Wie nachhaltig ist die Wasserkraftnutzung?



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Transkript:

15. Forum des BUND zur EG-Wasserrahmenrichtlinie 21.09.2013 siehe auch: http://www.bund.net/themen_und_projekte/wasser/wasserrahmenrichtlinie/ Wie nachhaltig ist die Wasserkraftnutzung? Einleitung: Die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wird vom Bundesarbeitskreis (BAK) Wasser des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) seit Jahren mit WRRL-Foren begleitet. Das 15. WRRL-Forum hatte sich am 21. September 2013 dem Thema Wasserkraft eine nachhaltige erneuerbare Energie? Wirklichkeit trifft Anspruch gewidmet. 1 Eingangs des Forums hatte SEBASTIAN SCHÖNAUER, Sprecher BAK Wasser des BUND, dem Seminar einen harmonischen Verlauf gewünscht. Das war kein Problem, weil sich auf dem Forum keine Befürworter der Wasserkraft zu Wort gemeldet hatten. Die 50 Teilnehmenden des Seminars waren sich einig, dass es aus mannigfaltigen Gründen allen Anlass gebe, insbesondere der Kleinwasserkraftnutzung skeptisch gegenüber zustehen. Minimaler Nutzen, maximaler Schaden Dr. RALF KÖHLER, Limnologe und stellvertretender Sprecher des BAK Wasser des BUND, referierte als erster Referent über Die ökologischen Auswirkungen der Wasserkraft - Übersicht des aktuellen Wissensstands und erste Folgerungen. In seinem Vortrag hob der Mitarbeiter eines Landesumweltamtes darauf ab, dass turbinengestützte Wasserkraftanlagen in das zentrale ökologische Merkmal eines Fließgewässers eingreifen würden. Zwar sei auch in Bezug auf Windkraftanlagen zugegebenermaßen zu attestieren, dass beispielsweise Rote Milane und Fledermäuse in großer Zahl zu Schaden kämen, aber Windkraftanlagen würden nicht grundlegend die Waldökologie oder die sonstigen Standorteigenschaften ändern. Demgegenüber würden turbinengestützte Wasserkraftanlagen das Laufkontinuum unterbrechen. Das freie Fließen eines Baches oder eines Flusses kann man durch nichts ersetzen. Fischtreppen sind immer nur Krücken, so der Referent. Durch den Aufstau am Wehr würde die Biodiversität des Fließgewässers erheblich geschädigt und die Artenzusammensetzung in der Regel zum Schlechteren verändert. Praktisch alle regional wandernden Fischarten würden bereits auf der Vorwarnliste der Roten Arten in den Bundesländern stehen. Die im Bestand stark gefährdeten Fischarten würden bei der Genehmigung von Wasserkraftanlagen in aller Regel aber gar nicht berücksichtigt. Ein Monitoring der über den Jahresverlauf stark schwankenden Schädigungsraten finde ebenfalls nicht statt. Kleinwasserkraftanlagen würden insbesondere in den norddeutschen Bundesländern nur einen minimalen Beitrag zur Stromproduktion und damit auch nur einen vernachlässigbar geringen Beitrag zum Klimaschutz liefern. Gleichzeitig wären die ökologischen Schäden in den Fließgewässern äußerst schwerwiegend. Mit diesen Schädigungen seien erhebliche externe Kosten verbunden. KÖHLER bezog sich auf Stellungnahmen des Umweltbundesamtes, wonach sich unter Einbezug der externen 1 Die Folien zu den Referaten können von der Homepage heruntergeladen werden.

Kosten die Kleinwasserkraftnutzung trotz EEG-Förderung nicht rechnen würde. Das Fazit von KÖHLER: Der Beitrag der Kleinwasserkraftnutzung zur Stromproduktion sei minimal, die im jeweiligen Fließgewässer eintretenden Schädigungen seien maximal. Stress in den Stauhaltungen der Wasserkraftanlagen In dem Referat Der Einfluss der Wasserkraftanlagen auf die Ökologie am Beispiel eines Fließgewässers widmete sich WINFRIED KLEIN, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Lahn, den Negativeffekten in den staugeregelten Fließgewässern. Ähnlich wie KÖHLER postulierte KLEIN, dass Fließgewässer fließen müssten. Denn in den staugeregelten Flüssen käme es im dem stagnierenden Wasser aufgrund der immer noch zu hohen Nährstofffrachten zu einer übermäßigen Algenentwicklung. Als Folge der Eutrophierung im Oberwasser der Wasserkraftanlagen sei dort mit stark schwankenden Sauerstoffsättigungen zu rechnen. Dies bedeutete für die kiemenatmenden Organismen eine Stresssituation. Der Stress werde durch die biogene Entkalkung noch verstärkt, weil damit auch merkliche ph-schwankungen einher gehen würden. Soweit die Gewässer noch mit Ammonium belastet seien, würde bei hochgehendem ph-wert das Ammonium in fischgiftigen Ammoniak umgewandelt. Da die Fische in ihrem Stoffwechsel zudem selbst Ammoniak als Stoffwechselprodukt produzieren, könnten die Fische den überschüssigen Ammoniak bei hohen Ammoniak-Konzentrationen im Gewässer nicht mehr über die Kiemen an das umgebende Wasser abgeben. Ferner würden sich im Stauraum Sedimente anhäufen, die gerade an den Oberläufen der Fließgewässer in den Mittelgebirgen die Lebensbedingungen der dortigen Makrobenthosfauna radikal verändern. Gerade den raren Arten aus den Familien der Stein- und Eintagsfliegenlarven würde damit der Lebensraum genommen. Der Referent stellte anschließend die behauptete Grundlastfähigkeit der Wasserkraft in Frage. De facto könne man erkennen, dass viele Anlagen im Jahresverlauf nur ein Drittel Volllaststunden erreichen würden. Damit korrespondiere, dass an vielen Tagen im Jahr kein Wehrüberfall stattfinde. An diesen Tagen müssten alle Fische durch die Turbine. Bundesweit würden Milliarden Jungfische durch die Druckunterschiede in den Turbinen größtenteils die Schwimmblase platzen. Und funktionierende Fischabstiege seien nach wie vor nicht verfügbar. Die desaströsen Ergebnisse des einjährigen Monitorings an der modernisierten Untermain-Staustufe Kostheim würden dies belegen. Und durch den vielerorts praktizierten Schwallbetrieb beispielsweise an der Lahn komme es regelmäßig zum Trockenfallen der Flachwasserzonen auf Hunderten von Hektar. Damit würden ebenfalls zahllose Fische verenden. Sind die fischfreundlichen Musteranlagen tatsächlich mustergültig? REINHART SOSAT, Landesfischereiverband Baden-Württemberg, stellte die Frage Wie fischfreundlich sind neuartige Wasserkraftanlagen wirklich? In seinem Vortrag mit dem Untertitel Fischbiologische und morphologische Durchgängigkeit referierte der Mitarbeiter des Landesfischereiverbandes Baden- Württemberg die Monitoringergebnisse bei den frei über- und unterströmten

Wasserkraftanlagen an der Schwarzwaldkinzig dem wichtigsten Lachsprogrammgewässer in Baden-Württemberg. Bei den europaweit als fischfreundlich beworbenen Anlagen handele es sich um freibewegliche Turbinen, die in einem Betontrog aufgehängt seien. Bei höherem Wasserstand würden die vielfach preisgekrönten Anlagen aufschwimmen, so dass Fische und Geschiebe unter der Anlage durchrutschen könnten. Bei geringer werdendem Abfluss seien die dann abgesenkten Anlagen frei überströmbar. Die Anlagen würden damit als best oft the best gelten und seien durch das EU-Life-Programm geadelt worden. Interessanterweise seien die ausführlichen Monitoringergebnisse aber nicht auf der Life-Homepage veröffentlicht worden. Die Nichtveröffentlichung der vollständigen Untersuchungsergebnisse sei in den Life-Programmen absolut unüblich. Die veröffentlichte Kurzfassung würde allerdings von Konjunktiv-Aussagen nur so strotzen. Der Fischabstieg scheine nur partiell zu funktionieren. Und für den Wirkungsgrad der Anlagen sei es schädlich, dass durch die Entnahme der Energie in Folge der Wasserkraftgewinnung das Geschiebe unterhalb der Wasserkraftanlage liegen bleibe. Um die dadurch reduzierte Fallhöhe wieder auf Sollniveau zu bringen, müsse jetzt der im Unterwasser liegengebliebene Kies regelmäßig abgebaggert werden. Die versprochene Neuschaffung von Kieslaichhabitaten unterhalb der Anlage sei auf Grund der periodischen Baggerarbeiten essenziell in Frage gestellt. In der Summe seien durch den Bau der Anlagen ohnehin mehr Kies- und Laichhabitate zerstört als neugeschaffen worden. Zu widersprüchlichen Antworten führe die Frage, ob die Ablagerung von Geschiebe nur standort- oder anlagenspezifisch sei. Bis jetzt habe sich die Notwendigkeit für das Abbaggern des liegengebliebenen Kieses nur an einer der drei Anlagen an der Schwarzwald-Kinzig ergeben. Angesichts der nicht sonderlich überzeugenden Monitoringergebnisse stufte es der Referent als befremdlich ein, dass zahlreiche Umwelt- und Energiepolitiker mit Verweis auf den Erfolg der Anlagen an der Kinzig deutschlandweit den Bau derartiger Anlagen fordern würden. Zweifelhafte Gutachten bescheren Kleinwasserkraftbetreibern Millionen Euro SEBASTIAN SCHÖNAUER, Sprecher Bundesarbeitskreises (BAK) Wasser des BUND, referierte zum Thema Wasserkraft Lobbyismus versus Gewässerschutz bis hin zum Missbrauch der EEG-Einspeisevergütung. SCHÖNAUER problematisierte u.a. die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Kleinwasserkraft. Lohnend sei der Betrieb der Anlagen nur durch die EEG-Förderung. Und die Entstehungsgeschichte des EEG im Jahr 2004 sei wiederum nur damit erklärbar, dass es der Wasserkraftlobby äußerst erfolgreich gelungen sei, fraktionsübergreifend im Bundestag die maßgeblichen Abgeordneten zu bewegen, auf den ursprünglich vorgesehen Ökobelast zu verzichten, den Bestandsschutz für Altanlagen zu gewährleisten und eine angemessene EEG-Vergütung für die Kleinwasserkraft durchzusetzen. Trotz der gravierenden Schädigungen der Biozönosen durch die Wasserkraft in den Fließgewässern hätten sich damit die ökonomischen Eigeninteressen der Kleinwasserkraftbetreiber in der Gesetzgebung durchgesetzt. Und im Hinblick auf den Vollzug sei zu konstatieren, dass sich bei den Genehmigungsbehörden auf Kreisebene unter dem Druck der Politik ebenfalls die wirtschaftlichen Interessen der Kleinwasserkraftbetreiber durchpausen würden. Bedenklich sei außerdem, dass Umweltgutachter nach 25 (3) EEG 2009 zahlreichen Wasserkraftanlagen»wesentliche ökologische Verbesserungen«attestiert hätten, wo letztlich in Zivilgerichtsprozessen gar keine relevante

Verbesserungen festgestellt werden konnten. Somit seien vielerorts Kleinwasserkraftbetreiber durch zweifelhafte Gutachten ungerechtfertigt und zu Lasten der Stromverbraucher in den Genuss von 100.000den bis Millionen Euro gekommen. Stauhaltungen der Wasserkraftanlagen setzen Methan frei Seinen Vortrag über Methanemissionen aus Flussstauhaltungen: Was ist der Klimaschutzbeitrag der Wasserkraft? startete Prof. Dr. ANDREAS LORKE, Universität Koblenz-Landau, mit einigen Hinweisen auf die Bedeutung der Fließgewässer im globalen Kohlenstoffkreislauf. Demnach habe das IPCC seine bisherigen Annahmen über den C-Eintrag und Austrag in den Binnengewässern erheblich revidieren müssen. Die Bedeutung der C-Flüsse in den Binnengewässern sei größer als bislang angenommen. Bei der Bewertung der Fließgewässer als Quelle für Treibhausgase (THG) komme es stark auf die Emission von Methan aus anaeroben Sedimenten an. Unter Einbezug der Methanfreisetzungen würden die Emissionen von CO 2 -Äquivalenten aus den Binnengewässern bei etwa 30 Prozent der CO 2 -Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe liegen. Schon seit längerem wisse man, dass an Stauseen in tropischen Regionen mehr THG- Emissionen erfolgen, als wenn man dort ein Kohlekraftwerk mit gleicher elektrischer Leistung gebaut hätte. Die hohen Methanemissionen seien vor allem auf die anaerobe Zersetzung der in den Stauräumen verbleibenden Biomasse zurückzuführen. Demgegenüber hätten für kleinere Stauhaltungen an hiesigen Gewässern, wie an der Saar, bislang noch gar keine Emissionsdaten vorgelegen. An den staugeregelten Abschnitten der Saar habe man jetzt festgestellt, dass durch Gasblasen aus dem Sediment sowie durch Entgasung direkt unterhalb der Wehranlagen im Vergleich zu den freifließenden Abschnitten bis zu zwei Zehnerpotenzen mehr Methan ausgasen würde. Damit liege man in den Stauhaltungen der Saar in einer Größenordnung wie bei tropischen Stauseen bezogen auf einen Quadratmeter und Tag. Die Freisetzung von Methan über Gasblasen in der Saar korreliere mit den Feinsedimentablagerungen in der Saar. Dort könnten die überwiegend anaeroben Schlammpakete eine Mächtigkeit bis zu sechs Metern erreichen. Zur zeitlichen Variabilität der Methanfreisetzung merkte der Referent an, dass schleusenbedingte Fluktuationen des Wasserstandes mit Gasblasenbildung einhergehen. Die kaum sichtbaren Schleusenwellen bringen uns die Gasblasen- Spitzen. Somit seien die Druckschwankungen im Gefolge der Schleusungsvorgänge für die hot moments der Methanfreisetzung verantwortlich. 32 MW installierte Kraftwerksleistung an den Saarstauhaltungen und eine Methanfreisetzung von schätzungsweise 300 kg pro Tag würde eine Last an CO 2 - Äquivalenten von einigen Gramm pro kw ergeben. Kohlekraftwerke würden demgegenüber bei einigen 100 g an CO 2 -Äquivalenten pro kw liegen. Die Hoffnung, dass es sich bei den Messungen an der Saar um untypische Einzelfälle handele, könne man zwar haben letztlich lasse sich dies Annahme aber nur verifizieren, wenn man in den Stauhaltungen anderer Flüsse ähnliche Untersuchungen wie an der Saar durchführen würde.

Die Wasserkraft und die Kultfische Prof. Dr. MICHAEL REINHARDT, Universität Trier, nahm in seinem Vortrag zu den Wasserrechtliche(n) Anforderungen der Wasserkraftnutzung Stellung. Mit dem Hinweis Wenn Sie im Hinblick auf Mindestwasserführung, Fischschutz und Wasserkraftnutzung ins WHG also in die 33 bis 35 - reinschauen, sind sie genau so schlau, wie wenn Sie nicht reingeschaut hätten, sorgte der Referent für Erstaunen und Amüsement im Publikum. REINHARDT fügte hinzu, dass es auf das untergesetzliche Regelwerk ankomme insbesondere auf die Oberflächengewässerverordnung von 2011. Aber auch diese Verordnung würde im Einzelfall zu Rätselraten führen. Der im strittigen Gesetzgebungsverfahren gefundene Kompromiss des 35 WHG zur Wasserkraftnutzung sei symbolische Gesetzgebung, die allenfalls der Sensibilisierung der Behörden dienen könne: Ihr sollt bei der Genehmigung von Wasserkraftnutzungen auch auf den Fischschutz achten! Bemerkenswert sei, dass die EU-Kommission in ihren Verlautbarungen zur Umsetzung der WRRL neuerdings nicht mehr auf die Gesamtheit der Fischarten abhebe, sondern nur noch auf die Kultfische wie Lachs und Stör. Gefragt wurde der Wasserjurist, ob man zum Schutz der Fische in turbinengestützen Wasserkraftanlagen auch Art. 20 a GG heranziehen könne also Tierschutz als Staatsziel. REINHARDT würde eher das Tierschutzgesetz bemühen, denn im Tierschutzgesetz gehe es um das einzelne Tier im 35 WHG geht es demgegenüber nur um den Erhalt des Bestands. Einen absoluten Tierschutz wolle 35 WHG gerade nicht gewährleisten. Der Bundesgesetzgeber habe die Details an die Bundesländer delegiert. Reinhardt sprach in diesem Zusammenhang 24 neu der geplanten Novelle des baden-württembergischen Landeswassergesetzes an. In der geplanten Neufassung heißt es: (1) Die Wasserkraft soll im Interesse des Klimaschutzes und der Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien genutzt werden. Eine Wasserkraftnutzung soll im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens nach 12 Absatz 2 WHG zugelassen werden, wenn kein Versagungsgrund nach 12 Absatz 1 WHG vorliegt. Mit dem Aufruf soll bekenne sich die grün-rote Landesregierung zu einer aktiven Förderung der Wasserkraftnutzung. Den Genehmigungsbehörden in Baden- Württemberg stehe damit nach Einschätzung von REINHARDT kaum noch ein Ermessensspielraum zu Verfügung. Im Hinblick auf 35 (2) WHG führte REINHARDT weiter aus, dass Bestandsanlagen in angemessener Frist auf die neuen Standards gebracht werden müssten aber: Was angemessen ist, weiß keiner. Das müsse jeweils im Einzelfall ergründet werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Anlagenbetreiber Vertrauensschutz genieße übrigens auch im Hinblick auf die EEG-Vergütung. Bei den derzeitigen Überlegungen zu einer Neufassung der bundesdeutschen Wasserabgaben werde die Wasserkraftnutzung nach Meinung von REINHARD seitens der Ökonomen widersprüchlich eingestuft: Einerseits positiv wegen der regenerativen CO 2 -freien Stromgewinnung andererseits negativ wegen der Schädigung der Gewässerbiozönosen und habitate. Es sei somit in der Diskussion, der bisherigen

EEG-Förderung eine Wasserkraftnutzungsabgabe gegenüber zu stellen. Dies habe den zweifelhaften Vorteil dass die EEG-Förderung von den Netzbetreibern an die Stromkunden weitergegeben wird während die Wasserkraftabgabe vom Staat vereinnahmt würde für den Staat eine prima Einnahmequelle, so die ironische Schlussfolgerung des Wasserrechtlers. Der Kumulationseffekt in den Kraftwerkskaskaden GERHARD KEMMLER, Verband für Angeln und Naturschutz Thüringen e.v., referierte über die Wasserkraft im Spannungsfeld Natura 2000 & Wasserrahmenrichtlinie. Der Referent setzte sich u.a. mit der These auseinander, dass mit dem Bau von Fischaufstiegsanlagen die in der WRRL vorgeschriebene Durchgängigkeit gewährleistet werden könne. Diese Behauptung finde sich auch in den Berichterstattungen der Flussgebietsgemeinschaften gegenüber Brüssel. Die Annahme einer gewährleisteten Durchgängigkeit sei schon deshalb falsch, weil der Wirkungsgrad der Fischaufstiege in der Praxis zwischen 0 und 75 Prozent liege. Bei einer Kraftwerkskaskade führe dies dazu, dass in den Laich- und Jungfischhabitaten in den Oberläufen kaum noch Wanderfische ankommen würden. Trotz des Bewirtschaftungsermessens der Wasserbehörden in 12 WHG würden die Kumulationseffekte einer Vielzahl von Wasserkraftanlagen im Längsverlauf eines Fließgewässers bei der Genehmigung von Wasserkraftanlagen nicht berücksichtigt. JOHANNES SCHNELL, Landesfischereiverband Bayern, hatte sein Referat mit Freie Ströme versus Strom aus Wasserkraft: Gibt es Lösungswege aus dem Dilemma zwischen WRRL und Energiewende? übertitelt. SCHNELL konstatierte, dass Fukushima als Triebfeder dazu geführt habe, dass via EEG-Förderung für die Wasserkraft die Gewässerökologie zunehmend in der Gefahr sei, den Kürzeren zu ziehen. Insbesondere die Vorgaben der WRRL würden durch die politisch motivierte Förderung der Wasserkraft nicht mehr ernst genommen. Von den über 4.000 Wasserkraftanlagen in Bayern seien über 80 Prozent in der Leistungsklasse bis 100 Kilowatt. Diese 4.000 Kleinstanlagen würden nicht ein Mal fünf Prozent des bayerischen Wasserkraftstroms produzieren. Gerade an diesen Kleinanlagen seien die Maßnahmen zum Fischschutz durch Abstiegs- und Aufstiegsanlagen sehr unbefriedigend. Wenn man an diesen Anlagen die eigentlich notwendigen Maßnahmen zum Fischschutz realisieren wollte, würden die Anlagen vollends unwirtschaftlich. Die Modernisierung von Bestandsanlagen gestalte sich somit in ökologischer Hinsicht vielerorts als ausgesprochen schwierig. An vielen Standorten finde man uralte Museumsanlagen, die nicht nur maschinentechnisch, sondern auch im Hinblick auf den Fischschutz jenseits von Gut und Böse einzustufen seien. Die Altanlagen würden oft bauliche Zwangspunkte aufweisen, so dass wesentliche ökologische Verbesserungen nur mit großem technischen und finanziellen Aufwand zu realisieren seien. Eigentlich müssten die Altanlagen abgerissen und sowohl nach ökologischen wie nach technischen Prämissen neu errichtet werden. Gleichwohl seien auch dann nur bescheidene Erfolge für die Fischfauna zu erwarten. Bei einer Pilotanlage, die nach dem Stand der Technik ertüchtigt worden sei, wären in einem Monitoringzeitraum von 38 Tagen rd. 14.000 Fische abgewandert davon hätten trotz neuer Fischabstiegsanlage 80 Prozent der Fische den Weg durch die Turbine

genommen. Jungfische seien davon auch durch sehr enge Rechenabstände nicht abzuhalten. SCHNELL sprach sich dafür aus, nach Wegen zu suchen, um mehrere ineffiziente Ausleitungskraftwerke durch eine leistungsfähigere Anlage zu ersetzen. Damit könne nicht nur die Leistung und die Stromproduktion erheblich erhöht, sondern auch der Fischschutz optimiert werden. Zudem könnten trotz größerer Leistung die Ausleitungsstrecken mit einer deutlich höheren Mindestwassermenge dotiert werden. Zugunsten des Neubaus könnten außerdem mehrere alte Querbaubwerke entfallen. Bei der hohen Dichte von Wasserkraftanlagen an vielen bayerischen Fließgewässern dränge sich diese Lösung geradezu auf auch wenn es für die Zusammenfassung von Altanlagen zu einer neuen Anlage zahlreiche rechtliche Hemmnisse geben würde. Dass Konzept zur Zusammenfassung von Kraftwerksstandorten anstelle einer verteilten Nutzung der Reliefenergie versuche man seitens des bayerischen Fischereiverbandes auch in das Forum Fischschutz und Fischabstieg 2 einzubringen. In diesem Forum bemühe sich das Umweltbundesamt seit 2012 unter Partizipation der interessierten Kreise um Wege zu einer weniger fischschädlichen Wasserkraftgewinnung. In diesem Zusammenhang mahnte SCHNELL, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Erst wenn es gelungen sei, den Wirkungsgrad von Fischschutzanlagen spürbar zu erhöhen, könne man sich über einen Ausbau der Wasserkraftgewinnung zur Unterstützung der Energiewende Gedanken machen. SCHNELL plädierte weiterhin dafür, bei der EEG-Förderung und bei den Genehmigungsvoraussetzungen für die Wasserkraft eine Bagatellgrenze einzuführen. Der Referent verwies in diesem Zusammenhang auf die Expertise des Umweltbundesamtes (UBA). Im UBA vertrete man ebenfalls den Standpunkt, dass bei Kleinstwasserkraftanlagen unter 100 kw Leistung die ökologischen Schädigungen den energetischen Nutzen bei weitem überschreiten würden 3. Autor: Nikolaus Geiler (Dipl.-Biol, Limnologe) Rennerstraße 10 79106 Freiburg Tel.: 0761/275 693 und 4568 7153 E-Mail: nik@akwasser.de 2 Infos unter www.forum-fischschutz.de 3 siehe Umweltbundesamt (Hrsg.): Wasserkraftanlagen als erneuerbare Energiequelle - rechtliche und ökologische Aspekte ; UBA-TEXTE 01/01, ISSN 0722-186X, Berlin, Jan. 2001, 91 S.