicheres Wasser, bezahlbaren Wohnraum, Nahrungsbeschaffung, medizinische Versorgung, Bildung) Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 7

Die Daseinsvorsorge in den Regelwerken Grundgesetz Keine konkrete Definition der Daseinsvorsorge Konkurrierende Gesetzgebung von Bund und Ländern wichtige Artikel: Art. 14 Eigentum verpflichtet Art. 15 Sozialisierung Art. 20 Sozialstaatsprinzip Art. 23 und 79 Europäische Union bzw. Änderung des Grundgesetzes Art. 25 Völkerrecht und Bundesrecht Art. 28 Selbstverwaltungsrecht der Kommunen Art. 45 Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 8

Die Daseinsvorsorge in den Regelwerken EU-Verfassungsvertrag 2003 (1) (ausgewählte Artikel:) Art. III-122 Dienste von allgem. wirtschaftlichen Interesse, Regelungsanspruch i. S. neoliberalen Wettbewerbs Art. III-130 Gewährleistung d. Binnenmarkt-Durchführung Art. III-131 Binnenmarkt darf nicht durch innerstaatliche Störung der öffentlichen Ordnung gefährdet werden Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 9

Die Daseinsvorsorge in den Regelwerken EU-Verfassungsvertrag 2003 (2) Art. III-166 (1) Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen (...) keine den Bestimmungen der Verfassung (...) widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten. (2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Bestimmungen der Verfassung, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Bestimmungen nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. (...) Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 10

Die Daseinsvorsorge in den Regelwerken EU-Verfassungsvertrag 2003 (3) Art. III-167 Soweit in der Verfassung nichts anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der Mitgliedstaaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten betreffen. (Anm: auch DL-Handel) Art. III-234 Rat erlässt Gesetze, die die mengenmäßige Bewirtschaftung der Wasserressourcen berühren oder die Verfügbarkeit dieser Ressourcen mittelbar oder unmittelbar betreffen. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 11

Die Daseinsvorsorge in den Regelwerken EU-Verfassungsvertrag 2003 (4) Art. III-237 enthält sog. Inländerbehandlungsklausel für die Verkehrsunternehmer anderer Länder Art. III-256 enthält die Durchsetzung des Binnenmarkts im Bereich Energie Art. III-323 (1) Umfassender Anspruch der EU auf Abschluss von intern. Verträgen (2) Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 12

Problem: EU-Verfassungsvertrag 2003 Neu, über bisherige Verträge hinausgehend (Auszüge): Rechtspersönlichkeit Vorrang vor nationalem Recht Wirtschaftsform (neoliberal) vorgeschrieben Angriffskrieg zur Durchsetzung europäischer Interessen möglich. Parlamentsvorbehalt des Bundestages ausgehebelt. Moralklausel im Anhang verbietet Schwangerschaftsabbruch für Polen und Malta. Grundrechte-Charta von 2000 integriert (Teil II) Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 13

International abgestimmte Regelwerke beeinflussen deutsche Gesetzgebung WTO-Rahmenverträge EU-Vertrag EGKS 1951, Römische Verträge (= EWG + EAG) 1957, EG (= EGKS + EWG + EAG) 1965, Maastrichter Vertrag 1992, Amsterdamer Vertrag 1997, Nizza-Vertrag 2001 EU-Verfassungsvertrag (2003) bzw. Reformvertrag (2007); alle bisherigen EU-Verträge im Verfassungs-vertrag / Reformvertrag zusammengefasst und haben weiter Gültigkeit, z. B. auch EURATOM Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 14

WTO-Vertragswerk Drei große Säulen: GATT, GATS und TRIPS GATT = Allgemeines Zoll- und Waren- Handelsübereinkommen (engl.: General Agreement on Trade and Tariffs) GATS = Übereinkommen zum Handel mit Dienstleistungen (engl.: General Agreement on Trade in Services) TRIPS = Übereinkommen zum Schutz des geistigen Eigentums (engl.: Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Neben den vorgenannten Säulen ist der TBT-Vertrag wichtig. ( Technical Barriers to Trade ). Soll durch Standardisierung, z. B. bei Auftragsvergabe für Vergleichbarkeit sorgen. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 15

Wichtige WTO-Prinzipien (1) Meistbegünstigung (Nicht-Diskriminierung): Handelsvorteile, die ein WTO-Mitgliedsland einem anderen Land gewährt, muss es allen anderen WTO-Mitgliedsländern auch gewähren (Art. 1 GATT). Inländerbehandlung: Ausländische Waren sowie deren Anbieter dürfen nicht schlechter behandelt werden als inländische; für Dienstleistungen gilt dies nur, sofern die Staaten den Markt für einen Dienstleistungssektor geöffnet haben (Art. 3 GATT). Transparenz: Regelungen und Beschränkungen des Außenhandels müssen veröffentlicht werden (Art. 10 GATT). Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 16

Wichtige WTO-Prinzipien (2) Liberalisierung: Abbau von Handelshemmnissen wie Zölle, bestimmten Kontingenten und bürokratischen Hürden. Verbot der Verschärfung: Die Verschärfung von Handelshemmnissen ist unzulässig. (Umwelt!) Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen: Heimische Produzenten dürfen durch Zölle geschützt werden, aber nicht durch Importquoten oder völligen Ausschluss von Importen (Art. 11 GATT) Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 17

Umfassender Ordnungsanspruch der WTO Art. XIV:4 WTO-Übereinkommen: Jedes Mitglied stellt sicher, dass seine Gesetze, sonstigen Vorschriften und Verwaltungsverfahren mit seinen Verpflichtungen auf Grund der als Anlage beigefügten Übereinkommen in Einklang stehen. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 18

Stellung der EU in der WTO Die EU fungiert als ein Gründungsmitglied der WTO. Sie spricht (bei Mehrheitsentscheidungen) mit einer Stimme durch den Handelsausschuss-Vorsitzenden (der jeweilige EU-Kommissar für Handel) und vereinigt alle EU-Mitgliedstaaten in dieser einen Stimme. Das heißt, der EU-Vertreter in der WTO, z. Zt. Peter Mandelson, bringt auf einen Schlag 27 Stimmen (von 150 Mitgliedern) ein. Die KOM hat bei Verhandlungen einen Wissensvorsprung. Unter Ausschluss der jeweiligen VertreterInnen der Einzel-EU-Mitgliedstaaten und der Schwellen- und Entwicklungsländer werden in den Green Rooms Fakten geschaffen. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 19

Rechtsverhältnis WTO-EU Die WTO-Abkommen berühren nationales und europäisches Recht. Zwar ist das Welthandelsrecht der WTO nach ständiger Rechtsprechung des EuGH in der EU grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar, dennoch hat sich die Europäische Union durch den Beitritt der WTO verpflichtet, die Abkommen und die dazugehörigen Rechtsinstrumente anzuerkennen (z.b. das wichtige Streitbeilegungsverfahren). Das Streitbeilegungsverfahren ist rechtsgültig, obwohl es von keinem Gericht, sondern von einem Gremium von WTO-Ökonomen durchgeführt wird. Ein Konzern kann einen Staat auf vermutete entgangene Gewinne verklagen, aber ein Staat kann keinen Konzern verklagen oder zur Rechenschaft ziehen. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 20

Von GATS betroffene Sektoren (1) 1. Freie DL, EDV, F + E, Grundstücks-/Immobilien- DL, Miet-/Leasing ohne Personal, Werbung, Personalberatung 2. Kommunikations-DL, Post, TK, Audiovisuelle DL wie Film, Radio, TV, Musik, Andere 3. Bau- u. Montage-DL, Hoch- /Tiefbau, Montage, Andere 4. Vertriebs-DL, Groß-/Einzelhandel, ProvisionsvertreterInnen, Franchising, Andere 5. Bildungs-DL, Kindergarten, Grundschule, Schul-/Berufs-, Uni-/Erwachsenenbildung, Andere 6. Umwelt-DL, Abwasser, Kanalisation, Müllabfuhr, Sanitäre Einrichtungen, Hygiene, Andere Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 21

Von GATS betroffene Sektoren (2). Finanz-DL Versicherungen, Bank- /Finanz-DL, DV, Andere. Medizinische / Soziale DL u. a. Krankenhaus, sonstige Gesundheits-DL, Andere.. Tourismus + Reise-DL Hotels, Restaurants, Cater. Reiseagenturen/-veranstalt F d füh R i 10. Erholung, Kultur, Sport Unterhaltungs-DL; Theater, Live-Bands, Zirkus, Nachrichtenagenturen, Büchereien, Archive, Museen, Sport, Andere 11. Transport-DL, See- /Binnenschifffahrt, Lufttransport, Raumfahrt, Schienen-/Straßenverkehr, Lagerung, Frachtumschlag, Pipeline Transport 12. SONSTIGE NICHT AUF- GEFÜHRTE DIENSTLEIST. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 22

Wohin geht die Reise der EU? EU-Wettbewerbsrecht: Gewinner sind große Konzerne, Verlierer sind die kleinen Leute und die Kommunen EU-Beihilferecht: Gewinner sind große Konzerne, Verlierer sind die Kommunen Regulierung öffentlicher Aufträge: Unter Androhung von hohen Strafgeldern Zwang für die Kommunen, europaweit für Privatunternehmen auszuschreiben, wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird. (Bauaufträge ab 5. Mio., DL- bzw. Lieferaufträge ab 200.000.); wird beschönigend Transparenz genannt. Für die Auftragsvergabe gelten WTO-Regeln. Prinzip der vorgelagerten Märkte, das die Kommunen in den Wettbewerb zwingt. Dies alles zusammen bewirkt eine Enteignung des Volkes zu Gunsten weniger Konzerne! Die aus Steuergeldern geschaffene Infrastruktur hat einen hohen Vermögenswert!

Wohin geht die Reise der EU? Auszug aus einer Broschüre der KOM von 2006 zur Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf den Bereich Sozialdienstleistungen : Im Bereich des Wettbewerbsrechts hat der Gerichtshof festgelegt, was als Wirtschaftstätigkeit anzusehen ist: < jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten, unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens und der Art seiner Finanzierung.>

Wohin geht die Reise der EU? ( ) Entscheidet die öffentliche Hand sich dafür, die Aufgabe einem externen Partner zu übertragen oder mit dem privaten Sektor zusammen zu arbeiten, kann das Gemeinschaftsrecht für öffentliche Aufträge und Konzessionen in Aktion treten. In diesem Fall muss die öffentliche Einrichtung, die einem externen Akteur eine soziale Aufgabe von allgemeinem Interesse überträgt, mindestens die Grundsätze Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit beachten. Zudem legen in bestimmten Fällen die Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen konkretere Verpflichtungen fest. ( )

Forderungen, die Europaabgeordnete insbesondere im Zusammenhang mit der täglichen Daseinsvorsorge einbringen sollten: Aufgaben der Öffentlichen Daseinsvorsorge müssen dem europäischen Wettbewerbsrecht entzogen werden. Das bedeutet u. A., dass der Zwang zur Ausschreibung für Privatunternehmen aufgehoben werden muss. Kommunen dürfen bei Unterlassung nicht mehr verklagt werden. Privatisierungen/Enteignungen des öffentlichen Eigentums dürfen nicht mehr zugelassen werden. Re-Kommunalisierung ist nötig. Konzepten wie Public Private Partnership (derzeit auch von der EU als Konzept der Zukunft gepriesen) muss ein Riegel vorgeschoben werden. Dortmund, 15.03.2008 Monika Christann 26

Forderungen, die Europaabgeordnete insbesondere im Zusammenhang mit der täglichen Daseinsvorsorge einbringen sollten: Vielmehr muss sichergestellt werden, dass der Zugang zu den Dienstleistungen der Daseinsvorsorge ungehindert, umfassend, gleichberechtigt, diskriminierungsfrei und bezahlbar ist. Ökologische Prinzipien dürfen nicht ökonomischen Prinzipien untergeordnet werden. Das Europäische Parlament muss das Gesetzesvorschlags- und Mitentscheidungsrecht erhalten. Grundrechte müssen einklagbar sein, daher muss die EU der Menschenrechtskonvention beitreten.

Forderungen, die Europaabgeordnete insbesondere im Zusammenhang mit der täglichen Daseinsvorsorge einbringen sollten:. Der Schutz von VerbraucherInnen durch staatliche Aufsichtsbehörden muss umfassend gewährleistet sein. Dem weiteren Abbau von Schutzvorschriften ( Grünbuch Arbeitsrecht ) muss dringend Einhalt geboten werden. Leiharbeit und Befristete Arbeit ist zu zurück zu fahren! Last but not least: Alle Politikfelder sind unter dem Gender- und Geschlechtergerechtigkeits-Aspekt zu betrachten! Von Liberalisierung und Privatisierung sind Frauen ganz besonders betroffen, da sie i.d.r. einerseits traditionell die Familie versorgen und andererseits für gleiche Arbeit immer noch nicht den gleichen Lohn erhalten (ca. ein Drittel weniger)!

Messen Sie uns daran! Wir kandidieren zum Europaparlament im Juni 2009!