Einfluss von Pyrolyseparametern auf die Brandsimulation Trettin, C.; Wittbecker, F.-W. Bergische Universität Wuppertal, Gaußstraße 20, 42119 Wuppertal Deutschland trettin@uni-wuppertal.de Kurzfassung: Anhand des Pyrolysemodells aus dem Computational Fluid Dynamics Programm (CFD) Fire Dynamics Simulator (FDS) wird die Brandausbreitung modelliert und der Einfluss variierender Eingabeparameter, basierend auf der Interpretation von Messergebnissen, diskutiert. Die Modelleingaben basieren auf thermogravimetrischen Analysen (TGA) von Spanplatten. Der Prozess zur Fertigstellung der Simulationsdatei wird von den Materialversuchen, über die Interpretation der Messergebnisse, sowie die daraus resultierende Vielfältigkeit der Eingabeparameter bis zur Definition der Materialeigenschaften in FDS aufgezeigt. Weiterhin werden die Modellannahmen verdeutlicht, die für die Wiedergabe der aus der TGA ermittelten Materialeigenschaften in FDS notwendig sind und deren Abweichungen zum untersuchenden Brandszenario. 1. Einleitung Die Anwendung der Computational Fluid Dynamics Modelle (CFD) im Brandschutz setzt Kenntnisse über die der Simulation zugrundelegenden Modellannahmen und deren Übertragbarkeit auf das jeweils zu untersuchende Brandszenario voraus. Um den Einfluss der Modellannahmen auf die Simulationsergebnisse zu bewerten, muss der Anwender die dominanten physikalischen Prozesse des zu betrachtenden Brandszenarios kennen (z.b. Wärmetransport: Verhältnis Wärmestrahlung zu Konvektion) und die entsprechenden Eingabeparameter (z.b. Absorptionsverhalten von Oberflächen) in der Simulationsmodellierung definieren. Eine systematische Bewertung der Einflüsse von variierender Eingabeparameter auf die Simulationsergebnisse kann mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen durchgeführt werden [8]. Für das gewählte Brandszenario sind im Hinblick auf die zu betrachtende Fragestellung zusätzlich die resultierenden Zielgrößen (z.b. Höhe der Rauchschicht) für die Wahl der Eingabeparameter (z.b. Rußentstehungsanteil) zu berücksichtigen. In verschiedenen Forschungsarbeiten werden reale Brandversuche mit Simulationsergebnissen verglichen unter deren Abweichungen aufgezeigt [1,3,7]. Insbesondere bei der Modellierung der Brandausbreitung fällt auf, dass bei definierten Materialeigenschaften nur für gewählte Brandszenarien die Simulationsergebnisse mit den realen Brandversuchen übereinstimmen. Eine Ursache dieser Abweichung kann an den definierten Materialeigenschaften in der Simulationssoftware im Zusammenhang mit dem softwarespezifischen Pyrolysemodell liegen. Um die Brandausbreitung mittels einer Software zu simulieren, werden die thermischen und brennbaren Materialeingenschaften im allgemeinem aus thermogravimetrischen Analysen (TGA), dem Micro Combustion Calorimeter, der Dynamischen Differenzkalorimetrie, sowie dem Cone Calorimeter in Labormaßstäben ermittelt [1,5,7]. Ziel ist es, die Sensibilität gegenüber den Eingabeparametern, insbesondere den aus Laborversuchen ermittelten Materialeigenschaften und deren Auswirkungen auf die modellierte Brandausbreitung aufzuzeigen.
2. Pyrolyse Der Umwandlungsprozess eines Feststoffes in einen gasförmigen Brennstoff wird als Pyrolyse bezeichnet und bildet somit die Grundlage einer Brandausbreitung. Der Pyrolyseprozess ist in vielen Literaturquellen [2,5,9] beschrieben einschließlich relevanter physikalischer und chemischer Größen, die in der nachfolgenden Tabelle 1 mit aufgeführt sind. Tabelle 1: Übersicht Materialeigenschaften und Reaktionsgrößen Thermische Parameter Spezifische Wärmekapazität p fest, flüssig, gasförmig Wärmeleitfähigkeit fest, flüssig, gasförmig Dichte Material, Oberfläche Emissivität Oberfläche Pyrolyseparameter Aktivierungsenergie Prä-exponentieller Vorfaktor Reaktionsordnung Enthalpie Reaktionsrate Reaktionstemperatur Mit Erhöhung der Feststoffoberflächentemperatur wird der Pyrolyseprozess ausgelöst. Die thermischen Eigenschaften spezifische Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit, sowie die Dichte und Porosität des Materials bestimmen den Wärmetransport von der Materialoberfläche zum Materialinneren und somit die thermische Aufbereitung. In Abhängigkeit dieser pyrolysiert das Material in verschiedenen Tiefen zur Materialoberfläche. Die Zersetzungsreaktionen während des Pyrolyseprozesses können in Form der Arrhenius- Gleichung dargestellt werden [6,9]. Nach Arrhenius hängt die Reaktionsrate einer jeweiligen Reaktion von der Aktivierungsenergie und dem Prä-expotentiellen Faktor zu einer bestimmten Temperatur ab. Für die Brandmodellierung werden in Abhängigkeit des implementierten Softwaremodells die in Tabelle 1 aufgelisteten Pyrolysegrößen als Eingabeparameter benötigt. Für das Pyrolysemodell in dem CFD-Programm Fire Dynamis Simulator (FDS) in der Version 6.1.2 können die in Tabelle aufgelisteten Pyrolyseparameter definiert werden, wobei die Definition der Parameter A, E oder T r ausreichend sind, um eine Pyrolysereaktion modellieren zu können [6]. Dabei ist zu beachten, dass fehlende Angaben mit hinterlegten Standardwerten angegeben werden, wobei die reduzierte Definition von Pyrolyseparametern zu erhöhten Unsicherheiten in der Aussagekraft der Simulationsergebnisse führt. Für die nachfolgenden modellierten Pyrolysesimulationen mit FDS liegt der Fokus auf den Einfluss der Arrheniusparametern E, A basierend auf thermogravimetrischen Untersuchungen. 3. Thermogravimetrische Untersuchungen Mittels einer thermogravimetrischen Analyse können die Pyrolyseparamter A, E, Tr, r ermittelt werden [5]. Dabei werden die Proben über ein Temperaturprogramm erwärmt und deren Massenverlust aufgezeichnet. Die Probengewichte liegen im Milligramm Bereich. Um den Einfluss der Versuchskonfigurationen auf die Pyrolyseparamter zu bestimmen wurden Spanplattenproben in einem 150 μl Probentiegel untersucht. r (1)
Spannplatte besteht aus von verschiedenen Holzsorten unterschiedlich großen Holzpartikeln, die gepresst und geleimt sind. Im Allgemeinen befinden sich im Inneren der Spannplate größere Holzpartikel, die an feineren Holzpartikeln angrenzen. Resultierend ist eine Spanplatte aus mehreren Schichten aufgebaut (s.abb.1). Abbildung 1: Spanplatte Draufsicht und Querschnitt Der dargestellte Ausschnitt der untersuchten Spanplatte lässt 3 Schichten erkennen. Die Oberfläche besteht als erste Schicht aus feinen Holzpartikeln, an der eine Übergangsschicht zum Inneren der Spanplatte grenzt. Die drei Schichten wurden jeweils einzeln geprüft, sowie in der anwendungsspezifischen Kombination als Spanplatte. Die Proben wurden im Temperaturbereich 50 C bis 1000 C bei einer Heizrate von 5 K/min und 60 K/min unter 21 % Sauerstoff Atmosphäre erwärmt. Die dargestellten Diagramme verdeutlichen den Massenverlust der jeweiligen Schichten, sowie der Kombination aus allen 3 Schichten bei einer Heizrate von 60 K/min und 5 K/min. Abbildung 2: Massenverlust der Materialproben bei 60 K/min (links) und 5 K/min (rechts) Die Reproduzierbarkeit des Massenverlustes ist für die Oberflächenschicht, sowie für die Übergangsschicht gegeben. Im Vergleich weichen die Proben der innenliegenden Schicht am stärksten voneinander ab, da diese inhomogen aufgebaut ist. Aufgrund der thermischen Trägheit der Proben reagiert das Material bei einer höheren Heizrate erst bei höheren Temperaturen. Insgesamt sind bei beiden Heizraten drei Reaktionsschritte zu erkennen. Die erste Reaktion verdeutlicht den Wasserverlust; im nächsten Schritt bilden sich flüchtige Reaktionsprodukte, gefolgt von einer Kohleschichtbildung [4]. Holzproben bilden während der Verbrennung eine Kohleschicht, die eine Barriere zwischen dem Pyrolysebereich und der Verbrennungszone bildet, wodurch die Zersetzung der Probe verlangsamt wird. In Abhängigkeit der Materialeigenschaften und der thermischen Beanspruchung an der Materialoberfläche wird die Kohleschicht im weiteren Brandverlauf wieder aufgebrochen und die thermische Aufbereitung des Materials verstärkt. Dieser Prozess kann nur bedingt bei der Brandmodellierung in FDS berücksichtigt werden. Im folgenden Abschnitt wird die Vorgehensweise zur Modellierung der Pyrolyse und des Brandverhaltens beschrieben.
4. Brandsimulationen Zur Überprüfung der modellierten Pyrolyseparameter in FDS wurden diese mit den Untersuchungen der TGA verglichen. Als Grundlage für den Vergleich werden die Randbedingungen aus dem FDS Users Guide zur Überprüfung der Pyrolyseparameter übernommen [6]. Dafür wird eine thermische dünne Probe angenommen, die sich homogen erwärmt, wobei der Einfluss der thermischen Eigenschaften reduziert wird. Desweitern wird auf das Modellieren der Gasphase verzichtet und der Gittereinfluss begrenzt. Der Fokus zur Überprüfung der Pyrolyseparameter liegt auf dem Massenverlust und der Reaktionsrate entsprechend der TGA. Exemplarisch wurden in Abbildung 3 die Simulationsergebnisse mit den Experimentaldaten einer Probe aus der Übergangsschicht bei einer Heizrate von 60 K/min dargestellt, sowie die innenliegende Schicht bei 5 K/min. Abbildung 3: Vergleich Simulation mit TGA der Übergangsschicht bei 60 K/min (oben), innenliegende Schicht bei 5 K/min (unten)
Das Überprüfen der Pyrolyseparameter wurde für alle Proben durchgeführt, wobei lediglich die Modellierung der dritten Reaktion entsprechend der Abbildung 3 abweicht. Mit der fehlenden Reproduzierbarkeit der innenliegenden Schicht hinsichtlich der TGA weichen hier die Arrheniusparameter am stärksten voneinander ab. 5. Schlussfolgerungen Die Untersuchungen verdeutlichen die Variation der Pyrolyseeingabeparameter des selben Materials in FDS bedingt durch sich ändernde Versuchsbedingungen zur Ermittlung der Materialeigenschaften, sowie sich streuende Versuchsergebnisse. Resultierend unterscheiden sich simulierte Brandsimulationsergebnisse in Abhängigkeit der gewählten Pyrolyseparameter voneinander. 6. Danksagung Für die Bereitstellung des Probenmaterials bedanke ich mich vielmals bei Herrn Martin Werrel. Desweitern gilt mein Dank den Studenten D. Bodenstein, U. Spor und S. Wienken zur Vorbereitung der Proben und der unterstützenden Auswertung. Literatur: [1] Camillo, A. (2013), "Multi-scale investigation of fire behaviour of a seat and a wall panel from European railway transport system", ENSMA [2] Hirschler, M. M., Morgan, A. B. (2008), "Thermal Decomposition of Polymers", SFPE Handbook of Fire Engineering, 4.Ed., 1/112-1/139 [3 ] Jiang, Y. (2006), "Decomposition, Ignition and Flame Spread on Furnishing Materials", Centre for Environment Safety and Risk Engineering, Victoria University, Australia [4] Karastergiou, P.S., Philippou, J.L. (2000), "Thermogravimetric Analysis of Fire Retardant Treated Particleboards", Wood and Fire Safety, 385-394 [5] Matala, A. (2013), "Methods and applications of pyrolysis modelling for polymeric materials", Dissertation 44, VTT, Finland [6 ] McGrattan, K., Hostikka, S., McDermott, R., Floyd, J., Weinschenk, C., Overholt, K. (2014), "Fire Dynamics Simulator User s Guide", NIST Special Publication 1019 Sixth Edition [7 ] Meunders, A., Schroeder, B., Baker, G., Arnold, L., Pau, D., Spearpoint, M. (2014), "Parameter Optimization and Sensitivity Analysis for Fire Spread Modelling with FDS ", SFPE 10th International Conference on Performance-Based Codes and Fire Safety Design Methods, University of Queensland, Australia [8] Schroeder, B., Arnold, L., Meunders, A., Schmidt, S., Brüne, M. (2014), "High parametric CFD-analysis of fire scenarios in underground train stations using statistical methods and climate modeling ", SFPE 10th International Conference on Performance-Based Codes and Fire Safety Design Methods, University of Queensland, Australia [9] Torero, J. L. (2008), "Flaming Ignition of Solid Fuels", SFPE Handbook of Fire Engineering, 4.Ed., 2/260-2/277