K i r U m - D o k u m e n t a t i o n Finanzielle Nachhaltigkeit Schwerpunkt: Nachhaltige Geldanlagen KirUm Geprüftes Umweltmanagement
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t 14
Inhaltsverzeichnis Seite Einleitung 2 1. Aktuelle Situation 3 2. Leitsätze zur finanziellen Nachhaltigkeit 4 3. Chancen und Grenzen nachhaltigen Investments 5 4. Strukturiertes Vorgehen bei nachhaltigen Geldanlagen 8 5. Nachhaltigkeitsfilter für Geldanlagen 10 Impressum 13
E i n l e i t u n g KirUm Aktionsjahr 2008 Diese Dokumentation wurde im Rahmen des KirUm Aktionsjahres 2008 erstellt. Grundlage sind die Ergebnisse des Fachgesprächs Finanzielle Nachhaltigkeit am 13. März 2008 in Stuttgart. 15 Finanzverantwortliche aus kirchlichen und nicht kirchlichen Einrichtungen diskutierten über die Möglichkeiten und Grenzen beim verantwortungsvollen Umgang mit finanziellen Ressourcen. Angeleitet wurden sie dabei von drei Referenten: Dr. Helge Wulsdorf (Leiter Nachhaltige Geldanlagen, Bank für Kirche und Caritas, Paderborn), Wolfgang Steuber (Wertpapierspezialist, Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel) und Günter Koschwitz (Geschäftsführer, Kontaktstelle für Umwelt & Entwicklung, Stuttgart).
Finanzielle Nachhaltigkeit Eines der Ziele des KirUm - Aktionsjahres ist die Weiterentwicklung des Kirchlichen Umweltmanagements hin zum Nachhaltigkeitsmanagement. Darin werden neben der Ökologie auch soziale und ökonomische Aspekte berücksichtigt. Während das Soziale zum Kerngeschäft der Kirche gehört und die Ökologie das Hauptthema beim Kirchlichen Umweltmanagement ist, wird die Ökonomie bisher oft weniger beachtet. Das KirUm Fachgespräch Finanzielle Nachhaltigkeit sollte dazu beitragen, diese dritte Säule des Nachhaltigkeitsmanagements, die Ökonomie, in kirchlichen Einrichtungen und Gemeinden zu stärken. Daher werden die Ergebnisse in Form von praktisch anwendbaren Schritten aufbereitet und sollen den Einstieg in das Thema erleichtern. 1. Aktuelle Situation Eine Umfrage unter den Teilnehmern des Fachgesprächs mit sechs Aussagen zum Thema Nachhaltige Geldanlagen zeigt die spontane Einschätzung der aktuellen Situation. Die Befragten sollten anhand von Schulnoten (1= trifft voll und ganz zu, 6 = trifft gar nicht zu) ihre Bewertung abgeben: Aussage Einschätzung (Schnitt) 1. Die Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen wird in Zukunft weiter zunehmen. 1,7 2. Nachhaltige Geldanlagen sind ein glaubwürdiges Zeichen kirchlichen Handelns. 1,9 3. Die Chancen nachhaltigen Geldanlagen überwiegen deren Risiken. 3,1 4. Nachhaltigkeit spielt in meinen Anlageentscheidungen eine zentrale Rolle. 3,2 5. Nachhaltige Geldanlagen sind fester Bestandteil unserer Anlagepolitik. 3,5 6. Nachhaltige Geldanlagen sind als wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie noch nicht erkannt. 3,5
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t 2. Leitsätze zur finanziellen Nachhaltigkeit Zum besseren Verständnis des Begriffs Finanzielle Nachhaltigkeit wurden fünf Leitsätze definiert, die einen allgemeinen Charakter haben und eine Hilfestellung beim Einstieg in das Thema Finanzielle Nachhaltigkeit bieten sollen: Leitsätze 1. Ein nachhaltiges Finanzmanagement ist im Rahmen einer verantwortungsvollen Unternehmensführung integraler Bestandteil eines umfassenden Nachhaltigkeitsmanagementsystems. 2. Ein nachhaltiges Finanzmanagement ist wesentlich durch eine langfristige Betrachtungsweise gekennzeichnet, berücksichtigt aber auch kurzfristige und mittelfristige Perspektiven. 3. Aufgabe eines nachhaltigen Finanzmanagements ist es, für soziale Fragen sowie für Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes sensibilisiert zu sein. 4. Struktur, Struktur, Struktur! Wesentlicher Erfolgsfaktor für ein nachhaltiges Finanzmanagement ist die Strukturierung der Anlagen nach Klassen, Laufzeiten und Bonitäten entsprechend der Verpflichtungsstruktur der jeweiligen kirchlichen, caritativen oder diakonischen Einrichtung. 5. Nachhaltige Geldanlagen, die in gleicher Weise ökonomische Faktoren wie soziale und ökologische Indikatoren berücksichtigen, bringen christliche Wertvorstellungen wie den Schutz des menschlichen Lebens, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zum Ausdruck.
Finanzielle Nachhaltigkeit 3. Chancen und Grenzen nachhaltigen Investments Abgesehen von einer weit verbreiteten Zurückhaltung, überhaupt in der Öffentlichkeit über die eigene Finanzsituation zu sprechen, gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Hindernisse auf dem Weg zum nachhaltigen Umgang mit Geld. Dabei stehen die Verantwortung gegenüber der eigenen Organisation und die damit verbundene Verpflichtung, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen oft vermeintlich im Gegensatz zum Verantwortungsgefühl gegenüber der Nachwelt, der Umwelt und den Mitmenschen. In der Praxis stößt man bei der Umsetzung eigener Vorstellungen im Bereich nachhaltigen Investments meist schnell an Grenzen, die bei der Beschaffung von zuverlässigen Informationen zu verschiedenen Anbietern bzw. Produkten anfangen und mit der eigenen Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs noch lange nicht aufhören. Die Anlage der finanziellen Ressourcen nach nachhaltigen Kriterien bietet allerdings auch große Chancen. So werden, gerade bei kirchlichen Einrichtungen und Gemeinden, die Glaubwürdigkeit und das Bild nach außen gestärkt. Auch im Hinblick auf die zu erzielende Rendite können Geldanlagen unter nachhaltigen Gesichtspunkten deutliche Vorteile gegenüber solchen haben, die auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet sind, denn mit der ausdrücklichen Ausrichtung auf die Zukunftsfähigkeit geht auf lange Sicht auch eine Erhöhung der Sicherheit einher.
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t In der folgenden Tabelle werden stichpunktartig Chancen und Grenzen nachhaltiger Geldanlagen aufgelistet: Chancen Glaubwürdigkeit / Reputation Zeichenhaftigkeit Lenkungsfunktion Gesamtstrategie Innovative Produkte Ganzheitlichere Bewertung Risikovermeidungsstrategie Positive Gesellschaftsauswirkungen Wettbewerb (Best-in-Class) Grenzen Praktikabilität Informationsbeschaffung und -qualität Risikostreuung / Diversifikation Transparenz Wirkungsweisen des Investments Subjektivität (Nachhaltigkeitsbewertung) Evtl. höheres Engagement Gewisses Maß an Kompromissbereitschaft Definitionsproblem Nachhaltigkeit Performance
Finanzielle Nachhaltigkeit
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t 4. Strukturiertes Vorgehen bei nachhaltigen Geldanlagen Nachhaltige Geldanlagen sind in jeder Größenordnung und mit verschiedenen Laufzeiten möglich. Ob z.b. Spenden für eine neue Orgel gesammelt werden und das vorhandene Geld nur so lange geparkt werden soll bis der gesamte Betrag zusammengekommen ist oder ob für größere Beträge eine langfristige Anlagemöglichkeit gesucht wird wichtig ist eine strukturierte Vorgehensweise bei der Planung der Geldanlage. Wie nicht anders zu erwarten, zeigte sich im Laufe des Fachgesprächs, dass diejenigen, die größere Vermögen zu verwalten hatten, auch das größte Wissen im Bezug auf Geldanlagen hatten. Bei kleineren Summen oder kurzfristigen Anlagen werden in der Regel keine Fachleute für nachhaltiges Investment hinzugezogen. Die ersten beiden Schritte hin zur Verwirklichung nachhaltiger Investitionen sind ganz allgemeiner Natur und damit Voraussetzung für jede Art der Geldanlage: die Feststellung des Bedarfs und des Bestands. Erst danach spielen die eigenen Nachhaltigkeitskriterien eine Rolle ( Nachhaltigkeitsfilter ). Diese müssen praktikabel sein, sonst sind die
Finanzielle Nachhaltigkeit Schwierigkeiten beim darauf folgenden Schritt, nämlich der Suche nach den passenden Anlagemöglichkeiten, vorprogrammiert. Für den gesamten Prozess ist eine sorgfältige Planung genauso wichtig wie realistische Ziele. Gerade bei umfangreicheren Umstellungen muss außerdem ein entsprechender Zeitrahmen eingeplant werden. Mit der Anwendung eines Nachhaltigkeitsfilters sind Ausschlusskriterien verbunden, die zu verschiedenen Veränderungen beim Ergebnis führen können. Diese im Voraus einzuschätzen ist von großer Bedeutung, auch im Hinblick auf die zukünftige Weiterentwicklung der nachhaltigen Geldanlagen. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte zum strukturierten Vorgehen beim nachhaltigen Investment aufgeführt: Schritte zum strukturierten Vorgehen 1. Ermittlung des langfristigen Finanzbedarfs und Setzung möglicher Schwerpunkte 2. Strukturierung des aktuellen Vermögens (Ist-Analyse) 3. Klärung des eigenen Nachhaltigkeitsverständnisses mit entsprechender Kriteriologie vor dem Hintergrund einer christlichen Werteorientierung 4. Suche nach passenden Nachhaltigkeitsprodukten bzw. Banken spezialisiert auf den kirchlichen Sektor 5. Moderates Vorgehen bei der Umstellung auf nachhaltige Investments 6. Festlegung von zeitlichen und prozentualen Zielvorgaben für die Umstellung 7. Klärung der Veränderung der Risikostreuung und der Performanceerwartung (aufgrund Ausschlusskriterien) 8. Schritte für eine mögliche Weiterentwicklung der Vorgehensweise bei nachhaltigen Investments
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t 5. Nachhaltigkeitsfilter für Geldanlagen Als Nachhaltigkeitsfilter wird die Zusammenstellung von Kriterien bezeichnet, nach denen die verschiedenen Geldanlagemöglichkeiten in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit beurteilt werden sollen. Hierzu können sowohl Positiv- (z.b. geringer CO 2 -Ausstoß) als auch Negativkriterien (z.b. Verletzung der Menschenrechte) herangezogen werden. Da das Nachhaltigkeitsverständnis und damit die anzulegenden Kriterien sich selbst innerhalb der Kirche sehr stark unterscheiden, kann hier kein allgemein gültiger Filter angegeben werden. Dieser würde auch den Rahmen eines eintägigen Fachgesprächs sprengen. In Form einer Kartenabfrage (jeder hatte vier Karten zur Verfügung) wurde versucht, die spontanen Ideen der Teilnehmer bezüglich der wichtigsten Themen für einen Nachhaltigkeitsfilter zu erfassen. Hierbei wurden zunächst ausschließlich Negativkriterien berücksichtigt. Die Aufstellung der Positivkriterien wäre dann der nächste folgende Schritt. In der folgenden Tabelle werden alle Themen aufgeführt, die mehr als eine Stimme bekamen (in Klammern die Anzahl der Karten): für Unternehmen für Staaten/Renten 1. Rüstungsindustrie (12) 1. systematische Menschenrechtsverletzungen (4) 2. ausbeuterische Kinderarbeit nach ILO-Standard (5) 2. Todesstrafe (2) 3. Tabak (5) 4. Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen (4) 5. Gentechnik (3) 6. Pornografie (2) 7. Atomindustrie (2) 10
Finanzielle Nachhaltigkeit Bei der darauf folgenden Diskussion zeigten sich zum Teil große Unterschiede in der Auffassung der anzulegenden Nachhaltigkeitskriterien. Während sich die Teilnehmer bei den Themen Menschenrechte, Todesstrafe, Kinderarbeit und Rüstung noch relativ einig waren, traten angesichts von Kirchenwein und Klosterbier beim Thema Drogen und Suchtmittel jedoch deutliche Meinungsverschiedenheiten zu Tage. Auch wurde sehr schnell klar, dass die genannten Themen viel stärker konkretisiert werden müssen, um zu praktisch anwendbaren Kriterien zu kommen. Als besonders schwierig erwies sich die Formulierung für Nachhaltigkeitskriterien, die die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen betreffen. Hier wurde die Diskussion dann auch beendet die größten Hürden bei der Erstellung eines allgemein gültigen Nachhaltigkeitsfilters waren aufgezeigt worden: die individuell unterschiedlichen Auffassungen und die Praktikabilität. 11
Fi n a n z i e l l e N a c h h a l t ig ke i t Genau hier liegt das Problem bei der Anwendung von öffentlich zugänglichen Nachhaltigkeitsfiltern. Diese sind vielfach zu allgemein, um einerseits den eigenen Vorstellungen zu entsprechen und andererseits die Umsetzung in der Praxis zu ermöglichen. Daher ist die Ausarbeitung eines individuellen und praktikablen Nachhaltigkeitsfilters häufig nur mit Hilfe von Experten möglich und setzt darüber hinaus gerade bei ethischen Abwägungsprozessen eine gewisse Kompromissbereitschaft voraus, damit die Anwendbarkeit gewährleistet ist. Durch die Berücksichtigung der in dieser Dokumentation aufgezeigten Schritte sowie das Wissen um die Chancen und Grenzen bei nachhaltigen Geldanlagen soll Ihnen der Einstieg in die Diskussion mit Ihrem Bankberater erleichtert werden. 12
I m p re s s u m KirUm Geschäftsstelle c/o KATE - Kontaktstelle für Umwelt & Entwicklung Blumenstraße 19 70182 Stuttgart Tel.: 0711-248397-0, Fax: -22 E-Mail: kirum@kate-stuttgart.org www.kirum.org Redaktion Ute Timmermann Druck UWS Papier & Druck GmbH Libanonstraße 72 A 70184 Stuttgart Telefon 0711-46 30 05 Layout rla design Eugenstr. 43 73760 Ostfildern rlahnstein@rla-design.de 0711/125 60 18 Mit freundlicher Unterstützung durch die: Erstellt April 2008 gedruckt auf 100% Recyclingpapier 13
Das KirUm Aktionsjahr 2008 wurde ausschließlich durch Spenden und Fördermittel finanziert. Wir danken allen Spendern, die uns durch ihren finanziellen Beitrag die Durchführung ermöglicht haben: Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart Das Fachgespräch Finanzielle Nachhaltigkeit wurde personell und inhaltlich unterstützt durch: Bank für Kirche und Caritas (BKC) Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel (EKK) Kontaktstelle für Umwelt & Entwicklung Stuttgart (KATE) Die Räumlichkeiten wurden vom Haus der Caritas, Stuttgart unentgeltlich zur Verfügung gestellt.