Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee



Ähnliche Dokumente
Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Mobile Intranet in Unternehmen

Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee

Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung Was ändert sich? Was bleibt?

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Info zum Zusammenhang von Auflösung und Genauigkeit

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Arbeitsmarkteffekte von Umschulungen im Bereich der Altenpflege

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Warum reicht Zähneputzen nicht?

15 entzündungshemmende Lebensmittel für einen gesunden und starken Rücken

PCD Europe, Krefeld, Jan Auswertung von Haemoccult

VibonoCoaching Brief -No. 18

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

GEVITAS Farben-Reaktionstest

Informationsblatt Induktionsbeweis

1 Mathematische Grundlagen

15.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

1 topologisches Sortieren

L10N-Manager 3. Netzwerktreffen der Hochschulübersetzer/i nnen Mannheim 10. Mai 2016

Gutes Leben was ist das?

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Bericht über die Untersuchung zur Erblichkeit von Herzerkrankungen beim PON

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Grundlagen der Theoretischen Informatik, SoSe 2008

Bürgerhilfe Florstadt

Elternzeit Was ist das?

Statuten in leichter Sprache

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

ERNÄHRUNG. Solutions with you in mind

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Beweisbar sichere Verschlüsselung

Wichtiges Thema: Ihre private Rente und der viel zu wenig beachtete - Rentenfaktor

Chemie Zusammenfassung KA 2

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

1. Man schreibe die folgenden Aussagen jeweils in einen normalen Satz um. Zum Beispiel kann man die Aussage:

Gezielt über Folien hinweg springen

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Foodguard.org. Allgemein Informationen

Lerntext Pflanzen 1. Was sind Pflanzen?

Bekommen durch Ansteckung. H Human Beim Menschen. Acquired I D. Schwäche des Immunsystems. Schwäche des Immunsystems.

Kreativ visualisieren

BCM - BodyCellMass. Ihr BCM Diätplan

Bewertung des Blattes

Arbeitshilfe "Tipps für Gespräche mit Vorgesetzten und KollegInnen" Was gilt für mich?

Technical Note Nr. 101

Media Teil III. Begriffe, Definitionen, Übungen

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Daten sammeln, darstellen, auswerten

2.8 Grenzflächeneffekte

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Zwischenablage (Bilder, Texte,...)

Soja-Lebensmittel - Quelle von hochwertigem Eiweiß

So funktioniert Ihr Selbstmanagement noch besser

WAS finde ich WO im Beipackzettel

Kulturelle Evolution 12

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

RSV. RSV kennen. Das Virus, das Eltern kennen sollten. Informationen. Kinder schützen

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Grußwort Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Produktpiraterie

Handbuch. NAFI Online-Spezial. Kunden- / Datenverwaltung. 1. Auflage. (Stand: )

Amtsblatt der Europäischen Union L 150/71

Kann K von V die Übertragung des Eigentums am Grundstück verlangen?

Webalizer HOWTO. Stand:

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Statistische Auswertung:

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Aber zuerst: Was versteht man unter Stromverbrauch im Standby-Modus (Leerlaufverlust)?

Handbuch Fischertechnik-Einzelteiltabelle V3.7.3

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Umgang mit Schaubildern am Beispiel Deutschland surft

Tipp III: Leiten Sie eine immer direkt anwendbare Formel her zur Berechnung der sogenannten "bedingten Wahrscheinlichkeit".

Kinderarmut. 1. Kapitel: Kinderarmut in der Welt

Umfrage der Klasse 8c zum Thema "Smartphones"

AutoCAD Dienstprogramm zur Lizenzübertragung

Oxidation und Reduktion Redoxreaktionen Blatt 1/5

OECD Programme for International Student Assessment PISA Lösungen der Beispielaufgaben aus dem Mathematiktest. Deutschland

Sonderrundschreiben. Arbeitshilfe zu den Pflichtangaben in Immobilienanzeigen bei alten Energieausweisen

Patienteninformation: Gentestung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Basis-Information):

Alle Schlüssel-Karten (blaue Rückseite) werden den Schlüssel-Farben nach sortiert und in vier getrennte Stapel mit der Bildseite nach oben gelegt.

Bürger legen Wert auf selbstbestimmtes Leben

Nutzung dieser Internetseite

Das Werk einschließlich aller seiner Texte ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

Ergebnis und Auswertung der BSV-Online-Umfrage zur dienstlichen Beurteilung

Zahlen auf einen Blick

B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.

Vibono Coaching Brief -No. 39

Teamentwicklung. Psychologische Unternehmensberatung Volker Rudat

HIER GEHT ES UM IHR GUTES GELD ZINSRECHNUNG IM UNTERNEHMEN

Transkript:

Polyphenole in Tee Privatdozent Dr. Ulrich Engelhardt, Institut für Lebensmittelkunde Universität Braunschweig, Braunschweig Wie Rotwein ist der Tee, insbesondere der grüne, in den vergangenen Jahren positiv ins Gerede gekommen. Der Grund dafür sind gesundheitliche Wirkungen, die beiden Getränken zugesprochen und für die in beiden Fällen die Polyphenole verantwortlich gemacht werden. In den USA gibt es eine Reihe von kommerziellen Präparaten, die u.a. Polyphenolextrakte aus Tee und/oder Rotwein enthalten. Im folgenden soll über die Zusammensetzung von Tee, seine möglichen Wirkungen und die dafür verantwortlichen Inhaltsstoffe Grundlegendes dargestellt werden. Nicht eingegangen wird im Rahmen dieses Beitrags auf die (großen) Probleme bei der analytischen Bestimmung der Gehalte an Flavonoiden. Dass die genannten Wirkungen vor allem dem grünen Tee zugesprochen werden, hat auch historische Gründe, da anfangs vor allem Grüntee untersucht wurde [1]. Die prinzipielle Zusammensetzung von Tee ist in Tabelle 1 angegeben. Der Tabelle kann entnommen werden, dass Tee als Aufguss keinen Nährwert besitzt und man sich ohne Kalorien einige physiologisch interessante Naturstoffe zuführen kann. Die Größenordnungen der Inhaltsstoffe unterliegen starken Schwankungen, da Tee als Naturprodukt keine definierte Zusammensetzung haben kann, sondern ganz erhebliche Unterschiede aufweist. Es gibt als Handelsprodukte grünen und schwarzen Tee, daneben einige Zwischenstufen wie z.b. Oolong-Tees. Der Unterschied bei der Herstellung besteht in der sog. Fermentation (an einer Fermentation im engeren Sinne sind Mikroorganismen beteiligt; beim Tee handelt es sich aber um eine Umsetzung durch blatteigene Enzyme).

Tabelle 1: Zusammensetzung von Tee ; nach [2-4], verändert. Angaben in % der Trockenmasse. Frische Blätter grüner Tee - Aufguss Coffein 4 3-6 3-6 Catechine 30 30-42 3-10 Theaflavine 0 0 2-6 Flavonole 2 2 1 andere Polyphenole 6 23 Theanin/Aminosäuren 4 je 3 je 3 Peptide/Proteine 15 6 6 Zucker/andere Kohlenhydrate 7 7/4 7/4 Kalium 5 5 5 andere Mineralstoffe 5-8 5-8 schwarzer Tee - Aufguss Die Werte für die Aufgüsse sind auf Trockensubstanz bezogen. Zur Bereitung von Tee werden üblicherweise 1-1,5 g/100 ml Wasser eingesetzt. Die Extraktionsausbeute (d.h. die Menge an Feststoff, die aus dem Blatt in Lösung geht) beträgt ca. 30 %. Das heißt, in einer Tasse von 150 ml sind rund 500 mg Feststoffe enthalten, davon sind wieder rund 150-200 mg Flavonoide. Wieviel der Verbraucher in der Tasse hat, hängt stark von den Extraktionsbedingungen (Blattgröße, Wassertemperatur, Ziehzeit) ab. Übrigens: Dass grüner Tee kein Coffein enthält, ist zwar eine beliebte Aussage; aber leider ist sie fast immer falsch. Eine Tasse (150 ml) Tee enthält ca. 50 mg Coffein; entcoffeinierter weniger als 5 mg [2]. Normalerweise wird Tee auch wegen seiner anregenden Wirkung (durch Coffein bedingt) getrunken; wer Coffein meiden möchte oder muss, kann auf entcoffeinierte Produkte (grüne oder schwarze) ausweichen.

Begriffsbestimmungen: Polyphenole Hydroxybenzoesäuren Hydroxyzimtsäuren Flavonoide Flavanole oder Catechine Flavone Flavonole Anthocyane Flavanone Proanthocyanidine Kondensationsprodukte wie Theaflavine Thearubigine Abbildung 1: Polyphenole und einige Untergruppen. 1 Polyphenole: Sammelbezeichnung für Verbindungen mit meist mehr als 2 Phenol- oder Phenolether- Gruppen am aromatischen Ring, die unterschiedlichen Stoff-klassen angehören, z.b. Hydroxyzimtsäuren, Catechine u. Leucoanthocyanidine, Anthocyanidine, Flavanone u. Flavone, Flavonole. Die Flavonoide stellen eine Untergruppe der Polyphenole dar. Dazu gehören z.b. die Catechine, Flavone und Flavonole. Flavonoide sind in der Natur sehr weit verbreitet und auch in vielen Obst- und Gemüsesorten nachgewiesen worden [5, 6]. Die Anzahl der natürlich vorkommenden Verbindungen ist sehr groß, es sind z.b. weit über tausend Flavonoide bereits identifiziert worden. Da die unterschiedlichen Polyphenole auch Bindungen miteinander und/oder aufgrund ihrer Reaktivität ebenfalls mit ganz anderen Stoffklassen eingehen, ist das Gebiet schwer zu übersehen [5, 6]. Für Tee bedeutend sind vor allem die Catechine, Flavonolglykoside und im schwarzen Tee auch Theaflavine und Thearubigine. Aus den Catechinen entstehen während der Fermentation die Theaflavine und Thearubigine. Theaflavine sind definierte Verbindungen, die orangerot gefärbt sind und zur Farbe des schwarzen Tees beitragen. Auch bei den Theaflavinen gibt es mindestens 12 Verbindungen (auch Theaflavinsäuren, Theaflagalline u.a.), von denen aber 4 in deutlich höherer Konzentration als die anderen vorkommen. Theaflavine kommen nur in schwarzem Tee vor. Ihr Gehalt im schwarzen Tee liegen meist bei 1-2 %. Die Catechine verschwinden bei der Fermentation nicht völlig. Schwarzer Tee enthält nach eigenen Daten 1-12 % Catechine (angegeben als Summe der 4 mengenmäßig wichtigsten). Ihr Gehalt in grünem Tee liegen meist über 10 % und ist durchschnittlich höher. Es ist allerdings nicht möglich, aufgrund der Catechingehalte allein einen grünen und einen schwarzen Tee voneinander abzugrenzen. 1 Exakte Angaben zu Biosynthese und Untergruppen bei [5]. Manche Autoren rechnen die Catechine nicht zu den eigentlichen Flavonoiden

Thearubigine sind dunkel gefärbte Verbindungen, die ebenfalls durch Fermentation entstehen. Eine andere Gruppe sind die Flavonolglycoside; bekannt aus dieser Gruppe ist das Rutin (ein Quercetinrhamnoglucosid). Die Rutinaufnahme bei einem Konsum von ca. 1 l Tee am Tage ist etwa mit denjenigen vergleichbar, die durch Knoblauchpastillen erreicht wird (in beiden Fällen etwa 10-20 mg). Das Rutin stammt im Falle der Pillen z.b. aus Weißdornextrakten. Allgemein aufgebaut sind Flavonolglycoside aus einem Aglycon (dem eigentlichen Flavonoid) und einem oder mehreren Zuckerbausteinen. Im Tee sind mindestens 12 verschiedene Flavonolglycoside zu finden. Ihr Gehalt liegt im Durchschnitt bei 1 % (Summe der Verbindungen) der Teetrockenmasse [7, 8]. Gerbstoffe oder Tannine: Gerbstoffe werden zu den Polyphenolen gerechnet. Sie dienen zum Gerben, das heißt, sie treten mit Eiweiß in Wechselwirkung. Der Begriff im Zusammenhang mit Lebensmitteln stammt aus der analytischen Frühzeit. Weil viele pflanzlichen Lebensmittel (wie gerbende Stoffe) Färbungen mit bestimmten Reagentien ergaben, wurden in der Folgezeit Begriffe wie Obst-, Wein-, Kaffee- und Teegerbstoff benutzt. Pflanzenphenole können gerbend wirken, es gibt jedoch bestimmte molekulare Voraussetzungen. Herrmann [10] hält den Begriff für überflüssig (da nicht aussagekräftig) und stellt fest, dass der Begriff Gerbstoff immer dann benutzt wird, wenn man über Pflanzenphenole,,nichts Rechtes weiß. Unterschiede im Flavonoidgehalt bei grünem und schwarzem Tee Durch die o.a. Fermentation werden die im frischen Teeblatt vorhandenen Catechine teilweise zu höhermolekularen Verbindungen umgesetzt (Theaflavine, Thearubigine). Das heißt ganz ausdrücklich nicht, dass der Catechingehalt eines beliebigen grünen höher ist als der eines beliebigen schwarzen Tees. Der Unterschied besteht darin, dass der Anteil der Catechine an den gesamten Polyphenolen (ermittelt durch eine summarische Bestimmung) beim grünem Tee fast immer deutlich höher (50-95 %) ist als bei schwarzen Tees. Die Theaflavine sind wiederum im grünen Tee nicht nachgewiesen worden. Der Gesamtgehalt an Flavonolglykosiden ist bei beiden Gruppen etwa gleich, da diese durch die Fermentation relativ wenig verändert werden. Daneben sind im Tee eine Reihe von Proanthocyanidinen nachgewiesen worden [9]. Genaue Angaben über deren Gehalte im Tee fehlen zurzeit noch; genauso wenig ist deren Beitrag zu physiologischen Wirkungen des Tees zur Zeit abschätzbar. Weitere Polyphenole im Tee sind Hydroxyzimtsäurederivate, Gallussäure und Theogallin (Ester aus China- und Gallussäure) und Flavon-C-glycoside. Gruppen von Flavonoiden in Tee und mögliche Wirkungen Es sind in der Literatur der vergangenen Jahren sehr viele Studien zu finden, die hier nicht vollständig Erwähnung finden können. Eine ausführliche Zusammenstellung bis 1995 findet sich bei [2]. Weiterhin ist 1997 eine neue Zusammenstellung

nachgewiesener und möglicher Wirkungen der Tee-Flavonoide erschienen [1, 11,12]. Um die zitierte Literatur nicht zu umfangreich werden zu lassen, beziehen sich die Literaturangaben auf Übersichtsartikel. Tabelle 2: Beispiele für Wirkungen der Flavonoide. Polyphenole Wirkung Literatur Theaflavine Catechine (Flavanole) anticancerogene, antioxidative kardioprotective Wirkungen 1, 4, 12 anticancerogene Wirkungen, antioxidative Wirkungen 4, 12 Catechine Anticarieswirkung (bes. EGCG) 4 Flavonole kardioprotective Wirkungen 4, 11, 12 In der Literatur finden sich diverse Arten von Studien; Modellversuche, Tierversuche und epidemiologische Studien beim Menschen. Neben den in der Tabelle erwähnten gibt es Hinweise auf z.b. antibakterielle und blutzuckersenkende Wirkungen [4] von Tee. - Die anticancerogenen Wirkungen werden in einem weiteren Beitrag zu dieser Ausgabe genauer vorgestellt [13] und daher hier nicht weiter behandelt. Antioxidative Wirkungen Antioxidantien sind Substanzen, welche die Oxidation von Fetten verzögern. Primär geschieht dies durch Abbruch der Radikalkettenreaktion, sekundär werden bestimmte Metalle desaktiviert und verschiedene Formen von Sauerstoff gefangen bzw. inaktiviert. Manchen Lebensmitteln werden Antioxidantien zur Stabilisierung zugesetzt [14, 15]. Reaktive Sauerstoffspezies (Peroxide, Peroxylradikale u.a.m.) können auch im Organismus Oxidationen (der DNA, an Membranlipiden, Lipoproteinen und Proteinen) hervorrufen. Die natürlichen Schutzmechanismen des Organismus sind nicht immer ausreichend, so daß eine Unterstützung durch Antioxidantien aus der Nahrung wünschenswert erscheint. Nach [14] haben Teegetränke in vitro deutlich höhere antioxidative Wirkungen als die meisten Früchte/Gemüsearten und sind stärker wirksam als die Vitamine C, E und die Carotinoide. Die Gesamtgehalte an Polyphenolen liegen z.b. bei Weintrauben und Äpfeln zwischen 0,1 und 1 %[15].

Wirkungen gegen coronare Herzerkrankungen (kardioprotective Wirkungen) Im Prinzip basieren auch diese auf antioxidativen Mechanismen. Diese Erkrankungen stellen in der westlichen Welt eine der häufigsten Todesursachen dar. Sie gelten als Erkrankungen, die verschiedene Ursachen haben können. Eine dieser Ursachen ist die Oxidation von LDL (low density lipoprotein = eine u.a. Cholesterin enthaltende Komponente im Blut). Wenn die LDL vor Oxidation geschützt werden, wird dadurch vor Herzinfarkt und ähnlichen Erkrankungen geschützt. Tee-Flavonoide (Catechine, Flavonolglycoside, Theaflavine) stellen einen Oxidationsschutz der LDL dar. Mit Sicherheit wurde dieses durch in vitro und vermutlich auch in vivo Studien belegt. Letzteres wurde u.a. aus einer holländischen Studie bei Menschen ( Zutphen Elderly Study ) geschlossen. - Die Voraussetzung dafür, dass die Flavonoide die Wirkungen aus den Reagenzglasversuchen auch beim Menschen zeigen, ist die Bioverfügbarkeit, d.h. die Aufnahme in den Körper. Leider ist zur Zeit darüber noch wenig bekannt. Beispiel: Bei den Flavonolglycosiden hängt die Bioverfügbarkeit offenbar stark von der Art der Zuckerkomponente am C-3 ab. - Ein weiteres Problem ist, dass es zwar eine ganze Reihe von Methoden gibt, mit denen man im Lebensmittel die Flavonoidkonzentration gut bestimmen kann, dass aber deren Empfindlichkeit nicht zur Bestimmung in Körperflüssigkeiten ausreicht. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf. Es darf nicht verschwiegen werden, dass es auch neuere Studien gibt, in denen solche Wirkungen bezweifelt werden bzw. die Ergebnisse derzeit nicht schlüssig sind. Mit anderen Worten: Die Tendenz ist da, aber der endgültige Beweis bedarf weiterer Forschung. Anti-Karieswirkungen Hierfür wird u.a. die Hemmung der Glycosyltransferase von Streptococcen (u.a. Karieserreger) verantwortlich gemacht (durch Theaflavin und EGCG). Diese Enzyme werden zur Bildung von Plaque benötigt [4]; Ihre Hemmung stellt somit einen Schutz der Zähne dar. Neuere Arbeiten legen auch nahe, daß durch oxidierte Polyphenole, wie sie z.b. in Oolong oder schwarzen Tees vorhanden sind, ebenfalls eine solche Enzymhemmung und damit karieshemmende Wirkung eintritt [17]. Tee enthält außerdem relativ viel Fluoride, welche über andere Mechanismen auch zu einem Kariesschutz beitragen können. Zusammenfassung Den Flavonoiden in Tee werden positive Wirkungen, wie anticancerogene, anticariogene Effekte, kardioprotective Wirkungen u.a.m. zugesprochen. Die Wirkungen sind nicht auf den grünen Tee beschränkt, sondern gehen auch von Inhaltsstoffen des schwarzen Tees aus. Einschränkend bleibt festzustellen, dass der letzte Beweis fehlt und dass weiterer Forschungsbedarf besteht, um zu klären, ob diese Wirkungen beim Menschen gegeben sind.

Als Schlussfolgerung bleibt festzustellen, dass es auch bei kritischster Betrachtung keinen Grund gibt, den Tee - grünen oder schwarzen - nicht zu empfehlen (Ausnahme sind bestimmte Erkrankungen). Es ist nach derzeitigem Stand der Wissenschaft wahrscheinlich, dass Tee zur Gesunderhaltung der Bevölkerung beiträgt. Man sollte dazu auch den großen Genusswert, der zum Wohlbefinden beiträgt, nicht unterschätzen. Ausblick Wichtig ist eine weitere Kenntnis über die Zusammensetzung der Polyphenolfraktion, möglichst auch die Isolierung von definierten Verbindungen, mit denen dann biologische Tests gemacht werden können. Die Wirkungen der Komponenten müssen in aussagekräftigen Tiermodellen und Feldstudien überprüft werden; dies schließt auch Studien über die Bioverfügbarkeit der Komponenten ein. Hinweis: Einige Arbeiten wurden gefördert mit Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums über den Arbeitskreis industrieller Forschungsvereinigungen/Forschungskreis der Ernährungsindustrie (Projekt 10805 N).

Literatur 1. BLOT, W.J., MCLAUGHLIN, J.K. (1997) Cancer rates among drinkers of black tea. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 37 (8) S. 739-760 2. BALENTINE, D.A., WISEMAN, S.A., BOUWENS, L.C.M. (1997) The chemistry of tea flavonoids. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 37 (8) S. 693-704 3. HERRMANN, K. (1983): Wertgebende Bestandteile des Tees - eine Übersicht. Lebensmittelchem. Gerichtl. Chem. 37, S. 30-5. 4. SCHOLZ, E. und B. BERTRAM (1995): Camellia sinensis (L.) O. Kuntze. Der Teestrauch. Zeitschrift für Phytotherapie 17, S. 235-50. 5. HARBORNE JB (1988): The Flavonoids - Advances in Research. Chapman and Hall, London 6. ENGELHARDT, U.H. und R. GALENSA, (1997): Analytik und Bedeutung von Polyphenolen in Lebensmitteln. Analytiker-Taschenbuch Bd. 15, Springer-Verlag Heidelberg, S. 149-178 7. ENGELHARDT, U.H., A. FINGER, B. HERZIG und S. KUHR (1992): Determination of Flavonol Glycosides in Black Tea. Deutsche Lebensmittel-Rundschau 88, S. 69-73. 8. ENGELHARDT, U.H, LAKENBRINK, C., LAPCYNSKI, S. (1998) unveröffentlicht 9. KIEHNE, A., LAKENBRINK C., ENGELHARDT, U.H. (1997): Analysis of proanthocyanidins in tea samples. I. LC-MS Results. Z. Lebensm. Unters. Forsch. 205, S. 153-157 10.HERRMANN, K. (1994) Bemerkungen zum Gerbstoff -Gehalt in Lebensmitteln. Gordian 94, S. 12-14 11.HOLLMAN, P.C.H., TIJBURG L.B.M., YANG, C.S. (1997) Bioavailability of flavonoids from tea. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 37 (8) S. 719-738 12.TIJBURG, L.B.M., MATTERN, T., FOLTS, J.D., WEISGERBER, U.M., KATAN, M.B. (1997): Tea flavonoids and cardiovascular diseases - A review. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 37(8) S. 693-704 13.BERTRAM B. Krebsvorbeugende und Krebshemmende wirkungen von Tee, W.I.T. I (1998) 14.WISEMAN, S.; BALENTINE, D.A.; FREI, B. (1997) Antioxidants in tea. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 37 (8) S. 705-718 15.SCHWARZ, K. (1998) Antioxidantien in Lebensmitteln und ihre Bedeutung als Mikronährstoffe. 1. Eigenschaften und Vorkommen von Antioxidantien in Lebensmitteln. AID Verbraucherdienst 43(1), S. 340-344 16.SCHWARZ, K. (1998) Antioxidantien in Lebensmitteln und ihre Bedeutung als Mikronährstoffe. 2. Antioxidantien als Mikronährstoffe. AID Verbraucherdienst 43(1), S. 369-372 17.HAMADA S, KONTANI M, HOSONO H, ONO H, TANAKA T, OOSHIMA T, MITSUNAGA T, ABE (1996) Peroxidase-catalyzed generation of catechin oligomers that inhibit glucosyltransferase from Streptococcus sobrinus. FEMS Microbiol Lett 15;143(1):35-40