Situation der Milchproduzenten und des Milchmarktes aus einer etwas anderen Sicht



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Situation der Milchproduzenten und des Milchmarktes aus einer etwas anderen Sicht BDM Symposium Zukunft Milch am 27. Januar 2007 Dr. Thomas Grupp

Topics: Positive Stimmung in der Landwirtschaft Katerstimmung bei den Milchproduzenten Das Prinzip Hoffnung für Milchbauern Wie wird der Milchmarkt beeinflusst? Wie können sich Milchviehhalter aus der permanenten Abhängigkeitssituation befreien?

Positive Stimmung in der Landwirtschaft! Mit der positiven Stimmung an den Märkten setzen die Bauern auf neue Absatzchancen ihrer hochwertigen Produkte. Vor allem die Preise für Getreide, Rind- und Schweinefleisch stimmen optimistisch. Weltweit steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Deshalb haben die Preise für landwirtschaftliche Produkte angezogen. In Deutschland haben wir zudem die Möglichkeit per Biomasse Energie zu produzieren. Deshalb herrscht bei den Bauern wieder eine positive Grundstimmung. Die positive Entwicklung der Bioenergie ist nicht nur ein Zukunftsmarkt für bäuerliche Betriebe, sondern sichert auch über 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland, mit steigender Tendenz. Egal, ob Weizen, Mais, Sojabohne oder Pflanzenöl die Notierungen auf den internationalen Märkten klettern weiter in die Höhe.

Katerstimmung bei den Milchbauern! Kosten Bürokratie Futter Cross Compliance Pacht Tierzuchtgesetz Energie Tiertransport Leistungsprüfung Tierhaltungsverordnung

Milchpreisentwicklung der letzten 10 Jahre Euro / 100kg 33 32 32,50 31 30 29 28 28,30 29,70 28,50 30,00 28,98 28,49 27,95 27 26 27,50 27,30 25 24 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Jahr 3,7% Fett, 3,4% Eiweiß Quelle: ZMP

Vollkosten in der Milchproduktion: USA Ungarn Tschechien Spanien Schw eiz Schw eden Polen Land Niederlande Neuseeland Luxem burg Frankreich Dänem ark Australien Österreich Deutschland Bayern 0 20 40 60 80 100 120 140 Cent Quellen: topagrar, IFCN dairyreport

Situation auf vielen Betrieben: Arbeitsbelastung am Limit Liquiditätsprobleme Innerfamiliäre Konflikte Soziale Isolation Zukunftsängste

Das Prinzip Hoffnung Milcherzeuger aus aller Welt zum Thema Milchpreis (Holstein International 01/07) National erwarten wir für 2007 einen steigenden Milchpreis, der den gestiegenen Getreidepreisen folgt. USA Ich gehe zwar davon aus, dass der Weltmarktpreis in den kommenden Jahren weiter unter Druck gerät, aber durch die große Nachfrage nach Milch im eigenen Land, sehe ich trotzdem eine gute Zukunft. Deutschland Ich gehe davon aus, dass aufgrund der stetig steigenden Nachfrage auf dem Weltmarkt auch der Milchpreis in den kommenden 2 Jahren deutlich ansteigen wird. Irland Grundsätzlich rechne ich aufgrund der steigenden Nachfrage auf dem Weltmilchmarkt, speziell in Asien mit höheren Preisen in den nächsten Jahren. Australien

Kanada Natürlich halten wir unser Quotensystem für ein ideales Instrument. Es sichert uns hohe Preise und geringe Preisschwankungen.

Wie wird der Milchmarkt beeinflusst? Gründe für den Milchpreisanstieg 2001 Erklärung der deutschen Milchindustrie: (2006, Milch & Markt) Aufgrund der besonderen Lage in 2001 (geringes Mengenaufkommen, überproportionale Exporte, BSE-Krise) konnte sich der Milchpreis kurzfristig vom Interventionspreisniveau lösen, um letztendlich wieder in dessen Nähe abzusinken. 33 32,50 32 31 30 29,70 30,00 29 28,98 28,30 28,50 28,49 28 27,95 27 27,50 27,30 26 25 24 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Milchbilanz in der Europäischen Union In Mio. t 2000 2001 EU - 15 2002 2003 2004 EU - 25 2005 Milchanlieferung 114,7 115,3 115,7 116,2 130,9 132,3 + Einfuhr 4,5 4,5 4,5 4,4 3,7 3,3 - Ausfuhr 15,3 12,4 12,7 13,5 14,7 13,5 - Bestandsveränderung (Intervention) -1,9 1,8 1,6 0,6-2,3-0,8 Verbrauch 105,7 105,6 105,9 106,6 122,1 122,9 Davon zu Marktpreisen 94,8 95,7 95,8 96,0 111,2 112,0 Davon mit Beihilfen 11,0 9,9 10,1 10,5 10,9 10,9 Selbstversorgungsgrad (%) 108 109 109 109 107 108 Selbstversorgungsgrad ohne Beihilfen 118 117 118 118 116 117 Milchgrundpreis in Deutschland in Cent 30,00 32,50 28,98 28,49 27,95 27,5 Quelle: ZMP und Deutscher Raiffeisenverband, ergänzt um den Milchgrundpreis

Die Psychologie regiert mit am Milchmarkt Die Erklärung der Deutschen Milchindustrie ist falsch! Nachdem die Milch im Gegensatz zum Rindfleisch niemals in die Diskussion um BSE-Erkrankungen beim Menschen hineingezogen wurde, spielte die Angst um die Rohstoffund Produktionssicherheit eine wesentliche Rolle d.h. die Psychologie, aber auch die Politik hatten einen wesentlichen Anteil am Anstieg der Milchpreise.

Nachfrageseite nutzt Schwächen chen der Milchproduzenten und Milchverarbeiter Nachfrageoligopol Dumping

Das Nachfrageoligopol Marktform, bei der wenige, in der Regel große Nachfrager einer großen Zahl kleinerer Anbieter gegenüberstehen. Nachfrageoligopole werden z.b. im Einzelhandel beobachtet, wenn große Handelskonzerne ihre Marktmacht gegenüber kleineren Herstellern von Lebensmitteln durch besonders niedrige Einkaufspreise durchsetzen. Anbieter Molkereien Abnehmer Preisdruck

Beispiele Milchmarkt In Holland gibt es nur noch 2 große Abnehmer für niederländische Milch Campina und Friesland Foods (Duopol). Milchprodukte Die Nachfrageseite hat sich in den vergangenen Jahren massiv auf wenige Konzerne bzw. Unternehmen in Deutschland reduziert der Konzentrationsprozess geht weiter Es werden bereits 51% der Milchprodukte an Discounter verkauft Aldi-Nord: Aldi-Süd: Lidl: Netto: Netto: Norma: Penny: Plus: 1.950 Filialen 1.600 Filialen 2.700 Filialen 1.000 Filialen (Edeka-Gruppe) 238 Filialen (Molle-Maersk-Gruppe, DK) 1.150 Filialen 2.400 Filialen (Rewe) 2.800 Filialen (Tengelmann)

Dumping Dabei werden Produkte eine gewisse Zeit lang zu nicht kostendeckenden Preisen angeboten, bis der Konkurrent aus dem Markt verdrängt wurde, um anschließend die Preise wieder zu erhöhen. Beispiel Milchmarkt Butter wird von Discounter (Rewe) zu Niedrigstpreisen angeboten (Lockvogelangebote)

Wie können k sich Milchviehhalter aus der permanenten Abhängigkeits ngigkeits- Situation befreien? Organisation National und international Kooperation Psychologie Zielgerichtetes Handeln

Psychologie Die Milcherzeuger müssen die Psychologie in ihre Strategien für bessere Milchpreise aufnehmen Lieferstopp bzw. Streikbereitschaft als Ultima Ratio aber für den Preiskampf legalisieren bzw. instrumentalisieren Direkte Beeinflussung der Konsumenten durch verbesserte Öffentlichkeitsarbeit

Zielgerichtetes Handeln Marktmacht auf der Angebotsseite erreichen Milchmengen in den Griff bekommen Mengensteuerung durch die Bauern ob mit oder ohne Quote Ziel ist die nachhaltige Veränderung des Kalkulationsmodells Milchpreis

Zielgerichtetes Handeln Anbieter Sprecher Molkereien Abnehmer Umkehrung der Kalkulation des Milchpreises

Es ist ein Irrtum, wenn man Handel, Gewerbe und Landwirtschaft voneinander trennen will. Wir müssenm zusammen gedeihen oder wir gehen zusammen zugrunde Otto v. Bismarck am 9. Juli 1893 zu den Vertretern der Deutschen Handelskammer

Die Milch muss in Bauernhand! Damit das Melken wieder Spaß macht