Rundschreiben 10/2009. Thema: Zinsansprüche des Auftragnehmers bei Vergütungsansprüchen nach BGB und VOB/B / Baurecht



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2 (3) 1 Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gil t gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. 2 Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. (4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. 288 BGB Verzugszinsen (1) 1 Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. 2 Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen. (4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. 641 Abs. 4 BGB Fälligkeit der Vergütung (4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werks an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist. 1.2. Regelungstext VOB/B 16 Nr. 5 VOB/B Zahlung 5. (1) Alle Zahlungen sind aufs äußerste zu beschleunigen. (2) Nicht vereinbarte Skontoabzüge sind unzulässig. (3) Zahlt der Auftraggeber bei Fälligkeit nicht, so kann der Auftragnehmer eine angemessene Nachfrist setzen. Zahlt er auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an Anspruch auf Zinsen in Höhe der in 288 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist. Außerdem darf er die Arbeiten bis zur Zahlung einstellen. (4) Zahlt der Auftraggeber das fällige unbestrittene Guthaben nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung, so hat der Auftragnehmer für dieses Guthaben abweichend von Absatz 3 (ohne Nachfristsetzung) ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Zinsen in Höhe der in 288 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist. (5) Der Auftragnehmer darf in den Fällen der Absätze 3 und 4 die Arbeiten bis zur Zahlung einstellen, sofern die dem Auftraggeber zuvor gesetzte angemessene Nachfrist verst richen ist. 2. Verzinsung nach BGB - VOB/B 2.1. BGB-Vertrag Beim BGB-Vertrag beginnt die gesetzliche Verzinsung bereits ohne Verzug mit der Abnahme, 641 Abs. 4 BGB. Gesetzliche Zinsen sind 4 %, soweit nichts anderes bestimmt ist, 246 BGB. Bei beiderseitigen Handelsgeschäften beträgt der gesetzliche Zinssatz 5 %, 352 Abs. 1 Satz 1 HGB. Der Anspruch auf Fälligkeitszinsen entsteht beim BGB-Vertrag auch ohne eine prüfbare Schlussrechnung. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Teil, Rn. 53, 3. Auflage 2008

3 Beim BGB-Vertrag beginnt ansonsten Fälligkeit, Verzug nach den allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften des BGB. Ein Anspruch ist im Zweifel sofort fällig, 271 BGB. Verzug tritt nach 286 Abs. 3 BGB, automatisch 30 Tage nach Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung ein. Dem Auftragnehmer bleibt es unbenommen, die Verzugswirkung noch schneller zu erreichen, in dem er umgehend mahnt, 286 Abs. 1 BGB. Der Auftragnehmer hat es somit selbst in der Hand, die Wirkungen des Verzuges frühzeitig eintreten zu lassen. Prüfzeiten, wie sie die VOB/B kennt, sind dem BGB unbekannt. Diese Regelungen haben besondere Bedeutung im Rahmen der Abschlagsforderung, da insoweit eine Abnahme noch nicht vorliegt und nicht automatisch an die Abnahme ein Zins geknüpft wird. Bei der Schlusszahlungsforderung spielen die Regelungen eine Rolle, wenn über den gesetzlichen Zinssatz ein weitergehender Zinssatz gefordert werden soll, dann ist ab Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein höherer Zinssatz geschuldet. Rein vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass die genannten Zinshöhen bei konkretem Nachweis durch den Auftragnehmer auch höher sein können, wenn er gegenüber dem Auftraggeber nachweist, dass er ständig mit einem entsprechenden höheren Zinssatz arbeitet also einen konkreten Zinsschaden nachweist. 2.2. VOB/B-Vertrag Beim VOB-Vertrag gibt es erhebliche Abweichungen gegenüber der gesetzlichen Regelung des BGB. Gemäß 16 Nr. 5 Abs. 4 VOB/B sind fällige unbestrittene Guthaben zwei Monate nach Zugang der Schlussrechnung mit dem Zinssatz aus 288 BGB zu verzinsen, sofern kein höherer Verzugsschaden nachgewiesen wird. Für diesen Zinsanspruch bedarf es daher keiner Nachfristsetzung. Abschlagszahlungen werden beim VOB-Vertrag spätestens binnen 18 Werktagen nach Zugang der Aufstellung fällig, 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B, ansonsten gilt auch hier 271 BGB. Schlusszahlungen werden beim VOB-Vertrag spätestens binnen zwei Monaten ( 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B) nach Zugang der prüffähigen Schlussrechnung fällig. In beiden Fällen hat der Auftragnehmer Anspruch auf Auszahlung des unbestrittenen Guthabens. Bei der Schlussrechnung wird dies als Abschlagszahlung ausgezahlt, wenn sich die Prüfung verzögert, 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 4 VOB/B. Prüfbar berechnete und sachlich begründete oder unstreitige Einzelpositionen der Schlussrechnung können dann auch insoweit bezahlt werden, wenn und soweit die Gesamtabrechnung des Bauvertrages ein entsprechendes unstreitiges oder prüfbar berechnetes und sachlich begründetes Guthaben ergibt. BGH NJW 1997, 1444 Die Höhe der jeweiligen Zinsen ergibt sich durch Verweisung aus dem BGB, d.h. hier 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß 288 Abs. 2 BGB i. V. m. 247 BGB, wenn ein Verbraucher nicht beteiligt ist, ansonsten 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

4 2.3. Schaubild Nachfolgende Schaubilder sollen die unterschiedlichen Voraussetzungen verdeutlichen: Anwendungsbereich: BGB Voraussetzungen : Fälligkeit Abnahme ohne Regelung bei vereinbartem Zahlungstermin ohne - Verzug - Schlussrechnung Grundsatz: Verzug 30 Tage bzw. Mahnung Verzug Höhe : 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz, bei Unternehmen 8 Prozentpunkte über Basiszinssatz 4 % gesetzlicher Zinssatz 5 % gesetzlicher Zinssatz bei beidseitigem Handelsgeschäft

5 Anwendungsbereich: VOB/B VOB/B Voraussetzungen : Abschlagsrechnung Schlussrechnung 18 Werktage nach Zugang max. 2 Monate, unstreitige Guthaben sofort max. 2 Monate nach Zugang Nachfrist Nachfrist Ablauf der Nachfrist Ablauf der Nachfrist Höhe : 5 Prozentpunkte bzw. 8 Prozentpunkte über Basiszinssatz 5 Prozentpunkte bzw. 8 Prozentpunkte über Basiszinssatz 2.4. Zusammenfassung Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass die Regelungen betreffend Fälligkeit, Verzug und Zinsen unterschiedlich sind. Beim BGB-Vertrag tritt die Fälligkeit der Werklohnforderung früher, bei der Schlussrechnung sogar mit Abnahme ein. Ansonsten besteht beim BGB die Möglichkeit des Auftragnehmers zur Abkürzung der Fristen. Eintritt Verzug bereits mit Mahnung, spätestens aber nach 30 Tagen ab Zugang. Bei der VOB/B ist die Fälligkeit erst später gegeben, durch großzügig eingeräumte Prüffristen, die allerdings Höchstfristen sind. Lediglich beim unbestrittenen Guthaben gibt es einen Zinsanspruch auch ohne Nachfristsetzung. Ansonsten bedarf es nach VOB/B jeweils einer entsprechenden Nachfristsetzung des Auftragnehmers, die erfolglos abgelaufen sein muss. Hinsichtlich der Höhe unterscheiden sich die Ansprüche nicht, außer beim BGB im Bereich des gesetzlichen Zinssatzes im Anwendungsbereich des 641 Abs. 4 BGB.

6 3. Geltung des BGB und der VOB/B, Regelung im Bauvertrag Für die Beurteilung der Zinsansprüche ist eine Klärung der hier maßgeblichen Spielregeln notwendig. Dabei handelt es sich bei der Feststellung, ob hier BGB oder VOB/B, ggf. in entprivilegierter Form, Anwendung findet, nicht um eine akademische Frage. Gerade im Bezug auf Fälligkeit, Verzug und Zinsen unterscheiden sich BGB und VOB/B erheblich. Abweichungen von der VOB/B haben konkrete Auswirkungen. 3.1. Abweichung VOB/B Die VOB/B wurde bislang privilegiert, d.h. von einer AGB-Kontrolle jeder einzelnen Bestimmung der VOB/B wurde Abstand genommen, wenn die VOB/B als Ganzes bzw. insgesamt vereinbart wurde. Dieses Privileg beruht darauf, dass die VOB/B ein ausgewogenes Regelwerk für die Auftraggeber- und Auftragnehmerseite darstellt. Die so genannte Privilegierung der VOB/B gegenüber anderen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte zur Folge, dass die Gerichte einzelne unangemessene Regelungen der VOB/B nicht anhand des Gesetzes überprüft haben. Diese Privilegierung der VOB/B ist in die Kritik geraten. Dies deshalb, weil Abweichungen von der VOB/B in der Baupraxis die Regeln sind, Verbraucher nicht im DVA, der die VOB/B herausgibt, vertreten sind und europarechtliche Bedenken bestehen. Nach der Rechtssprechung des BGH führt nun sogar jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu, dass diese nicht als Ganzes vereinbart ist. Es kommt nicht mehr darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Abweichung selbst wirksam ist oder ob es sich um eine Individualvereinbarung handelt. Unwirksame Regelungen, wie nach 307 BGB unwirksame Vertragsklauseln, können die VOB/B abändern. Selbst die VOB/B abändernde Individualvereinbarungen können die Inhaltskontrolle auslösen. Dies bedeutet für eine Abweichung, dass es nicht darauf ankommt, dass: die Abweichung ein bestimmtes Gewicht hat, oder die Abweichung selbst wirksam ist, oder die Abweichung eine Formularklausel oder eine Individualvereinbarung ist. Folge hiervon ist, dass eine Reihe von Klauseln der VOB/B unwirksam sind, die für den Verwender ungünstigen Klauseln aber weiterhin anwendbar bleiben! Fällt beispielsweise eine Klausel weg, die zu lasten des Auftraggebers in der VOB/B steht, bleibt die ausgleichende Klausel zu Lasten des Auftragnehmers bestehen, wenn dieser Verwender der VOB/B war. Die VOB/B ist so angelegt, dass für jeden Nachteil eines Vertragspartners ein Vorteil an anderer Stelle ausgleichend vorhanden ist, so dass insgesamt den wechselseitigen Interessen der Parteien Rechnung getragen wird. Fallen nun einige ungünstige Klauseln des Verwenders ersatzlos fort, die für ihn nachteiligen Klauseln (eigentlich ein Ausgleich) bleiben aber wirksam, ist das Gleichgewicht zu Lasten des Verwenders gestört. Dem Verwender drohen damit Rechtsnachteile, was aber dem Sinn und Zweck der Regelungen der 305 ff BGB entspricht, nicht den Verwender, sondern lediglich den Vertragspartner zu schützen.

7 3.2. Entprivilegierte VOB/B Folge einer Abweichung der VOB/B ist es, dass die VOB/B zu Lasten des Verwenders anhand des Gesetzes geprüft wird. Weicht dieses unangemessen vom BGB ab, ist die VOB/B-Regelung unwirksam. Es gilt die BGB-Regelung. Umgekehrt, sind begünstigende Regelungen des Vertragspartners stets wirksam, da lediglich eine Prüfung zu Lasten des Verwenders stattfindet. In Bezug auf den hier maßgeblichen Regelungsbereich kann dies beim Auftraggeber als Verwender im Falle von Abweichungen von der VOB/B zur Unwirksamkeit folgender Regelungen führen: 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B: Fälligkeit Abschlagszahlungen erst binnen 18 Werktagen 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B: Fälligkeit Schlusszahlung spätestens innerhalb von 2 Monaten 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B: Erfordernis einer Nachfristsetzung 16 Nr. 3 Abs. 2 und 3 VOB/B: Schlusszahlungseinwand Der BGH hat teilweise die damit verbundenen Fragestellungen zwischenzeitlich geklärt. Bei Verwendung der VOB/B durch den Auftraggeber hält 16 Nr. 3 Abs. 2 und 3 VOB/B (Schlusszahlungseinwand) einer isolierten Inhaltskontrolle nicht stand. Ebenso ist 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B unwirksam 1. Der BGH argumentiert hier zu recht damit, dass hier die VOB/B wesentlich von dem gesetzlichen Leitbild abweicht. Die Auswirkungen und die dazugehörige Rechtssprechung bzw. Literatur kann dem beigefügten von mir veröffentlichten Aufsatz Die entprivilegierte VOB/B Teil 1 aus Sicht des Auftraggebers ibr-online entnommen werden. Stangl, Die entprivilegierte VOB/B Teil 1: Aus Sicht des Auftraggebers, ibr-online Im Gegensatz zu sonst meist umstrittenen Rechtsfolgen bei Abweichung von der VOB/B besteht bei diesen Bestimmungen in 16 VOB/B weitgehend Übereinstimmung. Dies bedeutet, dass die vorstehend genannten VOB/B-Bestimmungen nicht zur Anwendung kommen und das BGB gilt, das in Bezug auf die Voraussetzungen der Verzugsregelungen auftragnehmerfreundlich ist. 1 BGH Urteil vom 20.08.2009, Aktenzeichen: VIII ZR 212/07

8 3.3. Zusammenfassung Die vorstehende Abweichung hat zur Konsequenz, dass beim Auftraggeber als Verwender zu Lasten des Auftraggebers nur eine entprivilegierte VOB/B-Regelung gilt. Die für den Auftraggeber günstigen Regelungen der VOB/B, die die Fälligkeit hinausschieben ebenso wie den Verzug greifen nicht. Es sind die BGB-Regelungen maßgeblich. Dies kann im Einzelfall erhebliche Auswirkungen auf die Fälligkeits- und Verzugsregelungen haben, die bei größeren Bauvorhaben auch wirtschaftlich gesehen nicht unbedeutend sind. In der Praxis sollte deshalb im Rahmen der prozessualen Auseinandersetzung gerade bei Vergleichslösungen mehr Beachtung geschenkt werden. Im Hinblick auf die Dauer einiger Bauprozesse hat der Zinsanspruch im Verhältnis zum Hauptanspruch auch finanzielles Gewicht. Empfehlenswert ist es sowohl dem Gericht als auch den Beteiligten, eine Zinsberechnung, beispielsweise / Tag bei größeren Forderungen mitzuteilen, um die wirtschaftliche Bedeutung des Anspruchs plastisch darstellen zu können.