Sachverhalt Fall 1 Übungen im Arbeitsrecht

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Transkript:

FS 2015 Kurs 6,420,1.00 Übung 1: Fälle 1 bis 3 - Vertragsabschluss (Unterschrift) - Probezeit - Überstunden -Ferien - Kündigung und Freistellung - Kündigung und Aufhebungsvereinbarung Prof. Dr.iur. Roland Müller, Rechtsanwalt und Notar Titularprofessor an den Universitäten St.Gallen und Bern Folie 1 Sachverhalt Fall 1 Übungen im Sachverhalt Yvonne Yeshurun hat sich erfolgreich um eine Stelle als Sozialarbeiterin beworben. Nun erhält sie den Arbeitsvertrag im Doppel zur Unterschrift. Darin sind u.a. folgende Klauseln enthalten: 1. Während der Probezeit von drei Monaten werden keine bezahlten oder unbezahlten Ferien gewährt. 2. Allfällige Überstunden werden nicht mit Zuschlag ausbezahlt, sondern 1:1 kompensiert, wobei die Kompensation bis zum Ende des folgenden Monats zu erfolgen hat, ansonsten werden 50% der Überstunden gestrichen; pro Tag dürfen maximal 4 Überstunden kompensiert werden, eine Mehrkompensation wird als Ferienbezug berechnet. Folie 2 1

Fragestellung Fall 1 Übungen im Fragestellung Wie sind diese Klauseln rechtlich zu beurteilen? Welche Konsequenzen hat in diesem Zusammenhang die Unterschrift von Yvonne Yeshurun unter dem Arbeitsvertrag? Folie 3 Gesetzliche und vertragliche Probezeit Probezeit nach Gesetz: 1 Monat (OR 335b I) Max. Verlängerung: 3 Monate (OR 335b II) Lehrvertrag nach Gesetz: 3 Monate (OR 344a III) Lehrvertrag max. Verlängerung: 6 Monate (OR 344a IV) Es wird vermutet, dass sich die Probezeit auf 1 Monat beschränkt, wenn gem. Art. 335b Abs. 2 OR nichts anderes verabredet wurde durch: schriftliche Abrede Normalarbeitsvertrag Gesamtarbeitsvertrag Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen gekündigt werden Folie 4 2

Grundlagen zum Ferienanspruch Gesetzlicher Ferienanspruch: 4 Wochen (auch für Lehrlinge /nur Jugendliche bis 20 Jahre 5 Wochen) AN hat nur vertragliche Grundlage zu beweisen ZGB 8 AG hat den Bezug der Ferien zu beweisen OR 329 a Richterl. Schätzung möglich in Analogie zu OR 42 II Als Ferienlohn gelten alle Lohnbestandteile (Naturallohn, Zulagen, etc.) ausser Spesen Ferien verjähren erst nach 5 Jahren gem. OR 128 Ferienanspruch besteht im gleichem Umfang für Teilzeitangestellte, also keine Berechnung prozentual zur Arbeitszeit (aber nur geringerer Lohn) Folie Prof. 5Dr. Roland Begriff und Bedeutung der Ferien Prof. Dr. Roland Ferienanspruch ergibt sich aus der Fürsorgepflicht der AG und ist deshalb relativ zwingend Ferienanspruch hat zwei Bedeutungen: - Anspruch auf zusammenhängende Ferien (mind. 2 Wochen aneinander gemäss OR 329c II) - Anspruch auf Lohnzahlung für die Feriendauer Unklar ist Vererblichkeit, da grundsätzlich keine Abgeltung in Geld möglich; m.e. Vererblichkeit des Anspruchs gegeben Bei Ferien in Pandemiegebieten kann AG eine Freistellung (i.s. einer Quarantäne zu Hause) verfügen, muss dann aber den Lohn fortzahlen AG bestimmt Zeitpunkt der Ferien, hat aber auf die Bedürfnisse der AN Rücksicht zu nehmen Folie 6 3

Überstunden nach OR und Überzeit nach ArG Überstundenarbeit Jede Arbeit, welche die vertraglich festgelegte oder die übliche Arbeitszeit übersteigt. auch bei Teilzeitarbeit Verpflichtung des Arbeitnehmers soweit notwendig und zumutbar 25% Zuschlag nach OR 321c schr. Wegbedingung möglich pauschaler Lohnzuschlag mögl. Kompensation nur mit Einverständnis des AN, dann aber im Verhältnis 1:1 kein nachträgl. Verzicht mögl. Überzeitarbeit Beginnt da, wo die vom ArG vorgeschrieben Höchstarbeitszeit überschritten wird. 45 Std. bei Industrie/Büropers. 50 Std. bei übrigen Betrieben 25% Zuschlag nach ArG 13 keine Wegbedingung mögl. Kompensation ohne Zuschlag möglich, aber nur im Einverständnis mit AN, dann aber im Verhältnis 1:1 keine Kumulation mit Überstunden Folie 7 Formvorschriften beim Arbeitsvertrag Grundsatz: Formfreiheit (320 I OR) Ausnahme: Schriftform (unvollständige Liste) Abänderung Überstundenvergütung (321c III OR) Fälligkeit Provisionsanspruch (322b II und 323 II OR) Lohn bei Verhinderung des AN (324a IV OR) Informationen über Arbeitsverhältnis (330b I OR) Erwerb von Gelegenheitserfindungen (332 II OR) Verlängerung Probezeit (335b II OR) Abänderung Kündigungsfristen (335c II OR) Abgangsentschädigung (339c I und III OR) Konkurrenzverbot (340 I OR) Lehrvertrag (344a I OR) Handelsreisendenvertrag (347a I und 348b I OR) Gesamtarbeitsvertrag (356c I OR) Folie 8 4

Informationspflicht bei Arbeitsbeginn Schriftliche Information nach Art. 330b OR 1 Wurde das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit oder für mehr als einen Monat eingegangen, so muss der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer schriftlich informieren über: a. die Namen der Vertragsparteien; b. das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses; c. die Funktion des Arbeitnehmers; d. den Lohn und allfällige Lohnzuschläge; e. die wöchentliche Arbeitszeit. 2 Werden Vertragselemente, die nach Absatz 1 mitteilungspflichtig sind, während des Arbeitsverhältnisses geändert, so sind die Änderungen dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nachdem sie wirksam geworden sind, schriftlich mitzuteilen. Folie 9 Sachverhalt Fall 2 Übungen im (1) Sachverhalt Victor Meier arbeitete seit dem 1. Januar 1992 bei der Stiftung Altersheim Abendrot als Hauswart. Der Arbeitsvertrag sah eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr vor. Am Morgen des 28. Oktober 1997 kam der Stiftungsratspräsident der Stiftung Altersheim Abendrot in das Altersheim und kündigte Victor Meier auf den 30. April 1998. Er teilte ihm gleichzeitig mit, dass er per 28. Februar 1998 freigestellt werde und seine Ansprüche für nicht bezogene Ferien, Freitage und Mehrarbeitsstunden mit zwei Monatslöhnen im Betrag von je Fr. 5'455.- brutto per Saldo aller Ansprüche abgegolten würden. Gleichentags begab sich Victor Meier zum Arzt, weil er am Morgen von einer Leiter gestürzt war und sich den Fuss verstaucht hatte. Der Arzt schrieb ihn bis Ende Dezember arbeitsunfähig. Folie 10 5

Sachverhalt Fall 2 Übungen im (2) Sachverhalt (Fortsetzung) Nachdem der Präsidenten der Stiftung von der Arbeitsunfähigkeit von Victor Meier erfahren hatte, sandte er diesem am 15. Januar 1998 noch einmal ein Kündigungsschreiben, in dem er auch die Freistellung vom 1. März an bestätigte. Victor Meier klagt anfangs März 1998 gegen die Stiftung Altersheim Abendrot beim Arbeitsgericht und verlangte unter Vorbehalt des Nachklagerechts die Zusprechung des Lohnes für die Monate März bis Mai. Zudem machte er einen Ferienanspruch von 91,91 Tagen geltend und schliesslich verlangt er eine Entschädigung für Überstunden im Umfang von 200 Tagen, wobei darin auch Freiund Feiertage eingeschlossen waren, welche der Kläger nicht bezogen habe. Die Beklagte macht geltend, das Arbeitsverhältnis habe am 30. April geendet und weder die Überstunden noch der Nichtbezug der Ferien sei nachgewiesen. Überdies seien die entsprechenden Zeiten mit der Freistellung kompensiert. Folie 11 Sachverhalt Fall 2 Übungen im (3) Folie 12 Sachverhalt (Fortsetzung) Der Kläger trat per 1. Juli 1998 eine neue Stelle an, bei der er mit einem Teilpensum von 50 % monatlich Fr. 2'500.- verdiente. Die letzte kantonale Instanz, entschied, dass die Kündigung auf den 1. Juli Gültigkeit hatte und dem Kläger somit die eingeklagten Monatslöhne für März bis Mai zustünden, mit folgenden Punkten: Dass sicher Überstunden geleistet worden seien, diese aber umfangmässig nicht bewiesen seien. Es schätzte sie auf 55 Tage à Fr. 262.50 (Fr. 210.- plus 25%) und sprach dafür Fr. 14'437.50 zu. Dass 45 Feier-und Freitage nicht bezogen worden sein und sprach dafür Fr. 9450.-- zu. Dass nicht nachgewiesen sei, wie viel Ferien tatsächlich bezogen worden seien. Es schätzte die Restanz auf 40 Ferientage. Dies sah das Gericht aber mit der Freistellung kompensiert an und sprach dem Kläger dafür nichts mehr zu. 6

Fragestellung Fall 2 Übungen im Fragestellung Die Parteien gelangen nun an das Bundesgericht. Ist das angefochtene Urteil richtig? Folie 13 Kündigung zur Unzeit (Sperrfristen) Art. 336c OR 1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen: a. während die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militäroder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet, sowie, sofern die Dienstleistung mehr als elf Tage dauert, während vier Wochen vorher und nachher b. während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im 1. Dienstjahr während 30 Tagen, ab 2. bis und mit 5. Dienstjahr während 90 Tagen und ab 6. Dienstjahr während 180 Tagen c. während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer Arbeitnehmerin d. während der AN mit Zustimmung des AG an einer von der zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt. Folie 14 7

Besonderheiten zum zeitl. Kündigungsschutz Mit jeder neuer Krankheit und jedem neuen Unfall beginnt eine neue Sperrfrist zu laufen Nach neuerer Rechtsprechung gilt ein Rückfall als gleiche Krankheit und löst keine neue Sperrfrist aus Versicherungstechnisch können lange Unfallfolgen eine Krankheit und damit neue Sperrfrist auslösen Ord. Kündigung vor der Sperrfrist ist gültig, doch wird Kündigungsfrist entsprechend erstreckt Eine Kündigung innerhalb der Sperrfrist ist nichtig; Arbeitnehmer muss keine Massnahmen treffen Nach Ablauf der Sperrfrist kann Arbeitgeberin normal kündigen bzw. nochmals kündigen Folie 15 Freistellung Im schweizerischen haben Arbeitnehmer (ausser Lehrlinge) kein Recht auf Arbeit Arbeitgeberin kann Arbeitnehmer jederzeit freistellen und auf Arbeitsleistung verzichten Während Freistellung muss Arbeitgeberin den Lohn vollumfänglich weiter bezahlen (inkl. Zulagen) Soweit Arbeitnehmer einen Ersatzverdienst erzielt, muss er sich diesen anrechnen lassen (OR 324 II) Verzichtet der Arbeitnehmer bewusst auf Lohn, so besteht trotzdem Anrechnungspflicht (über ZGB 2 II) Verzichtet der Arbeitnehmer aber auf eine Ersatzarbeit, besteht keine Anrechnungspflicht Folie 16 8

Überblick über Freizeit und Ferien Freie Zeit für den Arbeitnehmer Freizeit Ferien Wöchentlicher Freizeitanspruch Kurzfristige Arbeitsbefreiung Prof. Dr. Folie Roland 17 Müller Bestimmung der Feiertage im Art. 20a ArG 1 Der Bundesfeiertag ist den Sonntagen gleichgestellt. Die Kantone können höchstens acht weitere Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichstellen und sie nach Kantonsteilen verschieden ansetzen. 2 Der Arbeitnehmer ist berechtigt, an andern als den von den Kantonen anerkannten religiösen Feiertagen die Arbeit auszusetzen. Er hat jedoch sein Vorhaben dem Arbeitgeber spätestens drei Tage im Voraus anzuzeigen. Artikel 11 ist anwendbar. 3 Für den Besuch von religiösen Feiern muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch die erforderliche Zeit nach Möglichkeit freigeben. Bund gibt nur den 1. August als Feiertag vor (BV 110 III), die Kantone können bis zu 8 Feiertagen pro Jahr festlegen Folie 18 9

Details zu den Feiertagen Gewährung von Feiertagen wird auf OR 329 III gestützt; Regelung gilt deshalb analog Feiertage fallen nicht unter die Lohnfortzahlungspflicht von OR 324a; Lohnzahlungspflicht besteht beim Monatslohn Arbeitnehmer im Stundenlohn haben gemäss BGer. keinen Anspruch auf Feiertagsentschädigung (BGE 4A 54/2010) entgegen der Regelung im UNO Pakt I, da jene Bestimmungen nicht direkt anwendbar sind. Nur der 1. August ist zwingend den Sonntagen gleichgestellt (Lohnzahlungspflicht und bei Arbeit Zuschlag 50%) Soweit Feiertage nicht in die Arbeitszeit fallen, besteht kein Anspruch auf Nachgewährung Fallen Feiertage in die Ferien, gelten diese Tage nicht als Ferienbezug Prof. Dr. Folie Roland 19 Müller Feiertagsliste des seco als Übersichtshilfe(1) Prof. Dr. Folie Roland 20 Müller 10

Feiertagsliste des seco als Übersichtshilfe(2) Prof. Dr. Folie Roland 21 Müller Sachverhalt Fall 3 Übungen im Sachverhalt Das Architektenbüro Meier & Co AG stellt am 1. August 1993 Frau Schneider als Zeichnerin an. Im Juli 2000 teilt Frau Schneider ihrer Arbeitgeberin mit, dass sie schwanger sei und dass sie nicht beabsichtige, nach der Niederkunft ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Die Parteien kommen schliesslich überein, das Arbeitsverhältnis auf den 31. Dezember 2000 aufzulösen. Die Meier & Co AG bestätigt diese Vereinbarung am folgenden Tag schriftlich. Im Laufe des Dezembers 2000 erfährt Frau Schneider, dass ein Gesamtarbeitsvertrag besteht (und auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbar ist), aus dem sich ab dem zweiten Dienstjahr ein Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub von zehn Wochen ergibt, wobei in der Regel acht Wochen nach der Niederkunft zu nehmen sind. Frau Schneider rechnet damit, anfangs Februar niederzukommen. Sie möchte nun in den Genuss des bezahlten Mutterschaftsurlaubes kommen. Folie 22 11

Fragestellung Fall 3 Übungen im Fragestellung Kann Frau Schneider im Jahr 2001 einen bezahlten Mutterschaftsurlaub geltend machen? Wie wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn Frau Schneider im Juli 2013 die Schwangerschaft mitgeteilt hätte und die Auflösungsvereinbarung im Dezember 2013 abgeschlossen worden wäre? Folie 23 Mutterschaftsversicherung gemäss EOG Folie 24 Mutterschaftsversicherung im EOG erst eingefügt durch BG vom 3.10.2003, in Kraft seit 1.7.2005 Jede erwerbstätige Mutter hat seither während 14 Wochen (98 Tagen) seit dem 1. Tag nach der Niederkunft Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung Voraussetzungen für eine Mutterschaftsentschädigung: - während 9 Monaten vor der Niederkunft im Sinne des AHVG obligatorisch versichert - in dieser Zeit mind. 5 Monate lang eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt - im Zeitpunkt der Niederkunft Arbeitnehmerin oder selbständig Erwerbstätig oder Mitarbeit beim Ehemann Mutterschaftsentschädigung ist als Taggeld ausgestaltet und entspricht 80% des durchschn. Erwerbseinkommen, max. aber CHF 196 pro Tag 12

Anspruchsvoraussetzungen für Mütter Art. 16b EOG Anspruchsberechtigte 1 Anspruchsberechtigt ist eine Frau, die: a. während der neun Monate unmittelbar vor der Niederkunft im Sinne des AHVG obligatorisch versichert war; b. in dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat; und c. im Zeitpunkt der Niederkunft: 1. Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 10 ATSG ist; 2. Selbständigerwerbende im Sinne von Art. 12 ATSG ist; oder 3. im Betrieb des Ehemannes mitarbeitet und einen Barlohn bezieht.... Folie 25 Berechnung der Mutterschaftsentschädigung Monatliches Einkommen von weniger als CHF 7'350 Vor der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen: CHF 5'250 Die Entschädigung wird berechnet: - CHF 5'250 : 30 ergibt CHF 175 pro Tag - Entschädigung 80% von CHF 175 CHF 140 p.t. - Entschädigung für höchstens 98 Tage CHF 13'720 Monatliches Einkommen von mehr als CHF 7'350 Vor der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen: CHF 7'425 Die Entschädigung wird berechnet: - CHF 7'425 : 30 ergibt CHF 247.50 pro Tag - Entschädigung 80% von CHF 247.50 CHF 198 p.t. - Kürzung auf maximale Entschädigung CHF 196 p.t. - Entschädigung für höchstens 98 Tage CHF 19'208 Folie 26 13

Berechnung der Mutterschaftsentschädigung Selbständig Erwerbende mit weniger als CHF 88'200 Vor der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen: CHF 27'000 Die Entschädigung wird berechnet: - CHF 27'000 : 360 ergibt CHF 75 pro Tag - Entschädigung 80% von 75 Franken CHF 60 p.t. - Entschädigung für höchstens 98 Tage CHF 5'880 Selbständig Erwerbende mit mehr als CHF 88'200 Vor der Geburt des Kindes erzieltes Einkommen: CHF 90'900 Die Entschädigung wird berechnet: - CHF 90'900 : 360 ergibt CHF 252.50 pro Tag - Entschädigung 80% von 252.50 Franken CHF 202 p.t. - Kürzung auf maximale Entschädigung CHF 196 p.t. - Entschädigung für höchstens 98 Tage CHF 19'208 Folie 27 Beendigungsgründe im Überblick Beendigung des Arbeitsvertrages Kündigung Aufhebungsvertrag Zeitablauf Pensionierung Tod des Arbeitnehmers ordentliche Kündigung ausserordentliche Kündigung Folie 28 14

Rechtsprechung zur Aufhebungsvereinbarung OG ZH 23.11.2005: Bei Aufhebungsvertrag mit Schwangeren muss AG den Mutterschaftsurlaub selbst bezahlen und erhält kein Geld von der EO BGE 110 II 168: Aufhebungsvertrag mit Chauffeur kurz vor Augenoperation ohne genügende Gegenleistung ist nichtig CA GE in Aubert Nr. 355: Verzicht auf Kündigungsschutz in Aufhebungsvertrag rechtmässig gegen Abgangsentschädigung von 4.5 Monatslöhnen OG ZH in JAR 1991: Meldet sich AN nach Krankheit längere Zeit nicht bei AG ist dies konkludente Aufhebung VwGer ZH 10.12.2004: Kündigung auf versehentlich zu kurzen Termin kann nicht als Offerte zur Aufhebung uminterpretiert werden Folie 29 15