3. Deutscher Aufzugstag Thema: Sicherheit in der Lieferkette der Aufzugsindustrie Thorsten Elsässer Geschäftsführer 1
Agenda Die neue Aufzugsrichtlinie 2014/33/EU. Die Wirtschaftsakteure und ihre Pflichten. Rückverfolgbarkeit von Sicherheitsbauteilen. Sicherstellen der Rückverfolgbarkeit RAPEX und ICSMS Das Produktsicherheitsgesetz und mögliche Sanktionen. Fazit 2
Einleitung Verordnung: 765/2008 Akkreditierung und Marktüberwachung 768/2008/EG Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten 2008 Verabschiedung als Binnenmarktpaket für Waren Richtlinie: 95/16/EG Verabschiedung: 1995 gültig bis 19. April 2016 Die Aufzugsrichtlinie 95/16/EG wurde mehrfach geändert und aus Gründen der Klarheit wurde entschieden eine Neufassung der Richtlinie vorzunehmen. ProdSG 2011 Richtlinie: 2014/33/EU Veröffentlicht: 29.03.2014 Anwendungsbeginn: ab 20.04.2016 Rückverfolgbarkeit von Sicherheitsbauteilen Technisch keine Änderung, außer dass wahrscheinlich UCM nun auch ein Sicherheitsbauteil ist Gegenseitiges Anerkennen von zugelassenen Produkten Verstärkung der Marktüberwachung Produktkennzeichnung Stärkung des Vertrauens in eine CE- Kennzeichnung Produktsicherheit Generelle Festlegung der Verpflichtung von Importeuren, Händlern und Herstellern. 3
Verpflichtung der Wirtschaftsakteure nach 2014/33/EU (Auszug) Verpflichtung Beschreibung Montagebetriebe Hersteller Einführer Händler Konformität Rückverfolgbarkeit Nachweis geeigneter Verfahren, dass Konformität bei Serienproduktion sichergestellt ist Lager- und Transportbedingungen in Übereinstimmung mit den wesentlichen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen Typen-, Chargen- oder Serienummer oder andere Kennzeichnung zur Produktidentifikation Kontaktadresse: Handelsname, Postanschrift. Angabe von Zentraler Stelle. Sprache muß für Behörden und Endnutzer leicht verständlich sein. Es wird nahegelegt, zusätzlich eine Web-Adresse anzugeben. Nicht zutreffend Ja Nicht zutreffend Nicht zutreffend Nicht gefordert Nicht gefordert Ja Ja Stellen sicher, dass *Tabelle übersetzt und ergänzt aus dem Vortrag von V. Spreadbury, UTC, ELCH Okt. 2014 Gewährleisten, dass Prüft, ob vorhanden Ja Ja Ja Prüft, ob vorhanden Nicht zutreffend, muß aber überprüfen, dass die Kontaktinformationen des Herstellers und Importeurs vorhanden sind 4
Identifikation von unsicheren/nichtkonformen Sicherheitsbauteilen durch: Zugelassene Überwachungsstellen Die Ortsinstanzen der Arbeitsschutzbehörden Unfallversicherungsträger Die Ortsinstanzen der Marktaufsichtsbehörden Informationen aus dem EU- Ausland, die über die EU-Kommission oder direkt von den Marktaufsichtsbehörden anderer Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt werden Die Wirtschaftsakteure selbst (QM-Prozesse, Markbeobachtung, Beschwerderegister.) etc Die Weiterverfolgung übernehmen die Marktüberwachungsbehörden 5
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Verfahren zur Behandlung von Sicherheitsbauteilen, die ein Risiko darstellen 1. Marktüberwachungsbehörde prüft, ob ein Risiko vorhanden ist 2. Wenn ein Risiko vorhanden ist, dann innerhalb einer angemessenen Frist, die Aufforderung an: a) den Montagebetrieb Konformität herzustellen (Aufzug) b) den Wirtschaftsakteur Konformität herzustellen bzw. das Bauteil zurückzunehmen oder zurückzurufen (Sicherheitsbauteil) 3. Wenn die Auswirkungen nicht nur auf ihr Hoheitsgebiet beschränkt sind, werden die Mitgliedsstaaten und die Kommission informiert 4. Mitgliedstaaten ergreifen daraufhin in ihrem Land ebenfalls (falls erforderlich) geeignete Maßnahmen und informieren die Kommission und andere Mitgliedstaaten darüber 7
6 des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) Hauptverantwortlich für die Sicherheit eines Produktes ist der Hersteller. Er ist im 6 des ProdSG dazu verpflichtet, ein Sicherheitsrisiko durch ein von ihm auf den Markt gebrachtes Produkt zu beseitigen. Wie er dieses Ziel erreicht, ist zunächst ihm überlassen. Als Optionen stehen ihm die folgenden sogenannten Korrekturmaßnahmen zur Verfügung: Änderung der Produktgestaltung Rückzug von Produkten aus der Zwischenhandelskette Aussenden von Informationen über die korrekte Verwendung von Produkten Austausch/Ändern von Produkten vor Ort bei den Kunden oder anderswo Rückruf/Rücknahme von Produkten gegen Ersatz oder Rückerstattung Der Rückruf stellt meistens die höchsten Ansprüche an die Organisation in Bezug auf Prozesse und Kosten! 8
Rückverfolgbarkeit nach Richtlinie 2014/33/EU Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit über die ganze Lieferkette Dient als Erleichterung für die Marktüberwachung Ziel: Nichtkonforme Sicherheitsbauteile aufzuspüren Aber: Wirtschaftsakteure sind nicht verpflichtet, Informationen über die vor- oder nachgelagerten Wirtschaftsakteure aktuell zu halten!!! 9
Prinzip der Rückverfolgbarkeit Grundsätzlich bedeutet Rückverfolgbarkeit (engl. Traceability), dass zu einem Produkt oder einer Handelsware jederzeit festgestellt werden kann, wann und wo und durch wen die Ware hergestellt, gelagert, transportiert, verbraucht oder entsorgt wurde. Downstream Tracing (abwärtsgerichtete Verfolgung vom Hersteller zum Anwender Ł Durchgängige Dokumentation durch die Wirtschaftsakteure. Nachkommen der Pflichten nach 2014/33/EU Upstream Tracing (aufwärtsgerichtete Rückverfolgung vom Anwender zum Hersteller) Ł Kennzeichnung des Sicherheitsbauteiles mit Anschrift und eindeutigem Identifikationsmerkmal (Seriennummer etc.). Anwender hat so die Möglichkeit auf den Hersteller direkt zuzugehen. Ł Beispiel Lebensmittelprodukte: Von der Weide bis zum Teller. 10
Rückverfolgbarkeit sicherstellen Produktion: Durch die Aufzugsrichtlinie sind keine speziellen Anforderungen definiert. Grundsätzliche Verfahren: (auch in ISO 9001 geregelt) Wareneingangskontrolle und Dokumentation, Prozessaudits Chargen-Management Eindeutige Identifikation: Typen-, Chargen-, Seriennummern, Zuordnung zum Auftrag/Kunden. Prüfprotokolle: Wer hat was, wann, mit welchen Eigenschaften und in welcher Qualität gefertigt? Rückverfolgbarkeit der Prüfmittel. Ł Genauigkeitsgrad hängt von einer Risikobewertung ab sowie von der Branche und Produktart. Inverkehrbringen. An wen und wann wurde das Sicherheitsbauteil verkauft? Eindeutige Zuordnung der Typen-, Chargen- oder Seriennummer des Sicherheitsbauteiles zum Kunden. Typenschild mit Postanschrift und Webadresse. Sicherung dieser Informationen für mindestens 10 Jahre ab Inverkehrbringen. Je genauer sich die Lieferungen und auch einzelne Chargen zurückverfolgen lassen, desto präziser kann bei einem Fehler reagiert werden und desto geringer sind zeitliche und finanzielle Verluste. 11
Sanktionen nach 2014/33/EU und ProdSG Wenn innerhalb der gesetzten Frist keine geeigneten Korrekturmaßnahmen durch den Wirtschaftsakteur erfolgen, dann treffen die Marktüberwachungsbehörden alle notwendigen Maßnahmen auf nationaler Ebene: Die Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein. (Art. 21, 765/2008) Kommission und übrige Mitgliedsstaaten werden unverzüglich über alle Maßnahmen informiert. Jede Maßnahme wird umgehend zurückgenommen oder geändert, sobald der Wirtschaftsakteur nachweist, dass er wirksame Maßnahmen getroffen hat. ProdSG: 39 Bußgeldvorschriften: Ordnungswidrigkeit: 10.000 100.000 Euro 40 Strafvorschriften: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wenn beharrlich wiederholt oder vorsätzlich Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutetem Wert gefährdet wurden. Ł Plattform für den Informationsausaustausch: RAPEX oder ICSMS 12
RAPEX Rapid Exchange of Information System RAPEX ist das Schnellwarnsystem der EU für alle gefährlichen Produkten Schneller Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten RAPEX erfasst sowohl Maßnahmen der einzelstaatlichen Behörden als auch freiwillige Maßnahmen der Hersteller und Händler Prozess geregelt im 30 ProduktSG 13
ICSMS ICSMS - Information and Communication System on Market Surveillance Informationsportal für die Marktaufsichtsbehörden zum schnellen Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten Öffentlicher Bereich für Verbraucher, Anwender und Hersteller Geschützter Bereich für Marktüberwachungsbehörden, Zoll und EU- Behörden https://webgate.ec.europa.eu/icsms Globales Rückrufportal der OECD: http://globalrecalls.oecd.org/ 14
ICSMS Beispiele 15
ICSMS Beispiele 16
Themen die Fragen aufwerfen Keine Aktualisierungspflicht der Daten. Wann gilt ein Rückruf als abgeschlossen? Was sind vertretbare Maßnahmen, um Konformität herzustellen oder das Produkt aus dem Verkehr zu nehmen? Wann ein Problem melden? Es kann eine gewisse Zeit vergehen bis man ein Problem erkennt, einordnen kann, eine Lösung findet und sie umsetzt. Welche Rolle kommt dem Betreiber zu? Der Montagebetrieb ist nicht der Betreiber. Zugänglichkeit zur Anlage, Fremdwartung etc. Welche Plattform? Es ist nicht eindeutig, ob bei Sicherheits-/Konformitätsproblemen über RAPEX oder ICSMS veröffentlicht wird. 17
Fazit Vieles aus der 2014/33/EU ist bereits aus dem Produktsicherheits- und Produkthaftungsgesetz bekannt und heute schon geltendes Recht. Neu ist, dass der Importeur stärker in die Verantwortung genommen wird mit dem Ziel erst gar keine nichtkonformen Produkte in die EU einzuführen. Durch die Dokumentationspflicht über die gesamte Vertriebskette werden Nachbesserungen, Rücknahmen und Rückrufe im Idealfall stark erleichtert und schneller umgesetzt. Für eine praxisgerechte Umsetzung sollten die Verfahren im Detail ausgearbeitet werden und über die Verbände mit der Kommission abgestimmt werden. Ein zentrales Anlagenkataster würde vieles einfacher machen. 18
Vielen Dank! 19