INFO. Der Kaffeepreis im Höhenflug faire Preise auf dem Weltmarkt? Jan/2012. Kaffee: Fair gehandelt!

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Transkript:

INFO Jan/2012 Der Kaffeepreis im Höhenflug faire Preise auf dem Weltmarkt? Kaffee: Fair gehandelt!

Inhalt Der Weltmarktpreis für Rohkaffee Frost und Spekulation Der Kaffeepreis an der New Yorker Kaffeebörse kam im Mai 2011 nahe an die Höchstmarke von 3,39 US$ heran, die ein amerikanisches Pfund (rund 460 Gramm) 1977 gekostet hatte. 1997 wurde mit 3,18 US$ für diese Menge noch einmal ein recht hoher Preis erzielt, bevor er abstürzte und auf seinem Tiefpunkt 2001 mit etwa 0,42 US$ weit unter den Produktionskosten lag. Die Verbraucherpreise für Röstkaffee sind in der Folge in der ersten Jahreshälfte 2011 überall deutlich gestiegen, auch wir mussten sie erhöhen. Das ist eine außergewöhnliche Situation für alle Beteiligten, die viele Fragen aufwirft: Warum sind die Preise so stark gestiegen? Wer profitiert davon? Kommt davon etwas bei den BäuerInnen an? Was bedeutet das für die Kooperativen, was für den Fairen Handel? Wieso gibt es immer noch sehr billigen Kaffee bei uns zu kaufen? und noch einiges mehr. Berichte und Antworten (soweit wir sie kennen) gibt es in den folgenden Artikeln: Der Weltmarkpreis für Rohkaffee Frost und Spekulation... S. 3 Kaffeepreise werden auch durch politische Entscheidungen beeinflusst:... S. 6 Der Kaffeepreis im Höhenflug Was kommt bei den Produzenten an?.... S. 7 Das Preismodell im Fairen Handel.... S. 9 Alternative Geldanlage: Ein Darlehen an el rojito... S. 11 Die Zusatzerlöse aus dem Fairen Handel zur Überlebenshilfe, sozialen Sicherung und Zukunftsinvestition.... S. 12 Was hat die Spende mit Fairen Handel zu tun?.... S. 13 Fairer Handel teurer Kaffee?.... S. 14 So setzt sich der Endpreis bei uns zusammen.... S. 16 Import von Röstkaffee Profite in die Produktionsländer!... S. 17 Es geht auch ohne Kaffeesteuern: Kaffee selbst rösten!.... S. 18 Nachwort... S. 19 Der Weltmarktpreis für Rohkaffee ist heute undurchsichtiger als je zuvor. Rohkaffee ist eine sogenannte Cash-Crop ( Geld-Frucht oder Geld-Pflanze ). Damit bezeichnet man in der Agrarökonomie Feldfrüchte, die mehrheitlich für den Verkauf und Export angebaut werden. Entlang des sog. Kaffeegürtels, der sich etwa bis zum 24. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators um den Erdball legt, finden wir weit über 80 verschiedene Arten von Kaffeebäumen. Für den Anbau von Rohkaffee, das globale Handelsparkett und die Kaffee verarbeitende Industrie sind heute zwei Arten von Bedeutung: der Kaffee Arábica und der Kaffee Canephora (Robusta). Die Hauptanbaugebiete des Arábica liegen in Lateinamerika, Zentral- und Ostafrika, Indien und Indonesien. Den Robusta findet man vornehmlich in Asien, West- und Zentral Afrika sowie Brasilien. Wir wollen einen Einblick in die Welt des Rohkaffeehandels geben, um zu zeigen, was den Rohkaffeepreis ausmacht und wer mitunter davon profitiert! Im internationalen Handel wird an der Börse in New York der Arábica-Kaffee und in London der Robusta-Kaffee gehandelt. An der jeweiligen Warenterminbörse werden Einheitspreise für die beiden Sorten gehandelt, d.h. hier wird der Rohkaffee als homogenes Produkt bewertet. Angebot und Nachfrage sind seit jeher mitbestimmende fundamentale Daten, auf die sich die Preisbildung bezieht. Der Preis steigt, wenn die Nachfrage das Angebot übertrifft und er fällt, wenn es mehr Angebot als Nachfrage gibt. Wenn z.b. die Welt-Kaffeeernte in einem beliebigen Jahr geringer ausfällt als die Nachfrage der weltweit agierenden Kaffeehändler, würde der Kaffeepreis steigen, weil die Verfügbarkeit geringer wäre und die Händler gewillt sind, einen höheren Preis zu zahlen (wir setzen hier voraus, dass die Nachfrage der KonsumentInnen stabil bleibt). Eine Erscheinung der letzten Jahre ist die gestiegene Nachfrage der Anbauländer selbst sowie der Länder mit wenig entwickelter Kaffeekultur. Man kann generell sagen, dass der globale Konsum von Kaffee stetig steigt. Die Einfuhr der typischen Kaffeeimportländer wie Deutschland, Italien, Frankreich hat in den letzten Jahren leicht zugenommen und beim Eigenkonsum in den Erzeugerländern wie Brasilien ist ein deutliches Wachstum zu verzeichnen. Bis heute hat dies noch keinen so nennenswerten Einfluss auf die Exportmengen und somit die Versorgung der globalen 2 3

Industrie. Deutlich gesunken sind auch die weltweiten Lagerbestände, Folge u.a. von zeitweise geringerer Produktivität (Kaffeepreiskrise) und höherer Nachfrage. Das Wetter ist natürlicherweise ein entscheidender Faktor, wenn es um Ernte und Erträge geht. Der Anbau vor allem der Kaffeeart Arabíca stellt hohe Anforderungen an die Wachstumsbedingungen wie Höhenlage, Lufttemperatur, Niederschlagsmenge, Wind- und Schattenverhältnisse. Die Kaffeepflanze selber ist in ihrem Wesen sehr fragil und reagiert auf suboptimale klimatische Bedingungen mit sehr niedrigen Erträgen. Das brasilianische Hochland zum Beispiel wird in unregelmäßigen Zeitabständen von plötzlichem Frost heimgesucht, der dann große Teile der Ernte (es gab auch Jahre der kompletten Zerstörung) vernichtet. Die Wetterphänomene La Niña und EL Niño erzeugen in heute besser voraussehbaren, aber nicht abwendbaren Zeitintervallen in den Erzeugerländern Indonesien, Vietnam oder Peru starke Schäden an der Ernte. Das Wetter ist eine unkontrollierbare Kraft, die einen erheblichen Schaden an der Ernte anrichten kann. Wenn Produzenten nicht das produzieren können, was weltweit nachgefragt wird, steigen die Preise. Frostschäden, Dürren und außergewöhnliche Regenfälle sind die treibenden Faktoren für eine massive Reduktion des Angebots. Andererseits ist der Weltmarktpreis nur eine rechnerische Größe. Jeder Kaffee hat je nach Herkunft, Sorte und Verarbeitung seine eigenen Charakteristika, seinen eigenen Geschmack und seine eigene Qualität. Diese Unterschiede werden mit Hilfe des Preis-Differentials ausgedrückt. Je nach Qualität des Rohkaffees (sprich der Abweichungen von der Standardqualität) können Auf- und Abschläge ausgehandelt werden. So wird z.b. biologisch angebauter Kaffee mit einem Aufschlag verkauft. Der aktuell sehr hohe Kaffeepreis ist vor allem die Folge geringer Ernten in Kolumbien und Vietnam, einer steigenden Nachfrage bei sinkenden Rohkaffeelagerbeständen und der Börsenspekulation. Nicht aller Kaffee wird über die Börse gehandelt. Sowohl die Großen als auch die Kleinen wie wir handeln auch direkt mit den Produzenten. Trotzdem ist auch dabei der Weltmarktpreis der Richtwert. Rohkaffeepreise (US$-Cent) von 1997 bis 2011: Weltmarktpreis, FLO- und MITKA-Einkaufspreise Preistreibend sind die spekulativen Geschäfte an den Börsen. Ein Sack Kaffee wird heute ca. 10 14 mal gehandelt! Das heißt, dass Angebot und die Nachfrage, die den Preis an der Warenterminbörse bilden, nicht mehr die Mengen des weltweit verfügbaren Rohkaffees widerspiegeln. Spekulanten pumpen Milliarden in den Markt und erzeugen somit ein künstliches Überangebot bzw. einen Engpass. Die ursprüngliche Funktion der Warenterminbörse als Absicherungsinstrument für Verkäufer und Käufer existiert nur noch eingeschränkt. Es gleicht heute mehr einem virtuellen Spielfeld, denn die ursprüngliche Regel : Wer verkauft, muss auch im physischen Besitz der Ware sein, gibt es nicht! Jeder kann mittlerweile sein Geld in Kaffee, Kakao und Weizen anlegen. Nach der Finanzkrise wurde die Geldanlage in Rohstoffen zunehmend gefragter. Weltmarktpreis Mitka FLO (Fairtrade) 4 5

Kaffeepreise werden auch durch politische Entscheidungen beeinflusst: Der Kaffeepreis im Höhenflug. Was kommt bei den Produzenten an? Das Welt-Kaffee-Abkommen Seit 1962 wurde der Kaffee-Weltmarkt zwischen Produzenten- und Konsumentenländern durch ein internationales Abkommen der Internationalen Kaffeeorganisation reguliert. Für jedes Kaffee produzierende Land wurden Quoten festgelegt, um eine Überproduktion und damit einen Preisverfall zu vermeiden. Während des Kalten Krieges hatten die USA das internationale Kaffeeabkommen unterstützt, um zu verhindern, dass sich verarmte und unzufriedene Kaffeebauern kommunistischen Bewegungen anschließen. Nach dem Ende des Kalten Krieges verlor das Kaffeeabkommen jedoch diesen Nutzen, sodass die USA (als größtes Konsumland) austraten. Bereits zuvor war das Abkommen durch heftige Feilschereien um die Quotenverteilung geschwächt. 1989 wurde es schließlich suspendiert. Jedes Land durfte nun beliebig viel Kaffee produzieren und exportieren. Weitere Versuche der Kaffee produzierenden Länder Absprachen zu Exportbeschränkungen zu treffen, scheiterten regelmäßig. Anreize der Weltbank zur Überproduktion Bis in die 1990er Jahre waren Brasilien, Kolumbien und Indonesien die drei größten Kaffeeproduktionsländer. Dann begann die Weltbank, den Kaffeeanbau vor allem in Vietnam zu fördern. Mit den Erlösen aus dem Kaffeeexport sollte das südostasiatische Land seine Auslandsschulden begleichen. Auch Regenwälder wurden gerodet und Ureinwohner vertrieben, um Kaffeeplantagen anzulegen. Vietnam, zuvor auf dem Kaffeemarkt unbedeutend, stieg bis 1999 zum zweitgrößten Kaffeeproduzenten hinter Brasilien auf. Es erhöhte seine Produktion zwischen 1994 und 2001 um 200 %. Auch in anderen Ländern, wie beispielsweise der Elfenbeinküste, wurde der Kaffeeanbau ausgeweitet. Dies führte zu einer Überproduktion es wurde mehr Kaffee produziert als verbraucht. In den Jahren 2000 und 2001 gab es eine Überproduktion von jeweils 600 Millionen Kilo Kaffee. Gemäß den Marktgesetzen fallen bei einem Überangebot die Preise. Ab 2001 brach der Kaffee-Weltmarktpreis zusammen. Er sank auf ein Niveau, das in den vergangenen 50 Jahren nicht unterboten worden war. Die Folgen waren Verelendung der Kleinbauern, Hungersnöte, Arbeitslosigkeit und sinkende Produktivität aufgrund der Verwahrlosung von Kaffeeplantagen. (aus Wikipedia: Kaffeekrise ) Reiseeindrücke aus Nicaragua im März 2011 Im März dieses Jahres konnten wir uns bei einer Delegationsreise zu unseren Handelspartnern vor Ort über die Situation in einer Hochpreisphase informieren. Wir hatten uns mit etwas gemischten Gefühlen auf den Weg gemacht: Noch war nicht klar, ob wir allen bestellten Kaffee erhalten würden und wenn, dann zu einem Preis, der uns sicher zu deutlichen Preiserhöhungen zwingen würde. Andererseits bestand die Hoffnung, dass diese Saison eine wirklich gute für die BäuerInnen und Kooperativen werden würde. In Nicaragua wurden dann die unterschiedlichen Aspekte dieser Weltmarktsituation noch deutlicher. Schnell wurde klar: der Börsenpreis war in diesem Jahr für Händler, für die BäuerInnen und für die Kooperativen hoch interessant. Von Aufkäufern, die über Land fahren oder Ankaufstellen in den Dörfern betreiben, wurden sehr hohe Preise geboten. Spätestens auf diesem Weg erfuhren die BäuerInnen, dass ihr Produkt in diesem Jahr besonders gefragt ist. Dementsprechend treffen wir bei unserer Rundreise durchweg auf entspannte Bauern und Bäuerinnen. Sie berichten davon, dass die Ernte häufig nicht sehr gut war, sehr früh begonnen hatte, dass die Preise insgesamt stark gestiegen seien, sie aber mit sehr guten Einnahmen rechneten. Wie hoch die Einnahmen genau sind, wussten sie noch nicht, weil die Endabrechnung mit der jeweiligen Genossenschaft noch nicht stattgefunden hatte. Sie berichteten auch von stark gestiegenen Lebenshaltungs- und Produktionskosten, so dass sie die hohen Preise als notwendigen Ausgleich ansahen. Einige planen Investitionen wie Landkauf, Erneuerung von Pflanzungen oder Verbesserungen bei Kaffeeverarbeitungsanlagen oder der Kompostierung. 6 7

Das Preismodell im Fairen Handel Ein Hauptelement des Fairen Handels sind bestimmte Sozial- und Umweltstandards für die Produzenten. Hierfür gibt es ein Kontrollsystem, dem sich die Produzenten anschließen müssen. Dafür erhalten sie für ihre Produkte einen garantierten Mindestpreis und bestimmte Zuschläge. Viele nationale Fairhandelsorganisationen haben sich in der internationalen Fairtrade Labelling Organisations (FLO) zusammengeschlossen. Die FLO legt die Standards und die Mindestpreise fest, die von ihr gegründete, rechtlich unabhängige Zertifizierungsorganisation FLO-Cert GmbH kontrolliert die Produzenten und die Wiederverkäufer in Deutschland. Diese dürfen dann das Transfairsiegel führen, das vom Verein Transfair e.v. vergeben wird. Hoch sind die Erwartungen, denen sich die Kooperativen ausgesetzt sehen. Diese müssen entsprechende Kontrakte mit ihren Kunden, also u.a. mit uns, schließen und sie müssen höhere Vorfinanzierungen für die BäuerInnen aufbringen. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass die BäuerInnen den Kaffee auf der Straße an Aufkäufer, die sog. Coyotes, verkaufen, anstatt ihn an die Kooperativen zu liefern. Dies befremdet auf den ersten Blick: Warum sollten die BäuerInnen ihrer Kooperative nicht den Kaffee verkaufen? Es wird nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass ein Bündel Geldscheine, das einem einer unter die Nase hält, bei vielen Menschen auch hier das langfristige Denken aussetzen lässt. Das gilt umso mehr, wenn Bargeld knapp ist und z.b. dringend Rechnungen zu begleichen oder etwas Lebensnotwendiges zu kaufen ist. Außerdem haben die Coyotes geringe Qualitätsanforderungen, die Bäuerinnen brauchen sich also nicht so viel Arbeit zu machen. Bei unseren Handelspartnern ist aber die Ablieferung weitgehend gut gelaufen. Hier waren die Bindungen zu den Kooperativen, die eine Menge für ihre Mitglieder tun, und die Erinnerung an die Niedrigpreisphasen ausschlaggebend dafür, dass die BäuerInnen den Kaffee an Kooperativen lieferten und diese ihn uns verkauft haben, obwohl wir oft nachträglich noch überboten wurden. El rojito verzichtet auf das Transfairsiegel (s. Kasten Warum wir das Transfairsiegel nicht führen ). Wir kaufen unseren Kaffee direkt bei Kooperativen über die MITKA GmbH ein. Das ist eine Gesellschaft, die uns und weiteren Fairhandelsgruppen gehört. Die MITKA orientiert sich in ihren Preisen an der FLO, hat sich aber nicht daran gebunden. Höhere Weltmarktpreise und steigende Produktionskosten führten dazu, dass die bisherigen im fairen Handel gezahlten Einkaufspreise für Kaffee nicht mehr ausreichten. Die FLO hat daher den Mindestpreis und die Zuschläge angehoben. Die MITKA ist grundsätzlich denselben Weg gegangen. Sie zahlt beim Kaffeeeinkauf einen Mindestpreis von 1,40 US-Dollar pro Libra (das sind 453,6 Gramm) Rohkaffee an die Kooperativen in Mittelamerika. Dieser Preis deckt die Produktions- und die grundsätzlichsten Lebenshaltungskosten ab. Zusätzlich zum garantierten Mindestpreis gehen 0,20 US-Dollar als Fairhandelsprämie zur Verbesserung der Lebensbedingungen an die KaffeebäuerInnen. Da wir es für wichtig erachten, gezielt die Strukturen der Kooperativenverbände zu stärken, bezahlt die MITKA eine weitere Prämie von 0,05 US-Dollar pro Libra, die dafür reserviert ist. Für zertifizierten biologischen Rohkaffee wird ein weiterer Aufschlag in Höhe von 0,30 US-Dollar bezahlt. Für Kaffee, der aus Betrieben stammt, die sich in der Umstellungsphase auf biologischen Anbau befinden, wird eine Umstellungsprämie von 0,05 US-Dollar gezahlt (zur Verwendung der Zuschläge s. Artikel (auf Seite 10). Dieser Preis gilt 9 8 9

Unterstützung des Fairen Handels und alternative Geldanlage: ein Darlehen an el rojito MITKA FLO Mindestpreis* 1,40 1,40 Sozialaufschlag 0,20 0,20 Strukturprämie 0,05 -- Bioaufschlag 0,30 0,30 Einkaufspreis* 1,95 1,90 *wenn der Weltmarktpreis unter 1,40 $ liegt FOB ("Free on Board"), das heißt die Kosten für Seefracht und Versicherung übernimmt die MITKA. Der Weltmarktpreis, der für unsere Rohkaffeesorten am IntercontinentalExchange (früher Nybot) in New York gehandelt wird, schwankte in den letzten Jahren stark und lag häufig bei nur etwa der Hälfte des Mindestpreises. Wenn er wie zurzeit über den Mindestpreis der MITKA klettern, zahlt die MITKA den Weltmarktpreis und darauf die Aufschläge. Warum wir das Transfairsiegel nicht führen. Fast alle unsere Handelspartner sind FLO-zertifiziert. Es wäre für el rojito kein Problem, seine Produkte in Deutschland auch mit dem Transfair-Siegel zu versehen. Voraussetzung wäre lediglich eine mit Gebühren verbundene Prüfung durch FLO-Cert. Obwohl wir anerkennen, dass die Arbeit der FLO durchaus positive Aspekte hat, führen wir das Transfairsiegel nicht. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: 1. Die Produzentenorganisationen verpflichten sich zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards sowie zur Transparenz, was ihre Finanzen und Entscheidungsprozesse betrifft. Diese Einhaltung wird aufwendig und auf Kosten der Produzenten geprüft. An die Verarbeiter und Verkäufer dieser Produkte hier in Deutschland werden jedoch keine besonderen Anforderungen gestellt. So können fair produzierte Produkte hier unfair gehandelt und verkauft werden. 2. Das Siegel wird hier für einzelne Produkte, nicht für das Unternehmen vergeben. So gibt das Siegel Konzernen, deren allgemeine Handelspraxis unfair ist, die Gelegenheit, mit einem einzelnen Produkt auch noch diesen Nischenmarkt abzufischen und sich gleichzeitig als fair zu präsentieren. Zum Fairen Handel gehört auch der direkte Einkauf bei den Erzeugern. Die Kooperativen sind darauf angewiesen, dass wir kurz nach der Ernte einkaufen und spätestens bei Lieferung bezahlen. Häufig finanzieren wir einen Teil der Ernte gegen einen geringen Zinssatz vor, damit die Bauern nicht lokalen Zwischenhändlern die Ernte verpfänden müssen. Für uns bedeutet das, dass wir den gesamten Jahreseinkauf vorfinanzieren müssen. Etwa 400.000 Euro sind im Frühjahr jeden Jahres in Kaffee angelegt. Und bei steigenden Kaffeepreisen gibt es einen steigenden Vorfinanzierungsbedarf. Einen Großteil dieses Geldes finanzieren wir über etwa 100 private Darlehen, die unserem Verein zu diesem Zweck gegeben wurden. Die DarlehensgeberInnen erhalten dafür einen Zinssatz von bis zu 3,5 % und wissen, dass ihr Geld gut und fair angelegt ist. Nehmt kurz mit uns Kontakt auf, und wir schicken weitere Infos zu dieser Form der Geldanlage. 10 11

Die Zusatzerlöse aus dem Fairen Handel zur Überlebenshilfe, sozialen Sicherung und Zukunftsinvestition Die Preisbildung im Fairen Handel ist auf Seite 10 dargestellt. Die wichtigen Elemente sind der Mindestpreis und die Aufschläge. Der Mindestpreis soll die Produktions- und Lebenshaltungskosten abdecken, also einfach ermöglichen, dass die BäuerInnen von ihrer Arbeit leben können. Dementsprechend gibt es keine Vorgaben zur Verwendung dieser Mittel. Immer dann, wenn der Weltmarktpreis unter den Mindestpreis fällt, kommt dieser Grenze eine zentrale Bedeutung zu. Sie sichert das würdige Überleben der BäuerInnen, zeitweise auch das der LandarbeiterInnen und die Existenz der Kooperativen. In Bezug auf die Aufschläge auf den Mindestpreis steht für die Handelspartner der Mitka fest: Vom Verkaufspreis sind 5 Cent pro Libra für die Kooperativen bestimmt, über die Verwendung des Sozialaufschlags in Höhe 20 Cent kann frei entschieden werden. Warum ist das so vereinbart? Ein wichtiges Ziel unseres Handel(n)s ist es, gemeinschaftliche Produktionsformen und die Selbstbestimmung der ProduzentInnen zu stärken. Unsere direkten Handelspartner sind Kooperativenzusammenschlüsse, zu denen sich Basiskooperativen von Einzelbauern zusammengetan haben, außerdem drei größere Basiskooperativen. Nur diese Zusammenschlüsse sind in der Lage, Kaffee in exportfähiger Qualität und Menge bereitzustellen. Eine wichtige Voraussetzung und Aufgabe, gerade im Bio-Anbau, ist dabei die Schulung und Unterstützung der Einzelbauern. Um die Bedeutung der Zusammenschlüsse zu betonen und ihre Handlungsfähigkeit zu erhöhen, erhalten sie einen bestimmten Anteil des Erlöses. Diese Mittel werden unterschiedlich eingesetzt: für Ausstattung der Büros oder der Kaffeelabors, für Fortbildungen der MitarbeiterInnen, für Projekte zur Qualitätssicherung und vieles mehr. Der zweite Teil der Mehrzahlung ist in der Verwendung nicht festgelegt, vorgegeben ist nur, dass über die Verwendung gemeinsam in den Gremien der Kooperativen entschieden werden muss. Dadurch wird verdeutlicht, dass es diesen Teil des Erlöses nur gibt, weil sich die ProduzentInnen gemeinsam organisiert haben und sich dem Fairen Handel verpflichten. Die Mitgliederversammlung kann festlegen, dass die Mittel der ganzen Gemeinde zugute kommen, wie z.b. Straßenoder Schulbau oder anderer Infrastruktur, oder einem Projekt des Kooperativenzusammenschlusses, das allen Mitgliedern der Kooperative nützt, wie z.b. die Investition in eine gemeinsame Kaffeeverarbeitungsanlage, oder das einzelnen Mitgliedern hilft wie ein Stipendienfonds zur Ausbildung von Kindern von Mitgliedern oder ein Gesundheitsfonds, oder sie kann beschließen, dass die Mittel oder ein Teil an alle Mitglieder ausgeschüttet werden. In der Realität wird meist eine anteilige Verteilung auf verschiedene Zwecke beschlossen. Auf diese Weise stärken die Mehrerlöse des Fairen Handels die kollektiven Strukturen und die Handlungsfähigkeit sowohl der Kooperativen wie der einzelnen Mitglieder. Die Bio-Prämie wird direkt an die BäuerInnen weitergegeben, denn damit werden die Zertifizierungskosten finanziert sowie der Mehraufwand durch den Verzicht auf chemische Düngung und Pestizide honoriert. Diese müssen vor allem durch Mehrarbeit der Familie und weiteren Arbeitskräften und gelegentlich auch durch zugekaufte biologische Mittel ersetzt werden. Es kann auch zu geringeren Erträgen kommen. Was hat die Spende mit Fairen Handel zu tun? Bei unserer Arbeit bitten wir auch um eine Spende. Viele unserer Kunden spenden kleine Beträge beim Kaffeekauf, bei Veranstaltungen oder sie verzichten auf ihre Darlehenszinsen. Diese Praxis gehört nicht zwingend zum Fairen Handel. Beim Fairen Handel steht die Qualität der Produkte und die Art und Weise des Handels im Vordergrund. Das hat erstmal nichts mit spenden zu tun. Was soll nun die Spende? Wie bei vielem, was wir tun, soll sie praktisch nützen und gleichzeitig hat sie eine symbolische Bedeutung. Sie erinnert daran, dass Fairer Kaffeehandel eine gute Sache ist, er aber nur denen zugute kommt, die direkt oder indirekt etwas mit dem Kaffeeanbau zu tun haben. Die Spendengelder werden aber außerhalb dieses Sektors eingesetzt, um auch andere bei der Selbstorganisation und Selbsthilfe zu unterstützen. Abgewickelt werden die Projekte durch das Informationsbüro Nicaragua in Wuppertal. Unser aktuelles Projekt unterstützt einen Zusammenschluss von ehemaligen Zuckerrohrarbeitern und ihren Familien, die durch Agrochemie nierenkrank geworden sind. Dabei arbeitet das Informationsbüro mit dem Nicaragua-Forum Heidelberg zusammen. 13 12 13

Fairer Handel teurer Kaffee? Macht Fairer Handel den Kaffee teuer? Was macht manchen Kaffee so billig? Diesen beiden, teilweise zusammenhängenden Fragen wollen wir nachgehen. Die erste Frage ist schlicht zu verneinen: Der Mehrkosten durch Fairen Handel betragen momentan etwa 48 Cent pro kg Röstkaffee. Der Unterschied zwischen biologisch angebautem und konventionellen Kaffee macht zusätzlich noch einmal 56 Cent aus. Bei einer Preisspanne von etwa 7,60 Euro für billigen Röstkaffee im Supermarkt und 17 Euro für teureren biologischen und fairen Röstkaffee im Bioladen müssen also die Preisunterschiede noch ganz andere Gründe als die Zuschläge für biologischen Anbau und Fairen Handel haben. Beim Filterkaffee, dem im deutschen Kaffeemarkt größten Segment, gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die als Billigmacher wirken: Dieser Kaffee ist ein sogenanntes Eckprodukt. So werden die Produkte bezeichnet, deren Preise sich die meisten Kunden merken. Deren Preisgestaltung ist daher besonders wichtig, um Kunden in die Läden zu locken und zu binden, d.h. die Preise sind auch bei den Röstern enger kalkuliert und unterliegen einem dauerndem Druck. Es handelt sich um den Massenmarkt der Konzerne und Großröster. Sie sind durch Lagerhaltung und geschickte Einkaufspolitik durchaus in der Lage, unter Weltmarktpreis einzukaufen. Die Verarbeitung passiert ebenfalls i.d.r. in Massen. Der Kaffee kommt z.b. häufig als Schüttgut und nicht in Säcken, die Röstung und Verpackung ist vollautomatisiert und menschenarm; das spart Kosten. Hier fangen dann aber auch die Qualitätsunterschiede an: Die klassische Kaffeeröstung in der Trommel braucht eine gewisse Zeit, um 20 Minuten für eine Charge und dann auch noch Zeit zum Abkühlen und Ausgasen, nur dann können sich die Aromen voll entwickeln; diese Zeit erhält der Kaffee in Großröstanlagen nicht: Hier wird schnell erhitzt, schnell abgekühlt und schnell verpackt. Für diese Produkte gilt also: Die Masse macht s, Qualität ist zweitrangig. Zusätzlich gibt s noch einige Tricks, die den Kaffee auch billiger machen: es wird billigerer Robusta-Kaffee beigemischt es werden auch die Kaffeehäutchen, die sich beim Rösten lösen, mit vermahlen es wird dem Kaffee Malzzucker und Stärke beigemischt und das billigere Gemisch als sogenannte Melange angeboten Umgekehrt führen diese Faktoren dazu, dass die Produkte kleiner Röster und Händler, gerade im Fairen Handel, teurer sind: Es wird in kleinen Mengen eingekauft, auch weil ein möglichst direkter Handel betrieben wird. Es werden jedenfalls von uns, aber auch von vielen anderen nur die besseren Qualitäten gekauft, für die ein weiterer Aufschlag auf den Weltmarktpreis fällig wird. Es wird handwerklich geröstet. Es werden insgesamt kleinere Mengen umgesetzt, wodurch die Produktivität doch geringer ist. Allerdings ist der langzeit-geröstete Kaffee auch ergiebiger, als die Industrieprodukte. Damit ist klar: Der Wert und der Preis unserer Kaffees entsteht durch die hochwertige Arbeit, die darin steckt vom Anbau bis zum Versand. Unverzichtbar dazu gehört für uns biologischer Anbau und fairer Handel. Diese führen aber zu keinem großen Preisunterschied. 14 15

So setzt sich der Endpreis bei uns zusammen Import von Röstkaffee - Profite in die Produktionsländer! Kalkulation Sandino Organico gemahlen ( /kg) Stand 1.10.2011 * von den 0,92 (sonstige Kosten) werden abgedeckt: Fahrtkosten, Fahrzeugkosten, gegebenenfalls Steuern, die Spanne, die Wiederverkäufern gewährt wird, gewährte Skonti, Forderungsverluste Euro Einkaufspreis Nicaragua ( /kg) 4,14 Importkosten 0,16 Bereitstellungskosten 0,07 Finanzierungskosten 0,10 Lohnkosten Import 0,25 Einkaufspreis Nicaragua roh ( /kg) 4,72 Röstverlust 0,90 Einkaufspreis Nicaragua Röst ( /kg) 5,62 Kaffeesteuer 2,19 Rösten, Verpacken 0,73 Folie bzw Etiketten 0,36 Zwischensumme 8,90 Zinskosten el rojito 0,18 Bezugskosten (Rösterei zu uns) 0,20 Lohnkosten 3,03 Miete, Strom, Wasser 0,40 Bürokosten 0,08 Gebühren 0,06 Porto Ausgangsfracht 0,19 Werbekosten 0,15 sonstige Kosten* 0,92 Kosten el rojito 5,21 Warenbetrag kg Netto 14,11 7% MwSt kg 0,99 Warenbetrag kg Brutto 15,10 Spende kg 0,10 Endverkaufspreis kg 15,20 VK pro Packung ohne Spende (500g) 7,55 Verkaufspreis pro Packung (500g) 7,60 Durch den Fairen Handel sollen die Kooperativen und ihre Mitglieder bessere Lebensbedingungen erreichen können und das findet auch vielfach statt. Trotzdem bleiben Kooperativen traditionell von der Weiterverarbeitung und den darin liegenden wirtschaftlichen Chancen ausgeschlossen. Dies hat strukturelle und praktische Gründe. Strukturell ist die Weltwirtschaft so organisiert, dass die gewinnträchtigsten Stufen in Produktion und Vermarktung in den Industrieländern liegen. Daran ändert auch der Faire Kaffeehandel zunächst nichts. Deshalb wäre es ein bedeutender Schritt, die Produktion in den Herkunftslängern zu unterstützen. Damit würden wir zeigen können, dass es auch hier Alternativen zum üblichen Handeln gibt. Bisher sprachen aber noch einige praktische Argumente dagegen: Qualität, Haltbarkeit und Lagerfläche. Die Kooperativen, mit denen wir zusammenarbeiten, produzieren inzwischen immer mehr für den lokalen Markt. Während es dort früher nur Instant-Kaffee oder aufgebrühten Fegekaffee gab, wird heute immer mehr vor Ort geröstet und selber qualitativ hochwertiger Kaffee konsumiert. Auch in Cuba wird schon länger geröstet und Röstkaffee exportiert. Inzwischen gibt es da einiges an Erfahrungen, sodass ein gewisser Qualitätsstandard gesichert ist. Gerösteter Kaffee hält sein Aroma in Vakuumverpackungen über 12 Monate. Außerdem kann der Kaffee anders als der Rohkaffee mehrmals im Jahr geliefert werden. Durch unseren Umzug haben wir etwas mehr Spielraum in unserem Lager, sodass wir weitere Produkte in unser Sortiment aufnehmen können. Wir streben an, gerösteten Kaffee aus Nicaragua zu importieren. Die Kooperativen und wir brauchen aber noch etwas Vorlauf, denn es gilt Röstgrad, Qualitätsstandard, Verpackung, Verschickung und einiges mehr zu klären. Wir sind aber ganz zuversichtlich, dass es nach der nächsten Ernte soweit ist. Bis dahin werden wir einen gerösteten Kaffee aus Cuba in unser Programm aufnehmen die Sorte Cubita Oscuro 500g gemahlen, dunkel geröstet. Der Cubita ist schon auf dem europäischem Markt eingeführt. Cubita ist ein sortenreiner Hochland-Kaffee aus der östlichen Bergregion Cubas, der Sierra Maestra. Dieser fein geröstete Kaffee ist auch in Cuba sehr populär. Auf dem deutschen Markt ist Cubita einer der ersten im Ursprungsland fertig produzierten Kaffees. 16 17

Es geht auch ohne Kaffeesteuern: Kaffee selbst rösten! Nachwort Aus der Preiskalkulation (Seite 16) ist zu erkennen, dass die Kaffeesteuer mit 1,10 Euro beim Endpreis für 500 g deutlich durchschlägt. Sie wird für Röstkaffee fällig. Auf Rohkaffee ist diese Steuer nicht zu zahlen. Wer also Rohkaffee selbst röstet, spart diese Steuern und je nach Preisgestaltung des Verkäufers auch noch die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Rösten anfallen. Man erhält nach etwas Übung - einen Kaffee mit einem frischen Röstaroma, das sonst kaum zu erreichen ist. Außerdem macht es auch Spaß, sich das Lebens- und Genussmittel Kaffee genussvoll selbst zuzubereiten. Vor hundert Jahren war das Rösten von Kaffeebohnen in der Pfanne ein übliches Verfahren in allen Haushalten, die sich überhaupt Kaffee leisten konnten. Das geht natürlich auch heute noch: Dazu heizt man eine (am besten gusseiserne) Pfanne auf eine mittlere Temperatur (ca. 200 Grad) vor, gibt soviel Bohnen hinein, bis der Boden gut bedeckt ist, (ohne Fett!) und sorgt ungefähr 20 Minuten lang durch regelmäßiges Umrühren dafür, dass die Bohnen gleichmäßige Hitze erhalten und nicht anbrennen. Wenn die gewünschte Färbung erreicht ist, Kaffee aus der Pfanne in ein Metallsieb zum Abkühlen schütten und noch etwas weiter rühren. Der Kaffee sollte dann noch mindestens einen Tag offen stehen, damit das beim Rösten in den Bohnen entstehende Kohlendioxid entweichen kann (ausgasen). Die Faustregel lautet: helle Röstung feiner Geschmack, je dunkler, je kräftiger der Geschmack. Ähnlich einfach ist das Rösten auf einem Backblech bei Umluft. Dabei müssen die Bohnen einmal gewendet werden. Auch keine High-Tech-Geräte sind handbetriebene Popcorntöpfe, in denen mit etwas Übung und vielleicht auch kleinen Umbauten eine gute Kaffeequalität erreicht werden kann. Dann gibt es natürlich auch Haushaltskaffeeröster. Hierzu lohnt eine ausführliche Internetrecherche. Und dann der Eigenbau: Im Internet finden sich Bauanleitungen für Röster z.b. aus Hamsterrädern oder Hähnchengrills oder zur Zweckentfremdung von Backautomaten und Heißluftföns. Den nötigen Rohkaffee gibt s bei el rojito. Viel Spaß! Das war viel Stoff was bleibt außer Antworten auf Fragen, die noch nie gestellt wurden (wie baut man aus einem Hamsterrad einen Kaffeeröster?)? Der Kaffeepreis ist auch das Ergebnis von Ereignissen in der Natur der berühmte Frost in Brasilien -, aber zumindest genauso von wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Entscheidungen, also von Spekulation und sog. Entwicklungspolitik. Wem die Spekulation nützt, muss wohl nicht mehr erklärt werden. Aber haben diesmal nicht auch die Bauern etwas davon, wird nicht endlich ein Preis gezahlt, von dem sie leben können? Aktuell ist es tatsächlich so, aber nachhaltig wird das nicht sein. Unter dem Eindruck der hohen Preise wird der Anbau ausgebaut werden. Und wenn lange genug auf steigende Preise spekuliert wurde, wird wieder auf sinkende gesetzt. In der Zwischenzeit geraten weniger gut organisierte Kooperativen unter Druck, weil die Mitglieder bei den hohen Preisen den Vorteil einer Mitgliedschaft nicht mehr sehen. Wenn die Preise dann wieder in den Keller gehen, sind zusätzlich die kollektiven Strukturen geschwächt. Und dagegen hilft der Faire Handel? Bedingt! Er unterstützt die Selbstorganisation in Kooperativen, führt zu besseren und umweltgerechten Anbaumethoden und stellt mit dem Mindestpreis einen Schutz gegen Niedrigpreisphasen dar. Aber: Im Niedrigpreissegment des hiesigen Kaffeemarktes wird mit jedem Cent gerechnet, dort wird sich der Faire Handel nicht durchsetzen. Die Mengen werden nicht so groß werden, dass sie der Spekulation etwas entgegenzusetzen haben. Und auch nicht jede Kooperative ist ein so hilfreicher Zusammenschluss, wie man es sich wünscht. BäuerInnen, KooperativenmitarbeiterInnen, alternative HändlerInnen und KundInnen zeigen mit dem Fairen Handel, dass Handel auch anders gehen kann und wir haben alle gemeinsam etwas davon. Damit das aber auch in die Breite gehen und mehr Menschen nützen kann, kann die Zivilisierung des Marktes keine Privatinitiative bleiben. Spekulation mit Lebensmitteln, Landwirtschafts- und Naturflächen muss ein Riegel vorgeschoben werden, Ausbeutung in Landwirtschaft und Industrie des Südens für Exportprodukte muss aufhören und auch bei uns sollten unfaire Produzenten und Handelsketten nicht durch den Sozialstaat subventioniert, sondern durch Rederegulierung wieder in diesen zurückgeholt werden. Es gibt also viel zu tun ein guter Kaffee kann dabei sicher viel der benötigten Energie liefern. die rojit@s 18 19

el rojito e.v. Chemnitzstraße 78 22767 Hamburg Tel: 040 /390 68 98 Fax: 040 / 390 45 12 E-Mail: kaffee@el-rojito.de www.el-rojito.de Unsere aktuellen Kaffeesorten: SANDINO: 100% ARABICA aus Nicaragua, Hochlandkaffee (SHG) DRÖHNUNG scharf geröstet, 500 g SUAVE mild geröstet, 500 g SIMPATICO mild geröstet, entsäuert, 500 g ESPRESSO Espresso-Röstung, 500 g ESPRESSO BOHNE Espresso-Röstung, 500 g *ORGANICO kba, mild geröstet, 500 g *ORGANICO BOHNE kba, mild geröstet, 500 g * BIOLOGO: 100% ARABICA-Mischungen verschiedener Länder, kba, (SHG) MILD sehr mild geröstet, 250 g MILD BOHNE sehr mild geröstet, 250 g PUR mild geröstet, 250 g ESPRESSO Espresso-Röstung, 200 g ESPRESSO BOHNE Espresso-Röstung, 200 g ESPRESSO BOHNE Espresso-Röstung, 500 g Café Crema Bohne 50% Espresso- und 50%Filter-Röstung, 1.000 g * LA CORTADORA: 100% ARABICA aus El Salvador, kba, (SHG) LA CORTADORA mild geröstet, 250 g ENTCOFFEINIERT, mild geröstet, 250 g ESPRESSO, Espresso-Röstung, 200 g ESPRESSO BOHNE, Espresso-Röstung, 200 g ESPRESSO ENTCOFFEINIERT, 200 g ESPRESSO ENTCOFFEINIERT BOHNE, 200 g *Flor de Café: 100% ARABICA-Mischung verschiedener Länder, kba, (SHG) ESPRESSO fein gemahlen in der Dose, 200 g ESPRESSO fein gemahlen, 250 g ESPRESSO BOHNE, 500 g ESPRESSO BOHNE, 1.000 g *Hamburger Fairmaster: 100% ARABICA- Mischung verschiedener Länder, kba, (SHG) Hamburger Fairmaster mild geröstet, 250 g Hamburger Fairmaster Bohne mild geröstet, 250 g *aus kontrolliert biologischem Anbau (kba), außergewöhnliches Röstverfahren Fotos: el rojito/rudi Kurz; Gestaltung: www.grafik-claudiabecker.de; gedruckt auf 100% Recylingpapier