Nikolaus Tschenk 12/2013 Übersicht über den aktuellen Stand grün-roter Bildungspolitik in Baden-Württemberg I. Ausgangssituation i. Schülerrückgang von 2003 2020 von 1,7 Mio. auf 1,3 Mio., minus 25%, bzw. ca. ii. 400 000 SchülerInnen Verändertes Anmeldeverhalten der Eltern. Stand 2012 haben nur noch ca. 12% der Eltern ihre Kinder an einer Werkrealschule (WRS) angemeldet. Eine verantwortungsbewusste Landesregierung hätte also bereits vor 10 Jahren beginnen müssen, auf diese Veränderungen zu reagieren. Schwarz-gelb hat dies nicht getan. Die neue grüne-rote Landesregierung tut dies und übernimmt Verantwortung. II. Erste konkrete Maßnahmen i. Bestandsgarantie für Grundschulen ii. Einführung der Gemeinschaftsschule iii. Sicherstellung der Lehrerversorgung Baden-Württemberg hat Stand 2013 ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:14. Das ist die beste Lehrer-Versorgung aller Bundesländer. Ba-Wü ist unter grünrot besser als Bayern Die Lehrer-Versorgung im Land liegt bei 112 % iv. Ressourcensteuerung Von schwarz-gelb geerbt: - Verschuldung von 43 Mrd. Euro (Jahresetat des Landes: 42 Mrd. Euro) - Jährliche Zinsbelastung durch Verschuldung: 1,9 Mrd. Euro - Pensionslasten für Landesbeamte bis 2020: 70 Mrd. Euro, ohne dass schwarz-gelb nennenswerte Rücklagen gebildet hätte (so viel zur Mär, die Schwarzen könnten mit Geld umgehen). Personal-Anteil am Landes-Haushalt: - 43,9% (Angestellte, Beamte, Pensionen) - Anteil Bildung/Kultus am Landes-Haushalt: 25 % = 9 Mrd. Euro Angesichts dieser Zahlen geht die Landesregierung gerade im Bildungsbereich vorsichtig, verantwortungsbewusst und differenziert vor. Konkret: - Bei einem Schülerrückgang von bis zu 25 % lässt das Land lediglich 10 % der insgesamt 115 000 Lehrerstellen nach der Pensionierung unbesetzt nach derzeitigen Plänen also 11 600 Stellen - Dies bedeutet im Grunde, dass die Lehrerversorgung im Land weiter erhöht wird. Die Schüler-Lehrer-Relation wird also weiter verbessert das kann sich sehen lassen Exkurs: Wie vor einigen Wochen in einer Rundmail ausgeführt, sahen die Lehrerstellen-Pläne von schwarz-gelb folgendes vor: - 8000 Stellen waren bereits mit kw-vermerk (künftig wegfallend) versehen. CDU/FDP wollten diese also streichen
III. - 3500 Stellen wurden vor der vorletzten Landtagswahl als s. g. Bildungs- Offensive neu geschaffen, waren aber nur bis 2012 finanziell im Haushalt abgesichert. Nach der erhofft gewonnenen Wahl 2011 hatte schwarz-gelb also die Absicht, diese Stellen wieder zu streichen - In der Summe hatten somit CDU/FDP seit Jahren die Absicht, 11 500 Lehrer-Stellen zu streichen, allerdings ohne gezielte Ressourcen- Steuerung, ohne pädagogisches Konzept, ohne eine differenzierte regionale Schulplanung. - Nach Plänen von schwarz-gelb wären alleine bis 2015/16 6000 Lehrer- Stellen gestrichen worden Grundsätze grün-roter Bildungspolitik i. Wirkliche Bildungsgerechtigkeit, d. h., Entkoppelung des Lernerfolgs der Kinder vom Einkommen und vom Bildungsstand der Eltern. Hier war Ba-Wü bisher Spitze. In keinem anderen Bundesland war der schulische Erfolg, bzw. eben Misserfolg so stark vom Status der Eltern abhängig wie hier im Südwesten. ii. Dies wollen wir ändern Aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit Weil es sich Gesellschaft und Wirtschaft nicht leisten können, bis zu 30 % eines Jahrgangs junger Menschen ohne Schulabschluss aus der Schule gehen zu lassen, wie dies bisher teilweise im 3-gliedrigen System von schwarz-gelb der Fall war Aus diesen Gründen erhält die grün-rote Bildungspolitik auch eine klare Unterstützung von der baden-württembergischen Wirtschaft. Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle am 28. 11. 13: Das 2-Säulen- Modell (Gymnasium + Gemeinschaftsschule) ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen des Bildungssystems in Baden-Württemberg. Und Möhrle weiter: Die Gemeinschaftsschule ist ein hochwertiges Schulkonzept, das wir gemeinsam (mit der Landesregierung) voranbringen. Ziel der grün-roten Bildungspolitik ist somit das 2-Säulen-Modell aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule. Wenn die CDU dabei von Einheitsschule spricht, zeigt sie nur, dass sie das Konzept Gemeinschaftsschule nicht verstanden hat (oder nicht verstehen will). Die Gemeinschaftsschule ist ein hochdifferenziertes Bildungskonzept, welches unterschiedlichsten Anforderungen gerecht wird. IV. CDU in Bildungsfragen gespalten Interessant ist dabei, dass die Gemeinschaftsschule bei großen Teilen der CDU Anklang findet. Eine Mehrzahl der bisher genehmigten Gemeinschaftsschulen wird von CDU-Bürgermeistern klar befürwortet. Dabei scheuen sich diese auch nicht, sich mit ihren CDU-Abgeordneten anzulegen. In mehreren Fällen haben CDU-Bürgermeister CDU-Abgeordnete aufgefordert, ihre Polemik und Stimmungsmache gegen die Gemeinschaftsschule einzustellen. Vor Ort wolle man (die CDU) diese Schule. Inzwischen sind rund 130 Gemeinschaftsschulen im Land bereits genehmigt, davon 19 Realschulen, und weitere Gemeinschaftsschulen sind beantragt, u. a. die Anne-Frank-Realschule in S-Möhringen, welche 2014/15 an den Start gehen wird.
V. Aktuelle Maßnahmen der grün-roten Landesregierung i. Gymnasien: Sind personell gesichert mit einer Lehrer-Versorgung von 105 %. Zudem verfügen die Gymnasien über 11 Pool-Stunden (zusätzlich zu den Unterrichtsstunden für Fördermaßnahmen usw.). Der Pool für Gymnasien wurde um eine weitere Stunde aufgestockt ii. Realschulen: Wurden von schwarz-gelb bisher sträflich vernachlässigt. Von grün-rot haben sie nun erstmals 1,5 Pool-Stunden erhalten (Kosten: 26 Mio.) iii. Grundschulen: Die Pool-Stunden für Grundschulen wurden von grün-rot deutlich aufgestockt iv. Gemeinschaftsschulen: Verfügen in den ersten 3 Jahren über einen geringeren Klassenteiler (28 statt 30) und erhalten mehr Lehrer-Stunden (1. Jahr plus 3, 2. Jahr plus 2, 3. Jahr plus 1). Dies ist durch den Mehraufwand der gesonderten Aufgabenstellung begründet. v. Unterrichtssicherung: Erhöhung der Schöpfmittel für sichere Unterrichtsversorgung von 40 auf 65 Mio. Einrichtung eines Unterrichts-Sicherungsfonds von 10 Mio. für vorübergehende Engpässe wie Schwangerschaften u. ä. Verdoppelung der Mittel für die Krankheitsreserve 2012 und 2013 je 200 zusätzliche Lehrer-Stellen (jeweils plus 44 Mio. Euro) als Krankheitsreserve. 2014 erneut 200 Stellen hierfür. Positive Folge: Der Unterrichtsausfall hat sich von 2,5% auf 1,5 % verringert. VI. Eine Milliarde Euro mehr für die Bildung Entgegen anderslautender Kritik investiert grün-rot deutlich in die Bildung. Im Doppel-Haushalt 2013/14 wurde 1 Mrd. Euro mehr eingestellt. i. Davon fließen 364 Mio. an die Kommunen für den Ausbau der Kleinkind- Betreuung ii. 581 Mio. fließen an die Schulen. Neben den bereits genannten Maßnahmen wurde zusätzlich folgendes beschlossen: Verdoppelung der Mittel für Schulsozialarbeit (+ 25 Mio.) Erhöhung der Privatschulförderung (+ 55,5 Mio.) Ausweitung der Klassen an beruflichen Gymnasien (+ 7 Mio.) Einführung der Gemeinschaftsschule (+115 Mio.) Weiterfinanzierung der von schwarz-gelb nur bis 2012 finanziell unterlegten Qualitätsoffensive Bildung (3500 Deputate und 230 Mio.) Amok-Prävention (14 Mio.) iii. 224 Mio. zusätzlich fließen an die Hochschulen VII. Regionale Schulentwicklung Im Wesentlichen handelt es sich hierbei darum, etwas nachzuholen, was schwarzgelb sträflicherweise jahrelang vernachlässigt hat:
Angesichts verringerter Schülerzahlen und aufgrund des veränderten Schulwahlverhaltens der Eltern (Vermeidung von Werk-Realschulen), sorgt grün-rot bei dieser Planung dafür, dass überall im Land ein leistungsfähiges Schulangebot mit allen Abschlüssen in erreichbarer Nähe vorhanden ist. Hätte man die fahrlässige Nicht-Planung von schwarz-gelb weitergeführt und an der 3-Gliedrigkeit des Schulsystems festgehalten, wären 75% der Schulstandorte in Ba-Wü geschossen worden (Bargel-Gutachten der GEW). Das 2-Säulen-Modell von grün-rot sichert dagegen mindestens jeden 2. Schulstandort. VIII. G8/G9 G 8 wurde von schwarz-gelb 2004 beschlossen, nicht von grün-rot. Aufgrund des Elternwunsches wurden von grün-rot deutliche Verbesserungen eingeführt, um den Schulstress der verkürzten Schulzeit zu reduzieren: i. G9: Jeder der 44 Landkreise erhielt die Möglichkeit, ein Gymnasium zu G 9 zurückkehren zu lassen ii. G8: Bleibt es bei G8, soll eine Entschlackung des Unterrichts erfolgen iii. Gemeinschaftsschulen: Inzwischen gibt es 130 Gemeinschaftsschulen. Über diese und deren Kooperation mit Gymnasien machen Schüler hier das Abi in 9 Jahren iv. Berufliche Gymnasien: Grün-rot hat die beruflichen Gymnasien gestärkt. Dort wird das Abi grundsätzlich in 9 Jahren angeboten Fazit: Grün-rot hat die überhasteten G8-Beschluss von schwarz-gelb mit deutlichen Verbesserungen korrigiert. Dass es weiterhin auch Gymnasien mit G8 gibt, hat u. a. mit der Vergleichbarkeit der Bundesländer, der internationalen Bildungslandschaft und dem Elternwunsch zu tun. IX. Zur Pädagogik der Gemeinschaftsschule Diese geht im Wesentlichen vom heutigen Stand der Bildungsforschung aus. Kernelemente sind: Emotionale Beteiligung der Schüler am Unterrichtsgegenstand beeinflusst ihr Lernverhalten positiv Selbsttätigkeit und Argumentieren in heterogenen Lerngruppen beeinflussen Lernerfolg und Abspeichern von Ergebnissen in hohem Maße Sind Lerngruppen (Klassen) nicht heterogen, sondern homogen, können keine spannenden Diskussionen in der Klasse stattfinden Kooperative und projektorientierte Lernformen sind nur in heterogenen Lerngruppen gewinnbringend Die Gemeinschaftsschule arbeitet nach diesem Konzept, ermöglicht individuelle Förderung ebenso, wie das Lernen der Schüler voneinander und durch eigenständiges Agieren in der Schule. Der Rektor der Gemeinschaftsschule Neubulach in meinem Betreuungswahlkreis Calw berichtet: Die KollegInnen wollen gar nicht mehr anders unterrichten. Eine Rückkehr zu früheren Unterrichtsformen und früherer Pädagogik ist für sie nicht mehr vorstellbar.
Das klingt ermutigend. Ich denke, dass die Gemeinschaftsschule trotz aller Angriffe von interessierter Seite ein Erfolgsmodell werden wird. Wunder kann man eineinhalb Jahre nach ihrer Einführung natürlich nicht erwarten.