ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

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THEMENBLATT 3 Autor: Klaus Vondra ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH Österreich ist als Mitglied der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fest in Europa verankert und stark von dessen Wirtschaftsentwicklung abhängig. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 29 hat den Euroraum und damit auch Österreich hart getroffen. Wirtschaftsdaten belegen jedoch, dass Österreich die Krise im Vergleich zu anderen Staaten gut überstanden hat. In den Folgejahren 211 213 verzeichnete Österreich ein höheres Wirtschaftswachstum als der Euroraum, begleitet von einem Leistungsbilanzüberschuss und einer stabilen Preisentwicklung bei gleichzeitig relativ geringer Arbeitslosenrate. Seit 214 weist Österreich jedoch ein schwächeres Wirtschaftswachstum als der Euroraum aus. Dahinter verbergen sich österreich-spezifische Probleme, aber auch eine Verbesserung der konjunkturellen Situation im Euroraum. Mit der stagnierenden Wirtschaftsleistung gehen eine steigende Arbeitslosigkeit und eine vergleichsweise hohe Inflation einher. Die öffentlichen Finanzen sind trotz der aktuellen Entwicklungen rund um die Bankenhilfen im europäischen Vergleich solide und der Ausblick für die kommenden Jahre lässt eine deutliche Verbesserung erwarten. Das vorliegende Themenblatt skizziert wesentliche Merkmale der österreichischen Wirtschaft und nimmt internationale Vergleiche vor. Stand: 216 THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH 1

Österreichs Wirtschaft hat die Krise gut gemeistert ÖSTERREICH VIELE JAHRE MIT HÖHEREM BIP-WACHSTUM ALS DER EURORAUM Österreich erzielte zwischen 22 und 213 (mit Ausnahme des Jahres 21) ein höheres reales BIP-Wachstum (BIP Bruttoinlandsprodukt: Summe aller Güter und Dienstleistungen, die ein Land in einem Jahr produziert) als der Euroraum (Euroraum: bezeichnet jene 19 europäischen Länder, in denen der Euro offizielles Zahlungsmittel ist). Im Verlauf der europäischen Staatsschuldenkrise (Details dazu im Themenblatt Nr. 6) haben sich die bestehenden Unterschiede zwischen Euroraumländern weiter verschärft. Die Wachstumsdifferenz zwischen Österreich und dem Euroraum war somit in den Jahren 211 213 noch stärker ausgeprägt. Verschiedene Faktoren führten dazu, dass dieser Wachstumsvorsprung nicht gehalten werden konnte und in den Jahren 214/15 verzeichnete der Euroraum ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum als Österreich. Dahinter verbergen sich österreichspezifische Probleme wie die vergleichsweise höhere Inflation, aber auch eine Verbesserung der konjunkturellen Situation im Euroraum. Grafik 1 4, Wachstumsdifferenz Österreich versus Euroraum Reales BIP: Veränderung zum Vorjahr in %; Wachstumsdifferenz in Prozentpunkten Index: 27=1 13 Reales BIP-Niveau 214 (27=1) 3, 12 2, 1,, -1,,1,7 1,1,7,1 1,2 1,7,7,5,8,2,1 11 1 9-2, 8-3, -4, 7-5, 26 27 28 29 21 211 212 213 214 215 216 217 6 EL IT CY LV PT ES FI SI EE NL EA IE FR AT LT BE DE LU SK MT Wachstumsdifferenz Euroraum Österreich Quelle: OeNB, ESZB. Anmerkung: 215 bis 217: OeNB und ESZB, BMPE, Juni 215. BE (Belgien), DE (Deutschland), EE (Estland), IE (Irland), GR (Griechenland), ES (Spanien), FR (Frankreich), IT (Italien), CY (Zypern), LV (Lettland), LT (Litauen) LU (Luxemburg), MT (Malta), NL (Niederlande), AT (Österreich), PT (Portugal), SI (Slowenien), SK (Slowakei), FI (Finnland), ER (Euroraum) Grafik 1 (linke Abbildung) stellt die Entwicklung des realen BIP-Wachstums in Österreich und im Euroraum (rote und blaue Linie) dar, wobei die Jahre 216 217 Prognosewerte der OeNB und des Eurosystems sind. Die Säulen veranschaulichen die Differenz zwischen den Wachstumsraten; nach oben gerichtete Säulen bedeuten, dass Österreichs Wirtschaft stärker wuchs als der Euroraum. Wie ersichtlich wird, konnte Österreich zwischen 26 (tatsächlich seit 22) und 213 mit Ausnahme des Jahres 21 immer ein höheres Wachstum als der Euroraum erzielen. In den Jahren 26 und 27 befand sich die Wirtschaft noch in der Hochkonjunktur (Phase mit überdurchschnittlich hohem Wirtschaftswachstum), 29 fielen sowohl Österreich als auch der Euroraum in eine tiefe Rezession (Phase mit negativem Wirtschaftswachstum). In den zwei Jahren danach profitierten die Länder von geldpolitischen und fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen (Details dazu im Themenblatt Nr. 6). Die Schuldenkrise und die daraufhin notwendigen Sparbemühungen in Europa führten zu einer erneuten Stagnation in Österreich sowie einer sanften Rezession im Euroraum. In Anbetracht der lang andauernden 2 THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

Rezessions- bzw. Stagnationsphase ist der derzeitige Konjunkturaufschwung in Europa aber nur moderat. Der Wirtschaftsaufschwung ist im Euroraum bereits weiter fortgeschritten; dies zeigt sich darin, dass das Wirtschaftswachstum im Euroraum seit 214 jenes in Österreich übertrifft. Die Säulen in Grafik 1 (rechte Abbildung) zeigen das BIP-Niveau im Jahr 214 im Vergleich zu 27 dem Jahr vor Ausbruch der großen Wirtschaftskrise. Länder mit blauen Balken konnten bis 214 nicht das Vorkrisenniveau erreichen. In Österreich wurde das Niveau bereits 211 wieder übertroffen und lag im Jahr 214 bei 14, d. h. über den Zeitraum legte die österreichische Wirtschaft um 4 % zu von 1 auf 14. Österreich hat somit die Wirtschaftskrise des Jahres 29 gut überstanden, behauptet sich im europäischen Vergleich, konnte aber seit 212 nur unwesentlich wachsen und verlor somit im internationalen Vergleich in den vergangen Jahren. Im Vergleich zum Jahr 27 konnte Malta (MT) das höchste Wachstum im Euroraum erzielen (119). Im Gegensatz dazu ist die griechische Wirtschaft (GR) um 26 % im Vergleich zum Wert von 27 gesunken und liegt somit bei 74 Punkten. WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG SPIEGELBILD DER WETTBEWERBSFÄHIGKEIT EINES LANDES Österreich ist eine kleine, offene Volkswirtschaft ( klein bezieht sich auf die Bevölkerungszahl, offen auf den Grad der Wirtschaftsverflechtung mit dem Ausland). Mit rund 8,5 Mio Einwohnern (214) liegt Österreich hinsichtlich Bevölkerungsgröße im Mittelfeld der Euroraumländer. Während Deutschland über 8 Mio Einwohner zählt, leben auf Malta nur rund 4. Menschen. Begünstigt durch die zentrale Lage in Europa und durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (eine zentrale Errungenschaft der EU ist ein freier/einheitlicher Markt für Güter und Dienstleistungen) produziert Österreich eine große Menge an Gütern und Dienstleistungen nicht nur für den Inlandsmarkt, sondern auch für das Ausland. Etwas mehr als die Hälfte der österreichischen Wirtschaftsleistung wird für das Ausland produziert und somit exportiert. Im Jahr 215 ging davon wiederum mehr als die Hälfte dieser Exporte in den Euroraum; dieser Handel war daher keinem Wechselkursrisiko ausgesetzt. Für österreichische Exporteure ist Deutschland mit einem Anteil von knapp 3 % an den gesamten Güterexporten nach wie vor die mit Abstand wichtigste Exportdestination. Bei den Dienstleistungsexporten ist der Anteil noch höher. Italien, die USA, die Schweiz und Frankreich sind die nächstwichtigen Handelspartner, aber auch die osteuropäischen Nachbarstaaten sind mittlerweile ein wichtiger Exportmarkt für Österreich, rund ein Fünftel der österreichischen Güterexporte geht in diese Region. Als positiv erweist sich die Branchenvielfalt im österreichischen Außenhandel, das heißt, Österreich exportiert viele unterschiedliche Produkte und ist nicht ausschließlich auf einige wenige Bereiche spezialisiert. Mit einem Anteil von 39 % an den Gesamtexporten liegt der Schwerpunkt auf Maschinenbauerzeugnissen und Fahrzeugen. Weitere Stützen stellen die Bereiche Bearbeitete Waren, Chemische Erzeugnisse und Sonstige Fertigwaren dar, die gemeinsam rund 47 % der Güterexporte ausmachen. Rund 3 % der Gesamtexporte machen Dienstleistungen aus. Die Dienstleistungsexporte die drei wichtigsten Kategorien sind Tourismus, Transporte und unternehmensnahe Dienstleistungen wie z. B. Marketing, Ingenieursarbeiten oder Dienstleistungen im Banken- und Versicherungsbereich trugen vor allem in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich zum Exportwachstum bei. Das Wachstum der Exporte Österreichs war und ist nur möglich, weil Österreich trotz des international starken Wettbewerbs seine Produkte im Ausland gut verkaufen kann. So werden seit 22 mehr Güter und Dienstleistungen exportiert als importiert. Das heißt, Österreich erwirtschaftet jährlich einen Leistungsbilanzüberschuss. Im Jahr 214 verzeichnete Österreich einen Überschuss im Ausmaß von 2, % des BIP. Dieser THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH 3

Überschuss ist zwischen 28 und 212 gesunken, seitdem aber erneut angewachsen. Grafik 2 (linke Abbildung) zeigt die Entwicklung des Leistungsbilanzsaldos (Differenz zwischen Exporten und Importen) des Euroraums und Österreichs. Die rechte Abbildung zeigt einen Querschnitt aller Euroraumländer mit dem jeweiligen Leistungsbilanzsaldo 28 (vor der Krise) und 214. Um den Leistungsbilanzsaldo vergleichbar darzustellen, wird der Saldo durch das jeweilige BIP dividiert, in diesem Fall wird das nominelle (nicht um Preiseffekte bereinigte) BIP verwendet. Länder, deren Säulen positive Werte ausweisen, exportieren mehr als sie importieren, Länder mit nach unten gerichteten Säulen importieren mehr als sie exportieren. Die Abbildung zeigt, dass die Ungleichgewichte (hohe Leistungsbilanzsalden) in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind. Leistungsbilanz als Spiegelbild der hohen Wettbewerbsfähigkeit Entwickung des Leistungsbilanzsaldos Leistungsbilanzsaldo im Vergleich Grafik 2 5 % des nominellen BIP 15, % des nominellen BIP 4 1, 3 5, 2, 1-5, -1-1, -2-15, -3-4 1995 1998 21 24 27 21 213 Östereich Euroraum Anmerkung: Österreich Daten vor 25: BoP Manual 5. Quelle: Eurostat. -2, -25, 214 28 CY EL LV FI FR BE SK PT ES EE IT AT ER MT LT IE LU SI BE (Belgien), DE (Deutschland), EE (Estland), GR (Griechenland), ES (Spanien), FR (Frankreich), IT (Italien), CY (Zypern), LT (Litauen), LV (Lettland), LU (Luxemburg), NL (Niederlande), AT (Österreich), PT (Portugal), SI (Slowenien), SK (Slowakei), FI (Finnland) INFLATION IN ÖSTERREICH HÖHER ALS IM EURORAUM Österreich kann auf 1½ Jahrzehnte stabiler Preisentwicklung zurückblicken. In den Jahren 1989 bis 1998 lag die durchschnittliche Preissteigerung noch bei 2,3 %. In den ersten zehn Jahren nach der Einführung des Euro im Jahr 1999 (das Eurobargeld wurde erst am 1. Jänner 22 eingeführt) sank die Inflationsrate (Inflation: Anstieg der Preise; Deflation: Sinken der Preise) auf durchschnittlich 1,9 %. Der Durchschnitt ab 29 lag ebenso bei 1,9 %. Die seit Mitte der 198er-Jahre grundsätzlich stabile Preisentwicklung in Österreich verzeichnete jedoch seit 28 vier starke Ausschläge: Die hohe Inflation 28 wurde durch einen deutlichen Preisanstieg bei Energie und Nahrungsmitteln hervorgerufen. Die Wirtschaftskrise 29 führte indes zu einem Rückgang der Energieund Nahrungsmittelpreise, was über einige Monate sogar negative Inflationswerte zur Folge hatte. Im Jahr 211 stieg die Inflation erneut deutlich an, versursacht durch den Auftrieb beinahe aller Güter- und Dienstleistungspreise. Im letzten Jahr sank die Inflation in Europa erneut deutlich, ausgelöst durch die zweijährige Rezession sowie deutlich niedrigere Energiepreise. 4 THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

Die Entwicklung der Inflation sowie 1-Jahres-Durchschnitte sind in Grafik 3 (linke Abbildung) dargestellt. (Die horizontalen Linien in der linken Abbildung geben den jeweiligen Durchschnitt über eine 1-Jahres- Periode an.) VPI steht für Verbraucherpreisindex und stellt die österreichische Methode der Inflationsberechnung dar. Mit dem HVPI (Harmonisierter Verbraucherpreisindex) wird die Inflation in den Euroraumländern berechnet. Grundlage für den VPI bzw. HVPI (erst seit 1988 verfügbar) ist eine repräsentative Auswahl von Waren und Dienstleistungen (Warenkorb), die ein durchschnittlicher Haushalt kauft. Nachdem der HVPI für alle Euroraumländer vergleichbar ist, wird ab 1988 nur der HVPI dargestellt. Grafik 3 (rechte Abbildung) zeigt die durchschnittliche Inflation seit der Einführung des Euros im Jahr 1999 bis 215 als Säulen; im Vergleich dazu die Inflation im Jahr 215 in Form von Punkten. Das von der EZB (Europäische Zentralbank) für den E uroraum gesetzte Ziel der Preisstabilität mit einer mittelfristigen Inflation von unter, aber nahe bei 2% wurde im Euroraum, aber auch in Österreich erfüllt (für weitere Informationen zu Preisstabilität Inflation Deflation, siehe Themenblatt Nr. 4). Allerdings liegt die Inflation in Österreich seit geraumer Zeit deutlich über jener des Euroraums (vgl. linke Abbildung) Inflationsentwicklung VPI und HVPI Inflation in Österreich HVPI Inflation im Euroraumvergleich Grafik 3 Veränderung des VPI bzw. des HVPI (ab 1988) zum Vorjahr in % 8 ø 1979 1988: 3,8% 7 6 5 5, 4, 3, Veränderung gegenüber dem Vorjahr in % 4 3 2 ø 1989 1998: 2,2% ø 29 akuell: 1,9% ø 1999 28: 1,9% 2, 1, 1, -1 Anmerkung: Linien geben 1-Jahresdurchschnitte für Österreich an. -2 1979 1984 1989 1994 1999 24 29 214 VPI (25) HVPI (25) HVPI Euroraum Quelle: Statistik Austria, Eurostat. -1, -2, 1999-215 Mittel 215 DE FR FI EA AT BE NL IE IT CY PT MT EL ES LU LT EE SI LV SK BE (Belgien), DE (Deutschland), EE (Estland), IE (Irland), GR (Griechenland), ES (Spanien), FR (Frankreich), IT (Italien), CY (Zypern), LV (Lettland), LU (Luxemburg), MT (Malta), NL (Niederlande), AT (Österreich), PT (Portugal), SI (Slowenien), SK (Slowakei), FI (Finnland), ER (Euroraum) ARBEITSMARKTENTWICKLUNG RAGT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH HERAUS Der österreichische Arbeitsmarkt weist im internationalen Vergleich einige bemerkenswerte Besonderheiten auf: So wird die duale Ausbildung (Lehrlinge erhalten parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule) international als ausgezeichnete Variante anerkannt, junge Menschen in die Arbeitswelt zu integrieren. Der Arbeitsmarkt zeichnet sich durch weitgehende Flexibilität im Anstellungsverhältnis und umfangreiche Absicherungsmaßnahmen im Falle eines Jobverlusts aus. Die Lohnverhandlungen erfolgen zwischen Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite und sind traditionell konsensorientiert, das heißt zum besten Wohle beider Seiten bzw. der Gesamtwirtschaft. Dahinter steht das System der Sozialpartnerschaft (Zusammenarbeit der großen wirtschaftlichen Interessenvertreter und der Regierung). Der österreichische Arbeitsmarkt erwies sich auch in der Finanz- und Wirtschaftskrise als krisenfest und bestand im folgenden Aufschwung besonders im internationalen Vergleich. THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH 5

Im Zuge der großen Finanz- und Wirtschaftskrise stieg im Euroraum 29 die Arbeitslosigkeit deutlich (siehe Grafik 4, linke Abbildung); in Österreich schwächer, da der Arbeitsmarkt insbesondere vom sozialpartnerlichen Interessensausgleich profitierte sowie von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, wie etwa Kurzarbeits regelung. Die Strategie, Beschäftigte in der Krise nicht zu kündigen, sondern ihre Arbeitszeit zu reduzieren und sie im Unternehmen weiterzubilden, erwies sich in den Folgejahren als sinnvoll. Wenn sich das Wirtschaftswachstum wieder beschleunigt, müssen Unternehmen keine neuen Arbeitskräfte einstellen, sondern können mit ihrem Stammpersonal die Nachfrage abdecken. Die anhaltend schwache Konjunktur führt jedoch seit 211 zu einem erneuten, noch immer andauernden Anstieg der Arbeitslosenquote in Österreich, während diese im Euroraum seit Anfang 213 sinkt. Zur Berechnung der Arbeitslosigkeit gibt es eine österreichische sowie eine europäische Methode; die Daten in Grafik 4 basieren auf der europäischen Berechnungsmethode. Österreich mit niedrigster Arbeitslosenquote im Euroraum Entwicklung der Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote im Ländervergleich Grafik 4 14 % 3, % 12 25, 215 27 1 8 6 2, 15, 4 1, 2 5, 1995 1998 21 24 27 21 213 Euroraum Österreich Quelle: Eurostat., DE MT AT LU NL EE BE SI IE FI LV FR ER SK IT PT CY ES EL BE (Belgien), DE (Deutschland), EE (Estland), IE (Irland), GR (Griechenland), ES (Spanien), FR (Frankreich), IT (Italien), CY (Zypern), LV (Lettland), LU (Luxemburg), MT (Malta), NL (Niederlande), AT (Österreich), PT (Portugal), SI (Slowenien), SK (Slowakei), FI (Finnland), ER (Euroraum) Neben dem Anstieg der Arbeitslosigkeit ist das überdurchschnittliche Beschäftigungswachstum der letzten Jahre bemerkenswert, Jahre, die durch ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum gekennzeichnet waren. Dieser ungewöhnliche Anstieg begründet sich in der Liberalisierung des österreichischen Arbeitsmarkts gegenüber den osteuropäischen EU-Ländern. Beschäftigte aus diesen Ländern durften in den sieben Jahren nach dem EU-Beitritt mehrheitlich nicht in Österreich arbeiten. Diese Regelung endete am 1. Mai 211. ÖSTERREICHISCHE STAATSSCHULDEN GERINGER ALS IM EURORAUM Vor dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wies Österreich mit 64,8 % (27) eine vergleichsweise geringe gesamtstaatliche Staatsschuld (Gesamtverschuldung von Staat, Ländern und Gemeinden sowie der Sozialversicherungen) in Prozent des BIP laut Maastricht (Berechnungsmethode nach einheitlichen europäischen Richtlinien) aus. Dieser Umstand ermöglichte es dem Staat, in der Krise mit verschiedenen Maßnahmen (Kurzarbeitsregelung, Investitionsförderungen, vorgezogene staatliche Bauprojekte, Reduktion von Gebühren) das Wirtschaftswachstum zu stützen und damit Österreich vor einer tieferen Rezession zu bewahren. Neben dieser aktiven Fiskalpolitik führte auch die schwächere Konjunktur (vor allem durch niedrigere Steuereinnahmen und gleich- 6 THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

zeitig höhere Kosten zur Unterstützung von Arbeitslosen) zu einem Anstieg der Neuverschuldung zwischen 28 und 21. Die jährliche Neuverschuldung (Schulden, die der Staat zusätzlich pro Jahr aufnimmt) lag in den Jahren 29/1 bei über 4 % des BIP. Mit einer Neuverschuldung von unter 3 % sank die Staatsschuld zwischen 21 und 213 leicht. Die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria Group führte jedoch 214 zu einem deutlichen Anstieg der Staatsschuld auf 84,5 % die nunmehr geringfügig unter dem Euroraum-Durchschnitt liegt. Wie in Grafik 5 zu sehen ist, lag die Neuverschuldung (in manchen Ländern liegt ein Überschuss vor, deswegen spricht man besser vom Öffentlichen Finanzierungssaldo, linke Abbildung) im Jahr 214 bei 2,4 % des BIP und somit im Euroraum-Durchschnitt. Öffentlicher Haushalt (214) Grafik 5 Deutschland Luxemburg Estland Litauen Lettland Malta Niederlande ER Österreich Slowakei Italien Finnland Belgien Griechenland Frankreich Irland Portugal Slowenien Spanien Zypern Öffentlicher Finanzierungssaldo % des BIP,7,6,6 -,7-1,4-2,1-2,3-2,4-2,4-2,9-3, -3,2-3,2-3,5-4, -4,1-4,5-4,9-5,8-8,8 Estland Luxemburg Lettland Litauen Slowakei Finnland Malta Niederlande Deutschland Slowenien Österreich ER Frankreich Spanien Belgien Zypern Irland Portugal Italien Griechenland Öffentliche Verschuldung % des BIP 177,1 13,2 132,1 16,5 17,5 19,7 92,2 95, 97,7 8,9 84,5 74,7 68, 68,8 53,6 59,3 4, 4,9 23,6 1,6 2-2 -4-6 -8-1 -12-14 -16 18 15 12 9 6 3 Quelle: Statistik Austria, Eurostat. Einzahlungen in die europäischen Hilfsprogramme (zur Sicherung von Banken und Staaten), die Umstellung auf ESVG 21 (das Buchhaltungssystem des Staates) sowie die Transfers zur Hypo Alpe-Adria Group haben die Staatsverschuldung auf über 8 % des BIP ansteigen lassen. Obwohl Österreich nicht mehr zu jenen Staaten zählt, die von allen drei großen Rating-Agenturen (Standard & Poor s, Moody s und Fitch mit der Bestnote AAA bewertet werden (sondern nur noch von Moody s und Fitch), genießt es bei internationalen Geldgebern großes Vertrauen. THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH 7

Weitere Informationen http://www.oenb.at http://www.ecb.int http://ec.europa.eu Erklärungen zu Fachbegriffen siehe OeNB-Glossar unter http://www.oenb.at/service/glossar.html?letter=a Medieninhaber und Herausgeber: Oesterreichische Nationalbank Otto-Wagner-Platz 3, 19 Wien Postfach 61, 111 Wien www.oenb.at oenb.info@oenb.at Tel. (+43-1) 442-6666 Fax (+43-1) 442-6698 Oesterreichische Nationalbank Stand: März 216 8 THEMENBLATT 3, ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH